Bundessozialgericht, Urteil vom 25.10.2017, Az. B 14 AS 35/16 R

14. Senat | REWIS RS 2017, 3361

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Nachzahlung von Kinderzuschlag - modifizierte Zuflusstheorie


Leitsatz

Ein Kinderzuschlag ist abweichend vom tatsächlichen Zufluss dem Monat als Einkommen zuzurechnen, für den er zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II erbracht worden ist.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. September 2016 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für September 2015 unter Berücksichtigung von in diesem Monat gezahltem Kinderzuschlag für August 2015.

2

Die Kläger zu 1 und 2 und ihre 2007, 2011 und 2014 geborenen Töchter - die Klägerinnen zu 3, 4 und 5 - leben zusammen in einer Mietwohnung, für die im streitbefangenen Zeitraum eine Kaltmiete von 636 Euro und ein [X.] von 89,50 Euro zu zahlen waren. Die Klägerin zu 1 war vom 14.2.2015 bis 18.10.2016 in Elternzeit und erhielt Elterngeld in Höhe von monatlich 455,49 Euro. Der Kläger - in Elternzeit vom 19.7. bis zum 18.9.2015 - erhielt im September kein Elterngeld und das Arbeitsentgelt für den restlichen September im Oktober 2015. Das Kindergeld belief sich im September 2015 auf 570 Euro. Für September 2015 bewilligtes Wohngeld wurde dem Konto der Kläger zu 1 und 2 am 31.8.2015 gutgeschrieben. Als Kinderzuschlag bewilligte die Familienkasse für August 2015 einen Betrag von 420 Euro, der am 4.9.2015 auf dem Konto einging. Für September 2015 lehnte sie den Antrag auf Kinderzuschlag mangels Erreichens der Mindesteinkommensgrenze ab, für Juli 2015 forderte sie 180 Euro zurück, die am 21.9.2015 abgebucht wurden (Bescheide jeweils vom 31.8.2015).

3

Das beklagte Jobcenter bewilligte den Klägern auf ihren Antrag vom 15.9.2015 für September 2015 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von zuletzt insgesamt 921,82 Euro. Dabei berücksichtigte es den für August 2015 gezahlten [X.] von 420 Euro als Einkommen und behielt von dem bewilligten Betrag 462 Euro ein, da das für September 2015 gezahlte Wohngeld zu erstatten sei (Bescheid vom 25.9.2015; Änderungsbescheid vom 1.10.2015). Die Widersprüche hiergegen wies der Beklagte zurück und setzte die Leistungen gleichzeitig abschließend fest (Widerspruchsbescheid vom 18.1.2016).

4

Das [X.] hat den Beklagten verurteilt, den Klägern weitere Leistungen in Höhe von 420 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II zu bewilligen, weil der Kinderzuschlag eine Leistung "nach diesem Buch" iS von § 11a Abs 1 Nr 1 [X.]B II und daher nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei.

5

Mit der vom [X.] zugelassenen und mit Zustimmung der Kläger eingelegten Sprungrevision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 11 Abs 1 Satz 1 und 3 [X.]B II. Nach § 11 Abs 1 Satz 3 [X.]B II sei der Kinderzuschlag als Einkommen beim jeweiligen Kind zu berücksichtigen.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 14. September 2016 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

