Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2001, Az. 3 StR 324/00

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 3792

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/00vom24. Januar 2001in der [X.] versuchten Mordes u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 24. [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.],[X.] am [X.]. [X.],[X.],von [X.],[X.]als [X.],[X.] als Vertreter der [X.]schaft,Rechtsanwältin ,Rechtsanwalt als Verteidiger,[X.]als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revision des Angeklagten gegen das [X.]eil des[X.]s [X.] vom [X.] wird verworfen.Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittelszu tragen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes [X.] mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in vierFällen sowie wegen Verabredung eines tateinheitlichen Verbrechens des [X.] und des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion, begangen in Tateinheitmit der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens, zu einer Gesamtfreiheits-strafe von dreizehn Jahren verurteilt und verschiedene Gegenstände eingezo-gen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen undmateriellen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.[X.] Nach den Feststellungen des angefochtenen [X.]eils verübte der wegenpolitisch motivierter Straftaten mehrfach vorbestrafte Angeklagte im Jahre 1995gemeinsam mit dem nichtrevidierenden Mitangeklagten [X.]vier Spreng-stoffanschläge. Während der Vorbereitungen zu einem weiteren Anschlag [X.] die Angeklagten [X.] sehr guter Leistungen in seinem Studienfach Physik gab der Ange-klagte das Studium auf, ging einer Teilzeitbeschäftigung als Verlader nach undwandte sich dem Linksextremismus sowie dem politisch motivierten Terroris-mus zu. Nachdem die "[X.] Fraktion" ("[X.]") im April 1992 angekün-digt hatte, zukünftig auf schwerste Gewalttaten und Terroranschläge zu ver-zichten, bildeten sich in der Folgezeit in der linksextremistischen Szene Grup-pierungen, welche die traditionelle "[X.]"-Strategie des bewaffneten Kampfesaufrecht erhielten und verschiedene Anschläge durchführten. Aus [X.] entwickelte sich die später sogenannte "[X.]" ("[X.]"), der die beiden Angeklagten von Beginn an zugehörten. Ab [X.] 1995 bestand die "[X.]" nur noch aus ihnen. Nachdem sie sich an [X.] auf die [X.] in [X.]am [X.] und dem versuchten Sprengstoffanschlag auf das [X.] inBr. am 24. September 1994 beteiligt hatten - bezüglich dieser Taten hatdas [X.] das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig ein-gestellt -, begingen sie die der Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten.Dabei ging ihre Aufgabenteilung dahin, daß dem Angeklagten als [X.] und politisch-ideologischem Wortführer insbesondere die Erstellung derTatbekennungen und Positionspapiere zufiel, während der Mitangeklagte [X.]die mehr handwerklich-praktischen Aufgabenteile wie die Herstellung [X.] übernahm.In der Nacht vom 21. auf den 22. Januar 1995 verübten die [X.]einen Sprengstoffanschlag auf das Wohnhaus des [X.] a. D. Dr. [X.] . Der aus zwei mit Schwarzpulver [X.] Rohrbomben bestehende Sprengsatz wurde vor der Haustür abgelegt.Die Explosion verursachte im Eingangsbereich des Hauses erheblichen Sach-- 5 -schaden, der sich auf ca. 38.000 [X.] belief. Das Eindringen von Stahlsplitternin das Gebäudeinnere wurde nur durch die massive Haustür und die schußsi-chere Panzerverglasung der Fenster verhindert. Zu einem Personenschadenkam es durch glückliche Umstände nicht. Eine