Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.11.2019, Az. 1 WB 16/19

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2019, 1308

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Gegenstand

Versäumnis der Antrags- und der Beschwerdefrist


Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Neufassung seiner Beurteilung zum [X.] 30. September 2017.

2

Der Antragsteller ist voraussichtlich bis Ende Juni 2020 Soldat auf [X.] und seit März 2017 Hauptmann.

3

Am 3. August 2018 beantragte er die Prüfung der Neufassung seiner Beurteilung zum 30. September 2017. Mit Bescheid vom 7. August 2018, dem Antragsteller am 29. August 2018 eröffnet, hob das [X.] die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten zu der Beurteilung auf, verlangte eine Neuerstellung, wies den Antrag aber im Übrigen - sinngemäß - ab.

4

Daraufhin legte der Antragsteller unter dem 8. Oktober 2018 Beschwerde ein. Die digital unterschriebene Beschwerde ging am 9. Oktober 2018 beim [X.] und am 12. Oktober 2018 beim [X.] ein. Dort ging am 15. Oktober 2018 nach einem Hinweis auf das Formerfordernis auch eine handschriftlich unterschriebene Fassung der Beschwerde ein.

5

Mit Bescheid vom 11. März 2019, dem Antragsteller am 18. März 2019 ausgehändigt, wies das [X.] die Beschwerde zurück. Sie sei verfristet. Der angegriffene Bescheid sei dem Antragsteller am 29. August 2018 eröffnet worden. Die Monatsfrist ende daher Montag, den 1. Oktober 2018. Die Beschwerde sei am 8. Oktober 2018 verfasst worden, als die Frist bereits abgelaufen sei. Zudem genüge sie mangels eigenhändiger Unterschrift nicht dem Schriftformerfordernis.

6

Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 18. April 2019, beim [X.] eingegangen am 24. April 2019, die Entscheidung des [X.] beantragt. Das [X.] hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 24. Mai 2019 dem Senat vorgelegt.

7

Der Antragsteller führt aus, weder sein Antrag noch seine Beschwerde seien in ihrem Wesensgehalt erfasst worden. Er beanstande, die Form der "Entscheidung". Auf seine Beschwerde hätte das [X.] einen Beschwerdebescheid verfassen müssen. Der Sachverhalt zur Aushändigung und Erörterung seiner Beurteilung sei falsch dargestellt worden. Er habe die Unterschrift unter die Eröffnung verweigert. Die fehlerhafte Eintragung stelle eine Urkundenfälschung oder eine Falschbeurkundung im Amte dar. Er beantrage die Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft. Die Herleitung der Verfristung weise er zurück. Von der Benachteiligung durch die unterlassene Erörterung sei er immer noch betroffen. Wegen massiver Form- und Verfahrensfehler sei die Beurteilung aufzuheben. Er beantrage eine Definition der Schriftform bei Beschwerden. Er frage, ob schriftlich persönlich verschlüsselte und signierte E-Mails dem Schriftformerfordernis nicht genügen würden.

8

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

9

Die Antragsfrist sei nicht gewahrt. Er habe aus den im Beschwerdebescheid ausgeführten Gründen auch in der Sache keinen Erfolg.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des [X.] und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

1. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des [X.] gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 86 Abs. 3 VwGO). Hiernach begehrt er die Aufhebung des [X.] vom 11. März 2019 und der Neufassung seiner Anlassbeurteilung zum Stichtag 30. September 2017, die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 7. August 2018, soweit dieser seinen Antrag zurückwies, sowie eine Verpflichtung des [X.] zu einer Neubescheidung seines Antrages vom 3. August 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats.

2. Der Antrag ist weder zulässig noch begründet.

a) Der Antrag ist unzulässig, weil er nicht innerhalb der gesetzlichen Antragsfrist gestellt wurde.

Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.] i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung innerhalb eines Monats nach Zustellung des zurückweisenden [X.] einzulegen. Ist - wie hier - das [X.] zuständig, weil sich der Antrag gegen eine Beschwerdeentscheidung des [X.] richtet (§ 21 Abs. 1 Satz 1 [X.]), ist der Antrag beim [X.] zu stellen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

Der Beschwerdebescheid vom 11. März 2019 wurde dem Antragsteller am 18. März 2019 durch Übergabe gegen [X.] zugestellt (§ 12 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Die Monatsfrist des § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.] endete demgemäß nach der im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren Regelung des § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 18. April 2019.

Hiernach ist der Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung des zurückweisenden [X.] einzulegen. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist der Antrag beim [X.] zu stellen. Die am Tage des [X.] verfasste Antragsschrift ist beim [X.] aber erst am 24. April 2019 und damit zu spät eingegangen.

Der Fristablauf wurde nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 [X.] i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 5 Satz 2 als unabwendbarer Zufall zu werten sind. Die nach § 12 Abs. 1 Satz 4 [X.] vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung war korrekt erteilt worden.

b) Der Antrag ist zudem auch unbegründet, weil der Bescheid vom 7. August 2018 bestandskräftig geworden ist. Er ist nämlich nicht fristgerecht mit einer Beschwerde angegriffen worden.

Nach § 6 Abs. 1 [X.] darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem [X.] Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom [X.] hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. November 2014 - 1 [X.] 61.13 - [X.] § 17 [X.] Nr. 91 Rn. 32 m.w.N.). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.], der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden [X.] knüpft, setzt § 6 Abs. 1 [X.] für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom [X.] voraus. Etwas anderes gilt nur, wenn - was hier nicht der Fall ist - für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 [X.] 43.12 - [X.] § 17 [X.] Nr. 87 Rn. 30).

Kenntnis vom [X.] hatte der Antragsteller durch die Aushändigung des Bescheides am 29. August 2018. Die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde endete demgemäß mit Ablauf des 1. Oktober 2018, da der 29. September 2018 ein Samstag war (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 22 Abs. 1, Abs. 2 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB). Die Frist ist mit der erst am 8. Oktober 2018 abgefassten und am 9. Oktober 2018 beim [X.] eingegangenen Rechtsbehelf nicht gewahrt. Es kommt daher nicht darauf an, ob die digital signierte Beschwerde zudem auch das Schriftformerfordernis nicht wahrt.

Der Fristablauf wurde nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 [X.] als unabwendbarer Zufall zu werten sind. Es liegt kein Fall des § 7 Abs. 2 [X.] vor; der Ablehnungsbescheid bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme, gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, keiner Rechtsbehelfsbelehrung, weil die Regelungen über die Beschwerdeeinlegung als jedem Soldaten bekannt vorausgesetzt werden können (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Oktober 2015 - 1 [X.] 1.15 - [X.], 31 Rn. 39 m.w.N. und Beschluss vom 1. März 2018 - 1 [X.] 27.17 - juris Rn. 22).

Meta

1 WB 16/19

21.11.2019

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 17 Abs 4 S 1 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO, § 12 Abs 3 WBO, § 6 Abs 1 WBO, § 7 WBO, § 57 Abs 2 VwGO, § 187 BGB, § 188 BGB, § 222 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.11.2019, Az. 1 WB 16/19 (REWIS RS 2019, 1308)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1308

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