7

Die Kläger waren im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Sprungrevision des [X.]n ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Im Ergebnis zutreffend hat das [X.] entschieden, dass die [X.]läger den [X.]inderzuschlag für August 2015 nicht zur Deckung ihrer Bedarfe im September 2015 einzusetzen haben. Der [X.]inderzuschlag ist zwar keine der Berücksichtigung als Einkommen nach dem [X.]B II schlechthin entzogene Leistung "nach diesem Buch" iS von § 11a Abs 1 [X.] [X.]B II. Als zugeflossen gilt er bei normativer Betrachtungsweise abweichend vom tatsächlichen Zahlungseingang aber schon im August 2015 als dem Monat, für den er zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach dem [X.]B II erbracht worden ist.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Entscheidung des [X.] und (nur noch) der Widerspruchsbescheid vom 18.1.2016, soweit der [X.] - ein zugelassener kommunaler Träger (§ 6a Abs 2 [X.]B II iVm § 1 [X.]ommunalträger-Zulassungsverordnung) - durch ihn die den [X.]lägern für September 2015 zunächst vorläufig bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 921,82 [X.] abschließend zuerkannt ("Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2015 bis 28.02.2016 werden endgültig festgesetzt wie folgt:") und den am 4.9.2015 zugeflossenen [X.]inderzuschlag für August 2015 als Einkommen berücksichtigt und die Zahlung von weiteren 420 [X.] abgelehnt hat, zu der er vom [X.] verurteilt worden ist. Die zuvor ergangenen Bescheide über die vorläufige Leistungsbewilligung vom 25.9.2015 und vom 1.10.2015 haben sich für den streitbefangenen Zeitraum hierdurch erledigt (§ 39 Abs 2 [X.]B X; vgl letztens etwa B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/16 R - [X.] 4-1500 § 86 [X.] Rd[X.]5 mwN). Nicht zu entscheiden ist nach dem ausschließlich auf die Gewährung höherer Leistungen gerichteten [X.]lagebegehren, ob der [X.] von den bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts rechtmäßig einen Betrag von 462 [X.] zur Weiterleitung an die Wohngeldstelle einbehalten hat.

2. Die Sprungrevision ist zulässig. Nach § 161 Abs 1 Satz 1 [X.]G steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie vom [X.] im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird; nach § 161 Abs 1 Satz 3 [X.]G ist die Zustimmung des Gegners der Revisionsschrift beizufügen, wenn die Revision im Urteil zugelassen ist. Das [X.] hat die Sprungrevision im Urteil vom 14.9.2016 zugelassen. Die schriftliche Zustimmung der [X.]läger hat der [X.] vor Ablauf der Revisionsfrist mit Schriftsatz vom 1.12.2016 vorgelegt. An die Zulassung der Sprungrevision ist der Senat gebunden (§ 161 Abs 2 Satz 2 [X.]G).

3. Zutreffende [X.]lageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 [X.]G), zulässig gerichtet auf die Verurteilung des [X.]n zur Zahlung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1 [X.]G), da mit Wahrscheinlichkeit von höheren Leistungen ausgegangen werden kann, wenn dem [X.]lagebegehren gefolgt wird (vgl nur B[X.] vom 16.4.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4225 § 1 [X.] Rd[X.]0 mwN).

4. [X.] bestehen nicht.

a) Insbesondere ist die [X.]lage nicht deshalb unzulässig, weil sich die ursprünglich mit den Widersprüchen der [X.]läger angefochtene vorläufige Bewilligung durch die im Widerspruchsbescheid getroffene abschließende Entscheidung für September 2015 erledigt hat (§ 39 Abs 2 [X.]B X; vgl letztens etwa B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/16 R - [X.] 4-1500 § 86 [X.] Rd[X.]5 mwN) und die nunmehr allein streitbefangene abschließende Entscheidung nicht gemäß § 78 Abs 1 Satz 1 [X.]G im Rahmen eines (weiteren) Vorverfahrens nachgeprüft worden ist. Zwar liegt insoweit keiner der Fälle des § 78 Abs 1 Satz 2 [X.]G vor. Ebenso ist die abschließende Entscheidung nicht über § 86 [X.]G Gegenstand des Widerspruchsverfahrens oder nach § 96 [X.]G Gegenstand des [X.]lageverfahrens geworden, weil sie weder vor (§ 86 [X.]G) noch nach [X.]lageerhebung (§ 96 [X.]G) bzw nach Erlass des Widerspruchsbescheids getroffen worden ist.

