Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.02.2011, Az. 4 C 9/10

4. Senat | REWIS RS 2011, 9331

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Gegenstand

Erweiterung eines Betriebs im Außenbereich


Leitsatz

1. Die in § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB aufgeführten Belange sind unabhängig von ihrem Gewicht schlechthin unbeachtlich.

2. Ein von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB privilegiertes Erweiterungsvorhaben muss nicht nur den funktionalen Zusammenhang zum vorhandenen Betrieb wahren, sondern darüber hinaus auch räumlich im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude eine Erweiterung darstellen.

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt die Erteilung einer Baugenehmigung für einen etwa zehn Liegeplätze umfassenden [X.]. Er ist Berufsfischer und vermietet außerdem Boote und Lagerplätze für Boote.

2

Der beantragte [X.] soll auf dem am [X.] liegenden Grundstück [X.]. .../8 errichtet werden, auf dem der Kläger über ein Doppelbootshaus und ein Wirtschaftsgebäude für den Fischereibetrieb verfügt. Zu dem [X.] gehört ein rund 50 m weiter nördlich liegender, mit dem Grundstück [X.]. .../17 verbundener Bootssteg, der aus einem etwa 60 m in den See hineinragenden Längssteg und einem etwa 30 m breiten [X.] besteht. Dieser beruht auf einem Bescheid aus dem Jahre 1975. In einem späteren Verfahren wurde die Anzahl der Liegeplätze am Steg im Rahmen eines Vergleichs vom 1. Oktober 2002 auf 44 festgelegt. Ferner betreibt der Kläger einen 400 m vom Steg entfernt und abseits des Sees liegenden vorwiegend im Winter genutzten [X.] mit 28 Liegeplätzen ([X.]. .../2); dieser wurde am 18. Oktober 2002 genehmigt.

3

Das Landratsamt lehnte den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung u.a. unter Hinweis auf die entgegenstehende Darstellung im Flächennutzungsplan als dominierende private Grünfläche ab; der Beigeladene hatte zuvor das Einvernehmen verweigert. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt (BauR 2010, 2071): Es könne offen bleiben, ob das Vorhaben nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB begünstigt sei. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre dem Lagerplatz der Widerspruch zum Flächennutzungsplan entgegenzuhalten. Denn die Regelung in § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB blende nur eine Beeinträchtigung, nicht aber ein Entgegenstehen der in der Vorschrift genannten Belange aus. Dies folge zwingend aus der Stellung der gemäß § 35 Abs. 4 BauGB begünstigten Vorhaben zwischen den privilegierten und den sonstigen Vorhaben. In der Unterscheidung zwischen einem Entgegenstehen und einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange manifestiere sich der qualitative Unterschied zwischen den beiden Hauptkategorien des § 35 BauGB, den privilegierten Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 BauGB und den nicht privilegierten (sonstigen) Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB. Dieser Unterschied sei auch bei den nach § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB begünstigten Vorhaben zu berücksichtigen. Eine andere Auslegung würde zu einer nicht gewollten Schlechterstellung privilegierter landwirtschaftlicher Betriebe gegenüber nicht privilegierten Gewerbebetrieben führen. Vorliegend stehe dem Vorhaben die Darstellung im Flächennutzungsplan als "dominierende private Grünfläche" entgegen, weil diese Darstellung im fraglichen Bereich ihre Funktion verlieren würde, wenn auf dem Grundstück des [X.] auch noch die als [X.] vorgesehenen Flächen baulich genutzt würden.

5

Der Kläger hat die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung führt er aus: Der vom Verwaltungsgerichtshof aus der Regelungssystematik gewonnenen Auslegung von § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB sei nicht zu folgen. Sie sei mit dem Wortlaut der Regelung nicht zu vereinbaren, finde in den Gesetzesmaterialien keine Stütze und sei auch aus systematischer Sicht unzutreffend.

6

Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Der Beigeladene hat sich nicht geäußert. Der Vertreter des [X.] hat sich am Verfahren beteiligt. Nach seiner Ansicht klammert die Begünstigung [X.]. § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB alle dort genannten Belange vollständig aus.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des [X.] bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Zwar verstößt die Auslegung von § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] durch den Verwaltungsgerichtshof gegen [X.]undesrecht (1.). Das angegriffene Urteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (2.).

8

1. Nach § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] kann den dort näher bezeichneten "begünstigten" Vorhaben nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich sind.

