6. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5714
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.08.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund, Az. I-2 O 397/14, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage auch hinsichtlich des auf Zahlung an die unbekannten Erben des am 26.02.2011 verstorbenen Herrn B gerichteten Hilfsantrages abgewiesen wird.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten hat die Streithelferin zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht der Höhe nach unstreitige Behandlungskosten für Herrn B2 geltend, der in einer ihrer Kliniken in der Zeit von seiner notfallmäßigen Aufnahme am 01.01.2011 bis zu seinem Tod am 26.02.2011 behandelt wurde.
Wegen der Einzelheiten der Behandlung sowie der Berechnung der Forderung wird auf den Entlassungsbrief vom 27.02.2011 (Bl. 5 f. GA) und die Rechnung vom 21.03.2011 (Bl. 7 ff. GA) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 16.03.2011 (Bl. 10 GA) lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Übernahme der Kosten ab und regte eine direkte Abrechnung mit den Angehörigen an. Mit Schreiben vom 21.11.2014 (Bl. 11 GA) lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin weitere Auskünfte ab und verwies zur Begründung auf ihre Schweigepflicht.
Die Klägerin hat behauptet, zwischen Herrn B2 und der Beklagten bestehe ein Krankenversicherungsvertrag im Basistarif mit der Folge eines Direktanspruchs aus § 192 Abs. 7 VVG. In dem parallel gegen die Streithelferin geführten sozialgerichtlichen Verfahren S 81 KR #####/#### SG C habe die Streithelferin ein Ende der Versicherung in der GKV bereits im Jahr 1993 vorgetragen. Die Klägerin hat die Rechtsmeinung vertreten, die Beklagte treffe eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Einzelheiten des Versicherungsvertrages. Denn die Beklagte habe Herrn B im Rahmen außergerichtlicher Korrespondenz als ihren ehemaligen Versicherten bezeichnet.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 121.353,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eine Versicherung des Herrn B bei ihr im Basistarif bestritten, er sei zu keinem Zeitpunkt bei ihr im Basistarif versichert gewesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe keinen Beweis für ihre Vermutung angetreten, dass Herr B bei der Beklagten im Basistarif versichert gewesen sei. § 193 Abs. 3 VVG spreche nicht für die Vermutung der Klägerin, denn der Patient könnte seiner Versicherungspflicht auch mit einer Krankenvollversicherung in anderen Tarifen genügt haben. Zudem sei eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder eine fehlende Versicherungspflicht wegen des Bezuges laufender Sozialleistungen bereits vor dem 01.01.2009 nicht ausgeschlossen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren unter Hinweis auf die sekundäre Darlegungslast der Beklagten weiter verfolgt. Sie beantragt,
das am 12.08.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund,
Az. 2 O 397/14, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie
121.353,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 22.03.2011 zu zahlen.
Die Streithelferin stellt keinen Antrag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat mit Verfügung vom 18.02.2016 (Bl. 96 GA) darauf hingewiesen, dass die Beklagte nach vorläufiger Bewertung eine sekundäre Darlegungslast treffe und eine Frist zur Stellungnahme gesetzt.
Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.04.2016 behauptet, mit Antrag vom 29.09.2010 (Bl. 117 ff. GA) habe Herr B bei ihr den Abschluss einer privaten Krankenversicherung im Tarif START beantragt, den sie angenommen habe. Aus kurz darauf bei ihr eingegangenen Kostenübernahmeanträgen der W GmbH vom 20.12.2010 (Bl. 133 GA) und vom 03.01.2011 (Bl. 135 GA) habe sie entnommen, dass Herr B an einem Urothelkarzinom erkrankt sei, wobei die Diagnose C 77.0 einer sekundären Neubildung zu der Vermutung geführt habe, dass Herr B bereits vor Antragstellung an einem Karzinom erkrankt gewesen sei und dies bei Antragstellung verschwiegen habe. Sie habe Herrn B um Auskunft und Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung gebeten. Dies sei zu Lebzeiten von Herrn B nicht mehr erfolgt. Aus dem mit Schreiben der Beklagten vom 31.03.2014 übersandten Entlassungsbrief vom 27.02.2011 (Bl. 5 f. GA) ergebe sich, dass Herr B bereits im August 2010 und damit vor Antragstellung die Erstdiagnose des Urothelkarzinoms erhalten habe. Sie habe daher mit Schreiben vom 24.08.2015 (Bl. 84 GA) gegenüber dem Nachlasspfleger L Leistungen abgelehnt, da Versicherungsschutz wegen Vorvertraglichkeit und wegen Anfechtbarkeit nicht bestehe. Nunmehr habe die Beklagte vorsorglich erneut die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gegenüber dem Nachlasspfleger erklärt.
