Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2012, Az. XI ZR 175/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5829

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI [X.]/11
Verkündet am:

5. Juni 2012

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §
123
AGBG § 5 aF
a)
Zur Frage, ob eine arglistige Täuschung darin zu sehen ist, dass in einem [X.] für eine Eigentumswohnung angegeben wird, dass für "[X.], Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" 76,70% des kalkulierten [X.] aufzuwenden sind, ohne dass ausgewiesen wird, dass hierbei eine Innenprovision in Höhe von 18,24% eingepreist wurde.

b)
Zur Auslegung eines formularmäßigen Vermittlungsauftrages und vorformulier-ter Angaben in einem Berechnungsbeispiel.

[X.], Urteil vom 5. Juni 2012 -
XI [X.]/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5.
Juni 2012
durch den Vorsitzenden Richter Wiechers
und [X.]
Ellenberger, [X.],
Dr.
Matthias
und
Pamp
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 10.
März 2011 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer nota-riellen Urkunde, die im Zusammenhang mit dem von der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) finanzierten Erwerb einer Eigen-tumswohnung errichtet wurde.
Die Kläger wurden 1993 von einem Anlagenvermittler geworben, zwecks Steuerersparnis eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in der Wohnan-lage M.

in O.

zu erwerben. Das Auftragsformular 1
2
-
3
-
des Vermittlers und das von ihm verwandte Berechnungsbeispiel weisen eine an den Vermittler zu zahlende Bearbeitungsgebühr in Höhe von 3% [X.] Um-satzsteuer aus. Im Vermittlungsauftrag heißt es außerdem:
"Die Vertriebsbeauftragte hat ihrerseits verschiedene Vermittler beauftragt, die als Nachweismakler für diese und als Vermittlungsmakler für den/die Erwerber tätig wer-den. Der jeweilige Vermittler ist berechtigt, vom Auftraggeber eine Bearbeitungsgebühr von 3% des kalkulierten Aufwandes [X.] Umsatzsteuer in jeweiliger Höhe auf eigene Rechnung zu vereinnahmen."

In den auf der Rückseite des [X.] abgedruckten [X.] wird unter
"IV. Vergütung, Provision" unter an-derem ausgeführt:
"Der Vermittler hat in der Regel einen Vergütungsanspruch gegenüber den vorgenann-ten Prospektanbietern, Beteiligungs-
oder Betriebsgesellschaften auf der Grundlage der mit diesen geschlossenen Verträgen."

Des Weiteren verwandte der Vermittler einen
Verkaufsprospekt, der hin-sichtlich des kalkulierten [X.] folgende Angaben enthält:
[X.]. Aufteilung (in %) des kalkulierten [X.], der sich aufgrund der vorgesehenen Konzeption ergibt:

a)
Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und
76,70
Marketing
b)
Technische Baubetreuung
0,25
c)
Konzeption, Aufbereitung, Prospektgestaltung
1,50
d)
Finanzierungsvermittlung

4,00

davon für:

-
Zwischenfinanzierung
1,80

-
Endfinanzierung
2,00

-
EK-Vorfinanzierung
0,20
e)
Nebenkostengarantie

0,50
f)
Zinsgarantie

2,00

davon für Leistungen:

-
gem. Ziff. [X.] des

Zinsgarantievertrages
1,50

-
gemäß Ziff.
I[X.] des

Zinsgarantievertrages
0,50
g)
Mietvermittlung

0,20
h)
Mietgarantie

0,50
3
4
-
4
-
i)
Steuerberatung

2,30
davon für Leistungen:
-
gem. Ziff. [X.]2., 5.,

des Stb.-Vertrages
0,58
-
gem. Ziff. [X.] 1., 3., 4., 6.

des Stb.-Vertrages
1,72
j)
Abwicklungsauftrag

2,30
k)
Bauzeitzinsen

5,50
l)
Notar, Gewerbesteuer und sonstiges

4,25

100,00

In der Position a)
"Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing"
waren Provisionen
an Dritte in Höhe von 18,24% brutto des [X.] enthalten.
Die von den Klägern bevollmächtigte C.

Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Treuhänderin) schloss namens der Kläger mit der Bauträ-gerin am 30.
März 1993 einen notariellen "Kauf-
und Werklieferungsvertrag mit Auflassung"
über die Eigentumswohnung Nr.

zum Preis von 113.935
DM. Zugleich übernahmen die Kläger in Höhe eines Betrages von 148.546
DM die persönliche Haftung und unterwarfen sich der persönlichen Zwangsvollstre-ckung in ihr gesamtes Vermögen.
Darüber hinaus schloss die Treuhänderin namens der [X.] mit der Beklagten mehrere Darlehensverträge, deren Valuta in Höhe von insgesamt 148.546
DM -
neben Eigenkapital
-
zur Finanzierung des [X.] zuzüglich Disagio und Bearbeitungsgebühr (Agio) verwandt wurde. Nachdem die Kläger die Bedienung der [X.] im Jahr 2002 eingestellt hatten, kündigte die Beklagte die Darlehen mit Schreiben vom 11.
November 2002
und betrieb die Zwangsvollstreckung.
Mit der Klage wenden sich die Kläger -
gestützt unter anderem auf [X.] wegen vorvertraglicher [X.]
-
ge-gen die Zwangsvollstreckung
aus dem notariellen Kauf-
und Werklieferungsver-5
6
7
8
-
5
-
trag in ihr persönliches Vermögen.
Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen [X.]. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist
begründet
und
führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung -
soweit für das
Revisionsverfahren von Belang
-
im Wesentlichen ausgeführt:
Die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte sei wegen entgegenstehen-der Schadensersatzansprüche unzulässig. Die Haftung der Beklagten gründe sich darauf, die Kläger nicht über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung über die Höhe der Provision aufgeklärt zu haben. Bei den Klägern sei gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnung werde lediglich die im Berechnungsbeispiel ausdrücklich genannte Bearbeitungsgebühr von 3% [X.] Umsatzsteuer anfallen, obwohl tat-sächlich im Einvernehmen aller am Bauträgermodell Beteiligter einschließlich der beklagten Bank wesentlich höhere Vertriebsprovisionen an den Vertrieb geflossen seien. Der als Zeuge vernommene Vermittler habe angegeben, ge-genüber den Kunden stets nur die Bearbeitungsgebühr von 3,42% brutto offen
gelegt, jedoch nicht erwähnt
zu haben, dass der Vertrieb über die offene [X.] hinaus eine
Innenprovision erhalte. Die [X.]e sei-9
10
11
-
6
-
en stets nach einem vom Vertrieb vorgegebenen Muster abgelaufen, das den Eindruck vermittelt habe, dass
keine
weiteren Provisionen zu zahlen
seien. Aus dem verwendeten Berechnungsbeispiel und dem [X.] hätten die Kläger deshalb entnehmen müssen, dass sie im Falle des Erwerbs der Immobi-lie nur
die Außenprovision von 3,42% brutto zusätzlich zum Gesamtaufwand zu zahlen hätten.
Der Vermittlungsauftrag sei ebenfalls Mittel zur Täuschung der Kunden gewesen, denn der dort
enthaltene
Hinweis auf die Bearbeitungsgebühr von 3,42% brutto des kalkulierten [X.] beziehe sich lediglich auf die im Berechnungsbeispiel genannte Außenprovision. Der Kunde könne dem
nicht entnehmen, dass im Gesamtaufwand eine weitere Provision in erheblicher Hö-he enthalten sei. Ähnliches gelte für die auf der Rückseite des [X.] abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen Anfall
und Höhe der Provision
gleichfalls
verschleiert
würden.
Schließlich seien die Kläger durch den verwendeten [X.] getäuscht worden, wo dem Kunden durch die Aufteilung in eine
große Auf-wandsposition für
Grundstück/Gebäude und in elf weitere Positionen, die teil-weise weniger als 1% des [X.] ausmachten, vorgespiegelt
werde, im Gesamtaufwand seien weitere Provisionen nicht enthalten, jedenfalls nicht in der erheblichen Höhe von 18,24% des [X.]. Daran ändere auch der Zusatz "incl. Vertrieb und Marketing"
nichts. Die Auflistung erwecke den Eindruck, dass es sich dabei allenfalls um Marginalien, nicht aber um die [X.] handele.
Für das Vorliegen der Arglist sei nicht auf den vor Ort tätigen Vermittler, sondern auf das arglistige Verhalten der Vertriebsgesellschaften abzustellen. Ein vorsatzausschließender Rechtsirrtum des Vertriebs scheide aus. Die Täu-12
13
14
-
7
-
schung sei zumindest mitursächlich für die von den Klägern abgegebene [X.] gewesen. Die Kenntnis der Beklagten von der evidenten arglisti-gen Täuschung durch den Vertrieb werde nach den Grundsätzen des institutio-nalisierten Zusammenwirkens vermutet. Die Beklagte habe auch schuldhaft ge-handelt.
Wegen ihres
Schadensersatzanspruchs müsse die Beklagte die Kläger so stellen, als hätten
diese
das Anlagegeschäft nicht abgeschlossen. Ein [X.] auf Rückzahlung der Darlehen bestehe deshalb nicht. Es sei unschädlich, dass die Kläger ihren Schadensersatzanspruch nicht im [X.] beziffert hätten.