9

Der Verwaltungsgerichtshof legt diese Regelung dahingehend aus, sie blende nur eine [X.]eeinträchtigung, nicht aber ein Entgegenstehen der in der Vorschrift genannten [X.]elange aus. Dem ist nicht zu folgen (ebenso: Söfker, in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], [X.], Stand: September 2010, § 35 Rn. 132).

Der Wortlaut des Gesetzes lässt sich für diese Rechtsansicht nicht in Anspruch nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof räumt selbst ein, der Gesetzesformulierung lasse sich nicht unmittelbar entnehmen, "welche Qualität negativer Auswirkungen des Vorhabens auf die genannten [X.]elange ausgeblendet sein solle". Die Formulierung, wonach die benannten [X.]elange einem Vorhaben nicht entgegengehalten werden können, spricht eher dafür, dass diese Gesichtspunkte unabhängig von ihrem Gewicht schlechthin unbeachtlich sein sollen. In diesem Sinn hat der Senat die Regelung auch in seiner bisherigen Rechtsprechung verstanden, in der von einem "[X.]eiseiteschieben" gesprochen wird (Urteil vom 19. Februar 2004 - [X.]VerwG 4 C 4.03 - [X.]VerwGE 120, 130 <134>).

Die vom Verwaltungsgerichtshof angeführten rechtssystematischen Überlegungen sind ebenfalls nicht geeignet, das von ihm befürwortete Ergebnis zu stützen. Der Verwaltungsgerichtshof verstellt sich den [X.]lick dadurch, dass er die in § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] geregelten Vorhaben (als "teilprivilegiert") in einer linearen Sichtweise als zwischen den privilegierten und den sonstigen Vorhaben stehend einordnet. Dies wird der besonderen Stellung der nach § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] begünstigten Vorhaben jedoch nicht gerecht. Während die Vorschriften für die privilegierten Vorhaben in § 35 Abs. 1 [X.] einerseits und für die sonstigen Vorhaben nach § 35 Abs. 2 [X.] andererseits auch - und hinsichtlich der praktischen [X.]edeutung in erster Linie - die rechtlichen Voraussetzungen für die Neuerrichtung von Vorhaben betreffen, ist die Regelung in § 35 Abs. 4 [X.] dadurch gekennzeichnet, dass eine [X.]ebauung im Außenbereich schon vorhanden ist oder vorhanden war. § 35 Abs. 4 [X.] stellt unter den näher bestimmten Voraussetzungen eine konkret standortbezogene [X.]egünstigung und mithin eine städtebaulich begründete Sonderfallregelung dar. Dem wird es nicht gerecht, wenn man, wie der Verwaltungsgerichtshof, der Regelung eine Stellung zwischen den privilegierten und den sonstigen Vorhaben zuweist; vielmehr steht sie eigenständig daneben.

Dieser [X.]efund wird durch die [X.] bestätigt. Die heute in § 35 Abs. 4 [X.] enthaltene Regelung wurde erstmals durch Gesetz vom 18. August 1976 eingeführt (Gesetz zur Änderung des [X.] vom 18. August 1976, [X.]) und im Jahre 1979 insbesondere um die hier einschlägige Vorschrift zur Erweiterung eines gewerblichen [X.]etriebs ([X.]) ergänzt ([X.] und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht vom 6. Juli 1979, [X.]G[X.]l. [X.]). Vor dem Hintergrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft und im [X.]estreben, die Weiternutzung bestehender [X.]ausubstanz zu ermöglichen, wurden Umnutzungen und Erweiterungen vorhandener Gebäude überaus differenziert geregelt (vgl. z.[X.]. [X.]T-Drucks 7/4793 S. 35). Damit ist der Gesetzgeber zugleich seiner Aufgabe nachgekommen, Inhalt und Schranken des Eigentums im Konflikt zwischen den Interessen des Eigentümers an einer Weiternutzung oder maßvollen Erweiterung und dem Schutz des Außenbereichs eigenständig zu bestimmen. Es liegt auch im Interesse der Allgemeinheit, vorhandene Gebäude nicht verfallen zu lassen; ihre weitere Nutzung ist volkswirtschaftlich vernünftig (vgl. hierzu bereits Urteil vom 15. November 1974 - [X.]VerwG 4 C 32.71 - [X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 114 S. 108). Maßgeblich für den Gesetzgeber war, dass die Situation vor Ort sich auf die vorhandene [X.]ebauung eingestellt hat (Urteil vom 19. Februar 2004 a.a.[X.] 135).