Zudem erhebt die Beklagte vorsorglich die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin hat sich nach dem weiteren Vortrag der Beklagten zunächst darauf berufen, dass es sich bei dem Tarif START in der Sache um eine Krankenversicherung im Basistarif handele.
Hilfsweise macht die Klägerin im Rahmen gewillkürter Prozessstandschaft aufgrund der Ermächtigung des Nachlasspflegers vom 27.04.2016 (Bl. 157 GA) einen Anspruch aus einem Krankenvollversicherungsvertrag geltend. Sie hat zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung bestritten.
Die Klägerin beantragt hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an die unbekannten Erben des am 26.02.2011 verstorbenen Herrn B, zuletzt wohnhaft Q B-Allee, C, vertreten durch den Nachlasspfleger Herrn Rechtsanwalt L, S-Straße, C, einen Betrag in Höhe von 121.353,54 € zu zahlen.
Die Streithelferin stellt keinen Antrag.
Die Beklagte beantragt auch hinsichtlich des Hilfsantrages,
die Berufung unter Abweisung der Klage zurückzuweisen.
Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 02.05.2016 darauf hingewiesen, dass hinsichtlich des Vortrags der Klägerin zum Bestehen einer Krankenversicherung im Basistarif weitere Darlegungen erforderlich seien. Der Senat hat zudem darauf hingewiesen, dass dem Hilfsantrag der Klägerin ihre fehlende Prozessführungsbefugnis entgegen stehe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte (Bl. 164 ff. GA) Bezug genommen.
Die Klägerin hat darauf mit nachgelassenem Schriftsatz vom 06.06.2016 mitgeteilt, dass sie nach erneuter Prüfung nicht daran festhalte, dass eine Vergleichbarkeit zwischen dem Leistungskatalog des Tarifes START und dem Leistungskatalog des dritten Kapitels des SGB V bestehe, ihr Hauptantrag sei mithin unbegründet. Entgegen dem Hinweis des Senates scheitere ihr Hilfsantrag jedoch nicht an der fehlenden Prozessführungsbefugnis. In der Sache werde nicht weiter bestritten, dass ein Anfechtungsgrund bestanden habe. Es bleibe jedoch bei dem Vortrag, dass die Anfechtungserklärung mit Schreiben vom 11.04.2016 an den Nachlassverwalter verspätet erfolgt und damit unwirksam sei.
Daraufhin hat der Senat mit Beschluss vom 11.07.2016 weitere Hinweise erteilt. Wegen der Einzelheiten wird ebenso wie hinsichtlich der genannten Schriftstücke auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 01.08.2016 (Bl. 243 und 245 GA) und vom 20.07.2016 (Bl. 239 GA) die Zustimmung zu einer Entscheidung des Senates im schriftlichen Verfahren erteilt, das der Senat mit Beschluss vom 05.08.2016 (Bl. 246 f. GA) angeordnet hat.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Direktanspruch aus §§ 192 Abs. 7 VVG, 152 Abs. 1 S. 1 VAG n.F., nachdem sie auf den Hinweis des Senates vom 02.05.2016 vorgetragen hat, nicht mehr an ihrem Vortrag festzuhalten, es bestehe eine Vergleichbarkeit zwischen dem Leistungskatalog des Tarifs START und dem dritten Kapitel des SGB V. Denn damit bestand zwischen der Beklagten und deren Versicherungsnehmer B unstreitig keine Versicherung im Basistarif. Denn der bundesweit einheitliche Basistarif setzt nach § 12 Abs. 1a S. 1 VAG a.F. bzw. nach § 152 Abs. 1 S. 1 VAG n.F. voraus, dass die Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe jeweils den Leistungen nach dem dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind. Die Unbegründetheit ihres Hauptantrages hat die Klägerin im Rahmen ihres Schriftsatzes vom 06.06.2016 ausdrücklich bestätigt.