[X.]
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in mehreren
Punkten nicht stand.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus Aufklä-rungspflichtverletzung gemäß §
242 BGB ihrer
Inanspruchnahme aus der Voll-streckungsunterwerfung entgegenhalten können.
Der vermeintliche Schadensersatzanspruch der Kläger ist nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§
249 Abs.
1
BGB) darauf gerichtet, die Kläger so zu stellen, wie sie ohne die schuldhafte [X.] stünden (Senatsurteile vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08, [X.]Z
186, 96 Rn.
46,
vom 23.
Oktober 2007 -
XI
ZR 167/05,
WM
2008, 154 Rn.
26
und vom 16.
Mai 2006 -
XI
ZR 6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
61). Diesen Anspruch können die Kläger gemäß §
242 BGB ihrer Inanspruchnahme aus der Vollstreckungsunter-15
16
17
18
-
8
-
werfung entgegenhalten (vgl. Senatsurteile vom 23.
Oktober 2007 -
XI
ZR 167/05,
WM
2008, 154 Rn.
26 und vom 16.
Mai 2006 -
XI
ZR 6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
61
[X.]).
Der hiergegen gerichtete Revisionsangriff, die Kläger könnten den Scha-densersatzanspruch
schon deswegen
nicht
mit Erfolg
einwenden, weil sie ihn, insbesondere unter Berücksichtigung anzurechnender Mieteinnahmen und Steuervorteile, nicht beziffert hätten, greift nicht durch. Der
Erfolg des
geltend gemachten
Anspruchs
auf Naturalrestitution hätte
die vollständige Rückabwick-lung des [X.] zur Folge (vgl. Senatsurteile vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08, [X.]Z
186, 96 Rn.
46,
vom 23.
Oktober 2007 -
XI
ZR 167/05,
WM
2008, 154 Rn.
26 und vom 16.
Mai 2006 -
XI
ZR 6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
61). Unabhängig von einer in Betracht kommenden Vorteilsausgleichung (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Juli 2010 -
III
ZR 336/08 WM
2010, 1641 Rn.
35 mwN) könnte die Beklagte bei Bestehen des Anspruchs jedenfalls nicht Rück-zahlung der noch offenen Darlehensvaluta verlangen, derentwegen die [X.] die Vollstreckung betreibt. Die Revision übersieht des Weiteren, dass der Rückabwicklungsanspruch auch darauf gerichtet ist, die Kläger von dem voll-streckbaren Schuldanerkenntnis zu befreien (Senatsurteil vom 16.
Mai 2006 -
XI
ZR 6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
61). Ob die Beklagte, wie die Revision meint, im Falle der Rückabwicklung Anspruch auf Herausgabe von Vorteilen hat, die die bereits erbrachten Zins-
und Tilgungsleistungen übersteigen, und ob dieser [X.] durch das Schuldanerkenntnis gesichert ist, kann deshalb dahinstehen.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagte sei den Klägern zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Kläger nicht über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung über die Höhe der Ver-triebsprovisionen aufgeklärt habe.
19
20
-
9
-
a) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist eine nicht bera-tende, sondern lediglich kreditgebende Bank nach der ständigen Rechtspre-chung des [X.] bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger-
und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte [X.] nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa der Fall, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch er-kennen kann (st. Rspr., Senatsurteile vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08, [X.]Z 186, 96 Rn.
16 und vom 16.
Mai 2006 -
XI
ZR 6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
41).
