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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Abstandsflächenrecht als nicht revisibles Landesrecht
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die [X.]eschwerde beimisst.
Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam wirft die [X.]eschwerde die Fragen auf,
ob unter [X.]erufung auf das nachbarliche [X.] das geschriebene Gesetzesrecht (hier: Abstandsflächenrecht; [X.]odenrecht, § 34 Abs. 1 [X.]auG[X.]) zu Lasten des Nachbarn außer [X.] gelassen werden kann, ohne dass Art, Ausmaß und Gewicht einer vermeintlichen eigenen Rechtsverletzung des Nachbarn festgestellt wurden,
ob das nachbarschaftliche [X.] das Abwehrrecht des klagenden Nachbarn auch dann ausschließen kann, wenn dessen Gebäude formell und materiell rechtmäßig ist und zudem aufgrund einer [X.]augenehmigung [X.]estandsschutz genießt,
und ob das [X.] bei der Einschränkung des [X.] auf einen nach der mündlichen Verhandlung in der Zukunft liegenden Zeitpunkt abheben und unterstellen kann, dass [X.]edingungen eintreten, von deren Eintritt ein Abstandsflächenverstoß des klagenden Nachbarn abhängen, um dann losgelöst vom tatsächlichen Eintritt der [X.]edingungen seine Entscheidung zu treffen.
Die Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
a) Soweit die [X.]eschwerde die Fragen auf [X.] der Klägerin wegen möglicher Verstöße gegen das Abstandsflächenrecht bezieht, betreffen sie die Auslegung nicht revisiblen Landesrechts (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) und wären in einem Revisionsverfahren einer rechtsgrundsätzlichen Klärung durch den Senat nicht zugänglich. Soweit sie auch eine Verletzung von [X.]undes([X.])recht geltend macht, legt sie nicht dar, inwieweit gerade die denkbaren Maßstäbe rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf aufwerfen.
aa) Das in § 6 [X.]auO [X.]ln normierte Abstandsflächenrecht, aus dem die Klägerin einen Abwehranspruch herleitet, ist Teil des nicht revisiblen Landesrechts. Es verliert diesen [X.]harakter nicht dadurch, dass Abstandsflächenvorschriften Inhalt und Schranken des grundrechtlich geschützten Grundeigentums bestimmen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Gerade weil Art. 14 Abs. 1 GG als normgeprägtes Grundrecht der gesetzlichen Ausgestaltung bedarf, bleibt für den Inhalt abstandsflächenrechtlicher [X.] das nicht revisible Landesrecht maßstäblich (vgl. [X.], Urteil vom 7. November 1997 - 4 [X.] 7.97 - [X.] 11 Art. 14 GG Nr. 316 S. 31).
Dies gilt auch für die Schranken abstandsflächenrechtlicher [X.], die das Oberverwaltungsgericht daraus hergeleitet hat, dass sich die Klägerin nach dem Grundsatz von [X.] und Glauben nicht auf die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften berufen könne, weil die [X.]ebauung auf ihrem eigenen Grundstück die erforderlichen Abstandsflächen mindestens in vergleichbarem Umfang nicht einhalte. Der Grundsatz von [X.] und Glauben gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts (stRspr, z.[X.]. [X.], Urteil vom 20. März 2014 - 4 [X.] 11.13 - [X.]E 149, 211 [X.] und Rn. 29). Sofern sich der geltend gemachte Abwehranspruch - wie hier - nach nicht revisiblem Landesrecht bestimmt, ist auch der Einwand von [X.] und Glauben dem revisionsgerichtlichen [X.] entzogen (stRspr, [X.], Urteile vom 16. Mai 2000 - 4 [X.] 4.99 - [X.]E 111, 162 <172 f.> und vom 20. März 2014 - 4 [X.] 11.13 - a.a.[X.], zuletzt [X.], [X.]eschluss vom 16. Juli 2018 - 4 [X.] - Rn. 5).
