Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. VII ZB 60/11

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8346

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZB 60/11
vom
7. Februar 2013
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 494a Abs. 2
Die Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens, das während eines selbständigen Beweisverfahrens vom Antragsgegner in Auftrag gegeben wird, können gemäß § 494a Abs. 2 ZPO erstattungsfähig sein.
[X.], Beschluss vom 7. Februar 2013 -
VII ZB 60/11 -
OLG [X.]/Main

LG [X.]/Main
-
2
-

Der VII. Zivilsenat des [X.] hat am 7. Februar
2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.] und die Richter Dr.
Eick, [X.],
Kosziol
und Prof.
Dr.
Jurgeleit
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Be-schluss des 18.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] am Main vom 15.
August
2011 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Kosten-festsetzungsbeschluss des [X.]s [X.] am Main vom 7. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerde-
und des [X.] trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I.
Die Antragsgegnerin führte im Auftrag der Antragstellerin
2003 eine technische [X.] (technische Angebotsprüfung) für ein
Büro-gebäude in D.
durch. Zum Auftragsumfang gehörte die "Grobüberprüfung der vereinbarten Qualitäten und der Planungsqualität"
sowie die "Überprüfung der Ausführungsqualität". Der unter dem 6.
August 2003 vorgelegte Bericht war Grundlage für die Kaufentscheidung der Antragstellerin.
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-
3
-

Im Jahre
2005 stellte die Antragstellerin an dem Objekt [X.] Mängel fest. Die Antragstellerin warf der Antragsgegnerin vor, diese Mängel trotz deren Erkennbarkeit übersehen zu haben.
Mit beim [X.] Ende 2008 eingegangenem [X.]riftsatz hat die Antragstellerin die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens beantragt. Gegenstand der Antragsschrift
wa-ren die gutachterlichen
Stellungnahmen aus statischer Sicht des Ingenieurbüros H./Dr.
M.
und der [X.] D.
(Prof.
Dr.
-
Ing. [X.]). Das Gutachten des Ingenieurbü-ros H./Dr.
M.
verwies auf eine von der Antragstellerin in 2005 durchgeführte Beweissicherung durch das Sachverständigenbüro [X.]
Mit Beschluss vom 24.
Februar 2009 ordnete das [X.] die [X.] eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über die von der Antrag-stellerin eingeführten [X.] an. Diese betrafen im ersten Teil die [X.], ob der Ist-Zustand (statisch) den anerkannten Regeln der Technik [X.], und im zweiten Teil
die Feststellung, ob die Antragsgegnerin die be-haupteten statischen Mängel hätte erkennen können.
Das [X.] gab der Antragstellerin auf, die Stellungnahme von [X.]
zur Akte zu reichen.
Aufgrund von Vergleichsverhandlungen ruhte das Verfahren, bis das [X.] den Sachverständigen mit Verfügung vom 20.
Oktober
2009 um die Fortsetzung der Begutachtung bat. Der Sachverständige beraumte einen Ter-min zur Ortsbesichtigung für den 26.
November
2009 an und informierte dar-über die
[X.]en mit [X.]reiben vom 27.
Oktober
2009. Die Antragsgegnerin
beauftragte daraufhin das Ingenieurbüro St.
und Partner zur sachverständigen Begleitung im Beweissicherungsverfahren. St.
und Partner erbrachten im Zeit-raum vom 17.
November
2009 bis 29.
Januar
2010 Leistungen, die sie im [X.] von 39 Stunden zu einem Stundensatz von 107

ten. Unter an-derem
nahm ein Mitarbeiter des Büros am Ortstermin teil.
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4
-

Der Sachverständige erstellte sein Gutachten unter dem 14.
De-zember
2009. Er kam zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Statik des Gebäu-des die Regeln der Technik verletzt seien
und erst eine kritische Durchsicht der Tragwerksplanung
die [X.] offenkundig gemacht hätte. Wegen der sich daraus ergebenden
[X.]äden
verwies er
auf das Gutachten [X.], das
die Antragstellerin noch nicht zur Akte gereicht hatte.
Nach Aufforderung vom 29.
Dezember
2009 übersandten die [X.] der Antragstellerin mit [X.]reiben vom 28.
Januar
2010 an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin das Gutachten [X.], Teile
1 bis 7. Am Ende des [X.]reibens wird um "gelegentliche Rücksendung"
gebeten, "da dem Unterzeichner kein weiteres eigenes Exemplar"
vorliege. Das Gutachten bestand aus 450 Seiten überwiegend mit Farbfotos und 14 Plänen im Format A
1. Um das Gutachten der Antragsgegnerin und dem Ingenieurbüro St.
und Partner zukommen lassen zu können, ließen die Verfahrensbevollmäch-tigten der Antragsgegnerin das Gutachten elektronisch reproduzieren, wofür die [X.].
GmbH 316,29

