Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.07.2021, Az. 8 C 28/20

8. Senat | REWIS RS 2021, 4280

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Gegenstand

Reichweite des Verbots gewerblicher Ankäufe mit Gewährung des Rückkaufsrechts


Leitsatz

Das Verbot des § 34 Abs. 4 GewO erfasst alle vertraglichen Gestaltungen, bei denen der Verkäufer dem gewerblich handelnden Käufer das Eigentum an einer beweglichen Sache überträgt und sich dieses durch Rückzahlung des Kaufpreises und Erbringung einer weiteren vertraglich vereinbarten Leistung wieder verschaffen kann, die über einen Nutzungsersatz im Sinne von §§ 346, 347 BGB hinausgeht (im Anschluss an BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 179/07 - NJW 2009, 3368).

Tenor

Das Urteil des [X.] vom 22. Juli 2020 wird geändert. Die Berufung gegen das Urteil des [X.] vom 29. November 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das von seinen Kunden Kraftfahrzeuge ankauft. Gleichzeitig mieten die Kunden das jeweils verkaufte Fahrzeug für einen bestimmten Zeitraum. Ihnen wird ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag eingeräumt, das nur bis zur Beendigung des Mietvertrags ausgeübt werden kann. Mit dessen Ablauf erlischt auch das Rücktrittsrecht.

2

Das [X.] untersagte mit dem angefochtenen Bescheid dieses Geschäftsmodell und drohte der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld an. Die hiergegen erhobene Klage ist in erster Instanz erfolglos geblieben. Der [X.]hof hat das Urteil des [X.] sowie den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Das Geschäftsmodell der Klägerin verstoße nicht gegen § 34 Abs. 4 [X.]. Dabei müsse nicht entschieden werden, ob sich diese Vorschrift nur an Pfandleiher oder Pfandvermittler oder an jedermann richte. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 34 Abs. 4 [X.] werde die Tätigkeit der Klägerin nicht von dieser Norm erfasst, da die Verbindung eines Kaufvertrags und eines Mietvertrags nicht als Ankauf mit Gewährung eines Rückkaufsrechts im Sinne der Vorschrift angesehen werden könne.

3

Mit seiner vom [X.]hof zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend, verfassungsrechtlicher Maßstab für die Auslegung des § 34 Abs. 4 [X.] sei nicht Art. 103 Abs. 2 GG, sondern das allgemeine rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. Im Einklang damit werde das Geschäftsmodell der Klägerin von der [X.] erfasst, da es nicht auf die Bezeichnung des den Kunden eingeräumten Gestaltungsrechts ankomme. Nach dem allein maßgeblichen tatsächlichen Regelungsgehalt werde hier ein Rückkaufsrecht im Sinne des § 34 Abs. 4 [X.] gewährt. Die Vorschrift finde auch nicht nur auf Pfandleiher und Pfandvermittler Anwendung.

4

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen [X.]hofs vom 22. Juli 2020 zu ändern und die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen [X.] München vom 29. November 2016 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

6

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

7

Der Vertreter des [X.] beim [X.] hat ausgeführt, nach der Genese und dem Sinn der Vorschrift würden alle Gewerbetreibenden von § 34 Abs. 4 [X.] erfasst. Der sachliche Anwendungsbereich der Norm sei ebenfalls eröffnet. Das den Kunden der Klägerin eingeräumte Rücktrittsrecht stelle ein Rückkaufsrecht dar. Es bringe die Gefahren mit sich, vor denen § 34 Abs. 4 [X.] schützen solle. Dieses Verständnis stehe mit Verfassungsrecht im Einklang.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist zulässig und begründet. Das [X.]erufungsurteil beruht auf der Verletzung von [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der [X.]hof hat zwar die Klage zu Recht als zulässig angesehen (1.), aber § 34 Abs. 4 [X.] auf der Grundlage verfassungsrechtlicher Erwägungen, denen nicht zu folgen ist, einen zu engen sachlichen Anwendungsbereich beigemessen (2.). Das [X.]erufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (3.). Vielmehr ist es zu ändern und die [X.]erufung gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zurückzuweisen (4.).