bb) Einen beachtlichen [X.]ezug zum revisiblen Recht vermag die [X.]eschwerde nicht dadurch herzustellen, dass sie sich auf eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG und das Erfordernis eigentumskonformer Auslegung des Abstandsflächenrechts beruft. Die Rüge einer Verletzung von [X.]undes([X.])recht bei der vorinstanzlichen Auslegung und Anwendung nicht revisiblen Landesrechts vermag die Zulassung der Grundsatzrevision nur dann zu rechtfertigen, wenn die [X.]eschwerde eine klärungsbedürftige Frage gerade des [X.]undesrechts darlegt, nicht aber dann, wenn nicht das [X.]undesrecht, sondern allenfalls die (bundesrechtskonforme) Auslegung von Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. etwa [X.], [X.]eschluss vom 13. Juni 2009 - 9 [X.] - [X.] 445.4 § 3 WHG Nr. 6 Rn. 4 m.w.N.). Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der von der [X.]eschwerde angeführten Entscheidung des [X.] ([X.], Urteil vom 23. August 1994 - 1 [X.] 18.91 - [X.]E 96, 293 <295 ff.>; siehe auch Urteil vom 23. Februar 2011 - 8 [X.] 51.09 - NVwZ 2011, 1142). Denn diese Entscheidung ist in einem Revisionsverfahren ergangen, in dem das Revisionsgericht - anders als im [X.] - auch zu prüfen hat, ob die Vorinstanz bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts [X.]undes[X.]recht beachtet bzw. eine bundesrechtskonforme Auslegung des Landesrechts gewählt hat (stRspr, z.[X.]. [X.], [X.]eschluss vom 15. Dezember 1989 - 7 [X.] 177.89 - [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 277).
Rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG zeigt die [X.]eschwerde nicht auf. Mit den aufgeworfenen Fragen möchte sie in einem Revisionsverfahren - zusammengefasst - klären lassen, ob das Oberverwaltungsgericht die durch Art. 14 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Eigentümerposition der Klägerin in [X.]widriger Weise verkürzt hat, indem es ein sich aus dem Abstandsflächenrecht ergebendes mögliches Abwehrrecht der Klägerin durch den Grundsatz von [X.] und Glauben und die hieraus abgeleiteten "Grundsätze zur wechselseitigen Abstandsflächenunterschreitung" ([X.]) bzw. zum "nachbarschaftlichen [X.]" ([X.]) als ausgeschlossen angesehen hat. Dass die bundes[X.]rechtlichen Maßstäbe selbst, insbesondere die sich aus Art. 14 Abs. 1 und 2 GG ergebenden [X.]rechtlichen [X.]indungen des ([X.] bei der [X.]estimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (siehe hierzu z.[X.]. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 2. März 1999 - 1 [X.]vL 7/91 - [X.]VerfGE 100, 226 <240 f.> und [X.], [X.]eschluss vom 28. Juli 2016 - 4 [X.] 12.16 - Zf[X.]R 2016, 692), einer rechtsgrundsätzlichen Fortentwicklung bedürften, legt die [X.]eschwerde nicht dar. Ob das Oberverwaltungsgericht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die bundes[X.]rechtlichen Maßstäbe verletzt hat, ist keine Frage, die auf die Klärung dieser Maßstäbe zielt, sondern deren korrekte Anwendung im Einzelfall zum Gegenstand hat ([X.], [X.]eschluss vom 21. Dezember 1994 - 4 [X.] 266.94 - NVwZ 1995, 601). Rechtsgrundsätzliche [X.]edeutung lässt sich deshalb weder der Kritik der [X.]eschwerde entnehmen, das Oberverwaltungsgericht sei für die aus dem Gebot von [X.] und Glauben abgeleiteten "Grundsätze zur wechselseitigen Abstandsflächenunterschreitung" Nachweise schuldig geblieben, noch dem Vorwurf, die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Einschränkung des [X.] sei unverhältnismäßig überdehnt worden. Gleiches gilt, soweit die [X.]eschwerde die Gesetzesbindung des Richters (Art. 20 Abs. 3 GG) als verletzt ansieht, weil sich das Oberverwaltungsgericht anhand eines ungeschriebenen Rechtssatzes ohne tatbestandliche Konturen und klare Rechtsfolgen über geschriebenes Gesetzesrecht hinweggesetzt habe. Um eine bloße Anwendung bundesrechtlicher Maßstäbe ohne rechtsgrundsätzliche [X.]edeutung geht es schließlich auch bei der Kritik, das Oberverwaltungsgericht schneide der Klägerin mit dem von ihm zugrunde gelegten entscheidungserheblichen Zeitpunkt den Einwand einer bestandskräftigen [X.]augenehmigung und einer rechtskonformen Errichtung ihres Gebäudes ab.