Speziell bei der Regelung des [X.] wird die Suche des Gesetzgebers nach einer differenzierten Lösung für im Außenbereich bereits vorhandene [X.]etriebe auch daran erkennbar, dass in der Fassung von 1979 die Voraussetzung aufgestellt wurde, dass "die Erweiterung notwendig ist, um die Fortführung des [X.]etriebs zu sichern". Im Wesentlichen aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität ([X.]T-Drucks 10/6166 S. 132; [X.]T-Drucks 10/4630 [X.]; vgl. hierzu auch Urteil vom 16. Dezember 1993 - [X.]VerwG 4 C 19.92 - [X.] und [X.]eschluss vom 28. September 1992 - [X.]VerwG 4 [X.] 175.92 - [X.]RS 54 Nr. 71) wurde diese Voraussetzung später dahingehend geändert, dass die Erweiterung im "Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und [X.]etrieb" angemessen zu sein hat.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs besteht auch kein Wertungswiderspruch im Hinblick auf eine nicht gewollte Schlechterstellung privilegierter Vorhaben. Soweit die Nutzungsänderung oder Erweiterung eines Vorhabens nach § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] der Neuerrichtung eines privilegierten Vorhabens gegenübergestellt werden, trifft die systematische Einordnung des Verwaltungsgerichtshofs von vornherein nicht zu. Wenn öffentliche [X.]elange der erstmaligen Errichtung eines privilegierten Vorhabens an der geplanten Stelle entgegenstehen, ist es dort unzulässig. Häufig wird seine Errichtung stattdessen an anderer Stelle möglich sein. Die zu § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] genannten Argumente, die zugunsten eines beschränkten [X.]estandsschutzes und einer maßvollen Weiternutzung von vorhandenen Gebäuden ins Feld geführt werden, greifen nicht. In den Fällen einer Nutzungsänderung oder Erweiterung einer vorhandenen, nach § 35 Abs. 1 [X.] privilegierten Anlage wird im Regelfall die [X.]eurteilung nach dieser Regelung zu sachgerechten Ergebnissen führen (Urteil vom 19. April 1985 - [X.]VerwG 4 C 13.82 - [X.]RS 44 Nr. 79). Überdies mag zu erwägen sein, die der Regelung in § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] zugrunde liegende Wertung für derartige Fälle entsprechend heranzuziehen (hierfür: [X.]racher, in: [X.]/[X.]racher/Reidt, [X.]auplanungsrecht, 7. Aufl. 2004, Rn. 2223).

Zu Recht verweist der Vertreter des [X.]undesinteresses ferner darauf, dass hinsichtlich der Darstellungen des Flächennutzungsplans kein praktisches [X.]edürfnis für die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Differenzierung besteht. Denn die Gemeinde hat die Möglichkeit, auf der Grundlage der Darstellungen des Flächennutzungsplans einen [X.]ebauungsplan aufzustellen, mit dem sie beispielsweise eine öffentliche oder private Grünfläche festsetzt. Der Gesetzgeber ist vor diesem Hintergrund nicht gehalten, bei Grundstücken im Außenbereich den Darstellungen in einem Flächennutzungsplan stets dieselbe Wirkung beizumessen. Der von dem [X.]eklagten in diesem Zusammenhang behauptete Gegensatz von privatem und öffentlichem Interesse wird den unterschiedlichen Situationen bei privilegierten Vorhaben einerseits und den in § 35 Abs. 4 [X.] aufgeführten Fällen andererseits nicht gerecht und taugt daher ohnehin nicht als maßgebliches Entscheidungskriterium.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs können dem Vorhaben des [X.] somit die Darstellungen im Flächennutzungsplan nicht entgegengehalten werden.

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der [X.]ootslagerplatz ist nicht genehmigungsfähig. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] sind nicht erfüllt.

2.1 Eine Erweiterung i.S.d. § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] setzt einen funktionalen Zusammenhang zwischen dem vorhandenen "[X.]etrieb" und dem beabsichtigten neuen [X.]auvorhaben voraus (vgl. [X.]eschluss vom 17. September 1991 - [X.]VerwG 4 [X.] 161.91 - [X.]RS 52 Nr. 84).