Auf eine im Kaufpreis enthaltene und an den Vertrieb gezahlte "[X.]" muss das den Immobilienerwerb finanzierende Kreditinstitut, mit dem kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, den Darlehensneh-mer von sich aus grundsätzlich
nicht hinweisen (st. Rspr., Senatsurteile vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08, [X.]Z 186, 96 Rn.
17,
vom 16.
Mai 2006 -
XI
ZR 6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
46 und vom 2.
Dezember 2003 -
XI
ZR 53/02, WM
2004, 417, 418
f.). Dies gilt schon deshalb, weil die Veräußerung einer Immobi-lie zu einem überteuerten Kaufpreis nach ständiger Rechtsprechung des [X.] selbst für den Verkäufer nicht ohne weiteres einen zur Aufklä-rung verpflichtenden Umstand darstellt. Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Es bleibt vielmehr den Vertragsparteien bis an die Grenzen der Sittenwidrigkeit und des [X.] überlassen, welchen Kaufpreis
sie vereinbaren. Das gilt umso mehr, als jeder Verkaufspreis über dem reinen Verkehrswert liegende Gewinn-anteile und Vertriebskosten enthalten kann und grundsätzlich keine Verpflich-tung des Verkäufers, und schon gar nicht der finanzierenden Bank, besteht,
dem Käufer ungefragt eine nähere Aufschlüsselung des Kaufpreises der Immo-bilie zu geben und den darin enthaltenen Provisionsanteil offen zu legen. Etwas anderes gilt erst dann, wenn es zu einer so wesentlichen Verschiebung der Re-21
22
-
10
-
lation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (st.
Rspr., Senatsurteile vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08, [X.]Z 186, 96 Rn.
17 und vom 23.
März 2004 -
XI
ZR 194/02, [X.], 1221,
1225,
jeweils mwN). Letzteres hat das Berufungsgericht
hier
nicht festgestellt.
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] liegt dagegen
ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung aber dann vor, wenn die Bank po-sitive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem
Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft
gemäß §
123 BGB
arglistig getäuscht wurde (vgl. nur Senatsurteile vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08, [X.]Z
186, 96 Rn.
20 und vom 10.
Juli 2007 -
XI
ZR 243/05, WM
2007, 1831 Rn.
14,
jeweils mwN).
b)
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hier eine arglistige Täuschung der
Kläger
durch den Vertrieb mit der Begründung bejaht, bei den Klägern sei gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnungen falle lediglich die im Berechnungsbeispiel und im Vermittlungsauftrag genannte Provision von 3% [X.] Umsatzsteuer an, [X.] tatsächlich eine weitere Vertriebsprovision von 18,24% angefallen sei, die in der Position a) des im Verkaufsprospekt aufgeführten [X.] enthalten gewesen sei. Richtig ist vielmehr, dass die Kläger auf den Anfall einer weiteren Vertriebsprovision deutlich hingewiesen
wurden
und ihnen lediglich deren Höhe nicht offenbart worden ist.
Darin liegt jedoch -
unabhängig vom [X.] etwaiger, hier nicht streitgegenständlicher Ansprüche gegen Prospekt-verantwortliche
-
keine arglistige Täuschung des Klägers gemäß § 123 BGB.
aa) In dem Verkaufsprospekt, den der Senat selbst auslegen kann ([X.], Urteile vom 22.
März 2007 -
III
ZR 218/06,
WM
2007, 873 Rn.
6 und vom 23
24
25
-
11
-
19.
Juli 2011 -
II
ZR 300/08, WM
2011, 1658 Rn.
46), heißt es bei der [X.] des [X.] unter "a) Grundstück, Gebäude incl. Ver-trieb und Marketing". Daraus war für
die Kläger ohne weiteres ersichtlich, dass in dem auf diese Position entfallenden Anteil von 76,70% des [X.] ein nicht weiter aufgeschlüsselter Teil für "Vertrieb und Marketing"