b) Soweit die [X.]eschwerde die aufgeworfenen Fragen auf das "[X.]odenrecht, § 34 [X.]auG[X.]" bezieht, fehlt jede Darlegung dazu, warum in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist (zu den [X.] [X.], [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]E 13, 90 <91>).
2. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen Divergenz zuzulassen.
Die [X.]eschwerde räumt ein, dass das Oberverwaltungsgericht "im Einstieg" von dem allgemeinen Maßstab ausgegangen sei, wonach eine Verletzung des [X.]s vorliege, wenn der betroffene Grundstückseigentümer unter [X.]erücksichtigung der gesamten Situation und nach Abwägung der schutzwürdigen [X.]elange der beteiligten Grundstücke unzumutbar beeinträchtigt ist. Sodann verenge das Oberverwaltungsgericht jedoch den allgemeinen Maßstab und lehne eine Verletzung des [X.]s ab, indem es auf die Annahme verweise, dass das genehmigte Vorhaben keine schlechthin unvertretbaren, als Missstand zu bewertenden [X.]eeinträchtigungen des Grundstücks der Klägerin erwarten lasse. Damit stehe dem Obersatz des [X.] ([X.], Urteil vom 13. März 1981 - 4 [X.] 1.78 - [X.] 406.19 [X.] Nr. 44), wonach das Gebot der Rücksichtnahme verletzt sei, wenn dem Nachbarn eine [X.]eeinträchtigung nicht mehr zumutbar sei, der Maßstab des [X.] gegenüber, das eine schlechthin unzumutbare, als Missstand zu bewertende [X.]eeinträchtigung verlange.
Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Abweichung ist damit nicht dargetan (zu den [X.] [X.], [X.]eschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 [X.] 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712). Dass das Oberverwaltungsgericht dem [X.]undesverwaltungsgericht mit einem in dem angegriffenen Urteil formulierten abstrakten Rechtssatz die Gefolgschaft verweigert hätte, behauptet die [X.]eschwerde selbst nicht. Die behauptete unzutreffende Rechtsanwendung führt nicht auf eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Rechtssatzdivergenz. Im Übrigen verschweigt die [X.]eschwerde, dass das Oberverwaltungsgericht ([X.]) bei dem Verweis auf das Fehlen eines Missstandes nicht stehen geblieben ist, sondern "darüber hinaus" auch andere Zumutbarkeitsaspekte untersucht hat und erst in einer Gesamtschau aller untersuchten schutzwürdigen [X.]elange zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das [X.] nicht verletzt sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Meta
16.08.2018
Bundesverwaltungsgericht 4. Senat
Beschluss
Sachgebiet: B
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 4. April 2017, Az: OVG 2 B 4.16, Urteil
§ 6 BauO BE 2005, Art 14 Abs 1 S 2 GG
Zitiervorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.08.2018, Az. 4 B 41/17 (REWIS RS 2018, 4740)
Papierfundstellen: REWIS RS 2018, 4740
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 B 17/18 (Bundesverwaltungsgericht)
Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde
Grundsatz von Treu und Glauben bei Abstandsflächenverstoß
Erteilung einer Baugenehmigung für die Wiedererrichtung einer Terrassenüberdachung
4 B 51/10 (Bundesverwaltungsgericht)
Pflicht zur Zeugenvernehmung in Berufungsinstanz
Baugenehmigung, Terrassenüberdachung, Reihenhaus, Befreiung, Abweichung, Drittschutz, Nachbarschutz