Nachbarin passierte mit [X.] einen nur sechs Meter von dem [X.] entfernten Fahrweg [X.] bis zwei Minuten vor der Explosion. Die Eheleute [X.]hielten sich [X.] nicht im Hause auf und kamen erst nach der Explosion von einerAbendveranstaltung zurück. Wären sie nur etwa eine Viertelstunde früher [X.] gekommen, hätten sie sich im [X.]punkt der Explosion beim [X.] unmittelbar im [X.] befunden und schwerste, mit hoherWahrscheinlichkeit tödliche Verletzungen erlitten.In der Nacht zum 23. April 1995 legten die Angeklagten einenSprengsatz, der aus einem mit Schwarzpulver gefüllten 2 [X.] [X.], vor dem Eingang des Wohnhauses des [X.] Prof. Dr. Bl. in [X.]ab.Die Bombe explodierte am frühen Morgen gegen 5.50 Uhr. Ein 108 Grammschwerer Metallsplitter flog durch ein Fensterelement in das Innere des Hausesbis in das Wohnzimmer. Insgesamt entstand ein Sachschaden von ca.60.000 [X.]. Die [X.]. hatte einen von dem [X.] als Warnung aufgefaßt und sich wenige Minuten vor der Explosion ineinem Nachbarhaus in Sicherheit bringen können.In der Nacht zum 17. September 1995 deponierten die Angeklagten einendem vorherigen Anschlag entsprechenden Sprengsatz vor der Haustür [X.] des [X.] B. in Si. . Die Bombe detonierte ge-gen 5.50 Uhr. Es entstand ein Sachschaden von ca. 70.000 [X.]. Schäden imInneren des Hauses wurden durch eine Sicherheitsverglasung verhindert. Frau- 6 -B. und die beiden sich im Haus befindlichen Kinder blieben äußerlich un-verletzt, leiden aber noch heute unter den psychischen Folgen des Anschlags.Auch ein Nachbarhaus wurde erheblich beschädigt. Unter anderem durch-schlug ein Metallsplitter ein Wohnzimmerfenster und prallte gegen die [X.].In der Nacht vom 22. auf den 23. Dezember 1995 legte der Angeklagtevor dem Haupteingang eines Gebäudekomplexes in [X.] , in dem sichdas Honorarkonsulat befand, einen weiteren Sprengsatz ab. Die-ser bestand ebenfalls aus einem mit Schwarzpulver gefüllten Feuerlöscher, dernunmehr noch mit einer Plastiktüte ummantelt war, in der sich - um die [X.] zu erhöhen - 4,5 kg [X.] befanden. Die [X.] gegen 0.38 Uhr. Der entstandene Sachschaden belief sich auf ins-gesamt ca. 120.000 [X.]. Zur [X.] hielten sich in der Nähe [X.] mehrere Menschen auf. Die [X.] wurden wie Geschosse [X.] 35 Meter weit weggeschleudert. Sie hätten Menschen jedenfalls in einemUmkreis von ca. 15 Metern tödliche Verletzungen beibringen können.In der [X.] gegen Ende des Jahres 1995 und zu Beginn des Jahres 1996verabredeten die Angeklagten, einen Sprengstoffanschlag auf das Wohnhausdes [X.] Du. in [X.]durchzuführen. Zur Vorbereitung dieses Attentatserwarben sie große Mengen Chinaböller, aus denen sie insgesamt mehrereKilogramm Schwarzpulver entnahmen und in zuvor angelegten Erddepots la-gerten. Außerdem spähten sie das Anschlagsobjekt aus. Sie kauften einen6 [X.], den sie zur Aufnahme des Schwarzpulvers präparierten,und erwarben [X.]. Schließlich trafen sie Vorbereitungen für die Ab-fassung eines Selbstbezichtigungsschreibens.- 7 -Die Angeklagten hielten bei allen Taten die Tötung von Menschen fürmöglich und nahmen diese billigend in Kauf. Sie handelten aufgrund einerfeindseligen und haßerfüllten Einstellung gegenüber dem [X.]Rechtsstaat und seinen Repräsentanten und machten in selbstherrlicher undanmaßender Art und Weise ihre eigene Weltanschauung zum allgemeingülti-gen Maßstab. Ihnen war bewußt, daß in der Nähe des jeweiligen Tatortes an-wesende Personen arg- und wehrlos sein würden und wegen der nicht ein-grenzbaren Wirkungen der [X.] eine Mehrzahl von Menschen gefähr-det werden