Jedoch enthält der Widerspruchsbescheid eine gegenüber der ursprünglichen vorläufigen Bewilligung zusätzliche selbständige Beschwer, was nach der im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 79 Abs 2 Satz 1 VwGO seine selbständige Anfechtbarkeit eröffnet (B[X.] vom 15.8.1996 - 9 RV 10/95 - [X.] 3-1300 § 24 [X.]; B[X.] vom 25.3.1999 - B 9 S[X.]/97 R - [X.] 3-1300 § 24 [X.] f; B[X.] vom 24.3.2015 - [X.] [X.] 16/14 R - [X.] 4-3500 § 116 [X.] Rd[X.]1; zustimmend etwa B. [X.] in [X.]/ [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 95 Rd[X.]a; [X.] in jurisP[X.]-[X.]G, 2017, § 95 Rd[X.]6 mwN). Entsprechend § 68 Abs 1 Satz 2 [X.] VwGO macht das die erneute Durchführung eines Widerspruchsverfahrens entbehrlich (vgl B. [X.] in [X.]/ [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 78 Rd[X.] 8; vgl auch [X.]/[X.], VwGO, 23. Aufl 2017, § 68 Rd[X.]0). Ob der ursprüngliche Ausgangsbescheid hiervon unberührt bleibt wie im Fall der Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift bei Erlass des Widerspruchsbescheids (so etwa B[X.] vom 15.8.1996 - 9 RV 10/95 - [X.] 3-1300 § 24 [X.]) oder ob sich der Ausgangsbescheid durch die im Widerspruchsbescheid getroffene Regelung in dem besonderen Verhältnis zwischen vorläufiger und abschließender Entscheidung (vgl dazu nur B[X.] vom [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-4200 § 40 [X.] Rd[X.]2) nach § 39 Abs 2 [X.]B X erledigt hat, ist hierfür nach Sinn und Zweck von § 79 Abs 2 Satz 1 VwGO unbeachtlich.

b) [X.]ein [X.] begründet es weiter, dass der Wert des [X.] mit 420 [X.] unterhalb der Grenze von 750 [X.] liegt (vgl § 144 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]G), denn in der im Urteil des [X.] erfolgten Zulassung der Sprungrevision liegt zugleich eine Zulassung der Berufung nach § 144 Abs 2 [X.] [X.]G (vgl nur B[X.] vom 19.8.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]0).

5. Die abschließende Entscheidung für September 2015 unterliegt nicht (allein) deshalb der Aufhebung, weil der [X.] im Rahmen des Widerspruchsverfahrens als insoweit funktional und sachlich unzuständige Behörde entschieden hätte (zum Aufhebungsanspruch in einer solchen Lage vgl etwa B[X.] vom 20.7.2010 - B 2 U 19/09 R - juris, Rd[X.]5). Denn abweichend von der Grundregel des § 85 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]G - Zuständigkeit der nächsthöheren Behörde, wenn nicht eine oberste Bundes- oder Landesbehörde den Verwaltungsakt erlassen hat - ist ua in Angelegenheiten nach dem [X.]B II der zuständige Träger, der den dem Widerspruch zugrunde liegenden Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig (§ 85 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.]G). Jedenfalls solange ein - wie hier - zugelassener kommunaler Träger zur Durchführung der Aufgaben nach § 6 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]B II nicht nach landesrechtlicher Maßgabe ihm zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände herangezogen hat (§ 6 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]B II) - wofür hier nichts ersichtlich ist - ist er deshalb befugt, als Widerspruchsbehörde eine sachlich der Ausgangsbehörde vorbehaltene Entscheidung zu treffen; ob das in einem Heranziehungsfall nach § 6 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]B II ebenso gilt (zur zuständigen Widerspruchsbehörde dann vgl § 6 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]B II), bedarf hier keiner Entscheidung.

6. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der [X.]läger auf abschließende Feststellung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II für September 2015 sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff [X.]B II idF, die das [X.]B II vor dem streitbefangenen Zeitraum zuletzt durch das Gesetz vom 24.6.2015 ([X.]) erhalten hat. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (vgl letztens B[X.] vom 30.8.2017 - [X.] [X.]/16 R - vorgesehen für [X.] 4, Rd[X.]1).

a) Die Grundvoraussetzungen, um [X.] und Sozialgeld zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 1 [X.]B II), erfüllten die miteinander in Bedarfsgemeinschaft lebenden [X.]läger; ebenso wenig lag ein Ausschlusstatbestand vor, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] ergibt.

