Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.10.2008, Az. XI ZB 24/07

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1606

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[X.] [X.] vom 7. Oktober 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja _____________________

ZPO §§ 91a, 574 Abs. 2, Abs. 3 BGB §§ 242 [X.], 985 a) Gegen eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO darf die Rechtsbe-schwerde nicht aus materiellrechtlichen Gründen zugelassen werden, da es nicht Zweck des [X.] ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht (Bestätigung von [X.], Beschluss vom 17. März 2004 - [X.], [X.], 394 f.; [X.], Urteil vom 21. [X.]ezember 2006 - [X.], [X.], 411, 414 [X.]. 22). b) [X.]er Gläubiger einer verjährten Bürgschaftsforderung kann grundsätzlich nicht mehr die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde beanspruchen, wenn sich der Bürge auf die Verjährung berufen hat. Eine auf Herausgabe der wertlosen Bürgschaftsurkunde gerichtete Klage ist mangels schutzwürdigen Eigeninteresses des Gläubigers rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). [X.], Beschluss vom 7. Oktober 2008 - [X.] - OLG [X.]üsseldorf

LG [X.]üsseldorf - 2 - [X.]er [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 7. Oktober 2008 durch [X.] h.c. [X.] und [X.] [X.], [X.]r. Ellenberger, [X.] und [X.]r. Matthias beschlossen: [X.]ie Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Be-schluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.]üsseldorf vom 19. September 2007 wird [X.]. [X.]ie Klägerin hat die Kosten des [X.] einschließlich der durch die [X.] verursachten Kosten zu tragen. [X.]er Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis 65.000 •.
- 3 - Gründe: [X.] 1 [X.]ie Parteien streiten nach übereinstimmender Erledigungserklä-rung um die Kosten eines Rechtsstreits, in dem die Klägerin von der [X.] die Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde begehrt hat.
[X.]ie beklagte Bank übernahm im Jahre 1991 gegenüber der [X.] (im Folgenden: Gläubigerin) eine Bürgschaft zur Si-cherung von Werklohnansprüchen gegen die Rechtsvorgängerin der [X.] (im Folgenden: Hauptschuldnerin) in Höhe von 2 Millionen [X.]M. Zur Absicherung von Ansprüchen aus einer [X.], die die Klägerin ihrerseits gegenüber der Hauptschuldnerin übernommen hatte, trat die Gläubigerin ihre verbürgte [X.] in Höhe von 2 Millionen [X.]M an die Klägerin ab und übergab ihr die von der Beklagten ausgestellte Bürgschaftsurkunde. 2 Unter Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft bat die Gläubi-gerin die Klägerin im Jahr 2003, ihr die streitige Bürgschaftsurkunde herauszugeben. Aus ungeklärten Gründen sandte die Klägerin die [X.] am 18. Juli 2003 jedoch nicht an die Gläubigerin, son-dern an die Beklagte. [X.]ie verbürgte [X.] gab die Klägerin mit Schreiben vom 21. Juli 2003 an die Gläubigerin zurück. 3 Ende 2004 ermächtigte die Gläubigerin die Klägerin, Ansprüche aus der Bürgschaft über 2 Millionen [X.]M im eigenen Namen gegen die Beklagte geltend zu machen. [X.]ie Beklagte wies das Begehren der 4 - 4 - Klägerin, die Bürgschaftsurkunde herauszugeben, im [X.] zurück, da die Ansprüche aus der von ihr übernommenen Bürgschaft mit Rück-gabe der Urkunde erloschen, zumindest aber mit Ablauf des 31. [X.]ezember 2004 verjährt seien. Auch die dem Rechtsstreit aufseiten der Beklagten beigetretene Hauptschuldnerin widersetzte sich einer Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an die Gläubigerin, da zwischen ihr und der Gläubigerin die wechselseitige Rückgabe der Bürgschaften ver-einbart worden sei. Während des Rechtsstreits über die Herausgabe der Bürgschafts-urkunde wurden die zwischen der Gläubigerin und der Hauptschuldnerin geführten Zivilprozesse sämtlich rechtskräftig abgeschlossen und ver-bliebene Restwerklohnansprüche befriedigt. [X.]araufhin haben die [X.] den vorliegenden Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und widerstreitende [X.] gestellt. 