Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.07.2010, Az. I ZB 68/09

1. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5259

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenschutz: Unterscheidungskraft einer Bildmarke - Hefteinband


Leitsatz

Hefteinband

Besteht ein Bildzeichen nur aus üblichen dekorativen Elementen der Waren, für die der Markenschutz beansprucht wird, wird es der Verkehr im Allgemeinen nicht als Herkunftsmittel auffassen, auch wenn sich auf dem Markt noch keine mit dem angemeldeten Zeichen vollständig übereinstimmende Gestaltung findet .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss des 29. Senats ([X.]) des [X.] vom 17. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Anmelderin hat beim [X.] die Eintragung der schwarz-weißen Bildmarke

Abbildung

für verschiedene Waren der Klasse 16 beantragt.

2

Die Markenstelle des [X.]s hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen, und zwar für

Blöcke (Papier- und Schreibwaren), Notizblöcke, Schreibhefte, Notizbücher, Papierblätter (Papeteriewaren), Kalender.

3

Die gegen die Entscheidung des [X.]s gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.]. v. 17.6.2009 - 29 W (pat) 22/08, juris). Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.

4

II. Das [X.] hat angenommen, der angemeldeten Bildmarke fehle für die genannten Waren jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Dazu hat es ausgeführt:

5

Bei dem angemeldeten Zeichen handele es sich um die abstrakte Aufmachung von Blöcken, Büchern und Heften. Andere Hersteller verwendeten ähnliche Gestaltungen. Auch wenn mit der Bildmarke vollständig übereinstimmende Aufmachungen nicht hätten ermittelt werden können, werde der Verkehr in der angemeldeten Bildmarke nur eine weitere beliebige Zusammensetzung von grafischen Elementen sehen, die nur der Ausschmückung und Beschriftung dienten. Die nachträglich eingereichte Beschreibung der Bildmarke ändere nichts an der Beurteilung der Schutzunfähigkeit der angemeldeten Marke.

6

III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg. Mit Recht hat das [X.] angenommen, dass die Eintragung des angemeldeten Bildzeichens für die in Rede stehenden Waren wegen des Schutzhindernisses des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) zu versagen ist.

7

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.], Urt. v. 21.1.2010 - [X.]/08, [X.], 228 [X.]. 33 = [X.], 364 - [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], [X.]. [X.] - I ZB 88/07, [X.], 138 [X.]. 23 = [X.], 260 - ROCHER-Kugel). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], [X.]. v. 4.12.2008 - [X.], [X.], 778 [X.]. 11 = [X.], 813 - Willkommen im Leben; [X.]. v. 14.1.2010 - [X.], [X.], 640 [X.]. 10 = [X.], 891 - hey!). Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht, gesondert zu beurteilen. Abzustellen ist auf die Anschauung des angesprochenen Verkehrs. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ([X.], Urt. v. 8.5.2008 - [X.]/06, [X.]. 2008, [X.] = [X.], 608 [X.]. 67 - [X.]/[X.]; [X.], [X.]. v. 15.1.2009 - [X.], [X.], 411 [X.]. 8 = [X.], 439 - STREETBALL).

8

Bei Bildmarken, die sich in der bloßen Abbildung der Ware erschöpfen, für die der Schutz in Anspruch genommen wird, wird im Allgemeinen die erforderliche (konkrete) Unterscheidungseignung fehlen. Soweit die Elemente eines Bildzeichens nur die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren darstellen oder sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln erschöpfen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendung gewöhnt hat, wird einem Zeichen im Allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Weist das in Rede stehende Zeichen dagegen nicht nur die Darstellung von Merkmalen, die für die Ware typisch oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, so kann die Unterscheidungskraft nicht verneint werden ([X.], [X.]. v. 26.10.2000 - I ZB 3/98, [X.], 239 f. = [X.], 31 - [X.]; [X.]. v. 16.11.2000 - [X.], [X.], 734, 735 = [X.], 690 - Jeanshosentasche; [X.]. v. 3.7.2003 - I ZB 21/01, [X.], 331, 332 = [X.], 351 - Westie-Kopf; [X.]. v. 29.4.2004 - [X.], [X.], 683, 684 = [X.], 1040 - Farbige Arzneimittelkapsel; [X.]. v. 12.8.2004 - I ZB 1/04, [X.], 257, 258 = [X.], 217 - Bürogebäude).