konnte.I[X.] Der Angeklagte hat sich zur Sache nicht eingelassen. Bei der Beweis-würdigung hinsichtlich der letzten zwei Taten hat sich das [X.]wesentlich auf Erkenntnisse gestützt, die durch die Observierung des PKW desMitangeklagten [X.] über das "Global Positioning System" ("GPS") ge-wonnen worden waren. Der Angeklagte rügt, der Einsatz der "[X.] ohne gesetzliche Grundlage erfolgt und damit unzulässig gewesen, was zueinem Verbot der Verwertung der daraus gewonnenen Erkenntnisse führe. [X.] ist unbegründet.1. Ihr liegt folgendes Geschehen zu Grunde:Die Angeklagten, die eine Überwachung vermuteten, verhielten [X.] konspirativ. Aus Sorge, abgehört zu werden, unterließen sie jeglichesTelefonat miteinander. Es gelang ihnen bei Fahrten mit den von ihnen genutz-ten Kraftfahrzeugen regelmäßig, sich der visuellen Observation durch [X.] und des [X.] zu entziehen. [X.] von Scannern und Hochfrequenzdetektoren entdeckten sie zwei in- 8 -das Fahrzeug eingebaute Peilsender und machten diese funktionsunfähig. [X.] wurde deshalb im Dezember 1995 ein"[X.] in den PKW des Mitangeklagten [X.]eingebaut. Bei dem"Global Positioning System" handelt es sich um ein satellitengestütztes funk-gesteuertes Navigationssystem, mit dessen Hilfe bei ziviler Nutzung die räumli-che Position eines Objekts an jedem Punkt der [X.] bis auf 50 Meter genaubestimmt werden kann. Das Fahrzeug wurde bei dem Einbau des Empfängersnicht fortbewegt. Der Zyklus der Datenspeicherung wurde so programmiert,daß in dem eingebauten Empfänger jeweils im Minutentakt das Datum, [X.], die geographischen Breite- und Längekoordinaten sowie die [X.] aufgezeichnet wurden. Die [X.] wurden sodann im Abstand weniger oder mehrerer Tage mittels eineskurzzeitig aktivierten Übertragungsvorgangs "abgezogen", ohne daß das Fahr-zeug hierzu geöffnet oder bewegt werden mußte. Durch die Auswertung [X.] konnten die Strafverfolgungsbehörden die Fahrbewegungen,Standorte und Standzeiten des PKW lückenlos nachvollziehen. Das [X.] hat den Einsatz des "GPS" mit Beschluß vom 12. Dezember 1997([X.], 268 ff.) für zulässig erachtet.2. Die Gewinnung von Beweisen unter Verwendung des "Global Positio-ning System" war gemäß § 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. [X.] zulässig. [X.] begegnet ihre Verwertung durch das [X.] keinen rechtli-chen Bedenken.a) Nach der genannten Vorschrift dürfen ohne Wissen des [X.] für [X.] bestimmte technische Mittel zur Erfor-schung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des [X.] -verwendet werden, wenn Gegenstand der Untersuchung eine Straftat von er-heblicher Bedeutung ist, und wenn die Erforschung des Sachverhalts oder dieErmittlung des Aufenthaltsortes des [X.] auf andere Weise weniger erfolg-versprechend oder erschwert wäre. Die "GPS"-Technik stellt ein technischesMittel im Sinne dieser Bestimmung dar ([X.]/[X.] in [X.] StandOktober 2000 § 100 [X.]. 7 a; [X.]/[X.], [X.] 100 [X.]. 2; [X.] in [X.]. § 100 [X.]. 13; [X.], StPO [X.] 100 [X.]. 3; [X.] 1999, 259 f.; a. [X.], 569 ff.; [X.], 526 f.). Die Vorschrift regelt den Einsatz solcher technischerObservierungsmittel, die weder die von § 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a [X.] Herstellung von Lichtbildern oder Bildaufzeichnungen noch die in§ 100 c Abs. 1 Nr. 2 StPO normierte Abhörung und Aufzeichnung des gespro-chenen Wortes ermöglichen (vgl. [X.]. 12/989 S. 39; [X.]/[X.] in[X.] Stand Oktober 2000 § 100 [X.]. 7; [X.] in [X.]