Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2013, Az. I ZB 75/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7763

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 75/12
vom

28. Februar 2013

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 28.
Februar 2013 durch [X.], [X.] und Dr.
Löffler

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.]
3.
Zivilsenat
vom 29.
August 2012 wird auf Kosten der [X.] als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert:

2.360.000

Gründe:

[X.] Das [X.] hat der von der Klägerin, einem Handelsunternehmen [X.] Rechts, gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach [X.] Recht, aus einem "Tradement Transfer Agreement" erhobenen Klage auf Über-tragung von Marken, [X.]adensersatz wegen Nichtentstehens oder Löschung einzelner zu übertragender Marken, Herausgabe von Dokumenten und Zahlung von Vertragsstrafe bis auf einen geringen Teil der Vertragsstrafe stattgegeben; die von der [X.] gegen die Klägerin
erhobene Widerklage auf Auskunfts-erteilung, Rechnungslegung, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung von Erzeugnissen, Unterlassung sowie Feststellung der [X.]a-densersatzpflicht der Klägerin hat es abgewiesen.

1
-
3
-
Die Beklagte hat gegen
das ihr am 21.
Mai 2012 zugestellte Urteil mit [X.]riftsatz vom 21.
Juni 2012, der am 25.
Juni 2012 beim Berufungsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Mit [X.]riftsatz vom 28.
Juni 2012, der am 2.
Juli 2012 beim Berufungsgericht eingegangen ist, hat
sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beru-fung beantragt. Sie hat dort unter Vorlage verschiedener eidesstattlicher Versi-cherungen geltend gemacht, die Versäumung der Berufungsfrist beruhe darauf, dass die langjährige zuverlässige Mitarbeiterin M., der Rechtsanwalt [X.]. nach Unterzeichnung der Berufungsschrift am 21.
Juni 2012 die [X.] erteilt habe, den [X.]riftsatz sogleich an das Berufungsgericht zu faxen, die Umsetzung des Auftrags unterlassen habe. Dies sei bis zum darauffolgenden Tag unbemerkt geblieben, da Rechtsanwalt [X.]. nach der Erteilung der Einzel-anweisung die Berufungsfrist im [X.] selbst gestrichen habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Antrag der [X.], ihr wegen der Versäumung der Frist zur Berufungseinlegung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, als unbegründet zurück-gewiesen. Bei dem von der [X.] vorgetragenen Geschehensablauf [X.] die Fristversäumung auf einem Organisationsverschulden in der Kanzlei ih-res Prozessbevollmächtigten, das die Beklagte sich nach §
85 Abs.
2 ZPO zu-rechnen lassen müsse.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der [X.], deren Zu-rückweisung die Klägerin beantragt.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO in Verbin-dung mit §
238 Abs.
2 Satz
1, §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO statthaft, aber [X.]. Die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO, die bei einer Rechtsbe-schwerde gegen einen den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückweisenden Beschluss
nicht anders als bei einer Rechtsbeschwerde ge-2
3
4
5
-
4
-
gen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss (vgl. [X.], [X.] vom 26.
Januar 2006

I
ZB
64/05, [X.], 1519 Rn.
7; Beschluss vom 3.
Februar 2011
I
ZB
74/09, [X.] 2011, 702 Rn.
6)
gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist [X.] Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der angefochtene Beschluss steht in Einklang mit den in ständiger Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Sorgfalts-pflichten eines Prozessbevollmächtigten. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert daher entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine Entscheidung des [X.] gemäß §
574 Abs.
2 Nr.
2 Fall
2 ZPO.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] müssen Pro-zessbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, die zuver-lässig gewährleistet, dass die im [X.] vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweit als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die frist-wahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, ein fristwahrender [X.]riftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist (vgl. [X.], [X.] vom 3.
November 2010
XII
ZB
177/10, NJW 2011, 385 Rn.
9; [X.] vom 17.
Januar 2012
VI
ZB
11/11, [X.] 2012, 427 Rn.
9). Bei der Übermittlung fristwahrender [X.]riftsätze per Telefax kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zu einer wirksamen Ausgangskontrolle nur dann nach, wenn er seinem Personal die Weisung erteilt, sich einen Sendebericht ausdru-cken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die [X.] erst nach Kontrolle des [X.] zu löschen ([X.], Beschluss vom 7.
Juli 2010
XII
ZB
59/10, [X.] 2010, 1648 Rn.
12 mwN). Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört weiterhin eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die sicherstellt, dass die Erledigung der fristgebunde-nen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des [X.]s 6
-
5
-
überprüft wird ([X.], NJW 2011, 385 Rn.
9; [X.] 2012, 427 Rn.
9, jeweils mwN).

2. Im Streitfall haben diese
nach dem Vortrag der [X.] in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten vorhandenen
Sicherungsmaßnahmen nicht gegriffen, weil Rechtsanwalt [X.]. die im Streitfall einzuhaltende Beru-fungsfrist im Vertrauen darauf im [X.] gestrichen hat, dass die [X.] den ihr erteilten Auftrag, die unterzeichnete Berufungsschrift so-gleich per Telefax an das zuständige Gericht zu übermitteln, fehlerfrei ausfüh-ren werde. Das Berufungsgericht hat hierin mit Recht ein schuldhaftes Verhal-ten von Rechtsanwalt [X.]. gesehen, der durch diesen Eingriff in die [X.] eine Fehlerkorrektur durch das Büropersonal verhindert und zudem nicht ausreichend dafür gesorgt hat, dass Fehlerquellen bei der Behandlung der [X.] möglichst vermieden wurden.