Aufgrund von Fragen beider [X.]en ordnete das [X.] eine er-gänzende Begutachtung an, die der Sachverständige im April 2010 vorlegte.
Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das [X.] nach Abschluss der Begutachtung der Antragstellerin eine Frist zur Erhebung der Klage gesetzt. Die Antragstellerin hat keine Klage erhoben. Daraufhin hat das [X.] an-tragsgemäß ausgesprochen, dass die Antragstellerin die der Antragsgegnerin entstandenen Kosten zu tragen habe. Weiter hat es einen
Kostenfestsetzungs-beschluss erlassen, in dem es der Antragstellerin unter anderem die Kosten für die Anfertigung der elektronischen
Reproduktionen in Höhe von 316,39

der Kosten für das Ingenieurbüro St.
und Partner in Höhe von 4.173

auferlegt hat.
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5
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Die gegen die Festsetzung dieser Kostenpositionen
eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist erfolgreich gewesen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragsgegnerin die Wiederherstellung der landgerichtlichen Kostenfestsetzung.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat den Ansatz der Kosten der Reproduktion abgelehnt, weil diese nicht notwendig gewesen seien.
Es sei nicht nachvoll-ziehbar, warum einfache Ablichtungen zur Information nicht ausreichend gewe-sen wären. Die wegen der elektronischen Reproduktion entstandenen Kosten seien auch nicht in Höhe fiktiver Kopierkosten erstattungsfähig.
Die Kosten des [X.] von 4.173

zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen. Grundsätzlich seien die Kosten eines prozessbegleitend eingeholten [X.] im Rahmen des gerichtlichen Kostenausgleichs nicht erstattungsfähig. Anders könne es ausnahmsweise sein, wenn das Privatgutachten zur [X.] der "Waffengleichheit"
erforderlich oder sachgerechter Vortrag ohne ein solches Gutachten unmöglich sei oder wenn eine [X.] es benötige, um [X.]en eines gerichtlichen Sachverständigen zu überprüfen. Diese Grund-sätze gälten jedoch nicht, wenn die Kostengrundentscheidung nach §
494a Abs.
2 Satz
1 ZPO getroffen werde. Der Antragsgegner benötige in diesem Fall objektiv kein Privatgutachten, weil dem
selbständigen Beweisverfahren dann kein Rechtsstreit folge. Nur wenn ein Beweisverlust drohe oder das Fragerecht gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen nicht ausgeübt werden könne, sei es für den Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren wirtschaftlich 9
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vernünftig, ein Privatgutachten zu beauftragen. In allen anderen Fällen -
so auch hier
-
könne der Antragsgegner abwarten, ob der Antragsteller Klage er-hebe.
2. [X.] ist zulässig.
Das Beschwerdegericht hat
die Rechtsbeschwerde im Tenor seines Be-schlusses
uneingeschränkt zugelassen. Aus
den Gründen des angefochtenen Beschlusses -
die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die Frage der Erstattungs-fähigkeit von
Kosten, die durch die Einholung eines [X.] während des selbständigen Beweisverfahrens entstehen, zuzulassen
-
ergibt sich keine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde.
a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des [X.], dass sich auch bei uneingeschränkter Zulassung des Rechtsmittels im Tenor bei gebotener Auslegung eine wirksame Beschränkung aus den Entschei-dungsgründen ergeben kann ([X.], Beschluss vom 10.
Februar
2011

VII
ZR
71/10, NJW 2011,
1228 Rn.
11; Beschluss vom 10.
September
2009

VII
ZR
153/08, NJW-RR 2010, 572 Rn.
4; Beschluss vom 14.
Mai
2008

XII
ZB
78/07, [X.], 2351 Rn.
15, jeweils
m.w.[X.]). Das bedeutet [X.] nicht, dass
allein aus der Begründung der Rechtsmittelzulassung eine Beschränkung auf den Bereich der mitgeteilten Gründe entnommen werden kann. Eine Zulassungsbeschränkung kann vielmehr nur angenommen werden, wenn aus den Gründen hinreichend klar hervorgeht, dass das [X.] die Möglichkeit einer Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte ([X.], Beschluss vom 14.
Mai
2008 -
XII
ZB
78/07, aaO Rn.
16; Beschluss vom 27.
Oktober
2011