9

1. Die Anfechtungsklage ist zulässig. Dem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage steht nicht entgegen, dass das [X.] die Klägerin mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 12. September 2016 (4 [X.]) zur Unterlassung ihres Geschäftsmodells verurteilt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine verwaltungsgerichtliche Klage nur dann, wenn der Erfolg der Klage die Rechtsstellung des [X.] nicht verbessern würde; dabei muss diese Nutzlosigkeit eindeutig sein. Das könnte hier nur angenommen werden, wenn der Verwirklichung der von der Klägerin behaupteten Rechtsposition - der Ausübung ihrer mit dem angefochtenen [X.]escheid untersagten Tätigkeit - aufgrund der Verurteilung durch das [X.] zivilrechtliche Hindernisse entgegenstünden, die sich schlechthin nicht ausräumen ließen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 20. Juli 1993 - 4 [X.] 110.93 - NVwZ 1994, 482). So liegt es hier nicht, da die Unterlassungspflichten der Klägerin aus dem zivilgerichtlichen Urteil beispielsweise durch eine Einigung der dortigen Prozessparteien entfallen könnten. [X.]ei Verneinung der Zulässigkeit einer Klage gegen die Untersagung würde zudem der Rechtsschutz der Klägerin gegen die damit verbundene Zwangsmittelandrohung deutlich verkürzt.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die untersagte Tätigkeit der Klägerin verstößt gegen § 34 Abs. 4 [X.]. Danach ist der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des [X.] verboten. Dieses Verbot erfasst alle vertraglichen Gestaltungen, bei denen der Verkäufer dem gewerblich handelnden Käufer das Eigentum an einer beweglichen Sache überträgt und sich dieses durch Rückzahlung des Kaufpreises und Erbringung einer weiteren vertraglich vereinbarten Leistung wieder verschaffen kann, die über einen Nutzungsersatz im Sinne von §§ 346, 347 [X.]G[X.] hinausgeht (vgl. [X.]GH, Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.]/07 - NJW 2009, 3368 Rn. 26). Entgegen der Auffassung des [X.]hofs bedarf es keiner Einschränkungen dieser Voraussetzungen im Hinblick auf Zahl und Typus der vertraglichen Vereinbarungen. Das Verbot greift auch dann ein, wenn zwischen Verkäufer und Käufer mehrere Verträge abgeschlossen werden. Entsprechen diese Verträge nicht alle dem Vertragstypus des Kaufvertrags im Sinne des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 433 ff. [X.]G[X.]), steht dies einer Anwendung des § 34 Abs. 4 [X.] ebenfalls nicht entgegen. Ebenso unerheblich sind die von den Vertragsparteien gewählten Vertragsbezeichnungen.

a) Dieses Verständnis beruht auf dem Wortlaut der Vorschrift. § 34 Abs. 4 [X.] setzt die Verbindung eines Ankaufs mit der Gewährung eines Rechts zum Rückkauf voraus. [X.]eide [X.]egriffe sind nicht normativ vorgeprägt. Der Rückkauf ist - ebenso wie der Ankauf - gesetzlich nicht definiert und insbesondere nicht mit dem Wiederkauf (§§ 456 ff. [X.]G[X.]) gleichzusetzen, weil er dem öffentlichen Recht entstammt ([X.]GH, Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.]/07 - NJW 2009, 3368 Rn. 25). Er bedarf daher, wie das [X.]erufungsgericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat, der Auslegung. Unter einem Rückkauf lässt sich nicht nur ein - gewissermaßen zum Ankauf spiegelbildlicher - Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. [X.]G[X.] verstehen, sondern auch jeder andere auf einer Willenserklärung des Verkäufers beruhende Rückerwerb, der zur Wiederherstellung der ursprünglichen Eigentums- und [X.]esitzverhältnisse hinsichtlich des [X.] führt. Der Wortlaut setzt dabei nicht voraus, dass alle maßgeblichen Vereinbarungen in einem einzigen Vertrag zusammengefasst sind, da der Ankauf lediglich "mit" der Gewährung des [X.] verbunden sein, nicht aber in einem einzigen Rechtsgeschäft erfolgen muss.

b) Die Entstehungsgeschichte der Norm deutet in dieselbe Richtung und spricht zusätzlich dafür, den Anwendungsbereich des Verbots auf den Rückerwerb der [X.] gegen Entgelt zu beschränken.