b) Zutreffend ist der [X.] von einem Gesamtbedarf der [X.]läger für September 2015 in Höhe von 2180,50 [X.] ausgegangen, der sich aus folgenden Einzelbedarfen ergibt: Für die [X.]läger zu 1 und 2 ist ein Regelbedarf in Höhe von jeweils 360 [X.] anzuerkennen (§ 20 Abs 4 [X.]B II iVm § 2 [X.] 2015 vom 14.10.2014, [X.] 1618), hinzu kommen die [X.] umzulegenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II) in Höhe von jeweils 145,10 [X.] (1/5 von den tatsächlichen, nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] angemessenen [X.]osten von insgesamt 725,50 [X.]), insgesamt jeweils 505,10 [X.]. Die Regelbedarfe für die [X.]lägerinnen zu 3 bis 5 betragen 267 [X.] bzw 234 [X.] (§ 23 [X.] [X.]B II iVm § 2 [X.] 2015 vom 14.10.2014, [X.] 1618) zuzüglich jeweils 145,10 [X.] als Bedarfe für Unterkunft und Heizung, somit insgesamt 412,10 [X.] bzw 379,10 [X.].

c) Von diesen Bedarfen hat der [X.] bei den [X.]lägerinnen zu 3 bis 5 - von dem [X.]inderzuschlag abgesehen (dazu unter 7. und 8.) - zu Recht das jeweilige [X.]indergeld (nicht das durchschnittlich geteilte [X.]indergeld, vgl zB B[X.] vom 1.12.2016 - [X.] AS 28/15 R - juris, Rd[X.]6) abzüglich des rückwirkend zum 1.1.2015 erhöhten [X.] (vgl Art 8 Abs 2 des [X.], des [X.]inderfreibetrags, des [X.]indergelds und des [X.]inderzuschlags vom 16.7.2015, [X.] 1202, 1205) als Einkommen abgezogen (§ 11 Abs 1 Satz 4 iVm Satz 3 [X.]B II) und dem Gesamtbedarf der [X.]läger weiter das der [X.]lägerin zu 1 im September 2015 gezahlte Elterngeld in Höhe von 455,49 [X.] gegenübergestellt (§ 9 Abs 2 [X.]B II), bereinigt um den hälftigen Minderungsbetrag nach § 10 Abs 5 Satz 2 [X.] (§ 10 Abs 5 Satz 3 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 [X.]), um den Beitrag für die [X.]fz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 14,81 [X.] (§ 11b Abs 1 Satz 1 [X.] Halbsatz 1 Alt 1 [X.]B II), die [X.] in Höhe von 30 [X.] (§ 6 Abs 1 [X.] [X.]-V, vgl etwa B[X.] vom 1.12.2016 - [X.] AS 28/15 R - juris, Rd[X.]7) sowie den Beitrag zur Altersvorsorge in Höhe von 10 [X.] (§ 11b Abs 1 Satz 1 [X.] 4 [X.]B II).

7. Zutreffend ist der [X.] entgegen der Auffassung des [X.] davon ausgegangen, dass der [X.]inderzuschlag für August 2015 keine "Leistung nach diesem Buch" gemäß § 11a Abs 1 [X.] [X.]B II darstellt und deshalb nicht schon dem Grunde nach von der Berücksichtigung als Einkommen ausgeschlossen ist.

a) Nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b [X.]B II abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a [X.]B II genannten Einnahmen. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 [X.]B II nach der ständigen Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des B[X.] grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was der Leistungsberechtigte vor der Antragstellung bereits hatte (vgl nur B[X.] vom 30.7.2008 - [X.]/11b [X.] - Rd[X.]0 ff; s auch B[X.] vom 30.9.2008 - [X.] AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]5, Rd[X.]8; B[X.] vom 6.10.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 46 Rd[X.]8). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie, stRspr seit B[X.] vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]7 Rd[X.]3; zuletzt etwa B[X.] vom 24.5.2017 - [X.] AS 32/16 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 80 Rd[X.]1; dazu unten 8.).