VII
ZR
229/10, juris Rn.
5).
b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die elektronische Reproduk-tion sollte (auch) dazu dienen, den privat beauftragten Sachverständigen voll-14
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7
-

ständig über den Inhalt des vom gerichtlichen Sachverständigen erstellten [X.]s zu informieren. Die [X.] können deshalb ebenfalls Kosten sein, die durch die Einholung des [X.] während des selb-ständigen Beweisverfahrens entstanden sind. Aus den Gründen des angefoch-tenen Beschlusses geht deshalb keine Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die vom privaten Gutachter abgerechneten Kosten hervor.
c) Zudem hat das Beschwerdegericht die gegen den angegriffenen Be-schluss erhobene Anhörungsrüge, die auch die [X.] betraf, als unzulässig verworfen,
weil sie wegen der zugelassenen Rechtsbeschwerde unstatthaft sei. Damit
hat das Beschwerdegericht seine -
entsprechend dem Tenor
-
vollumfängliche Zulassungsentscheidung
bestätigt.
3. [X.] ist begründet. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§
577 Abs.
5 Satz
1 ZPO).
a) Die Antragsgegnerin kann die Erstattung der vom Ingenieurbüro St.
und Partner in Rechnung gestellten Kosten nach § 91 Abs.
1
Satz 1 ZPO ver-langen.
aa) Zutreffend meint das Beschwerdegericht, dem Antragsgegner seien nur die prozessbezogenen Kosten zu erstatten, die gemäß §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO zu seiner zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Der [X.] teilt jedoch
die Auffassung des [X.] nicht, dass die für die Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten von während eines Rechtsstreits eingeholten Privatgutachten entwickelten Grundsätze keine An-wendung finden, wenn die Kostengrundentscheidung nach §
494a Abs.
2 Satz
1 ZPO ergeht.
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-
8
-

bb) Die
Antragstellerin
hat nach fruchtlosem Ablauf der gemäß §
494a Abs.
1 ZPO gesetzten Klagefrist die dem Gegner entstandenen Kosten zu tra-gen, §
494a Abs.
2 Satz
1 ZPO. Allerdings enthält der Wortlaut dieser Vorschrift keine dem §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO vergleichbare Beschränkung des Umfangs der zu erstattenden Kosten auf solche Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, folgt daraus jedoch nicht, dass die in §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO getroffene Wertung dort keine Beachtung fände.
Sinn und Zweck des §
494a Abs.
2 Satz
1 ZPO gebieten, die
Grundsätze des §
91
Abs.
1 Satz
1 ZPO
heranzuziehen. Der Antragsgegner ist so zu [X.], als habe er in einem Hauptsacheprozess obsiegt. Verzichtet der [X.] wegen des ihm ungünstigen Beweisergebnisses auf die Erhebung einer Kla-ge, will §
494a Abs.
2 ZPO verhindern,
dass er damit zugleich der Kostenpflicht entgeht, die sich aus der Abweisung einer solchen Klage ergäbe ([X.], Be-schluss
vom 22.
Mai
2003
VII
ZB
30/02, [X.], 1255, 1256 = NZBau 2003, 500 = [X.] 2003, 566). Der Antragsgegner ist kostenrechtlich
so zu
be-handeln, als habe er im Prozess obsiegt (BT-Drucks. 11/8283, 48; [X.], Be-schluss
vom 22.
Mai
2003 -
VII
ZB
30/02, aaO). In diesem Fall könnte er jedoch nicht sämtliche ihm entstandenen Kosten erstattet verlangen, sondern nur die, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren, §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO. Das ist auch für den umgekehrten Fall des Obsiegens des Antragstellers im Prozess anerkannt. Ihm sind die Kosten eines vorgeschalteten selbständigen Beweisverfahrens nur insoweit zu erstatten,
als sie zur [X.] Rechtsverfolgung notwendig waren ([X.], [X.] 2001, 252, 253; [X.], NJW-RR 1997, 960; [X.],
[X.] 1996, 35; [X.], [X.] 1996, 34, 35; [X.], [X.], 777; [X.], [X.]. 2003, 144, 148; Koeble in [X.]/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3.
Aufl., 2.
Teil Rn.
9).
22
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-
9
-

