Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2005, Az. 2 StR 6/05

2. Strafsenat | REWIS RS 2005, 2164

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[X.]/05
vom 17. August 2005 in der Strafsa[X.] gegen

wegen Beihilfe zum Betrug
- 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 17. August 2005 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 11. Dezember 2003 im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sa[X.] zu neuer [X.] und Ents[X.]idung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in 18 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten ver-urteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der [X.] ersichtli[X.]n Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es offensichtlich un-begründet (§ 349 Abs. 2 StPO). [X.] Die Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] keinen Erfolg. Ergänzend ist lediglich zu bemerken: - 3 - 1. Die Rüge Nr. 7 gemäß § 338 Nr. 3 i.V.m. § 24 StPO, der Befangen-heitsantrag vom 7. November 2002 gegen sämtli[X.] Mitglieder des erkennen-den Gerichts sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, ist zwar zulässig erhoben worden, die Rüge ist jedoch unbegründet, weil das Ablehnungsvorbringen nicht erwiesen ist. Die Behauptung der Revision, die [X.] habe mit dem [X.] der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger des früheren Mitangeklagten [X.]außerhalb der Hauptverhandlung eine Abspra[X.] über das zu [X.] Strafmaß für den Fall eines Geständnisses geführt, wird von der dienstli-[X.]n Erklärung der beiden [X.] der Staatsanwaltschaft nicht [X.]. Es besteht kein Anlass, an der inhaltli[X.]n Richtigkeit dieser Erklärung zu zweifeln. Aus ihr ergibt sich vielmehr, dass der Mitangeklagte [X.]bereits zuvor mehrfach Angaben zu den gegen ihn gerichteten Tatvorwürfen gemacht sowie Art und Umfang seiner Beteiligung geschildert hat. Die [X.] vom 31. Oktober 2002 bestätigt, dass [X.] nach der Abtrennung des gegen ihn gerichteten Verfahrens nur Angaben zu seinen persönli[X.]n [X.] und seinem Werdegang machte, aber keine Angaben zur Sa[X.]. Dies spricht zweifelsfrei dagegen, dass die [X.] Gesprä[X.] über ein Geständnis des Mitangeklagten [X.]geführt hat. Über den weiteren Inhalt des von der [X.] geführten Gesprächs sind der Angeklagte und sein [X.] - wenn auch auf Anfrage - hinrei[X.]nd informiert worden. Die Besorg-nis der Befangenheit ist insofern nicht gerechtfertigt. 2. [X.], mit der die Zurückweisung des am 7. April 2003 [X.] angebrachten [X.] gegen die Vorsitzende Richterin (§ 338 Nr. 3 i.V.m. § 24 StPO) beanstandet wird, ist nicht nur unbegründet, sondern bereits unzulässig, weil der Inhalt des außerhalb der laufenden Haupt-verhandlung erlassenen [X.], auf den der [X.] maßgeblich gestützt wird, nicht mitgeteilt wird. - 4 - I[X.] Der Schuldspruch und die [X.] halten der sachlich-rechtli[X.]n Prüfung im Ergebnis stand, nicht jedoch der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 1. Nach den Feststellungen des [X.]s beurkundete der Ange-klagte als Notar in den Jahren 1996 bis 2000 in 18 Fällen Kaufangebote, Kauf-verträge und andere notarielle Erklärungen für Kunden der [X.] und anderer Immobilienvermittler beim Erwerb von Eigentumswohnungen. Dieses Ge-schäftsprinzip war dem Angeklagten dabei im Wesentli[X.]n bekannt: Die [X.] vermarkteten Eigentumswohnungen an Käufer, die sich in einer [X.] finanziellen Lage befanden und für ihre Zwecke flüssige Mittel benö-tigten, wegen fehlender Kreditwürdigkeit und mangels Si[X.]rheiten aber keine Bankdarlehen erhielten. Diesen Personen, die an sich keine Wohnungen er-werben wollten, wurde der Kauf von Eigentumswohnungen mit der Zusage an-geboten, dem Käufer 10 % des Kaufpreises in bar als Kick-back-Zahlung zur freien Verwendung zu überlassen. Die Wohnungen wurden mit einem [X.] zwis[X.]n 50 und 100 % an die Käufer weitergegeben. Aus dem so er-höhten Kaufpreis wurden hohe Vermittlerprovisionen, die Erwerbsnebenkosten der Käufer und die ihnen zugesagten [X.] entnommen. Der gesamte Kaufpreis wurde von den von den Vermittlern ausgewählten Banken voll finanziert, wobei den Banken - ohne dass der Angeklagte das wusste - auch fals[X.] Bonitätsnachweise der Käufer vorgelegt wurden. In einigen Fällen zahlte der Angeklagte aus dem von ihm verwahrten Kaufpreis nicht nur den Erlösanteil an die Verkäufer