Seit jeher zielten die gewerberechtlichen Vorschriften über die Pfandleihe darauf zu verhindern, dass der Sache nach gewerbsmäßig durch Pfandrechte an beweglichen Sachen gesicherte Darlehen gegeben werden. Unter Rückkaufsgeschäften im Sinne des § 34 Abs. 4 [X.] und der Vorgängervorschriften sind daher verschleierte Pfandleihgeschäfte zu verstehen (vgl. RG, Urteil vom 15. Mai 1912 - VI 473/11 - [X.], 361 <364>; [X.]GH, Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.]/07 - NJW 2009, 3368 Rn. 25). Das gesetzliche Verbot betrifft im Hinblick auf diesen entstehungsgeschichtlichen Hintergrund nicht jede Rückabwicklung eines Kaufvertrags zwischen einem gewerblichen Ankäufer und seinem Kunden, sondern nur solche Geschäfte, bei denen die Wiedererlangung der [X.] mit einer Pflicht des Verkäufers zur Erbringung einer vertraglich vereinbarten Leistung verbunden ist, die über die Rückerstattung des Kaufpreises und einen bloßen Nutzungsersatz im Sinne des §§ 346, 347 [X.]G[X.] hinausgeht. Nicht maßgeblich ist dabei, ob diese zusätzliche Leistung an eine bestimmte Gegenleistung - beispielsweise die Überlassung des Kapitals oder des Gebrauchs der [X.] an den Kunden - oder an sonstige Umstände wie den entstandenen Verwaltungsaufwand geknüpft ist oder ohne andere Gegenleistung als die Rückübereignung der [X.] erbracht werden muss. Die Vergleichbarkeit mit dem gewerblichen Pfandleihgeschäft folgt schon daraus, dass der Rückerwerb nicht nur von der Rückzahlung des Kaufpreises, sondern auch von der Erbringung der weiteren, den gesetzlich vorgesehenen Nutzungsersatz übersteigenden vertraglichen Leistung durch den Kunden abhängt (vgl. [X.]GH, Urteil vom 14. Mai 2009 a.a.[X.] Rn. 26). In diesen Fällen besteht die für den Erlass des § 34 Abs. 4 [X.] maßgebliche Gefahr einer Umgehung der [X.].

Demgegenüber kommt es nach der Entstehungsgeschichte der Norm nicht darauf an, ob der [X.]esitz der Sache schon im Rahmen des Ankaufs auf den Gewerbetreibenden übergeht, auch wenn eine solche Übergabe Voraussetzung der Entstehung eines zivilrechtlichen Pfandrechts ist (vgl. § 1205 Abs. 1 [X.]G[X.]). Vielmehr greifen die Regelungen der Gewerbeordnung über den gewerblichen Rückkauf seit jeher auch dann ein, wenn zwischen dem Käufer und dem Verkäufer zusätzlich ein Mietvertrag abgeschlossen und die tatsächliche Übergabe der Sache durch die Vereinbarung eines [X.]esitzkonstituts (§ 930 [X.]G[X.]) ersetzt wurde (vgl. [X.]ayerischer VGH, Entscheidung vom 26. Oktober 1917, [X.] 17 (1918), 470 <472 ff.>; [X.], in: [X.][X.], [X.], Stand Februar 2021, § 34 Rn. 25). Ein verschleiertes Pfandleihgeschäft liegt daher auch dann vor, wenn der unmittelbare [X.]esitz an der [X.] - entgegen § 433 Abs. 1 [X.]G[X.] (vgl. dazu [X.]eckmann, in: [X.], [X.]G[X.], Neubearbeitung 2014, § 433 Rn. 106 ff.) - während des für die Möglichkeit des [X.] ausbedungenen Zeitraums beim Verkäufer verbleibt.