2.
Die Berufung der Klägerin hat auch hinsichtlich des im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrages keinen Erfolg. Die Klägerin ist zwar aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft prozessführungsbefugt, ihre Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn der Versicherungsvertrag zwischen der Beklagten und Herrn B ist gem. §§ 22 VVG, 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen, weil die Beklagte den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten hat. Daneben ist die Klage unbegründet, weil der den geltend gemachten Behandlungskosten zu Grunde liegende Versicherungsfall bereits vor Abschluss des Krankenversicherungsvertrages eingetreten ist (§ 2 Teil I (1) 1 MB/KK 2009).
a)
Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin ergibt sich im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft. Voraussetzung hierzu ist neben einer Ermächtigung des Rechtsinhabers ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Prozessführung beim Prozessstandschafter und dem Rechtsinhaber, dem keine schutzwürdigen Eigeninteressen des Gegners entgegenstehen dürfen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Auflage 2016, Vor § 50 Rn. 44).
Der am 24.07.2015 bestellte Nachlasspfleger L (Bl. 42 GA) hat die Klägerin unter dem 27.04.2016 (Bl. 157 GA) zur Prozessführung ermächtigt. Hieran haben sowohl der Nachlasspfleger als Vertreter der unbekannten Erben des Herrn B als auch die Klägerin als Gläubigerin des Zahlungsanspruchs aufgrund der medizinischen Behandlung ein berechtigtes rechtliches Interesse, dem keine schutzwürdigen Eigeninteressen der Beklagten entgegenstehen. Zwar kann der gewillkürten Prozessstandschaft die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes, wie hier in § 6 Abs. 6 MB/KK 2009 entgegen stehen (vgl. BGH, Urteil vom 25.07.2012, Az. XII ZR 22/11, NJW 2012, 3032, Tz. 23; v. Rintelen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 3. Auflage 2015, § 23 Rn. 63; BGH, Urteil vom 11.02.1960, VersR 300, 301 zu § 15 Nr. 3 AUB). Für die streitgegenständlichen Ansprüche haben die Parteien jedoch kein Abtretungsverbot vereinbart. Daraus folgt zugleich, dass berechtigte Interessen der Beklagten einer Geltendmachung der Leistungsansprüche durch die klagende Klinik nicht entgegen stehen. Denn das gem. § 6 Teil I (6) MB/KK 2009 (Bl. 122 GA) vereinbarte Abtretungsverbot gilt ausweislich § 6 Teil II (2) T Tarifbedingungen insoweit nicht, wie eine T Klinik-Card ausgegeben worden ist. Die Vorlage der Klinik-Card und damit auch deren Ausgabe an Herrn B haben die Parteien nunmehr übereinstimmend vorgetragen.
b)
Der zwischen der Beklagten und Herrn B aufgrund Antrages aus dem Monat September 2009 (Bl. 117 ff. GA) mit Versicherungsbeginn zum 01.10.2010 zunächst geschlossene Versicherungsvertrag ist aufgrund der durch die Beklagte wegen arglistiger Täuschung erklärten Anfechtung nichtig.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 06.06.2016 das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes in Form einer arglistigen Täuschung durch Herrn B im Rahmen der Beantwortung der Gesundheitsfragen unstreitig gestellt. Eine arglistige Täuschung liegt insbesondere in der Verneinung der Fragen nach ambulanten oder stationären Untersuchungen in den vergangenen 5 Jahren, obwohl bei Herrn B im August 2010, also unmittelbar vor Antragstellung, die Erstdiagnose eines Urothelkarzinoms gestellt worden war, was diesem auch bekannt war.