enthal-ten war. Dies verkennt auch das Berufungsgericht nicht. Seine Auffassung, der Anleger werde dadurch, dass der Gesamtaufwand im Verkaufsprospekt [X.] in eine große Position von 76,70% und andererseits in elf weitere Positio-nen von teilweise weniger als 1% aufgeteilt sei, darüber getäuscht, dass der Anteil für "Vertrieb und Marketing"
in der großen Position 18,24% betrage, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Aus der bezifferten Höhe der Positionen b)
bis l) der Kalkulation des [X.] im Prospekt
kann nicht auf die Höhe der in der Position
a)
ent-haltenen Vertriebsprovision
geschlossen werden. Es existiert kein Erfahrungs-satz des Inhalts, dass aus der Höhe einzelner Positionen einer Preiskalkulation auf die Zusammensetzung eines anderen Preisbestandteils bzw. auf die Höhe darin enthaltener, nicht bezifferter [X.]en geschlossen
werden könnte. Das gilt unabhängig von der Höhe der bezifferten Preisbestandteile. Es kann deshalb nicht angenommen werden, eine
unbezifferte [X.] übersteige die bezifferten Preisbestandteile
nicht oder nur geringfügig.
Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts berücksichtigt zudem -
ebenso wie auch die gesamte Argumentation der Revisionserwiderung
-
nicht den Unterschied zwischen einer vom Anleger direkt an Dritte zu zahlenden Vergütung einerseits und den vom Verkäufer aus dem Kaufpreis finanzierten (Vertriebs-)Kosten andererseits (üblicherweise als Außen-
und Innenprovisio-nen voneinander abgegrenzt, vgl. [X.] in [X.]/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3.
Aufl., §
15 Rn.
165). Bei den der Höhe nach im Prospekt 26
27
-
12
-
ausgewiesenen Provisionen der Positionen b)
bis l) handelt es
sich
um [X.], die die Treuhänderin konzeptionsgemäß und aufgrund ausdrückli-cher Vollmacht im Namen und auf Rechnung des Anlegers direkt an Dritte für zusätzliche Dienstleistungen (z.B. Nebenkostengarantie, Mietgarantie, Steuer-beratung) zahlen sollte. Hierauf wird im Prospekt auch hingewiesen. Die Positi-on
a)
"Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing"
gibt
demgegenüber den an die Bauträgerin zu zahlenden Kaufpreis an. Der
hierauf entfallende An-teil von 76,70% des [X.] ist nicht
näher
aufgeschlüsselt. Nicht nachvollziehbar ist daher
die Auffassung des Berufungsgerichts, dass
aus der Höhe der an Dritte zu zahlenden Außenprovisionen auf die Höhe der von der Bauträgerin selbst zu tragenden
und aus dem Kaufpreis
zu
entrichtenden
Ver-triebsprovisionen geschlossen werden
könnte.
Der
Kalkulation
des Gesamtauf-wandes
im Prospekt kann vielmehr lediglich entnommen werden, welche
sons-tigen Entgelte (Außenprovisionen) von den
Klägern
neben dem
Kaufpreis
zu zahlen sind.
bb) Eine arglistige Täuschung lässt sich auch nicht dem formularmäßi-gen Vermittlungsauftrag und den vorformulierten Passagen im Berechnungs-beispiel entnehmen, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen wegen ihrer offensichtlichen Verwendung über den Einzelfall hinaus vom Senat selbst aus-gelegt werden können (st.
Rspr., vgl. nur [X.], Urteil
vom 5.
Juli 2005 -
X
ZR 60/04, NJW
2005, 2919, 2921 mwN).
(1) Der Vermittlungsauftrag weist lediglich die vom Anleger
direkt
an den Vermittler zu zahlende Vergütung aus, enthält jedoch keine unzutreffenden und abschließenden Erklärungen über Anfall und Höhe sonstiger Vertriebsprovisio-nen des Vermittlers oder anderer Beteiligter. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "beauftragt [hat], die als Nachweismakler für diese und als Vermittlungsmakler 28
