Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2006, Az. IX ZB 141/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2379

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[X.]BESCHLUSS [X.]/05 vom 27. Juli 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 17a; [X.] 1999 § 7; [X.] § 191 Abs. 1 Satz 2 Sowohl gegen einen [X.] der Finanzbehörde, mit welchem diese einen anfechtungsrechtlichen [X.] geltend macht, als auch ge-gen einen bloß drohenden [X.] dieses Inhalts ist für den Anfech-tungsgegner ausschließlich der Rechtsweg zu den [X.]en gegeben. [X.], [X.]uss vom 27. Juli 2006 - [X.]/05 - [X.] LG München I
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Ganter und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] am 27. Juli 2006 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 21. Zivilsenats des [X.] vom 19. Mai 2005 wird auf Kos-ten der Klägerin zurückgewiesen. Gründe: [X.] Die Klägerin erwarb treuhänderisch Beteiligungen an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Danach kündigte das Finanzamt, das Forderungen gegen die bisherigen Inhaber der Beteiligungen hat, der Klägerin an, es werde diesen Erwerb nach Maßgabe der Vorschriften des [X.] in Verbin-dung mit § 191 [X.] anfechten. 1 Die Klägerin hat vor dem [X.] Klage auf Feststellung erhoben, dass der verklagte [X.] zur Anfechtung nicht berechtigt sei. Später erließ das Finanzamt zwei [X.]e gegen die Klägerin, wogegen diese Einspruch einlegte, über den noch nicht entschieden ist. 2 - 3 - Der Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtsweges gerügt. Daraufhin hat die Klägerin gemäß § 17a Abs. 3 [X.] beantragt, die Zulässigkeit des beschrit-tenen Rechtsweges auszusprechen. Das [X.] hat den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen (§ 17a Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die sofortige Beschwerde der Klägerin nach § 17a Abs. 4 Satz 3 [X.] hat das [X.] als unbe-gründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Klägerin. 3 I[X.] Das statthafte (§ 17a Abs. 4 Satz 4 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. 4 1. Allerdings hat der Senat ([X.], Urt. v. 29. November 1990 - [X.] ZR 265/89, [X.], 249 f) in einem vergleichbaren Fall angenommen, für eine vorbeugende negative Feststellungsklage sei der Rechtsweg zu den [X.] Gerichten gegeben, weil es an einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung fehle und der [X.] nach § 7 [X.] 1879 dem bürgerlichen Recht zuzuordnen sei. Dieser verwandele sich nicht in einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, wenn das Finanzamt von dem ihm nach der Rechtspre-chung des [X.] zustehenden Wahlrecht Gebrauch mache und den Anspruch nicht durch Anfechtungsklage, sondern im Wege eines [X.] nach § 191 [X.] geltend mache. Als belastender [X.] könne der [X.] jederzeit einseitig zurückgenommen bezie-hungsweise widerrufen werden. 5 - 4 - 2. An dieser Auffassung kann für das nunmehr geltende Recht nicht [X.] werden. 6 a) Fehlt eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers, richtet sich der Rechtsweg nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der [X.] hergeleitet wird (Gemeinsamer Senat der obersten Ge-richtshöfe des Bundes, [X.] 97, 312, 313 f; 102, 280, 283; 108, 284, 286). Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Anfechtungsanspruch nach § 7 [X.]. Dabei handelt es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit ([X.], Urt. v. 29. November 1990 aaO; [X.], Anfechtungsgesetz 9. Aufl. § 7 Rn. 19; [X.] in Kübler/Prütting, [X.] § 13 [X.] Rn. 10; vgl. ferner für den insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch [X.] 114, 315, 320; [X.], [X.]. v. 2. Juni 2005 - [X.] ZB 235/04, NJW-RR 2005, 1138, 1139). 7 b) Seit der Einfügung des § 191 Abs. 1 Satz 2 [X.] durch das [X.] vom 22. Dezember 1999 ([X.], 2601) liegt jedoch eine Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers vor. Nach dieser Vorschrift hat die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens zwingend durch [X.] zu erfolgen, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des [X.] geltend zu ma-chen ist. 8 aa) Der [X.] ist ein Verwaltungsakt. Wendet sich der Be-troffene hiergegen, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten selbst dann nicht gegeben, wenn die Regelung nicht durch Verwaltungsakt hätte er-folgen dürfen, weil das Rechtsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet ist (BVerwGE 84, 274, 275; [X.] in Eyermann/Fröhler, VwGO 11. Aufl. § 40 Rn. 61; [X.]