b) Ausgenommen von der Berücksichtigung als Einkommen sind nach § 11a Abs 1 [X.] [X.]B II ua "Leistungen nach diesem Buch". Hiernach sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats über den Wortlaut hinaus nach Sinn und Zweck sowie unter Berücksichtigung systematischer und historischer Zusammenhänge zwischen den drei nebeneinanderstehenden Existenzsicherungssystemen des [X.]B II, [X.]B XII und [X.] ebenfalls nicht als Einkommen zu berücksichtigen existenzsichernde Leistungen nach dem [X.]B XII und dem [X.] (B[X.] vom 25.6.2015 - [X.] AS 17/14 R - B[X.]E 119, 164 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] 73 zum inhaltlich entsprechenden § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II in der bis zum [X.] geltenden Fassung).

c) Ein vergleichbares Existenzsicherungssystem im Sinne dieser Rechtsprechung begründet § 6a [X.] nicht. Nach dieser mit dem [X.]B II eingeführten Regelung (Art 46 des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 2954; hier idF des [X.], [X.] 1042) erhalten Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete [X.]inder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen [X.]inderzuschlag, wenn 1. sie für diese [X.]inder nach dem [X.] oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf [X.]indergeld oder Anspruch auf andere Leistungen iS von § 4 [X.] haben, 2. sie mit Ausnahme des Wohngelds und des [X.]indergelds über Einkommen iS von § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II in Höhe von 900 [X.] oder, wenn sie alleinerziehend sind, in Höhe von 600 [X.] verfügen, wobei Beträge nach § 11b [X.]B II nicht abzusetzen sind (sog "Mindesteinkommensgrenze"), 3. sie mit Ausnahme des Wohngelds über Einkommen oder Vermögen iS der §§ 11 bis 12 [X.]B II verfügen, das höchstens dem nach § 6a Abs 4 Satz 1 [X.] für sie maßgebenden Betrag zuzüglich dem [X.] nach § 6a Abs 2 [X.] entspricht ("[X.]") und 4. durch den [X.]inderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 [X.]B II vermieden wird.

Danach hat der [X.]inderzuschlag zwar ebenfalls existenzsichernde Wirkung. Auch bilden das [X.]B II und § 6a [X.] aufeinander bezogene [X.] (B[X.] vom 17.2.2015 - [X.] [X.]G 1/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 69 Rd[X.]4; B[X.] vom 26.7.2016 - [X.] [X.]G 2/14 R - B[X.]E 122, 11 = [X.] 4-5870 § 6a [X.] 7, Rd[X.]4). Gleichwohl ist mit § 6a [X.] kein dem [X.]B II, [X.]B XII oder [X.] vergleichbares, umfassend konzipiertes Existenzsicherungssystem begründet worden, auf das sich die Sperrwirkung von § 11a Abs 1 [X.] [X.]B II nach Sinn und Zweck ebenfalls erstreckt. Dem steht, worauf der [X.] zutreffend hingewiesen hat, bereits die explizite [X.] des § 11 Abs 1 Satz 3 [X.]B II entgegen, die den [X.]inderzuschlag - wenn auch nur zu Rechenzwecken (vgl unten 8. c) - als Einkommen dem jeweiligen [X.]ind zurechnet. Auch der Sache nach soll der [X.]inderzuschlag gerade vermeiden, dass Familien mit [X.]indern nur wegen des Unterhalts der Eltern für die [X.]inder in ein umfassendes Existenzsicherungssystem - nämlich dem des [X.]B II - einbezogen und dessen Regime unterstellt werden (vgl nur B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]G 1/15 R - [X.] 4-5870 § 6a [X.] 6 Rd[X.]8 mit Verweis auf BT-Drucks 15/1516 [X.]). [X.]inderzuschlag nach § 6a [X.] und [X.] bzw Sozialgeld nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.]B II stehen deshalb nicht in einem Verhältnis der Gleichordnung, sondern in einem der vorrangigen Alternativität (so zutreffend [X.], NZS 2008, 505; ähnlich [X.] in [X.]/[X.], [X.] § 11 [X.]B II, Stand der [X.]ommentierung Dezember 2014, Rd[X.]35: eigenständige Sozialleistung für Erwerbstätige des Niedriglohnsektors; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B II, [X.] Anhang § 6a [X.], Stand der [X.]ommentierung November 2016, Rd[X.]7: eigenständiges, im wirtschaftlichen Ergebnis einem "[X.]ombilohn" gleichkommendes Fürsorgesystem; s auch § 12a Satz 2 [X.] [X.]B II, der den [X.]inderzuschlag als vorrangige Leistung anführt), was es ausschließt, den [X.]inderzuschlag als Leistung nach diesem Buch iS von § 11a Abs 1 [X.] [X.]B II anzusehen.