aus, sondern auch die Anteile der übrigen Beteilig-ten. Hätten die Banken die schlechte Bonität der Käufer und die Vereinbarung der [X.] gekannt, hätten sie die Kredite nicht bewilligt. [X.] 5 - [X.] Finanzierungen wurden - zum Teil bereits nach wenigen Monaten - Not leidend, so dass die Kreditinstitute die Verwertung der als Si[X.]rheit bestellten Grundschulden betrieben und, sofern die Zwangsversteigerung überhaupt ab-geschlossen werden konnte, erhebli[X.] Verluste erlitten. Die mit der Darle-henshingabe an nicht kreditwürdige Käufer eingetretene Vermögensgefähr-dung hat das [X.] als Schaden gewertet, der durch die den Banken bestellten Grundschulden nicht ausgegli[X.]n wurde. Der Angeklagte beurkundete die notariellen Erklärungen in Kenntnis des Kick-back-Systems und der zweifelhaften Zahlungsfähigkeit der Käufer, um sich mit den anfallenden Notariatsgebühren regelmäßige Einnahmen zu [X.]. 2. [X.] hat Bestand. Die Haupt-täter haben die Kredit gewährenden Banken jeweils über die Zahlungsfähigkeit der Käufer und die Vereinbarung des [X.] getäuscht und sie so zur Be-willigung und Auszahlung der Kredite veranlasst, die bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht bewilligt worden wären. Der Angeklagte hat durch seine nota-riellen Beurkundungen an der betrügeris[X.]n Täuschung der Banken mitge-wirkt. Der Gesamtheit der Urteilsfeststellungen ist hinrei[X.]nd zu entnehmen, dass bei den Kredit gewährenden Banken mit der Auszahlung der Darlehen in allen Fällen eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten ist. Ob die [X.] eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, hängt davon ab, ob nach und in Folge der Darlehensgewährung das Vermögen des [X.] einen geringeren Wert hat als zuvor. Ents[X.]idend ist ein für den [X.]-punkt der Darlehenshingabe anzustellender [X.] zwis[X.]n dem ge-währten Darlehen und dem Rückzahlungsanspruch des [X.]. Es kommt darauf an, ob der Rückzahlungsanspruch dem überlassenen [X.] gleichwertig ist. Das ist hier in keinem der Fälle gegeben. Sämtli-[X.] Käufer erwarben die Wohnungen nur, weil sie flüssige Mittel benötigten, die sie mangels Kreditwürdigkeit anderweitig nicht mehr bekamen. Sie waren nicht in der Lage, die anfallenden Zins- und Tilgungslasten regelmäßig aufzu-bringen, was sich schon daraus ergibt, dass alle Finanzierungen alsbald s[X.]i-terten. Den Käufern kam es nur darauf an, die [X.] zu erlan-gen. Gleichwohl kann es nach gefestigter Rechtsprechung am Merkmal eines Schadens im Sinne einer konkreten Vermögensgefährdung fehlen, wenn der Minderwert des Anspruchs auf Darlehensrückzahlung durch ausrei[X.]nde Si-[X.]rheiten ausgegli[X.]n wird, die das Risiko der Kreditgewährung nach wirt-schaftli[X.]r Betrachtungsweise voll abdecken und es dem Gläubiger ermögli-[X.]n, sich ohne Schwierigkeiten wegen seiner Forderung zu befriedigen (vgl. [X.]St 15, 24, 27; [X.], 142; 1993, 265; 1994, 110, 111; 1995, 28 und 222, 223; NStZ-RR 2001, 328, 329; [X.], 254, 255; 1997, 416, 417; 2000, 478, 479; [X.] 10. Aufl. § 263 Rdn. 217; [X.]. § 263 Rdn. 212; jew. m.w.[X.]). An sol[X.]n ausrei[X.]nden Si[X.]rheiten fehlt es in allen 18 Fällen. Der durch die Kreditgewährung verursachten [X.] standen mit den bestellten Grundschulden keine ausrei[X.]nden Si-[X.]rheiten gegenüber. Zwar hat das [X.] in den einzelnen Fällen keine konkreten Feststellungen zur Werthaltigkeit der bestellten Grundschulden zur [X.] der Darlehensgewährung getroffen. Aus den festgestellten Gesamtum-ständen kann der Senat jedoch hinrei[X.]nd entnehmen, dass die [X.] keine ausrei[X.]nde Si[X.]rheit in dem dargelegten Sinn boten. Bei den fragli[X.]n Objekten handelte es sich um schwer verkäufli[X.] Wohnungen, die für andere Anleger uninteressant waren. Die kreditfinanzierten Kaufpreise [X.] um erhebli[X.] Provisionszahlungen und das Kick-back überhöht. In den - 7 - Zwangsversteigerungsverfahren konnten, soweit diese zurzeit des landgericht-li[X.]n Urteils überhaupt abgeschlossen waren, nur deutlich geringere Erlöse erzielt werden. Der Vertrieb der Wohnungen im Wege der Vollfinanzierung war im Übrigen von vornherein auf die Abschöpfung von Barmitteln zur freien Ver-fügung der Käufer gerichtet. 