Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2007, Az. XII ZB 165/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5037

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.]ZB 165/06 vom 28. Februar 2007 in der Familiensa[X.]

Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 91 a Abs. 2, 93 a Abs. 1, 99 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 5, 626 Abs. 1 a) Wurde eine Folgesa[X.]auf Unterhalt oder Zugewinnausgleich im [X.]zurückgenommen, ist die Kostenentscheidung der Ehesache, soweit sie auf der Rücknahme beruht, nach § 269 Abs. 5 ZPO isoliert mit der Beschwerde anfechtbar. b) Das Beschwerdegericht kann die Ermessensentscheidung nach § 93 a Abs. 1 Satz 2 ZPO nur auf Ermessensfehler überprüfen und darf ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen nicht durch eine ei-gene Ermessensentscheidung ersetzen. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 - [X.]ZB 165/06 - [X.][X.] AG Pankow/[X.] - 2 - Der XI[X.]Zivilsenat des [X.]hat am 28. Februar 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.]und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und [X.]beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Be-schluss des 19. Zivilsenats des [X.]in [X.]als [X.]vom 1. August 2006 aufgehoben. Die Sa[X.]wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das [X.]zurückverwiesen. Beschwerdewert: 900 • Gründe: [X.]Die Parteien streiten noch um die Kosten aus einem Scheidungsver-bundverfahren. 1 Im Scheidungsverfahren der Parteien hatte der Antragsgegner einen Stu-fenantrag auf Ehegattenunterhalt erhoben. Nachdem die Parteien den [X.]übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, bezifferte der [X.]den [X.]zunächst, nahm ihn später aber zurück. Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich ausgesetzt und die Kosten der Ehesa[X.]dem Antragsgegner zu 80 % sowie der Antragstellerin zu 20 % auferlegt. 2 - 3 - Gegen diese Kostenentscheidung hat der Antragsgegner sofortige Be-schwerde eingelegt, die das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen hat. Dagegen richtet sich die - vom Beschwerdegericht zugelassene - Rechtsbe-schwerde des Antragsgegners. 3 I[X.]Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und hat auch in der Sa[X.]Erfolg. 4 Das Kammergericht, dessen Entscheidung in KGR [X.]2007, 118 ver-öffentlicht ist, hat die Beschwerde des Antragsgegners als unzulässig verwor-fen, weil gegen die nach § 93 a ZPO getroffene Kostenentscheidung im Schei-dungsurteil keine isolierte Beschwerde zulässig sei. Das hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand. 5 1. Nach § 99 Abs. 1 ZPO ist die Anfechtung einer Kostenentscheidung zwar grundsätzlich unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsa[X.]ein Rechtsmittel eingelegt wird. Von diesem Grundsatz sieht das Gesetz allerdings für Fälle, in denen die betreffende Hauptsa[X.]- auch unab-hängig von der Beschwer - nicht mehr angefochten werden kann, Ausnahmen vor: 6 a) Danach kann die Kostenentscheidung in wenigen Ausnahmefällen iso-liert angefochten werden, etwa wenn die Hauptsa[X.]durch eine aufgrund eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verurteilung erledigt ist (§ 99 Abs. 2 ZPO), wenn die Parteien die Hauptsa[X.]übereinstimmend für erledigt erklärt haben (§ 91 a Abs. 2 ZPO) oder wenn die Klage wirksam zurückgenommen worden ist (§ 269 Abs. 5 ZPO). Gleiches gilt für die Kostenentscheidung in einer [X.]- 4 - che, wenn der Scheidungsantrag wirksam (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 23. Juni 2004 - [X.]ZB 212/01 - FamRZ 2004, 1364 f.) zurückgenommen [X.]ist (§ 626 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 269 Abs. 5 ZPO). Diese im Gesetz [X.]Fälle einer isolierten Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung beschrän-ken sich allerdings auf Konstellationen, in denen nicht mehr über die Hauptsa-[X.]zu entscheiden und diese deswegen - unabhängig von der Höhe der [X.]auch nicht anfechtbar ist. b) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]ist auch eine einheitli[X.]Kostenentscheidung insoweit isoliert anfechtbar, als sie neben dem Obsiegen und Unterliegen in dem zur Hauptsa[X.]entschiedenen Teil auch auf einer teilweisen Rücknahme, einer teilweisen Erledigung oder einem teilweisen Anerkenntnis beruht (sog. gemischte Kostenentscheidung). 