29
-
13
-
für den/die Erwerber tätig werden". Dadurch wird nicht nur offengelegt, dass verschiedene Vermittler mit dem Vertrieb der Kapitalanlage betraut sind, son-dern auch, dass diese zusätzlich als Nachweismakler für eine zwischengeschal-tete Vertriebsbeauftragte tätig werden. Schon daraus wird deutlich, dass [X.] der Vermittlung des Anlegers neben der "Bearbeitungsgebühr"
von 3% [X.] Umsatzsteuer weitere Provisionen
anfallen.
Darüber hinaus wird in den
auf der Rückseite
des Vermittlungsauftrages
abgedruckten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen"
unter "IV. Vergütung, Pro-vision"
ausdrücklich klargestellt, dass der Vermittler "in der Regel"
noch weitere Vergütungsansprüche gegen sonstige Beteiligte hat. Dieser Hinweis ist eindeu-tig, so dass, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Unklarheiten-regel des §
5 [X.]
(jetzt §
305c Abs.
2 BGB)
nicht anzuwenden ist.
(2) Das Berufungsgericht geht außerdem fehl, soweit es dem vom [X.] verwandten Berechnungsbeispiel eine arglistige Täuschung entnimmt.
Woraus sich eine arglistige Täuschung ergeben soll, wenn es dort heißt, "Mar-keting-
und Bearbeitungsgebühr 3,42% incl. MwSt., nicht im Gesamtaufwand enthalten", ist nicht ersichtlich. Ausweislich der Feststellungen des Berufungs-gerichts war dies tatsächlich die einzige Provision, die zusätzlich zum Gesamt-aufwand anfiel. Dass neben dieser Außenprovision keine Innenprovision anfällt, ist damit jedenfalls nicht gesagt. Aus der Aufschlüsselung des [X.] im Verkaufsprospekt ergibt sich vielmehr, wie dargelegt, gemäß der [X.]) das Gegenteil.
Im Übrigen weist die Revision zu Recht darauf hin, dass das Berech-nungsbeispiel
ersichtlich nur
bezweckte, die Gesamteinnahmen den [X.] der Kläger gegenüberzustellen. Das Berechnungsbeispiel diente [X.] nicht der Information über die Zusammensetzung des [X.]. 30
31
32
-
14
-
Lediglich die "Bearbeitungsgebühr"
fand Erwähnung, weil sie zusätzlich zum Gesamtaufwand anfiel.
(3) Schließlich kann
auch die Feststellung des Berufungsgerichts, die Kläger seien durch mündliche Angaben des Vermittlers arglistig getäuscht [X.], keinen Bestand
haben.
Ob die Kläger durch unrichtige Angaben des Vermittlers arglistig ge-täuscht worden sind, ist allerdings eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalls durch den Tatrichter, die in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkter Nachprüfung unterliegt (Senatsurteil vom 21.
September 2010 -
XI
ZR 232/09,
WM
2010, 2069 Rn.
18 [X.]). Zu prüfen ist insoweit, ob die tatrichterliche Würdigung vertretbar ist, nicht auf verfahrenswidriger Tatsachen-feststellung beruht und ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk-
oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (vgl. Senats-urteile vom 26.
Oktober 2004 -
XI
ZR 211/03, [X.], 27 und vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08, [X.]Z
186, 96 Rn.
25,
jeweils mwN).
Dieser Überprüfung halten
die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stand.
Der Vermittler hat danach in den [X.]en zwar nicht auf den Anfall von Innenprovision
hingewiesen. Dies
ergab sich jedoch
bereits dem Grunde nach aus Prospekt und Vermittlungsauftrag. Zudem
hat das Berufungs-gericht keine falschen Angaben des Vermittlers hinsichtlich Anfalls und Höhe der
Innenprovision
festgestellt. Das wiedergegebene Ergebnis der Beweisauf-nahme trägt, wie die Revision zu Recht rügt, auch nicht die Schlussfolgerung, die Kläger seien davon abgehalten worden, Fragen zu stellen und ihnen sei der Eindruck vermittelt worden, keine weiteren Provisionen zahlen zu müssen. [X.] hierfür sind nicht ersichtlich.