Die Beklagte hat den Versicherungsvertrag bereits mit Schreiben vom 24.08.2015 (Bl. 84 GA), beim Nachlasspfleger L ausweislich des Eingangsstempels am 25.08.2015 eingegangen, angefochten. Mit diesem Schreiben hat die Beklagte die Anfechtung zwar nicht ausdrücklich erklärt. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich. Anfechtungserklärung ist jede Willenserklärung, die unzweideutig erkennen lässt, dass das Rechtsgeschäft rückwirkend beseitigt werden soll. Es kann je nach den Umständen genügen, wenn eine nach dem objektiven Erklärungswert der Willensäußerung übernommene Verpflichtung bestritten oder nicht anerkannt oder ihr widersprochen wird. Es muss sich jedoch unzweideutig der Wille ergeben, das Geschäft gerade wegen des Willensmangels nicht bestehen lassen zu wollen (BGH, Urteil vom 22.02.1995, Az. IV ZR 58/94, NJW-RR 1995, 859). Dieser Wille ergibt sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 24.08.2015. Denn sie teilt mit, dass Versicherungsschutz wegen der gegebenen Anfechtbarkeit nicht bestehe, Herr B habe die Krebserkrankung bei Antragstellung trotz Kenntnis verschwiegen.
Durch die beim Nachlasspfleger L am 25.08.2015 eingegangene Anfechtungserklärung hat die Beklagte die Anfechtungsfrist gewahrt. Der Lauf der Anfechtungsfrist beginnt gem. § 124 Abs. 2 S. 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Kenntnis von der Täuschung hat die Beklagte aufgrund des Entlassungsbriefes der Klägerin vom 27.02.2011 (Bl. 5 GA) erlangt, den die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 31.03.2014 übersandt hatte. Nachdem die Klägerin dieses Schreiben am letzten Tag des Monats März 2014 versandt hatte, liegen Zugang und damit auch Kenntnis i.S.v. § 124 Abs. 2 S. 1 BGB im April 2014. Die Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB wäre daher im April 2015 und damit vor Zugang der Anfechtungserklärung vom 24.08.2015 abgelaufen. Allerdings konnte die Frist gem. § 124 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 211 BGB nicht vor Ablauf von 6 Monaten seit Bestellung des Nachlasspflegers (Palandt-Ellenberger, BGB, 75. Auflage 2016, § 211 Rn. 1) ablaufen. Da der Nachlasspfleger am 24.07.2015 bestellt worden ist (Bl. 42 GA), konnte die Anfechtungsfrist nicht vor dem 24.01.2016 und damit nach Zugang der Anfechtungserklärung vom 24.08.2015 ablaufen.
c)
Daneben besteht der geltend gemachte Anspruch auch bei Wirksamkeit des zwischen Herrn B und der Beklagten geschlossenen Krankenversicherungsvertrages nicht. Nach § 2 Teil I (1) S. 2 MB/KK 2009 wird für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, nicht geleistet. Gem. § 1 Teil I Abs. 2 S. 2 MB/KK 2009 beginnt der Versicherungsfall mit der Heilbehandlung. Dies ist nicht nur die unmittelbare Heiltätigkeit, sondern auch schon die erste ärztliche Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abzielt, ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige und richtige Diagnose gestellt und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen begonnen worden ist (BGH, Beschluss vom 17.12.2014, Az. VI ZR 399/13, zur Reglung der MB/KK 2008). Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.06.2016 den tatsächlichen Vortrag der Beklagten zum Anfechtungsgrund unstreitig gestellt hat, ist auch unstreitig, dass im August 2010 die Erstdiagnose eines Urothelkarzinoms gestellt wurde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat der Versicherungsfall, in dessen Rahmen auch die streitgegenständlichen Behandlungskosten angefallen sind, begonnen. Als Beginn der bei der Beklagten geführten Krankenversicherung war der 01.10.2010 und damit ein Zeitpunkt nach Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart.
Die Berufung der Beklagten war danach unter Abweisung des im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrages zurückzuweisen.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 S. 1 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
Meta
08.09.2016
Oberlandesgericht Hamm 6. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: U
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 08.09.2016, Az. 6 U 179/15 (REWIS RS 2016, 5714)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 5714
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
3 U 60/14 (Oberlandesgericht Hamm)
13 U 69/01 (Oberlandesgericht Köln)
11 U 147/14 (Oberlandesgericht Köln)
Widerspruch des Darlehensschuldners gegen titulierten Anspruch auf Darlehensrückzahlung im Insolvenzverfahren
Leistungspflicht des Krankenversicherers für präventive Brustentfernung