8 Auch soweit die Hauptsa[X.]also nur teilweise durch ein Anerkenntnis, eine übereinstimmende Erledigungserklärung oder eine Klagerücknahme abge-schlossen wurde, bleibt es bei der isolierten Anfechtbarkeit, auch wenn sich dieser Umstand lediglich auf die Quote einer einheitlichen Kostenentscheidung ausgewirkt hat. Denn auch insoweit kommt eine Sachentscheidung nicht mehr in Betracht und die Kostenquote ist deswegen, soweit sie auf diesem Teil der Hauptsa[X.]beruht, unabhängig von einer weiteren Entscheidung zur Hauptsa-[X.]nachprüfbar. Soweit dies zu einer Aufgliederung der angefochtenen [X.]führt, ist das Beschwerdegericht regelmäßig - wie auch hier - in der Lage, den anfechtbaren Teil von dem übrigen Teil der einheitlichen [X.]abzugrenzen und eine gegebenenfalls abweichende Bewer-tung des anfechtbaren Teils bei der Bemessung einer neuen einheitlichen [X.]zu berücksichtigen. Auch die dadurch entstehende Gefahr [X.]im Wege der Beschwerde einerseits und der Berufung andererseits kann nicht dazu führen, einer [X.]das Rechtsmittel zu nehmen, 9 - 5 - das ihr nach dem Willen des Gesetzgebers zustehen soll. Dieser Gefahr ist vielmehr auf andere Weise, z.B. durch Aussetzung eines Verfahrens oder durch Umdeutung der Beschwerde in eine Anschlussberufung zu begegnen ([X.]40, 265, 269 ff.; [X.]113, 362, 363 ff.; [X.]Beschluss vom 28. Januar 1999 - [X.]- NJW-RR 1999, 1741; [X.]ZPO 22. Aufl. § 99 Rdn. 13 ff.). Diese Auffassung geht mit der Rechtsprechung des [X.]einher, wonach Urteile, in denen über den restlichen Teil der Hauptsa[X.]und zugleich über die Kosten eines anderweitig erledigten Teils entschieden ist, nur aufgrund der [X.]in der Hauptsa[X.]angefochten werden können ([X.]Beschlüsse vom 20. September 1962 - [X.]- [X.]1963, 44 und vom 17. Mai 1990 - [X.]- BGHR ZPO § 91 a Abs. 1 Satz 1 Streitwert 1). 10 2. Nichts anderes gilt für die Kostenentscheidung im [X.]nach § 93 a ZPO, soweit diese im Rahmen des § 93 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO auf einem Anerkenntnis, einer übereinstimmenden Erledigungserklärung oder - wie hier - auf der Rücknahme des Antrags in einer Folgesa[X.]beruht. Auch dann ist über diese Folgesa[X.]als Teil des einheitlichen Verbundverfah-rens nicht mehr in der Sa[X.]zu entscheiden, wohl aber im Rahmen der einheit-lichen Kostenentscheidung im Scheidungsverbund über die kostenrechtlichen Folgen, die sich daraus ergeben. 11 a) § 93 a ZPO bildet eine [X.]für die Kosten in Ehesachen und Scheidungsfolgesachen und verdrängt damit die allgemeinen Kostenregeln der §§ 91 und 92 ZPO ([X.]ZPO 22. Aufl. § 93 a Rdn. 1). Die [X.]trägt damit dem Umstand Rechnung, dass im Scheidungsverbundverfah-ren ein Obsiegen und Unterliegen regelmäßig kein geeigneter Maßstab für die Kostenentscheidung ist. Hinsichtlich der Ehesa[X.]kann seit der Abschaffung 12 - 6 - des Schuldprinzips und der Einführung des Zerrüttungsprinzip nicht mehr ent-scheidend darauf abgestellt werden, auf wessen Antrag die Scheidung ausge-sprochen wird. Über die Folgesa[X.]Versorgungsausgleich ist von Amts wegen zu entscheiden, sodass die Parteien ohnehin keinen bezifferten Antrag stellen müssen. Anträge zum Sorge- und Umgangsrecht stützen sich regelmäßig auf das Kindeswohl, sodass sich auch insoweit ein Obsiegen oder Unterliegen re-gelmäßig nicht als Maßstab für die Kostenentscheidung eignet (zum isolierten Sorgerechtsverfahren vgl. § 13 a Abs. 1 [X.]und § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO). b) Allerdings ist das Obsiegen und Unterliegen in den Folgesachen zum Kindesunterhalt, zum Ehegattenunterhalt und zum gesetzlichen Güterrecht (§ 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 8 ZPO) - ebenso wie in solchen isolierten Verfahren - als Maßstab für die Kostenentscheidung geeignet. Zwar verlangt das Gesetz auch bei Rechtshängigkeit solcher Folgesachen eine einheitli[X.]Kostenent-scheidung mit der Ehesache; der Erfolg dieser Folgesachen kann aber dazu führen, dass eine Kostenaufhebung in der Verbundentscheidung unbillig er-scheint und durch eine andere billige Ermessensentscheidung ersetzt werden muss (§ 93 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO). Insoweit führt ein Obsiegen oder Unter-liegen somit zwar nicht unmittelbar - wie in isolierten Verfahren - zu einer ent-sprechenden Kostenquote; der Erfolg ist aber stets im Rahmen der Ermes-sensentscheidung im Scheidungsverbund zu berücksichtigen. 