Soweit die Rechtsbeschwerde gegenteiliger Ansicht ist, vernachlässigt
sie, dass auch eine [X.]
wie im Streitfall die, die Berufungsschrift per Telefax an das zuständige Gericht zu übermitteln
die gebotene Ausgangs-kontrolle nicht entbehrlich macht (vgl. [X.], [X.], 1519 Rn.
10; [X.], [X.] vom 14.
Mai 2008
XII
ZB
34/07, [X.], 2508 Rn.
12; [X.], [X.] 2010, 1648 Rn.
15
f.; [X.], Beschluss vom 15.
Juni 2011

XII
ZB
572/10, NJW 2011, 2367 Rn.
13). Die angewiesene Person ist daher auch in einem solchen Fall grundsätzlich anzuweisen, dass die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des [X.] wird ([X.], Beschluss vom 18.
Juli 2007
XII
ZB
32/07, NJW 2007, 2778 Rn.
6; [X.], [X.], 2508 Rn.
12). Dass Rechtsanwalt [X.]. keine sol-che Weisung erteilt und zudem die Frist selbst sogleich im [X.] ge-strichen hat, hatte zur Folge, dass die insoweit gebotene Ausgangskontrolle weder vom Büropersonal noch von ihm selbst vorgenommen wurde und auch keine Überprüfung der Erledigung der [X.] am Ende des [X.] mehr 7
8
-
6
-
erfolgte. In diesem Verhalten, mit dem der Prozessbevollmächtigte der [X.] verhindert hat, dass die zur Sicherung der Fristwahrung vorgesehenen Kon-trollschritte abgearbeitet wurden, lag ein für die konkret eingetretene Fristver-säumung ursächlich gewordenes Anwaltsverschulden (vgl. [X.], [X.], 1519 Rn.
11 bis 13; [X.], Beschluss vom 11.
Februar 2009
IV
ZB
26/08, [X.] 2009, 785 Rn.
7; [X.], Urteil vom 19.
Juli 2007
6
AZR
432/06, NJW 2007, 3021 Rn.
12 bis 14; [X.], Beschluss vom 27.
April
2010
VIII
ZB
84/09, [X.] 2010, 1076 Rn.
13; [X.]R 2010, 1648 Rn.
16).

3. Das Berufungsgericht ist mit seiner Entscheidung entgegen dem Vor-trag der Rechtsbeschwerde auch nicht von der Rechtsprechung des [X.] abgewichen, wonach es auf allgemeine organisatorische Vorkehrun-gen für die Ausgangskontrolle in einer Anwaltskanzlei nicht mehr ankommt, wenn der Anwalt im Einzelfall eine konkrete [X.] erteilt hat, die im Falle ihrer Befolgung die Fristsetzung gewährleistet hätte (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Juli 2001
II
ZB
28/00, [X.] 2002, 60; Beschluss vom 1.
Juli 2002

II
ZB
11/01, [X.] 2002, 1289). Der genannte Grundsatz gilt dann nicht, wenn die [X.] die bestehende Organisation nicht außer [X.] setzt, sondern sich
in sie einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzu-wirken. Besteht die [X.] allein darin, die sofortige Übermittlung ei-nes [X.]riftsatzes per Telefax zu veranlassen, fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen ([X.], Beschluss vom 30.
Januar
2007
XI
ZB
5/06, [X.], 720 Rn.
6; Beschluss vom 21.
Oktober 2010
IX
ZB
73/10, NJW 2011, 458 Rn.
9
f.). So verhält es sich im Streitfall.

Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat Rechts-anwalt [X.]. der [X.] M. lediglich konkret aufgetragen, die [X.] noch am selben Tag per Telefax an das Berufungsgericht zu sen-9
10
-
7
-
den. Diese [X.] machte eine Kontrolle der Faxübermittlung anhand des ausgedruckten [X.] ebenso wenig entbehrlich wie eine Anwei-sung, Fristen im [X.] erst dann mit einem Erledigungsvermerk zu versehen, wenn die fristwahrende Handlung tatsächlich
erfolgt oder jedenfalls so weit gediehen war, dass von einer fristgerechten Vornahme auszugehen war (vgl. [X.], FamRZ
2007, 720 Rn.
7 mwN).

II[X.] Nach allem ist die Rechtsbeschwerde der [X.] mit der Kosten-folge aus §
97 Abs.
1 ZPO als unzulässig zu
verwerfen.

Büscher

Pokrant

[X.]affert

Koch

Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.05.2012 -
408 [X.] 31/11 -

O[X.], Entscheidung vom 29.08.2012 -
3 U 104/12 -

11

Meta

I ZB 75/12

28.02.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2013, Az. I ZB 75/12 (REWIS RS 2013, 7763)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7763

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZB 75/12

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