. § 100 cRdn. 10). Dies trifft auf das "GPS" zu, durch das lediglich der Standort des [X.] und dessen Geschwindigkeit bestimmt werden können.Die [X.] bestätigt diese Auslegung. § 100 c StPOist durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und an-derer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität ([X.]) vom 15. [X.] ([X.] ff.), dessen Ziel u.a. die Verbesserung des [X.] zur Verbrechensbekämpfung war (vgl. [X.]. 12/989S. 20), in die Strafprozeßordnung eingeführt worden. Auch wenn die "GPS"-Technik in den Gesetzesmaterialien nicht ausdrücklich als Beispiel für eintechnisches Mittel gemäß § 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. [X.] aufgeführt ist, soläßt sich hieraus nicht der Schluß ziehen, der Gesetzgeber habe es aus [X.] der Vorschrift herausfallen lassen wollen. So sind [X.] 10 -sender ausdrücklich als Beispiele für der Norm unterfallende technische Mittelgenannt (vgl. [X.]. 12/989 S. 39). Bei dem "GPS" handelt es sich [X.] der Funktion nach letztlich um eine Weiterentwicklung der früher [X.] Ortungssysteme. Mit der Wahl des Begriffs des sonstigen techni-schen Mittels wollte der Gesetzgeber erkennbar dem technischen FortschrittRaum schaffen und auch den Einsatz von zum [X.]punkt des Erlasses der [X.] noch nicht zur Strafverfolgung eingesetzten Systemen ermöglichen. [X.] "GPS"-Technik kann mittlerweile jede Privatperson für zivile Zwecke, etwain einem Fahrzeug zur Navigationshilfe, Gebrauch machen. Es besteht [X.], ein derartiges handelsübliches Verfahren von dem Einsatz in dem Be-reich der Strafverfolgung auszunehmen.Die Auslegung, daß das "GPS" zu den sonstigen für [X.]bestimmten technischen Mitteln im Sinne des § 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. bStPO gehört, steht in Einklang mit den Wertentscheidungen des [X.]. Der Einsatz der "GPS"-Technik greift nicht in das Grundrecht der Unver-letzlichkeit der Wohnung (Art. 13 [X.]) ein (vgl. [X.] - Ermittlungsrichter - [X.], 157). Der unantastbare Kernbereich des durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2Abs. 1 [X.] gewährleisteten Schutzes der Privatsphäre (vgl. [X.] 34, 238,245 ff.; 80, 367, 373 ff.) und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung([X.] 65, 1, 41 ff.; 78, 77, 84 ff.) werden durch die Verwendung des "GPS"nicht berührt. Angesichts des erheblichen, verfassungsrechtlich anerkanntenInteresses an der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ([X.] 51, 324,343; 77, 65, 76) handelt es sich um eine vom Gesetzesvorbehalt gedeckte unddem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragende [X.] (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Grundgesetz Stand Juli 2000Art. 2 Rdn. 65; Dreier, Grundgesetz 1996 Art. 2 I Rdn. 51, 52, 59 ff.;- 11 -Jarass/[X.], Grundgesetz 3. Aufl. 1995 Art. 2 Rdn. 27, 28 a, 36 ff.). [X.] den schwerwiegenden Straftaten im Bereich des Terrorismus und der orga-nisierten Kriminalität, die häufig unter Benutzung neuester technischer Hilfs-mittel konspirativ vorbereitet und durchgeführt werden, ist eine effektive Straf-verfolgung ohne den Einsatz moderner technischer Observierungsmittel wiedes "GPS" oft nicht mehr möglich.b) Die weiteren Voraussetzungen des § 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b,Abs. 2 StPO für den Einsatz der "GPS"-Technik lagen vor. Die Erforschung [X.] wäre ohne die Verwendung des "GPS" weniger erfolgverspre-chend oder erschwert gewesen, da sich die Angeklagten den anderen Überwa-chungsmaßnahmen regelmäßig entziehen konnten. Der Einsatz erfolgte in demErmittlungsverfahren, das der [X.] gegen die [X.] in einer terroristischen Vereinigungund der Beteiligung an den [X.] "[X.]" eingeleitet hatte. [X.] Untersuchung waren Sprengstoffanschläge und damit Straftaten von er-heblicher Bedeutung aus dem Bereich der Schwerkriminalität.c) Die bei dem Einbau des Empfängers und der Gewinnung der Datendurchgeführten Maßnahmen wie das heimliche Öffnen des PKW, die Benut-zung der Fahrzeugbatterie sowie die Erhebung, Speicherung, Übermittlung unddie kartographische Umsetzung der "GPS"-Positionsdaten gehören zur Ver-wendung der "GPS"-Technik und sind daher ebenfalls gemäß § 100 c Abs. 1Nr. 1 Buchst. [X.] rechtmäßig. Die Vorschrift gestattet den [X.] im Wege der Annexkompetenz unter Beachtung des Verhält-nismäßigkeitsgrundsatzes auch die Vornahme der für den Einsatz des techni-schen Mittels notwendigen Begleitmaßnahmen. Hierzu kann auch, sofern im- 12 -konkreten Fall kein milderes Mittel in Betracht käme, trotz des damit verbunde-nen Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 14 [X.] die kurzzeitige [X.] in eine Werkstatt gehören ([X.] in [X.]. § 100 cRdn. 15).d) Ein Verstoß gegen Art. 8 [X.] liegt nicht vor. Durch den [X.] "[X.]s und die Auswertung der Daten wird zwar die [X.]. 8 Abs. 1 [X.] geschützte Privatsphäre des Angeklagten [X.] 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. [X.] stellt jedoch ein den Eingriff legitimieren-des Gesetz im Sinne des Art. 8 Abs. 2 [X.] dar (vgl. [X.]St 44, 13, 16 f. für§ 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StPO), weil diese Vorschrift die Voraussetzun-gen für eine verdeckte Überwachung durch technische Mittel klar regelt und die"[X.] in einer [X.] Gesellschaft zur Verhinderungvon strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte und Freiheiten andererunter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unbedingt notwendigwar (vgl. [X.], 993; NJW 1993, 718, 719; NJW 1992, 3088 [X.] 1979, 1755, 1756 ff.). Die erforderliche richterliche Kontrolle erfolgte [X.] weniger grundrechtsintensiven Überwachungsmethode im Strafverfah-ren.II[X.] Die Revision beanstandet weiter, die Gesamtheit der [X.] sei ohne ausreichende gesetzliche Grundlage erfolgt, weil sie zueiner neuen Qualität geführt habe, die über die Intensität des mit jeder einzel-nen Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffs hinausgehe. Durch die Ku-mulation der durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen sei ein engmaschigesDatennetz geknüpft und damit ein umfassendes Bewegungsprofil des Ange-klagten erstellt worden. Dieser sei deshalb in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1,- 13 -Art. 1 Abs. 1, Art 20 Abs. 3 [X.], Art. 8 [X.] und Art. 17 [X.] verletzt [X.], was ein Verwertungsverbot nach sich ziehe. Diese Rüge bleibt [X.] Es bestehen bereits Bedenken, ob die Rüge in einer den Anforderun-gen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Form und damit in zulässigerWeise erhoben worden ist, da die Revision die die Überwachungsmaßnahmenanordnenden richterlichen Beschlüsse und die Anordnungen des [X.] nicht mitteilt und sich auf die Wiedergabe einer von der Verteidi-gung in die Hauptverhandlung eingeführten Widerspruchsschrift sowie derhierauf ergangenen Stellungnahmen und Gerichtsbeschlüsse beschränkt.2. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Ein Verbot der Verwertung der er-hobenen Beweise besteht auch unter dem Gesichtspunkt des [X.] mehrerer Ermittlungsmaßnahmen [X.]) Der Senat entnimmt den [X.]eilsgründen sowie den von der Revisionmitgeteilten Anträgen und Beschlüssen, daß folgende Fahndungsmaßnahmendurchgeführt worden sind:Die Angeklagten wurden vom 30. September 1995 bis zu ihrer Festnahmeam 25. Februar 1996 schwerpunktmäßig an Wochenenden von Mitarbeiterndes [X.] observiert. Dabei wurden auch videotechnischeHilfsmittel eingesetzt, mit denen die Zugangsbereiche der Gebäude, in denendie Angeklagten wohnten, beobachtet wurden. Bei Observationseinsätzen in[X.] wurde auch der Betriebsfunk der Firma [X.], an dem der Mit-angeklagte [X.]teilnahm, abgehört. Ab dem 13. Oktober 1995 wurden [X.] 14 -grund eines richterlichen Beschlusses die Telefonanschlüsse der Mutter [X.] sowie der Eltern des Mitangeklagten [X.]überwacht. Ein wei-terer Beschluß des Ermittlungsrichters des [X.], der das Abhö-ren und Aufzeichnen des in dem PKW des Mitangeklagten [X.]und demFahrzeug der Mutter des Angeklagten gesprochenen nichtöffentlichen Wortesgestattete, wurde nicht ausgeführt. Die Ausschreibung der beiden [X.] der von ihnen benutzten Fahrzeuge zur polizeilichen Beobachtung wurdevom Ermittlungsrichter angeordnet. Schließlich wurden auf Anordnung des [X.] in dem Kraftfahrzeug des Mitangeklagten [X.]der"[X.] installiert und die durch die "[X.] ausgewertet. Daneben führten der [X.] und das [X.] nachrichten-dienstliche Operationen unter Verwendung entsprechender Mittel durch.Von diesen Aufklärungsmaßnahmen hat das [X.] zur Be-gründung seiner zur Verurteilung der Angeklagten führenden Überzeugung imwesentlichen auf den Einsatz der "GPS"-Technik und die Erkenntnisse aus dervideotechnischen Überwachung der Eingangsbereiche der Wohnobjekte sowieaus einigen Bewegungsobservationen abgestellt.b) In seinem auf den Widerspruch der Verteidigung ergangenen [X.] 12. Dezember 1997 ([X.], 268, 269 f.) hat das [X.]zutreffend dargelegt, daß die einzelnen Eingriffsmaßnahmen für sich [X.] den einschlägigen Ermächtigungsnormen der Strafprozeßordnung - so dielängerfristigen videotechnischen Überwachungen der Zugangsbereiche [X.] von § 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StPO (vgl. [X.]St 44, 13 ff.)und die nicht intensiven visuellen Observationen von §§ 161, 163 StPO ([X.] -[X.] NStZ 1992, 44 f.; Wache in [X.]. § 163 Rdn. 18; [X.]/[X.], StPO 44. Aufl. § 163 Rdn. 34 a, jeweils m.w.Nachw.) - gedeckt undvon dem jeweils Befugten angeordnet worden waren. Hiergegen hat die Revi-sion keine Einwendungen mehr erhoben. Was die geltend gemachte besonde-re Beeinträchtigung des Angeklagten durch das Zusammentreffen der [X.] angeht, hat das [X.] diesem Gesichtspunkt keine ei-genständige Qualität zugesprochen (a. A. [X.]/[X.] in [X.] StandOktober 2000 § 100 [X.]. 7 a; [X.], 569, 570 f.). Dabei hat es vorallem darauf abgestellt, daß das einfache Gesetz für die zeitgleiche [X.] mehrerer Observierungsmaßnahmen eine gesonderte "übergreifende"richterliche Zuständigkeit allein aufgrund der Kumulation nicht vorsehe. [X.] auch nicht aus der Verfassung, weil durch die Bündelung von Ermitt-lungsmaßnahmen weder die Qualität des einzelnen Grundrechtseingriffs ver-ändert noch der jeweilige Rechtsschutz verkürzt werde. Die Kumulation [X.], die unterschiedliche Zielrichtungen verfolgten, sei [X.] und bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. In denunantastbaren Bereich der privaten Lebensführung des Angeklagten, welcherder Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen sei, sei nicht [X.] worden. Die Anordnung und Durchführung von Eingriffen nach [X.] hätten schon deshalb keinen Einfluß auf die Zulässigkeit strafpro-zessualer Eingriffsmaßnahmen, weil sie in der Regel in Unkenntnis der Straf-verfolgungsbehörden erfolgten und die Verwertbarkeit daraus gewonnener [X.] gesetzlich gesondert geregelt [X.]) Aus den vom [X.] in seinem Beschluß ausführlich darge-stellten Gründen läßt das Zusammentreffen von [X.] die [X.] für die einzelnen Maßnahmen un-- 16 -berührt, so daß keine "übergreifende" ausschließliche richterliche Zuständig-keit besteht. Von dem nach der [X.] bei der Anordnung jeder einzelnen Maßnahme zu prüfen, ob ihreDurchführung unter Berücksichtigung bereits angeordneter [X.] insgesamt noch verhältnismäßig ist. Trifft somit der Einsatz der "GPS"-Technik mit anderen isoliert betrachtet je für sich zulässigen Überwachungs-methoden zusammen und führt dies zu einer umfassenden Überwachung [X.] mit der Folge, daß von ihr ein umfassendes Persönlichkeitsprofil erstelltwerden kann (vgl. [X.]St 44, 13, 18; Wache in [X.]. § 163 Rdn. 18;[X.]/[X.], StPO 44. Aufl. § 163 Rdn. 34 a), so kann [X.] der Beeinträchtigungen den Betroffenen rechtswidrig in seinem allge-meinen Persönlichkeitsrecht, gegebenenfalls in der Ausprägung des Rechtsauf informationelle Selbstbestimmung verletzen und deshalb gegen [X.] der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Bei der insoweit erforderlichenAbwägung kommt dem Gewicht der aufzuklärenden Straftat eine besondereBedeutung zu.d) Der Senat muß nicht entscheiden, unter welchen Voraussetzungen beider "Totalüberwachung" einer Person ein Verstoß gegen den [X.], gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 i.V.m.Art. 2 Abs. 1 [X.]) und gegen Art. 8 [X.] (vgl. [X.], 993, 994)vorliegt und ob die Rechtswidrigkeit einer solchen Observation zu einem Ver-bot der Verwertung der gewonnenen Erkenntnisse führt. Im vorliegenden Fallhat nämlich gegenüber dem Angeklagten keine derart intensive Überwachungstattgefunden, die Bedenken gegen ihre Rechtmäßigkeit aufkommen lassenkönnte. Die Videoüberwachung des Wohngebäudes und die sonstigen Obser-vationen des Angeklagten haben sich schwerpunktmäßig auf die [X.] -den konzentriert. [X.] nachzuvollziehen waren lediglich die [X.] des Mitangeklagten [X.]. Hiervon war der Angeklagte nurdann betroffen, wenn er sich als Beifahrer in dem PKW befand. Das gespro-chene Wort ist nur in begrenztem Umfang abgehört, die Ergebnisse sind vondem [X.] zur Begründung des Schuldspruchs nur am [X.] worden. Berücksichtigt man, daß der Angeklagte der [X.] Straftaten verdächtig war, der Einsatz des "GPS" erst angeordnetwurde, nachdem alle anderen Ermittlungsmaßnahmen erfolglos geblieben sind,und die Öffentlichkeit ein verfassungsrechtlich anerkanntes Interesse an [X.] solcher Straftaten ([X.] 51, 324, 343; 77, 65, 76) hat und esunbedingt geboten war, die weiteren angekündigten Mordanschläge zu [X.], liegt die von der Revision geltend gemachte Rechtsverletzung bei dervorzunehmenden Güterabwägung nicht vor.e) [X.] in die Privatsphäre durch eine längerfristigeObservation hat der Gesetzgeber inzwischen dadurch Rechnung getragen, daßer bei der Novellierung der Strafprozeßordnung durch das [X.] vom 2. August 2000 ([X.] 1253) in § 163 f StPO die Zuläs-sigkeitsvoraussetzungen und die Anordnungskompetenz für eine längerfristigeObservation geregelt hat. Nach § 163 f Abs. 4 StPO bedarf jetzt die länger-fristige Observation der richterlichen Anordnung, wenn sie einen Monat über-steigt. Da § 163 f StPO ausschließlich auf die Dauer der Observation abstelltund keine Unterscheidung nach der Art der Überwachungsmethode trifft, gilt§ 163 f StPO für jede längerfristige Oberservation unabhängig davon, ob siemit oder ohne technische Mittel durchgeführt wird. Werden daher für länger-fristige Observationen technische Mittel im Sinne des § 100 c Abs. 1 Nr. 1- 18 -Buchst. [X.] verwendet, so sind zusätzlich die [X.] § 163 f StPO zu beachten.Aus der Regelung in § 163 f StPO kann nicht gefolgert werden, daß diegegen die Angeklagten durchgeführten Überwachungsmaßnahmen, die [X.] vier Wochen andauerten, nur von [X.] hätten angeordnet [X.]