cc) Notwendig im Sinne des §
91 Abs.
1 Satz 1 ZPO sind Kosten, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig den-kende [X.] als sachdienlich ansehen darf. Für die Beurteilung der [X.] ist auf den Zeitpunkt der Veranlassung der die Kosten auslösenden Maß-nahme abzustellen ([X.], Beschluss vom 20.
Dezember
2011 -
VI
ZB
17/11,
[X.]Z 192, 140 Rn.
10-12 m.w.[X.]). Zu den erstattungsfähigen Kosten können ausnahmsweise die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengut-achtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind ([X.], Beschluss vom 20.
Dezember
2011 -
VI
ZB
17/11, aaO Rn.
10; Beschluss vom 18.
November
2008 -
VI
ZB
24/08, [X.], 563 Rn.
6; Beschluss vom 4.
März
2008 -
VI
ZB
72/06, [X.], 1597 Rn.
6).
dd) Diese für vor dem Rechtsstreit oder während des Rechtsstreits be-auftragte Privatgutachten aufgestellten Maßstäbe gelten entsprechend für Pri-vatgutachten, die im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens eingeholt werden. Dabei ist der Eigenart des selbständigen Beweisverfahrens Rechnung zu tragen. Dieses dient dazu, Tatsachenfeststellungen zu treffen. Die Feststel-lungen
obliegen
regelmäßig, in den Fällen des §
485 Abs.
2 ZPO stets, einem gerichtlich beauftragten Sachverständigen. Beauftragt das Gericht einen Sach-verständigen, so ist anerkannt, dass daneben die Einholung eines Privatgutach-tens durch eine nicht sachkundige [X.] notwendig sein kann, wenn sie ohne sachverständige Hilfe zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage ist. Dazu gehören die Fälle, in denen die [X.] ohne sachverständige Hilfe
die Feststellungen des Sachverständigen nicht überprüfen oder erschüttern oder das Fragerecht ihm gegenüber nicht ausüben
kann
([X.], Beschluss vom 20.
Dezember 2011 -
VI
ZB
17/11, [X.]Z 192, 140 Rn.
13
m.w.[X.]).
Die [X.], die selbst über keine hinreichenden Kenntnisse verfügt, hat ein anerkennenswertes Interesse daran, einen eigenen Sachverständigen mög-lichst frühzeitig in die Beweisaufnahme einzubinden, um wesentliche Beweis-24
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-
10
-

fragen zu formulieren, Hinweise zu erteilen, den gerichtlichen Sachverständigen zu kontrollieren, insbesondere bei den im Rahmen einer Ortsbesichtigung fest-zustellenden Tatsachen, und dessen Ergebnisse zu prüfen. Die Einbindung ei-nes privaten Sachverständigen bereits im Vorfeld der Gutachtenerstellung ist deshalb unabhängig davon anerkennenswert, ob der zu begutachtende Gegen-stand Veränderungen unterworfen ist und daher die vom gerichtlich bestellten Sachverständigen vorgefundenen Gegebenheiten für eine Überprüfung nicht mehr zur Verfügung stehen.
Das gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass schon nach § 485 Abs. 3 ZPO
eine neue Begutachtung nur stattfindet, wenn die Voraussetzungen des §
412
ZPO erfüllt sind.
ee) Für die Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten ist nicht auf die Er-hebung der Klage nach Beendigung der Beweiserhebung abzustellen. Darin läge eine unzulässige ex-post-Betrachtung, die an einen
Umstand anknüpfte, dessen Eintritt
oder Nichteintritt bei der Beauftragung des Sachverständigen
durch die Antragsgegnerin nicht absehbar war
(vgl. [X.], Beschluss vom
20.
Dezember 2011 -
VI [X.], [X.]Z 192, 140). Es ist deshalb ebenfalls unerheblich, dass das Beschwerdegericht nicht feststellen konnte, ob
die An-tragsgegnerin die Fragen zum schriftlichen Gutachten an den Sachverständigen nur deshalb
formulieren konnte, weil ihr das Privatgutachten vorgelegen hat.
ff) Die Beauftragung des Ingenieurbüros St.
und Partner erfolgte durch die
Antragsgegnerin in unmittelbarem
Bezug zum selbständigen Beweisverfah-ren, nachdem die Vergleichsbemühungen der [X.]en gescheitert waren und der gerichtlich bestellte Sachverständige den Ortstermin anberaumt hatte. Aus der [X.] folgt, dass der private Sachverständige
erstmals in [X.] des unmittelbar bevorstehenden [X.] tätig wurde und die [X.] "Gutachten zum Gebäude"
sichtete.
27
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gg) Die Antragsgegnerin ist im Hinblick auf die von der Antragstellerin gestellten Fragen nicht als umfassend sachkundig anzusehen.
Zwar handelt es sich bei der Antragsgegnerin um ein weltweit operierendes Unternehmen, das über eine Vielzahl von Fachingenieuren verfügt und technische [X.] durchführt. Die [X.] der Antragstellerin waren im ersten Teil aber spezifisch auf die Statik des von der Antragsgegnerin geprüften Gebäudes bezogen. Die Beurteilung der Statik gehörte nicht zum Aufgabenbereich der Antragsgegnerin. Deshalb konnte eine Haftung nur in Betracht kommen, wenn ein
Mangel in der Statik bei der Begehung des Gebäudes hätte bemerkt werden können, worauf sich der zweite Teil der [X.] der Antragstellerin bezog.
Da es aber auf die Frage einer Erkennbarkeit nur ankommt, wenn ein statischer Mangel besteht, hatte die
Antragsgegnerin ein berechtigtes Interesse daran, aktiv das Beweisverfahren auch zu dem ersten Teil des Fragenkatalogs zu be-gleiten. Dazu war es erforderlich, die mit der Antragsschrift eingereichten [X.], die dem gerichtlich zu bestellenden Sachverständigen aus der Sicht der Antragstellerin den Weg weisen sollten, einer privatsachverständigen Würdi-gung zu unterziehen, den privaten Sachverständigen in den Ortstermin einzu-binden und ihn das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen [X.] zu lassen.