8. In dem Alternativverhältnis von § 6a [X.] einerseits und [X.]B II andererseits ist der [X.]inderzuschlag abweichend vom tatsächlichen Zufluss dem Monat als Einkommen zuzurechnen, für den er zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach dem [X.]B II erbracht worden ist.

a) Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Einkommenszurechnung entsprechend der modifizierten Zuflusstheorie auszugehen vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (stRspr seit B[X.] vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]7 Rd[X.]3; zuletzt etwa B[X.] vom 24.5.2017 - [X.] AS 32/16 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 80 Rd[X.]1). Solange eine abweichende normative Vorgabe nicht besteht, ist danach entscheidend allein, ob mit den eingehenden geldwerten Mitteln ein notwendiger Bedarf gedeckt werden kann (vgl B[X.] vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]7 Rd[X.]2 mwN). Demgemäß hat das B[X.] entschieden, dass als einzusetzendes Einkommen zu berücksichtigen ist etwa [X.] (vgl etwa B[X.] vom 27.1.2009 - [X.]/7b [X.] - juris, Rd[X.]1), nachgezahltes Arbeitsentgelt (vgl letztens B[X.] vom 24.4.2015 - [X.] AS 32/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 72 Rd[X.]4 mwN) und die bei einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindung wegen Verlustes des Arbeitsplatzes (B[X.] vom [X.] - [X.] AS 47/08 R - B[X.]E 102, 295 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]4, Rd[X.]2 ff), nachgezahltes [X.]rankengeld (vgl etwa B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]9), nachgezahltes Übergangsgeld (B[X.] vom [X.] - [X.] AS 13/08 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]2 Rd[X.]2 ff) oder eine Einkommensteuererstattung (vgl etwa B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] AS 48/07 R - juris, Rd[X.]0). Abweichungen vom tatsächlichen Wertzufluss sind hingegen etwa rechtlich vorgegeben bei einmaligen Einnahmen (§ 11 Abs 3 [X.]B II), beim Zeitpunkt der Berücksichtigung von Betriebskostenabrechnungen (§ 22 Abs 3 Halbsatz 1 [X.]B II; vgl B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/11 R - B[X.]E 110, 294 = [X.] 4-4200 § 22 [X.] 55, Rd[X.]8 zu § 22 Abs 1 Satz 4 [X.]B II aF) oder beim Zufluss einer Erbschaft bereits mit dem Tode des Erblassers (eingehend B[X.] vom 17.2.2015 - [X.] [X.]G 1/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 69 Rd[X.]7 mwN).