5 [X.]as [X.] hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Ihre sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht im Hinblick auf divergierende Entscheidungen zum Verjährungsbeginn bei Bürgschaftsansprüchen zugelassenen Rechtsbe-schwerde begehrt die Klägerin, der Beklagten die Kosten des [X.] aufzuerlegen. 6 I[X.] [X.]ie zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet, da die Kosten-entscheidung dem Sach- und Streitstand des Verfahrens entspricht und 7 - 5 - die Grenzen des richterlichen Ermessensspielraums (§ 91a Abs. 1 ZPO) beachtet. 8 1. [X.]ie von dem Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwer-de ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Allerdings hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft unbeachtet gelassen, dass eine Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO aus materiellrechtlichen Gründen nicht zugelassen werden darf, da es nicht Zweck einer solchen Kostenentscheidung ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht ([X.], Beschluss vom 17. März 2004 - [X.], [X.], 394 f.; [X.], Urteil vom 21. [X.]ezember 2006 - [X.], [X.], 411, 414 [X.]. 22). [X.]ie gleichwohl erfolgte Zulassung bindet aber nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO den [X.]. 9 2. [X.]ie Rechtsbeschwerde hat sachlich keinen Erfolg. 10 a) [X.]ie Vorinstanzen haben die Kosten der Klägerin auferlegt, da dem infrage kommenden Anspruch aus § 985 BGB der Einwand unzuläs-siger Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenstehe. Auch nach dem Vor-trag der Klägerin sei der [X.] der Gläubigerin verjährt, da die Verjährungsfrist nicht erst mit dessen Geltendmachung, sondern bereits mit Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung begonnen habe. [X.]amit habe bereits im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der [X.] vorgelegen. Es bestehe folglich kein berechtigtes Inte-resse der Gläubigerin an der Bürgschaftsurkunde. 11 - 6 - b) [X.]ie angefochtene Kostenentscheidung ist rechtsfehlerfrei. [X.]ie Bürgschaft der Gläubigerin ist verjährt. [X.]ies konnte die Beklagte dem von der Klägerin in Prozessstandschaft geltend gemachten Herausgabe-anspruch aus § 985 BGB gemäß § 242 BGB entgegenhalten, da ein be-rechtigtes Interesse der Gläubigerin an dem Besitz der für sie wertlosen Bürgschaftsurkunde bereits bei Erhebung der [X.] nicht [X.]. 12 aa) [X.]ie Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungs-erklärung ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bishe-rigen Sach- und Streitstandes auf Grundlage einer summarischen Prü-fung zu fällen, bei der - auch im Revisions- oder Rechtsbeschwerdever-fahren - grundsätzlich davon abgesehen werden kann, in einer rechtlich schwierigen Sache allein zur Verteilung der Kosten alle für den Ausgang des ursprünglichen Rechtsstreits bedeutsamen Fragen des materiellen Rechts grundlegend oder rechtsfortbildend zu klären ([X.], Beschlüsse vom 8. Mai 2003 - [X.]/02 - NJW-RR 2003, 1075 und vom 17. März 2004 - [X.], [X.], 394 f., [X.], Urteil vom 24. Oktober 2005 - [X.], [X.], 334, 335). 13 bb) [X.]ie Bürgschaftsforderung der Gläubigerin, auf die sich die streitgegenständliche Urkunde bezieht, war bereits vor Klageerhebung im August 2005 verjährt. 14 (1) [X.]ie Frist für die Verjährung der Bürgschaftspflicht der [X.] beträgt nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungs-vorschrift in Artikel 229 § 6 EGBGB gemäß § 195 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung drei Jahre, da diese Frist kürzer ist 15 - 7 - als die davor geltende regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von 30 Jahren (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB). [X.]er Lauf dieser Verjährungsfrist begann am 1. Januar 2002, da die Werk-lohnforderungen der Gläubigerin bereits seit 1994 fällig waren und damit die Bürgschaftsforderung entstanden war.
