Bundesverfassungsgericht, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vom 21.09.2021, Az. 2 BvR 220/21

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2021, 2502

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Anordnung der Auslagenerstattung im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Erledigterklärung wegen Erfolgs einer Verfassungsbeschwerde in gleicher Sache vor einem Landesverfassungsgericht - Gegenstandswertfestsetzung


Tenor

Der [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend) und für das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 Euro (in Worten: fünftausend) festgesetzt.

Gründe

1

Über die Verfassungsbeschwerde und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht mehr zu entscheiden, weil der Beschwerdeführer das Verfassungsbeschwerdeverfahren und das einstweilige Rechtsschutzverfahren mit Schriftsatz vom 24. Juni 2021 für erledigt erklärt hat.

2

Der als solcher auszulegende Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen des [X.] und des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet.

3

Nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde ist über die Auslagenerstattung gemäß § 34a Abs. 3 [X.] nach [X.] zu entscheiden. Die Erstattung der Auslagen nach dieser Vorschrift stellt im Hinblick auf die Kostenfreiheit des Verfahrens (§ 34 Abs. 1 [X.]), den fehlenden Anwaltszwang und das Fehlen eines bei Unterliegen der beschwerdeführenden Person erstattungsberechtigten Gegners die Ausnahme von dem Grundsatz des Selbstbehalts der eigenen Auslagen (vgl. [X.] 49, 70 <89>) dar (vgl. [X.] 66, 152 <154>). Bei der Entscheidung über die Auslagenerstattung kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. So ist es billig, einer beschwerdeführenden Person die Erstattung ihrer Auslagen zuzuerkennen, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft, weil in diesem Fall - falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind - davon ausgegangen werden kann, dass sie deren Begehren selbst für berechtigt erachtet hat (vgl. [X.] 85, 109 <114 ff.>; 87, 394 <397 f.>). Im Hinblick auf die Funktion und die Tragweite der Entscheidungen des [X.] findet eine überschlägige Beurteilung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde im Rahmen der Entscheidung über die Auslagenerstattung nicht statt (vgl. [X.] 33, 247 <264 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. Mai 2018 - 2 BvR 2767/17 -, Rn. 13).

4

Nach diesen Maßstäben entspricht es der Billigkeit, die Auslagenerstattung anzuordnen.

5

Der Beschwerdeführer hat neben der Verfassungsbeschwerde und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim [X.] zeitgleich Verfassungsbeschwerde vor dem [X.] erhoben und dort ebenfalls einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Allein die Tatsache, dass durch dieses Vorgehen zweimal Kosten entstanden sind, führt noch nicht dazu, dass die Auslagenerstattung in den Verfahren vor dem [X.] als unbillig anzusehen ist ([X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 17. Dezember 2008 - 1 BvR 2554/06 -, juris).

6

Der [X.] hat der Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 31. Mai 2021 - [X.]. 16-IV-21 ([X.]) -, juris, wegen eines Verstoßes gegen Art. 78 Abs. 3 Satz 1 der [X.] (Anspruch auf ein gerechtes, zügiges und öffentliches Verfahren und das Recht auf Verteidigung) stattgegeben. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 78 Abs. 3 Satz 1 SächsVerf ist nach der Rechtsprechung des [X.] inhaltsgleich (auch) mit der des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Oktober 2001 - [X.]. 25-IV-01 -, [X.]). Der [X.] stützt sich auch im Verfahren des Beschwerdeführers bei der Auslegung des Art. 78 Abs. 3 Satz 1 SächsVerfG auf die Rechtsprechung des [X.] zu Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ([X.], Beschluss vom 31. Mai 2021 - [X.]. 16-IV-21 ([X.]) -, juris, Rn. 11 m.w.N.).

7

Der [X.] als Kostenschuldner des Verfahrens vor dem [X.] muss sich an der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes des [X.] festhalten lassen. Durch den Beschluss vom 31. Mai 2021, mit dem der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluss des [X.] vom 6. Januar 2021 ([X.]. 4 L 510/20.A) aufgehoben wurde, hat der [X.] als Teil der öffentlichen Gewalt dieses Freistaates zu verstehen gegeben, dass er das verfassungsrechtliche Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat (vgl. [X.] 85, 109 <114 ff.>; 87, 394 <397 f.>).

8

Besondere Anhaltspunkte, die trotz der stattgebenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des [X.] gegen die Billigkeit der Auslagenerstattung sprechen ([X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 17. Dezember 2008 - 1 BvR 2554/06 -, juris), sind nicht ersichtlich. Einer eigenständigen Prüfung der Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde bedarf es nicht.

9

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit (§ 37 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 RVG) ist für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 Euro und für das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 Euro festzusetzen.

Meta

2 BvR 220/21

21.09.2021

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren

Sachgebiet: BvR

vorgehend VG Dresden, 6. Januar 2021, Az: 4 L 510/20.A, Beschluss

§ 32 Abs 1 BVerfGG, § 34a Abs 3 BVerfGG, § 90 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vom 21.09.2021, Az. 2 BvR 220/21 (REWIS RS 2021, 2502)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2502

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 BvQ 8/22

1 BvR 614/20

Zitiert

2 BvR 2767/17

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