13 c) Nichts anderes kann dann aber für ein Anerkenntnis, eine überein-stimmende Erledigungserklärung oder - wie hier - für eine Rücknahme des [X.]in einer Folgesa[X.]gelten. Entgegen der Auffassung des [X.]verdrängt § 93 a ZPO nämlich nicht alle übrigen Kostenvorschriften, son-dern beschränkt sich nach Sinn und Zweck auf eine Sonderregelung, die im Scheidungsverbund - vorbehaltlich des Obsiegens und Unterliegens in den ge-nannten [X.]- an Stelle des Obsiegens und Unterliegens hin-14 - 7 - sichtlich des Scheidungsantrags und der übrigen FGG-Folgesachen für den Regelfall eine Kostenaufhebung festlegt. Wenn das Obsiegen und Unterliegen in den [X.]aber Auswirkungen auf die nach Ermessen zu be-stimmende Kostenquote im Scheidungsverbund haben kann, muss dies auch für eine anderweitige Erledigung solcher Folgesachen gelten. Ist die Folgesa-[X.]also durch Anerkenntnis (§§ 93, 99 Abs. 2 ZPO), durch eine übereinstim-mende Erledigungserklärung (§ 91 a ZPO) oder durch eine wirksame Klagrück-nahme (§ 269 ZPO) beendet, sind anstelle des Obsiegens und Unterliegens die im Gesetz für eine sol[X.]Verfahrensbeendigung vorgesehenen Kostenfolgen bei der Ermessensentscheidung im Scheidungsverbund zu berücksichtigen. Entsprechend bleibt es dann auch im Scheidungsverbund bei der im Gesetz vorgesehenen - und von der Rechtsprechung des [X.]auf Teile eines Rechtsstreits ausgedehnten - isolierten Anfechtbarkeit nach dem Maß-stab der Beendigung dieser Folgesache. Die Kostenentscheidung des [X.]war deswegen mit der Beschwerde anfechtbar, soweit sie sich auf die übereinstimmende Erledigung des [X.](§ 91 a Abs. 2 ZPO) und die Rücknahme des [X.]auf Ehegattenunterhalt (§ 269 Abs. 5 ZPO) bezog. 3. Allerdings bleibt es auch insoweit für die Erfolgsausicht der Beschwer-de bei dem Maßstab des § 93 a Abs. 1 Satz 2 ZPO, der eine Abweichung von dem Regelfall der Kostenaufhebung nach billigem Ermessen zulässt. Ist die Bemessung der Kostenquote solchermaßen in das Ermessen des erstinstanzli-chen Gerichts gestellt, beschränkt sich die Überprüfungsmöglichkeit durch das Beschwerdegericht auf die Frage, ob das erstinstanzli[X.]Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Denn der Sinn des eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berech-tigt und verpflichtet wäre, ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeüb-tes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. [X.]- 8 - dessen kann das Beschwerdegericht die Entscheidung nur auf Ermessensfeh-ler in Form des Ermessensfehlgebrauchs oder der Ermessensüberschreitung überprüfen, also darauf, ob das erstinstanzli[X.]Gericht von dem ihm obliegen-den Ermessen einen ungesetzlichen Gebrauch gemacht hat. Das könnte [X.]dann der Fall sein, wenn es für die Ermessensentscheidung maßgebli-[X.]Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht ermittelt oder sonst unberücksichtigt gelassen hat (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2001 - [X.]ZB 121/00 - NJW 2001, 1652). 4. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Die Sa[X.]ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, das bei seiner neuen Entscheidung die Ermessensentscheidung des Amtsgerichts entspre-chend den vorstehenden Ausführungen zu überprüfen haben wird. 16 Hahne [X.] [X.] Wagenitz [X.]Vorinstanzen: AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 08.03.2006 - 17 F 2996/04 - KG Berlin, Entscheidung vom 01.08.2006 - 19 WF 90/06 -

Meta

XII ZB 165/06

28.02.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2007, Az. XII ZB 165/06 (REWIS RS 2007, 5037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5037

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