Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2006, Az. VIII ZR 141/05

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1795

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] [X.] ZR 141/05 vom 20. September 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 20. September 2006 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Frellesen, die Richterin [X.], [X.] [X.] und die Richterin [X.] beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 12. Mai 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Klage auf Zahlung von [X.] • unter Abänderung des landgerichtli-chen Urteils abgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht [X.]. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf [X.] • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Klägerin verlangt vom [X.]n (u.a.) aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes, des Zeugen [X.], Zahlung eines Betrages in Höhe von [X.] Euro. Sie beruft sich auf Ziffer II[X.] des notariellen Vertrages vom 29. Juni 2001, in dem der Zeuge [X.]
seinen Geschäftsanteil an der [X.]1 - 3 - Gastronomie GmbH auf den [X.]n übertrug, welcher dadurch zum Alleingesellschafter wurde. 2 Ziffer II[X.] des notariellen Vertrages hat folgenden Wortlaut: "Darlehen, Bürgschaften [X.]) [gemeint ist der Zeuge [X.]] hat der GmbH ein Darlehen zur Verfügung gestellt, welches per [X.] noch mit [X.] 58.000,00 valutiert. Das Darlehen ist mit 5 % p.a. verzinslich und in Höhe von [X.] 28.000,00 zum 30.9.2001 zurück-zuzahlen. Die Rückzahlung des Restbetrages nebst Zinsen erfolgt in der Höhe nach noch zu vereinbarenden Raten ab Mai 2002. Die [X.]en sind sich darüber einig, dass die für das Gaststätten-objekt Am [X.]