Auf dieser Grundlage ist weder der Umfang der abgerechneten Stunden noch der Stundensatz zu beanstanden. Ein privat tätiger Sachverständiger ist nicht an den Stundensätzen für einen gerichtlich bestellten Sachverständigen zu messen.
b) Die
[X.]
für das Gutachten P./B.-H.
waren ebenfalls notwendig gemäß §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO.
aa) Der Antragstellerin war bereits im Beschluss des [X.]s vom 24.
Februar
2009 aufgegeben worden, das Gutachten zur Akte zu reichen. Die-29
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12
-

se Auflage hat die Antragstellerin nicht erfüllt. Nachdem der gerichtlich bestellte Sachverständige in seiner ersten Stellungnahme auf das -
ihm offensichtlich zur Verfügung gestellte Gutachten
-
Bezug genommen hatte, bestand erst Recht ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin an einer Übersendung. Da die Antragstellerin ihr einziges Exemplar im Original zur Verfügung stellte, bestand die Notwendigkeit, das Gutachten zu reproduzieren, und zwar in aussagekräfti-ger Form. Angesichts der vielen Farbfotos und
Großformatpläne
kam ein blo-ßes Kopieren nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin durfte eine elektronische Reproduktion für angemessen halten. Die dadurch angefallenen Kosten sind nicht unverhältnismäßig.
bb) Soweit die Antragstellerin sich im Beschwerdeverfahren darauf beru-fen hat, der
Antragsgegnerin habe es offen gestanden, das Original bis zum Ende des selbständigen Beweisverfahrens zu nutzen, ergibt sich das nicht aus dem
Übersendungsschreiben vom 28.
Januar
2010. In diesem [X.]reiben wird vielmehr darauf hingewiesen, dass es sich um das einzige Exemplar handele, das bei Gelegenheit zurückzugeben sei. Ein Angebot, das Original bis zum [X.] des selbständigen Beweisverfahrens behalten zu können, folgt daraus nicht. Im Übrigen hätte ohne Reproduktion das Gutachten weder der [X.] selbst noch einem privaten Sachverständigen überlassen werden können, ohne eine Beeinträchtigung des einzigen Exemplars befürchten zu müssen.
33
-
13
-

3. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich
des Beschwerdeverfah-rens auf §
97 Abs.
1 ZPO und hinsichtlich des [X.] auf §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO.
[X.]
Eick
[X.]

Kosziol
Jurgeleit
Vorinstanzen:
LG [X.]/Main, Entscheidung vom 07.12.2010 -
2-24 OH 8/08 -

OLG [X.]/Main, Entscheidung vom 15.08.2011 -
18 [X.]/11 -

34

Meta

VII ZB 60/11

07.02.2013

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. VII ZB 60/11 (REWIS RS 2013, 8346)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8346

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 60/11

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