(2) Nach Erlass der Beschwerdeentscheidung hat der [X.], dass, sofern eine andere Vereinbarung der Parteien nicht [X.], die Verjährungsfrist jedenfalls für selbstschuldnerische Bürgschaf-ten mit Fälligkeit der gesicherten Forderung beginnt (Senat, Urteile vom 29. Januar 2008 - [X.] ZR 160/07, [X.], 729, 731 f. [X.]. 22 ff., für [X.]Z 175, 161 ff. vorgesehen, vom 11. März 2008 - [X.] ZR 81/07, juris [X.]. 9 ff. und vom 8. Juli 2008 - [X.] ZR 230/07, [X.], 1731, 1732 [X.]. 18 jew. m.w.Nachw.). [X.]a im Gesetz eine Leistungsaufforderung des Gläubigers als Entstehungs- oder Fälligkeitsvoraussetzung der Bürg-schaftsforderung nicht vorgesehen ist, kommt es für den Beginn der Ver-jährungsfrist nicht auf die Geltendmachung der Bürgenverpflichtung durch den Gläubiger an. 16 (3) Auch die subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Ver-jährungsfrist liegen vor. [X.]ie Gläubigerin hat seit der Abnahme ihrer Werkleistung Kenntnis von den Umständen, die die Fälligkeit des [X.] und damit auch der Bürgschaftsverpflichtung der [X.] begründeten (§ 199 Abs. 1 BGB). 17 cc) [X.]as Beschwerdegericht legt weiterhin ermessensfehlerfrei [X.] Entscheidung zugrunde, dass der Gläubiger einer verjährten Bürg-schaftsverpflichtung grundsätzlich nicht mehr die Herausgabe der 18 - 8 - Bürgschaftsurkunde beanspruchen kann, wenn sich der Bürge - wie hier - auf die Verjährung berufen hat. Nach Erhebung der [X.] kann die verjährte Bürgschaft ihren [X.] nicht erfül-len, da sie nicht mehr durchsetzbar ist. [X.]amit ist die Bürgschaftsurkunde für den Gläubiger in aller Regel wertlos. Es besteht deswegen regelmä-ßig kein berechtigtes Interesse des Gläubigers am Besitz der [X.]. [X.]ass ein solches Interesse hier ausnahmsweise gege-ben ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. [X.]er Hinweis der Klägerin auf die Möglichkeit, dass die [X.] von der bestehenden [X.] kein Gebrauch machen könnte, trägt nichts aus, da die Beklagte sich bereits vorprozessual auf die Verjährung berufen hat. Für eine von der Verjährung nicht berührte Aufrechnungslage nach § 215 BGB oder für die Möglichkeit einer Verwertung von Sicherheiten nach § 216 Abs. 1 BGB fehlt jeglicher Anhaltspunkt.
[X.]ie Klage auf Herausgabe der wertlosen Bürgschaftsurkunde war deshalb mangels eines schutzwürdigen Eigeninteresses rechtsmiss-bräuchlich (vgl. [X.]/[X.], [X.]. § 242 Rdn. 50), ohne 19 - 9 - dass es darauf ankommt, ob die Bürgschaft durch die Rückgabe der Ur-kunde erloschen ist. [X.]ie Kosten des Rechtsstreits sind deshalb zu Recht der Klägerin auferlegt worden (§ 91a Abs. 1 ZPO).
[X.] [X.] Ellenberger

[X.] Matthias Vorinstanzen: LG [X.]üsseldorf, Entscheidung vom 06.02.2007 - 37 O 93/05 - OLG [X.]üsseldorf, Entscheidung vom 19.09.2007 - [X.] W 23/07 -

Meta

XI ZB 24/07

07.10.2008

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.10.2008, Az. XI ZB 24/07 (REWIS RS 2008, 1606)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1606

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Allgemeine Geschäftsbedingungen: Wirksamkeit der Verlängerung der Frist für die Verjährung der Bürgschaftsforderung


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