9

2. Von diesen Grundsätzen ist auch das [X.] ausgegangen und hat angenommen, das angemeldete Bildzeichen gebe wesentliche Gestaltungselemente der beanspruchten Waren wieder und weiche nicht von den auf den jeweiligen [X.] üblichen Gestaltungen ab. Es hat deshalb zu Recht angenommen, dass das Publikum das angemeldete Bildzeichen für die fraglichen Waren nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstehen wird.

a) Das [X.] hat festgestellt, dass auf dem Gebiet der Waren

Blöcke (Papier- und Schreibwaren), Notizblöcke, Schreibhefte, Notizbücher, Papierblätter (Papeteriewaren), Kalender

Produkte in einer ähnlichen Aufmachung mit verschiedenfarbigen linken Balken angeboten und Umschläge sowie Einbände verwendet werden, die in vertikaler Richtung geradlinig farbig unterteilt sind und bei denen die linke Fläche erheblich schmaler als die rechte ist. Zum Teil sind auf den Umhüllungen Felder für Eintragungen vorgesehen. Das [X.] hat daraus gefolgert, das Publikum werde wegen der häufigen Verwendung ähnlicher Gestaltungen durch andere Hersteller das angemeldete Zeichen nur als eine beliebige Zusammensetzung von grafischen Elementen auffassen, die der Ausschmückung und Beschriftung dienten. Diese tatrichterliche Würdigung des [X.]s lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

b) Entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde hat es das [X.] nicht unterlassen zu ermitteln, ob die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen als Unterscheidungsmittel ansehen. Das [X.] hat diese Frage vielmehr zu Recht mit der Begründung verneint, das Bildzeichen entspreche üblichen dekorativen Gestaltungen auf den in Rede stehenden [X.]. Dieser Sichtweise steht nicht entgegen, dass das angemeldete Bildzeichen die Gestaltungselemente in einer abstrakten Weise aufgreift. Im Hinblick auf die Ähnlichkeit zwischen dem Bildzeichen und den vom [X.] angeführten, auf den in Rede stehenden [X.] anzutreffenden Aufmachungen sind diese Unterschiede zu gering, um daraus einen Anhalt abzuleiten, der Verkehr werde die angemeldete Marke als Herkunftsmittel auffassen.

Das [X.] hat auch keine zu strengen Maßstäbe an die Beurteilung der Unterscheidungskraft angelegt. Zwar hat es keine mit dem angemeldeten Zeichen vollständig übereinstimmende Gestaltung einer bereits auf dem Markt befindlichen Aufmachung angeführt. Daraus ergibt sich aber nicht, dass das Bildzeichen über Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] verfügt. Entscheidend ist vielmehr, dass das Bildzeichen nach den Feststellungen des [X.]s keine Elemente aufweist, die vom Verkehr nicht nur als übliche dekorative grafische Mittel aufgefasst werden.

Die Rechtsbeschwerde wendet sich schließlich auch ohne Erfolg gegen die tatrichterliche Beurteilung des [X.]s, das eine mangelnde Unterscheidungskraft des Bildzeichens auch für Papierblätter (Papeteriewaren) angenommen hat. Wegen des zumindest engen Bezugs dieser Waren zu den Blöcken (Papier- und Schreibwaren), [X.], [X.] und Notizbüchern ist das [X.] rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das angemeldete Bildzeichen auch für diese Waren über keine Unterscheidungskraft verfügt.

c) Das [X.] hat eine Schutzfähigkeit des Bildzeichens auch nicht aufgrund der eingereichten Beschreibung der Anmelderin angenommen. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Rechtsfehler sind insoweit ebenfalls nicht ersichtlich.

[X.]                                 Büscher

                         [X.]

Meta

I ZB 68/09

01.07.2010

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BPatG München, 17. Juni 2009, Az: 29 W (pat) 22/08, Beschluss

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.07.2010, Az. I ZB 68/09 (REWIS RS 2010, 5259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5259

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZB 68/09 (Bundesgerichtshof)


I ZB 32/09 (Bundesgerichtshof)

Markenschutz: Fehlende Unterscheidungskraft eines Wort-/Bildzeichens - hey!


I ZB 48/98 (Bundesgerichtshof)


I ZB 32/09 (Bundesgerichtshof)


I ZB 62/09 (Bundesgerichtshof)

Markeneintragung: Prüfung des Eintragungshindernisses unzureichender Unterscheidungskraft einer Bildmarke - Marlene-Dietrich-Bildnis


Referenzen
Wird zitiert von

I ZB 13/11

I ZB 68/09

Zitiert

I ZB 32/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.