gestellte Mietkaution bei der [X.]. Der Erschienene zu 2) [gemeint ist der jetzige [X.]] verpflich-tet sich, gegenüber den Firmen ... darauf hinzuwirken, dass der Erschienene zu 1) aus den diesen gegenüber abgegebenen Bürg-schaften für das vorgenannte Gaststättenobjekt der [X.] wird. Der Erschienene zu 2) stellt den Erschienen zu 1) von etwaigen Inanspruchnahmen aus diesen Bürgschaften frei." Das [X.] hat den [X.]n (soweit für die Revisionsinstanz von Interesse) antragsgemäß zur Zahlung von [X.] Euro (58.000 [X.] gemäß Ziffer II[X.] des notariellen Vertrages abzüglich von der GmbH zwischenzeitlich gezahlter 1.600 Euro) verurteilt. 3 Das Berufungsgericht hat diese Verurteilung unter Abweisung der Klage aufgehoben, ohne die von der Klägerin benannten Zeugen zu vernehmen. [X.] wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. 4 - 4 - I[X.] 5 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Wortlaut des Vertrages lasse sich eine Zahlungsverpflichtung des [X.]n nicht entnehmen, weil dort ledig-lich festgestellt sei, dass die GmbH zurückzuzahlende Darlehen vom Zeugen [X.] erhalten habe, jedoch nicht von einer Verpflichtung des [X.]n die Rede sei. Es mache durchaus Sinn, in einem notariellen Vertrag, durch den Geschäftsanteile einer GmbH verkauft werden, den Umfang der [X.] der [X.] gegenüber dem veräußernden [X.]er zu [X.], etwa um einem eventuellen späteren Streit über die Darlehenshöhe vorzu-beugen; einen solchen Sinn verdeutliche auch der Umstand, dass die Klägerin im Rechtsstreit nunmehr vertragswidrig behaupte, es bestünden gegenüber der GmbH Darlehen in Höhe von 81.700 [X.]. Gegen eine gewollte Zahlungsver-pflichtung des [X.]n spreche auch, dass sie insoweit unvollständig wäre, als ihr nicht entnommen werden könne, welche konkreten Pflichten vor dem Hintergrund der behaupteten Darlehen von insgesamt 81.700 [X.] übernommen worden seien. Insgesamt lasse sich ein klarer Inhalt der vertraglichen Abrede nicht feststellen; deshalb hätte es der Klägerin oblegen, konkret vorzutragen, was im Vorfeld des notariellen Vertrages zwischen den [X.]en als Vertragsin-halt vereinbart worden bzw. welcher Auftrag dem Notar für die Fertigung der vertraglichen Abrede erteilt worden sei. Trotz eines gerichtlichen Hinweises ha-be die Klägerin nur unzureichend vorgetragen. Die Behauptung, der Zeuge [X.]und der [X.] hätten vereinbart, dass eine Zahlungsverpflichtung [X.] werden sollte, sei einer Beweisaufnahme nicht zugänglich, weil die Klägerin nicht im Einzelnen dargelegt habe, wann, wo und wie die behauptete Einigung zustande gekommen sei. Dass der [X.] in naher Zukunft Zahlun-gen von [X.] erwartet habe, besage nicht, dass eine persönliche Zahlungs-verpflichtung des [X.]n gegenüber dem Zeugen [X.]vereinbart worden sei. Die von der Klägerin beantragte Vernehmung des beurkundenden Notars - 5 - liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus, weil die Klägerin nicht vorge-tragen habe, wann der Zeuge von welcher [X.] mit welchen Informationen über den Inhalt der Vereinbarung versehen worden sei, die weshalb als klare Anweisung an den Notar zu verstehen sei, eine Zahlungsverpflichtung des [X.] in den notariellen Vertrag aufzunehmen. Einer Erhebung der angebote-nen Beweise bedürfe es deshalb nicht. II[X.] [X.] ist begründet. Das angegriffene Urteil ver-letzt ihren Anspruch auf rechtliches Gehör aus § 103 Abs. 1 GG. Das [X.] hat die Anforderungen an die Substantiierung des [X.]vortrags überspannt und dabei wesentliche Punkte des Vortrags der Klägerin nicht [X.] und nicht in seine Überlegungen mit einbezogen. 6 a) Es gehört zu den anerkannten Grundsätzen für die Auslegung einer Individualvereinbarung, dass zwar der Wortlaut einer Vereinbarung den [X.] der Auslegung bildet, dass jedoch der übereinstimmende [X.]wil-le dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vorgeht (st.Rspr., z.B. [X.], Urteil vom 20. Januar 1994 - [X.], NJW 1994, 1528 = [X.], 551, unter [X.] a = [X.]R BGB § 131, Wille 13 m.w.Nachw.). Dies gilt selbst dann, wenn das übereinstimmende Verständnis in der erstellten Urkunde keinen Nie-derschlag gefunden hat ([X.], Urteil vom 19. Januar 2004 - II ZR 303/01, [X.], 627 = NJW-RR 2004, 630 unter [X.]). Schon wegen des Vorrangs des (behaupteten) übereinstimmenden [X.]willens hätte das Berufungsgericht den Beweisantrag der Klägerin nicht übergehen dürfen, zumal es den Wortlaut der Klausel selbst für nicht eindeutig gehalten hat. 7 - 6 - b) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht nicht gewürdigt, dass die Klägerin Einzelheiten zum Verhandlungsverlauf vorgetragen hat, welche die von ihr vertretene Auslegung stützen. 8 9 So stellt der von der Klägerin behauptete Umstand, dass der [X.] (30. September 2001) von den Vertragsparteien gewählt worden sei, weil der [X.] genau zu diesem Zeitpunkt einen Zahlungseingang - nämlich eine Kaufpreisrate aus einem Grundstücksverkauf - erwartet habe, ein wesent-liches Indiz für die von der Klägerin vertretene Auslegung dar. Das Berufungs-gericht hat hierzu lediglich ausgeführt, der Umstand, dass der [X.] in naher Zukunft Zahlungen von [X.] erwartet habe, besage nichts darüber, dass die [X.]en des Kaufvertrages eine persönliche Verpflichtung des [X.]n [X.] vereinbaren wollen. Diese Argumentation zeigt, dass das Berufungsgericht den eigentlichen Vortrag der Klägerin, dass der Zahlungstermin bewusst auf die persönliche Liquidität des [X.]n abgestimmt gewesen sei, nicht zur Kennt-nis genommen hat. Das Berufungsgericht hat sich auch nicht mit dem Vortrag der Klägerin zur Reduzierung des ursprünglich geforderten Betrages von 60.000 [X.] auf 58.000 [X.] auseinandergesetzt. Insoweit hat die Klägerin zum Verlauf der [X.] vorgetragen, der Zeuge [X.]habe ursprünglich eine [X.] von 60.000 [X.] zur Abgeltung seiner entsprechenden Darlehensforderung gegen die [X.] gefordert. Damit sei der [X.] grundsätzlich auch einverstanden gewesen, habe aber mit dem Argument, dass er auf eine [X.] beider Zahlungen in der Größenordnung von etwa 4.500 bis 5.000 [X.] geleistet habe, eine Reduzierung auf 58.000 [X.] vorgeschlagen, was der Zeuge [X.] akzeptiert habe. So sei es zu der Vereinbarung gekommen. Auch dieser von der Klägerin behauptete Ablauf spricht für die Annahme, dass beide Vertragsparteien eine persönliche Verpflichtung des [X.]n [X.] - 7 - den wollten und die vereinbarte Klausel in diesem Sinne verstanden haben. Da das Berufungsgericht dieses nahe liegende Indiz bei seiner Auslegung nicht erwähnt, muss auch insoweit davon ausgegangen werden, dass es die betref-fenden Ausführungen der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen hat. Darin liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin. 11 c) Das Urteil beruht auf dieser Grundrechtsverletzung; denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einem anderen Auslegungser-gebnis gekommen wäre, wenn es die vom Kläger (bzw. hinsichtlich des Notars von beiden [X.]en) benannten Zeugen vernommen hätte. [X.] Die Verletzung der Klägerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 12 Ball [X.] [X.]
Dr. [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 08.09.2004 - 6 O 169/02 - [X.], Entscheidung vom 12.05.2005 - 11 U 279/04 -

Meta

VIII ZR 141/05

20.09.2006

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2006, Az. VIII ZR 141/05 (REWIS RS 2006, 1795)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1795

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.