33
34
35
-
15
-
cc) Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich damit von
jenen vom Senat entschiedenen Fällen, in denen durch
Verkaufsprospekte oder andere Urkunden -
anders als hier
-
der
falsche Eindruck einer abschließenden [X.] der Vertriebskosten vermittelt und dadurch ein
Irrtum des Anlegers über die Höhe der Vertriebskosten erregt
worden
war
(Senatsurteile vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08, [X.]Z
186, 96 Rn.
21
ff.,
vom 24.
März 2009 -
XI
ZR 456/07, WM
2009, 1028 Rn.
31
f.
und vom 10.
Juli 2007 -
XI
ZR 243/05, WM
2007, 1831 Rn.
15 [X.]). Im Senatsurteil vom 29.
Juni 2010 -
XI
ZR 104/08
(aaO
Rn.
31
f.)
ging es insbesondere um
Angaben über
Provisionen zugunsten zweier
Vermittlungsgesellschaften, durch die der
falsche Anschein
erweckt worden war, die Provisionen
würden damit
abschließend beziffert. Davon kann beim vorliegenden Vermittlungsauftrag angesichts des ausdrücklichen Hinwei-ses auf weitere Vergütungsansprüche des Vermittlers keine Rede sein.
Zutreffend haben deshalb andere Oberlandesgerichte für die hier [X.] oder vergleichbare Formulierungen in Verkaufsprospekten, [X.] und [X.] eine arglistige Täuschung der [X.] über die Höhe der im Kaufpreis enthaltenen Vertriebsprovisionen verneint (vgl. z.B. [X.], Urteil vom 12.
November 2009 -
8
U 121/08; OLG
Frankfurt/M., Urteile vom 2.
Juni 2009 -
23
U 207/07, 23
U 37/08 und 23
U 139/08, jeweils unveröffentlicht; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15.
Februar 2010 -
XI
ZR 20/10, juris).
3. Da
eine arglistige Täuschung über Vertriebsprovisionen aus den ge-nannten
Gründen
ausscheidet, bedarf
es
keiner Entscheidung
darüber, ob das Berufungsgericht -
wie die Revision geltend macht
-
Kausalität, Arglist und Kenntnis der Beklagten von der arglistigen Täuschung zu Unrecht bejaht hat.
I[X.]
36
37
38
-
16
-
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die [X.], die mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht zur ab-schließenden Entscheidung reif ist, ist zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Die Kläger haben ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug ge-nommenen Feststellungen des [X.] nicht lediglich materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch im Sinne des §
767 Abs.
1 BGB erhoben, sondern auch die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend ge-macht. Das ist Gegenstand einer prozessualen Gestaltungsklage analog §
767 Abs.
1 ZPO, die mit der Vollstreckungsabwehrklage verbunden werden kann
39
40
-
17
-
(st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 30.
März 2010 -
XI
ZR 200/09,
[X.]Z
185, 133 Rn.
15 und 18 mwN). Das Berufungsgericht hat eine Entscheidung hierüber nicht getroffen. Das wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

VRi[X.] Wiechers ist

Ellenberger

[X.]
wegen Krankheit ver-
hindert und kann deswegen
nicht unterschreiben.

Ellenberger

Matthias

Pamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.03.2010 -
9 O 87/07 -

O[X.], Entscheidung vom 10.03.2011 -
8 [X.] -

Meta

XI ZR 175/11

05.06.2012

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2012, Az. XI ZR 175/11 (REWIS RS 2012, 5829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5829

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XI ZR 175/11

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