Unter [X.]etrieb ist die organisatorische Zusammenfassung von [X.]etriebsanlagen und [X.]etriebsmitteln auf einer bestimmten [X.]etriebsfläche zu verstehen (Urteil vom 16. Dezember 1993 - [X.]VerwG 4 C 19.92 - [X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 290 S. 94 f. unter [X.]ezugnahme auf das Urteil vom 18. März 1983 - [X.]VerwG 4 C 17.81 - [X.] 406.11 § 35 [X.][X.]auG Nr. 199). Maßgeblich ist - wie bei § 35 Abs. 1 Nr. 1 [X.] - eine konkret betriebsbezogene [X.]etrachtungsweise ([X.]eschluss vom 4. Oktober 2006 - [X.]VerwG 4 [X.] 64.06 - [X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 373). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs umfasst der Gewerbebetrieb des [X.] die Vermietung von [X.]ooten und [X.]ootsliegeplätzen zu Wasser am [X.]ootssteg vor dem Grundstück [X.]. .../17 und zu Land auf dem Grundstück [X.]. .../2. Nicht zu dem [X.]etrieb gehören dagegen die auf dem streitgegenständlichen Grundstück [X.]. .../8 befindlichen baulichen Anlagen. Der Verwaltungsgerichtshof hat für die revisionsgerichtliche [X.]eurteilung bindend ausgeführt, dass diese baulichen Anlagen, eine "[X.]" sowie ein Gebäude mit [X.], [X.] und Kühlräumen, der [X.]erufsfischerei dienen.

Der Umstand, dass der [X.]ootssteg kein "Gebäude" darstellt, steht der Anwendung von § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] nicht entgegen. Der erste Halbsatz von § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] benennt als Voraussetzung für die [X.]egünstigung lediglich, dass es sich um die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten [X.]etriebs handelt. Der zweite Halbsatz umschreibt das Gebot, dass die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und [X.]etrieb angemessen zu sein hat. Mit dieser [X.]egrenzung wird jedoch nicht auf den Unterschied zwischen Gebäuden i.S.d. Landesbauordnungsrechts und baulichen Anlagen und sonstigen Anlagen i.S.d. § 29 [X.] abgestellt. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber gewerbliche [X.]etriebe, die wie z.[X.]. Lagerplätze kein "Gebäude" aufweisen, von der [X.]egünstigung gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich. Auch sonstige bauliche Anlagen können den nach § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] vorausgesetzten konkreten Standortbezug, der zur begünstigenden bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich führt, begründen (vgl. auch [X.], Urteil vom 16. Februar 1994 - 1 [X.] 93.1651 - [X.]RS 56 Nr. 87). Diesem Erfordernis steht nicht entgegen, dass über die Zulässigkeit des [X.]ootsstegs als dem im vorliegenden Fall allein in [X.]etracht kommenden Anknüpfungspunkt zur [X.]egründung des konkreten [X.] nicht in einem [X.]augenehmigungsverfahren, sondern in einem wasserrechtlichen Verfahren entschieden worden ist. Im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren finden die materiellen Vorschriften des [X.]aurechts Anwendung. Das Rechtsregime des Wasserrechts berührt nicht die Eigenschaft des [X.]ootsstegs als sonstige bauliche Anlage.

2.2 Ein von § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] privilegiertes Erweiterungsvorhaben muss darüber hinaus auch räumlich - wie es in § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] heißt: "im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude" - eine Erweiterung darstellen. § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] regelt eine konkret standortbezogene [X.]egünstigung. Verfügt ein [X.]etrieb - wie hier - über mehrere [X.]etriebsstätten, die verstreut auf unterschiedlichen Grundstücken im Außenbereich liegen, lässt sich der nach § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] vorausgesetzte konkrete Standortbezug einer betrieblichen Erweiterung nicht damit begründen, dass auf irgendeinem der betrieblich genutzten Grundstücke bauliche Anlagen vorhanden sind, die in ihrer Nutzung dem Erweiterungsvorhaben entsprechen. Die Schaffung "gewerblicher Inseln" im Außenbereich ist von § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] nicht gedeckt. Der Grundsatz der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs gilt auch im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.]. Die begünstigte Erweiterung muss daher nicht nur funktional dem zulässigerweise errichteten gewerblichen [X.]etrieb entsprechen, sondern auch einen engen räumlichen [X.]ezug zum vorhandenen baulichen [X.]estand des [X.]etriebs aufweisen. Das Gesetz lässt [X.]auvorhaben, die der Erweiterung eines im Außenbereich zulässigerweise errichteten [X.]etriebs dienen, nur deshalb bevorzugt zu, weil der Außenbereich an dieser Stelle durch die vorhandenen zum [X.]etrieb gehörenden baulichen Anlagen bereits vorgeprägt ist und deshalb angenommen werden kann, die Situation vor Ort habe sich auf diese bauliche Nutzung eingestellt (vgl. auch Urteil vom 19. Februar 2004 - [X.]VerwG 4 C 4.03 - [X.]VerwGE 120, 130 <135> zu § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]).