. Da vor dem Wirksamwerden des [X.] am 1. November 2000 die Zulässigkeitsvoraussetzungensowie die Anordnungskompetenz für eine längerfristige Observation in [X.] nicht geregelt waren, ist für die Rechtmäßigkeit der gegendie Angeklagten durchgeführten langfristigen Observation allein entscheidend,ob die einzelnen Überwachungsmaßnahmen nach den einschlägigen [X.]en zulässig angeordnet wurden und sowohl isoliert als auch [X.] dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprachen (vgl. [X.]St 44,13, 18; [X.] NStZ 1992, 44, 45; [X.] in Löwe/[X.], [X.]. § 163Rdn. 50; Wache in [X.]. § 163 Rdn. 18; [X.]/[X.],StPO 44. Aufl. § 163 Rdn. 34 a). Der Anordnungsvorbehalt des Richters füreine längerfristige Observation ergab sich nach der früheren Rechtslage wederaus der Strafprozeßordnung noch aus Art. 8 [X.] oder aus dem Verfassungs-recht (a. A. [X.]/[X.] aaO § 100 [X.]. 7 a).IV. Die weiteren Verfahrensrügen sind aus den von dem Generalbun-desanwalt in seiner Zuleitungsschrift vom 24. August 2000 dargelegten Grün-den, auf die der Senat Bezug nimmt, unzulässig bzw. unbegründet.V. Die durch die Sachrüge veranlaßte Überprüfung des [X.]eils in materi-ellrechtlicher Hinsicht hat keinen Fehler zum Nachteil des [X.] -ergeben. Insbesondere beruht die Beweiswürdigung des [X.]sauf einer tragfähigen Grundlage und ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu [X.]. Der bedingte Tötungsvorsatz sowie das Mordmerkmal der Heim-tücke sind rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Revision verkennt, daß die [X.] Überprüfung nicht auf die isolierte Bewertung des [X.], sondern auf die sämtliche Indizien einbeziehende Gesamtwürdigungabzustellen hat.[X.] [X.] [X.] von [X.] [X.]Nachschlagewerk: ja[X.]St: jaVeröffentlichung: ja________________StPO § 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 163 f1. Die [X.] unter Verwendung des satellitengestützten [X.]" ("GPS") ist von § 100 c Abs.1 Nr. 1 Buchst. [X.] gedeckt. Diese Vorschrift gestattet den Strafver-folgungsbehörden im Wege der Annexkompetenz unter Beachtung des- 20 -Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch die Vornahme der für den [X.] technischen Mittels notwendigen Begleitmaßnahmen. 2. Trifft der Einsatz des "GPS" mit anderen je für sich zulässigen Eingriffs-maßnahmen zusammen und führt dies zu einer umfassenden Überwa-chung der Person, so kann das gegen den Grundsatz der [X.] verstoßen. Bei der insoweit erforderlichen Abwägung kommt [X.] der aufzuklärenden Straftat besondere Bedeutung [X.] für längerfristige Observationen technische Mittel im Sinne des§ 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. [X.] verwendet, so sind zusätzlich die An-ordnungsvoraussetzungen des § 163 f StPO zu beachten. Bis zum In-krafttreten dieser Vorschrift (1. November 2000) bestand keine richterlicheAnordnungskompetenz.[X.], [X.]. vom 24. Januar 2001 - 3 [X.]/00 - OLG [X.]

Meta

3 StR 324/00

24.01.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2001, Az. 3 StR 324/00 (REWIS RS 2001, 3792)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3792

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 StR 32/13 (Bundesgerichtshof)

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