/[X.], VwGO 14. Aufl. § 40 Rn. 15a). Bereits daraus ergibt 9 - 5 - sich, dass auch für eine negative Feststellungsklage, mit der die Berechtigung des Steuergläubigers in Abrede gestellt wird, Rückgewähransprüche nach dem Anfechtungsgesetz durch [X.] geltend zu machen, nur noch der Rechtsweg zu den [X.]en (§ 33 FGO) eröffnet ist, wobei diese als Vorfrage zu klären haben, ob die Voraussetzungen des zivilrechtlichen Rück-gewähranspruchs vorliegen (vgl. Gräber/[X.], FGO 5. Aufl. § 33 Rn. 30 [X.] "Haftung, Duldung"; [X.]/[X.], Abgabenordnung, [X.], 9. Aufl. § 191 [X.] Rn. 7, 146; § 33 FGO Rn. 42). Bestätigt wird dies durch die Gesetzesbegründung, wonach Ziel der Neufassung des § 191 Abs. 1 [X.] unter anderem die "Vermeidung erheblichen Aufwandes bei den Amtsgerichten" war (BT-Drucks. 14/1514, [X.]). [X.]) Für den Rechtsweg macht es keinen Unterschied, ob der Betroffene sich gegen einen erst drohenden [X.] wendet. Der Betroffene will hier die Tätigkeit der hoheitlichen Verwaltung beeinflussen, nämlich ein be-stimmtes Unterlassen vorschreiben. Dies kann nur auf dem öffentlich-rechtlichen Rechtsweg erreicht werden. 10 Dafür spricht auch die Prozessökonomie, weil der [X.] nach Erlass eines [X.]es ohnehin Anfechtungsklage zum Fi-nanzgericht erheben muss, sofern nicht die Steuerbehörde das [X.] gemäß § 363 [X.] aussetzt; durch die Erhebung einer negativen Feststel-lungsklage des [X.]s vor dem Zivilgericht verliert die Finanzbe-hörde nicht ihr Recht, den [X.] durch [X.] gel-tend zu machen und die Sache damit vor die [X.]sbarkeit zu ziehen ([X.]NV 2002, 757, 758). Die vorübergehende Befassung des [X.] mit der Angelegenheit würde auch die vom Gesetzgeber mit der Einfügung des 11 - 6 - § 191 Abs. 1 Satz 2 [X.] verfolgte Entlastung der Zivilgerichte weitgehend verei-teln. Würde der Rechtsweg davon abhängen, ob sich der Betroffene bereits gegen einen drohenden oder erst gegen einen erlassenen [X.] wendet, hinge es vielfach vom Zufall ab, ob der [X.] das Verfah-ren vor die Zivilgerichte oder die [X.]e bringt. Dies wäre der Rechtssi-cherheit abträglich. 12 Auch für die Klage des Betroffenen gegen einen drohenden [X.] ist demnach nur der [X.] eröffnet (ebenso [X.]/ [X.]/von Beckerath, Abgabenordnung, [X.]sordnung § 33 FGO Rn. 117; Gräber/[X.], aaO; [X.]/[X.], aaO § 191 [X.] Rn. 146). Die Klägerin wird dadurch nicht schutzlos gestellt, weil sie ihr Klagebegehren als vorbeugen-de Unterlassungsklage vor den [X.]en geltend machen kann (vgl. Tip-ke/[X.], aaO § 191 [X.] Rn. 146, § 40 FGO 18; Gräber/[X.], aaO § 40 Rn. 33). 13 3. Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge, die Verweisung an das [X.] habe auch deshalb nicht erfolgen dürfen, weil das Ein-spruchsverfahren gegen die [X.]e noch nicht abgeschlossen sei, greift nicht durch. Auf die in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidun-gen des [X.] ([X.]. v. 19. November 1992 - [X.], [X.], 77; v. 3. August 1995 - [X.] ZB 80/94, [X.], 1451) kann sich die Kläge-rin nicht berufen. In beiden Fällen hatte das angegangene Zivilgericht den Zivil-rechtsweg verneint, mangels Durchführung des vorgesehenen Verwaltungsver-fahrens jedoch von einer Verweisung an das Verwaltungsgericht abgesehen, sondern die Klage sofort als unzulässig abgewiesen. Dieses Vorgehen hat der 14 - 7 - [X.] gebilligt. Bei Übertragung dieser Rechtsprechung hätte das [X.] die Klage mangels Zulässigkeit des [X.] und fehlender Durchführung des steuerlichen [X.] direkt als unzulässig ab-weisen können. Dies ist nicht Ziel der Rechtsbeschwerde. Eine reformatio in peius zu Lasten der Klägerin kommt nicht in Betracht (vgl. [X.], [X.]. v. 16. Juni 2005 - [X.] ZB 285/03, [X.], 1371 und [X.] ZB 264/03, [X.], 1372, 1373). Dr. [X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.01.2005 - 9 O 5558/04 - [X.], Entscheidung vom 19.05.2005 - 21 W 1452/05 -

Meta

IX ZB 141/05

27.07.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2006, Az. IX ZB 141/05 (REWIS RS 2006, 2379)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2379

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