2.3 Es bedarf keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung durch das [X.], um festzustellen, dass das [X.] gemessen an den dargelegten Maßstäben den notwendigen konkreten Standortbezug i.S.d. § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] nicht aufweist.

Der beantragte [X.]ootslagerplatz stellt keine Erweiterung des klägerischen [X.]ootsvermietungsbetriebs dar, weil der im räumlichen Zusammenhang zum [X.] allein vorhandene [X.]ootssteg, auf dem der Kläger seinen [X.]ootsbetrieb durchführt, die nähere landseitige Umgebung am Seeufer nicht als [X.]ootslagerplatz vorprägt.

Zwar kann als räumlicher Anknüpfungspunkt für eine nach § 35 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] begünstigte Erweiterung grundsätzlich auch ein vom Land ins Wasser führender [X.]ootssteg in [X.]etracht kommen. Im vorliegenden Fall vermag der [X.]ootssteg aber nicht den notwendigen konkreten Standortbezug zu vermitteln. Die nähere Umgebung, zu der das [X.] gehört, wird durch den [X.]ootssteg nicht nach der Art der Nutzung als [X.]ootslagerplatz vorgeprägt; die Situation in der räumlich näheren Umgebung des [X.]ootsstegs hat sich nicht auf die Lagerung von [X.]ooten zu Land eingestellt. Das folgt sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen.

Der [X.]ootssteg ist zwar baulich mit dem Grundstück [X.]. .../17, vor dem er liegt, verbunden. Er prägt dieses Grundstück jedoch nur als Zuwegung für Personen, die den [X.]ootssteg nutzen. Das ergibt sich schon daraus, dass eine Verbringung von [X.]ooten ans Land in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich ist. Dieser Umstand erschließt sich ohne Weiteres aus den im Verfahren vorgelegten Plänen und stimmt auch überein mit den Angaben des [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof. Weiterer tatsächlicher Feststellungen durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf es hierfür nicht.

Darüber hinaus scheidet eine Vorprägung auch aus Rechtsgründen aus. Entscheidend ist, dass die Nutzung des [X.]ootsstegs in rechtlicher Hinsicht auf eine wasserseitige Nutzung begrenzt ist: Nach Nr. 1.8 des wasserrechtlichen [X.]escheids vom 21. Januar 1975 ist ein Anlegen von [X.]ooten an Land im [X.]ereich des [X.]ootsstegs wegen des zu schützenden Schilfgebiets ausdrücklich untersagt. Damit ist rechtlich eine landseitige Nutzung des vor dem [X.]ootssteg liegenden Grundstücks zu anderen Zwecken als dem der Zuwegung zur Erschließung des [X.]ootsstegs ausgeschlossen. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - der Zugang zum [X.]ootssteg beispielsweise über ein Kassenhaus verfügte, mithin ein Gebäude auf dem Grundstück vor dem [X.]ootssteg vorhanden wäre. Denn auch in diesem Fall hat sich die Situation in der räumlich näheren Umgebung des [X.]ootsstegs nicht auf die Lagerung von [X.]ooten eingestellt.

Vermag der [X.]ootssteg aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht das unmittelbar angrenzende Grundstück zu prägen, fehlt es sowohl für das in der Nähe liegende [X.] als auch für das weiter entfernt liegende ebenfalls zum klägerischen [X.]etrieb gehörenden Grundstück [X.]. .../2 an dem notwendigen Standortbezug.

2.4 Da der gewerbliche [X.]etrieb des [X.] nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zu umfangreich ist, um noch als eine von der privilegierten [X.]erufsfischerei "mitgezogene" Tätigkeit angesehen werden zu können ([X.]), scheidet eine Privilegierung des [X.]ootslagerplatzes nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 [X.] aus. Als sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 [X.] steht dem beantragten [X.]ootslagerplatz - wie der Verwaltungsgerichtshof für die revisionsgerichtliche [X.]eurteilung bindend festgestellt hat - die Darstellung im Flächennutzungsplan als "dominierende private Grünfläche" entgegen.

Meta

4 C 9/10

17.02.2011

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 2. März 2010, Az: 1 B 06.220, Urteil

§ 35 Abs 1 BauGB, § 35 Abs 2 BauGB, § 35 Abs 4 S 1 Nr 6 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.02.2011, Az. 4 C 9/10 (REWIS RS 2011, 9331)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9331

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Referenzen
Wird zitiert von

M 1 K 21.4049

Au 4 K 18.1609

AN 17 K 17.00104

M 1 K 17.4148

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