3. Die Bemessung der Einzelstrafen hält noch rechtli[X.]r Überprüfung stand. a) Das [X.] hat alle Beihilfehandlungen, auch die vor dem 1. April 1998 begangenen Taten (Taten 1 bis 11), als besonders schwere Fälle gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB n.F. gewertet, weil es das neue Recht wegen der geringeren Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe für milder hielt. Diese Überlegung des [X.]s ist jedoch unvollständig und deshalb rechtsfehlerhaft (vgl. [X.], 303). Bei der Prüfung, ob das neue Recht milder ist als das Tatzeitrecht, hätte das [X.] zunächst erörtern müssen, ob jeweils die Voraussetzungen eines unbenannten besonders schweren Falles im Sinne des § 263 Abs. 3 StGB a.F. vorlagen. Die Annahme gewerbsmäßigen Handelns allein reichte unter Geltung des alten Rechts hierzu regelmäßig nicht aus, vielmehr war eine Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit vorzunehmen (vgl. [X.]R StGB § 263 Abs. 3 Gesamtwürdigung 1 und 2). Eine sol[X.] fehlt hier jedoch. b) Die strafschärfende Berücksichtigung der gewerbsmäßigen [X.] verstößt zudem gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB. Danach ist es unzulässig, Umstände, die - wie hier gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB Œ einen besonders schweren Fall begründet haben, als [X.] 8 - [X.] noch einmal zu Lasten des Angeklagten zu verwerten (vgl. [X.]R StGB § 46 Abs. 3 Regelbeispiel 1; [X.] bei [X.] NStZ 1998, 132). c) Diese Rechtsfehler zwingen jedoch vorliegend nicht zur Aufhebung der Einzelstrafen, weil der Senat ein Beruhen ausschließen kann. Zum einen hat das [X.] zu Gunsten des Angeklagten wegen Nichtfeststellbarkeit der endgültigen Schadenshöhe und der Unwägbarkeit des Preisverfalls auf dem Immobilienmarkt ausdrücklich auf eine Differenzierung der Strafen nach der Schadenshöhe verzichtet ([X.] f.), die jeweilige Schadenshöhe wirkte sich daher nicht auf die Bemessung der Einzelstrafen aus. Zum anderen wäre jede geringere Einzelstrafe als sechs Monate Freiheitsstrafe bei dem festge-stellten Unrechts- und Schuldgehalt der Taten [X.] milde und damit rechtsfehlerhaft. 4. Dagegen kann die in Anbetracht des ausgeklügelten Systems, der bandenmäßigen Begehungsweise und des Gesamtgewichts der Taten an sich nicht unangemessene Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Mona-ten nicht bestehen bleiben. Das [X.] hat für jede der 18 Taten eine Einzelstrafe von sechs Monaten verhängt. Aus diesen war gemäß § 54 Abs. 1 Satz 3 StGB im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Taten und des [X.] durch Erhöhung der [X.] von sechs Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Diesen [X.] wird die formelhafte, nur wenige Zeilen umfassende Begründung der Gesamtstrafe durch das [X.] ([X.]) nicht gerecht. Die erhebli[X.] Erhöhung der Einsatzstrafe von sechs Monaten hätte zumindest einer ausführ-li[X.]ren Begründung bedurft (vgl. [X.], [X.]. vom 3. Dezember 2004 - 2 StR 490/04). Die rechtsfehlerhafte Annahme eines engen sachli[X.]n, zeitli[X.]n und situativen Zusammenhangs bei einem Tatzeitraum von ca. vier Jahren rechtfer-- 9 - tigt die deutli[X.] Erhöhung der Einsatzstrafe nicht, sondern lässt vielmehr be-sorgen, dass das [X.] sich bei der Bemessung der Gesamtstrafe zu stark von der Gesamtzahl der [X.] oder der Summe der Einzelstrafen hat leiten lassen (vgl. [X.] NStZ-RR 2003, 9, 10; [X.], 254). Da die Gesamtstrafe wegen eines Wertungsfehlers aufgehoben wird, können - auch im Blick auf die aufrechterhaltenen Einzelstrafaussprü[X.] - die zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende, nicht widerspre-[X.]nde Feststellungen durch den neuen Tatrichter sind möglich. Der Senat hat nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354 Abs. 1 [X.] den neuen Tatrichter auf eine Ents[X.]idung im [X.]usswege gemäß §§ 460, 462 StPO zu verweisen. In Fällen, in denen - wie hier - dem Tatgericht bei der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe echte Zumessungsfehler unterlaufen sind, ist das [X.]ussverfahren in der Regel ungeeignet. VRi'in[X.] Dr. Rissing-van Saan

Ri'in[X.] Dr. [X.] ist ist durch Krankheit an der Unter-

durch Urlaub an der schrift gehindert.

Unterschrift gehindert.

Bode

Bode Bode

Fis[X.]r

Roggenbuck

Meta

2 StR 6/05

17.08.2005

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2005, Az. 2 StR 6/05 (REWIS RS 2005, 2164)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2164

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