b) Einen derart vom tatsächlichen Mittelzugang normativ abweichenden Zufluss bestimmt für den [X.]inderzuschlag § 6a Abs 1 [X.] 4 Satz 1 [X.]. Voraussetzung für dessen Bezug ist danach zusätzlich zu den Mindest- und den [X.]n nach § 6a Abs 1 Satz 1 [X.] und 3 [X.], dass durch ihn Hilfebedürftigkeit nach § 9 [X.]B II vermieden wird. Zusammen mit der Mindesteinkommensgrenze bewirkt die Regelung, dass nur diejenigen Eltern den [X.]inderzuschlag erhalten, deren Bedarf nach dem [X.]B II durch eigenes Einkommen gesichert ist (zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzung des § 6a Abs 1 [X.] 4 Satz 1 [X.] vgl nur B[X.] vom 26.7.2016 - [X.] [X.]G 2/14 R - B[X.]E 122, 11 = [X.] 4-5870 § 6a [X.] 7, Rd[X.]2). Damit ist bezweckt, dass die Familien regelmäßig nur ein Verwaltungsverfahren entweder im Jobcenter als Empfänger von [X.] und Sozialgeld oder bei der Familienkasse für den Zuschlag durchlaufen müssen (BT-Drucks 15/1516 [X.]), also entweder dem [X.]B II oder dem [X.] ([X.]inderzuschlag) zugeordnet sind (B[X.] vom 10.5.2011 - [X.] [X.]G 1/10 R - B[X.]E 108, 144 = [X.] 4-5870 § 6a [X.], Rd[X.]4 mwN). Dieses wechselseitige Ausschlussverhältnis der [X.] nach [X.]B II einerseits und § 6a [X.] andererseits steht der Annahme des [X.]n entgegen, dass ein nachträglich gezahlter (Gesamt-)[X.]inderzuschlag während des Bezugs von existenzsichernden Leistungen nach dem [X.]B II (notfalls auch) für diesen Zeitraum bedarfsdeckend einzusetzen ist; solche existenzsichernden Wirkungen sind ihm kindergeldrechtlich nach § 6a Abs 1 [X.] 4 Satz 1 [X.] gerade nicht zugedacht. [X.] sind deshalb die Leistungen nach § 6a [X.] nur den Monaten als Einkommen zuzurechnen, für die sie zur Vermeidung des Leistungsbezugs nach dem [X.]B II bestimmt sind.

c) Dass es auf den [X.] zur Bestimmung des als maßgeblich anzusehenden [X.] seit Aufgabe der sog [X.] durch das [X.] (vgl nur [X.] vom [X.] - 5 C 35.97 - [X.]E 108, 296 ff; ebenso stRspr zum [X.]B II, vgl etwa B[X.] vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]7 Rd[X.]2; zuletzt etwa B[X.] vom 17.2.2015 - [X.] [X.]G 1/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 69 Rd[X.]6) grundsätzlich nicht mehr ankommt und der [X.]inderzuschlag gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 [X.]B II als Einkommen dem jeweiligen [X.]ind zuzurechnen ist, steht dem nicht entgegen. Rechtlich modifiziert im Sinne der modifizierten Zuflusstheorie ist die zeitliche Zurechnung des [X.]inderzuschlags zum Monat der Leistungsbestimmung nicht wegen seines (besonderen) [X.]s, sondern aufgrund von § 6a Abs 1 [X.] 4 Satz 1 [X.], was den gleichzeitigen Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 6a [X.] und nach dem [X.]B II rechtlich ausschließt. Etwas anderes folgt insoweit auch nicht aus § 11 Abs 1 Satz 3 [X.]B II, wonach der [X.]inderzuschlag als Einkommen dem jeweiligen [X.]ind zuzurechnen ist. Dadurch ist entgegen dem aufgezeigten Regelungszweck nicht zum Ausdruck gebracht, dass Leistungen nach dem [X.]B II und nach § 6a [X.] für identische Zeiträume zu beziehen sein könnten (ebenso [X.] in [X.]/[X.], [X.] § 11 [X.]B II, Stand der [X.]ommentierung Januar 2015, Rd[X.]45). Die Vorschrift dient vielmehr ausschließlich der Prüfung, ob iS von § 6a Abs 1 [X.] 4 Satz 1 [X.] durch den [X.]inderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach dem [X.]B II vermieden wird [X.] in [X.], [X.]B II, 6. Aufl 2017, § 11 Rd[X.] 53: "[X.]"; zustimmend [X.] in [X.], § 11 [X.]B II, Stand der [X.]ommentierung April 2016, Rd[X.] 41; zu diesem Rechengang vgl nur B[X.] vom 26.7.2016 - [X.] [X.]G 2/14 R - B[X.]E 122, 11 = [X.] 4-5870 § 6a [X.] 7, Rd[X.]2).

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 35/16 R

25.10.2017

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dresden, 14. September 2016, Az: S 12 AS 753/16, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 13.05.2011, § 11 Abs 1 S 3 SGB 2 vom 13.05.2011, § 11a Abs 1 Nr 1 SGB 2, § 6a Abs 1 Nr 4 S 1 BKGG 1996

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 25.10.2017, Az. B 14 AS 35/16 R (REWIS RS 2017, 3361)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3361

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