c) Gesetzessystematische und teleologische Gesichtspunkte stützen dieses Verständnis. § 34 Abs. 4 [X.] tritt zu den engen gesetzlichen Vorgaben für das Pfandleihgewerbe in § 34 Abs. 1 bis 3 [X.] nebst der Pfandleiherverordnung hinzu und soll verhindern, dass diese restriktiven Vorschriften mittels gewerblicher Rückkaufsgeschäfte umgangen werden (vgl. [X.]T-Drs. 3/318 S. 17; [X.], in: Friauf u.a., [X.], § 34 Rn. 46). Zielsetzung aller Vorschriften ist damit der Schutz der Kunden (vgl. zu den Zielsetzungen der Pfandleiherverordnung [X.], Urteil vom 28. März 2018 - 8 [X.] 9.17 - [X.]E 161, 334 Rn. 20). Wegen dieses Gesetzeszwecks ist nicht die Zahl der zwischen dem Ankäufer und dem Kunden geschlossenen Verträge, ihre [X.]ezeichnung oder ihre Zuordnung zu einem bestimmten Vertragstypus entscheidend. Vielmehr kommt es darauf an, ob die getroffenen Vereinbarungen nach ihrem Inhalt unter das Verbot fallen ([X.]GH, Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.]/07 - NJW 2009, 3368 Rn. 24). Das ist bei jeder Vertragsgestaltung zu bejahen, bei der ein gewerblicher Ankäufer zwar den Rückerwerb der Sache anbietet, für dessen Verwirklichung aber zusätzliche, über die Rückzahlung des Kaufpreises und einen bloßen Nutzungsersatz hinausgehende Leistungen des Verkäufers erforderlich sind. Denn in allen diesen Fällen besteht das Risiko, dass der gewerbliche Käufer - ohne an die für Pfandleiher oder Pfandvermittler geltenden Einschränkungen gebunden zu sein - sich durch eine Vertragsgestaltung, die zu seinen Gunsten von den [X.] abweicht, erhebliche Gewinne auf Kosten des Verkäufers (Kunden) verschaffen und nach einem Scheitern des [X.] als Eigentümer frei über die [X.] verfügen kann. Vor dieser Gefahr soll § 34 Abs. 4 [X.] gerade schützen (vgl. [X.]T-Drs. 3/318 S. 17).

d) Die dargestellte Interpretation genügt den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die nicht gebieten § 34 Abs. 4 [X.] im Sinne des [X.]erufungsurteils einschränkend auszulegen. Auch aus dem Unionsrecht lässt sich ein derartiges Erfordernis nicht ableiten.

aa) Im Hinblick auf die von [X.] wegen gebotene [X.]estimmtheit ist zu berücksichtigen, dass eine Vorschrift nur dann rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, wenn und soweit sich aus ihr mit ausreichender [X.]estimmbarkeit ermitteln lässt, wer von der Norm betroffen ist und was von den pflichtigen Personen verlangt wird. Normen müssen daher so genau gefasst sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die Notwendigkeit der Auslegung einer [X.]egriffsbestimmung nimmt der Norm noch nicht die [X.]estimmtheit. Die [X.]etroffenen müssen jedoch die Rechtslage anhand objektiver Kriterien erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können.

[X.]esondere Anforderungen sind gemäß Art. 103 Abs. 2 GG an die [X.]estimmtheit der Regelung bußgeld- oder strafbewehrter Pflichten zu stellen, zu denen § 34 Abs. 4 [X.] gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gehört. Die zuletzt genannte Vorschrift stellt jedenfalls teilweise eine [X.]lankettnorm dar, soweit der Gesetzgeber die [X.]eschreibung des [X.] durch die Verweisung auf § 34 Abs. 4 [X.] ersetzt hat. In einem solchen Fall muss neben der Sanktionsnorm auch die sie ausfüllende Vorschrift die Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG erfüllen (stRspr, vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 21. September 2016 - 2 [X.]vL 1/15 - [X.]VerfGE 143, 38 Rn. 44, 46 m.w.N.). [X.]ei [X.] oder Straftatbeständen müssen die Adressaten im Regelfall bereits anhand des Wortlauts voraussehen können, ob ein Verhalten darunter fällt oder nicht. Ist der Tatbestand weiter gefasst, kann sich die erforderliche [X.]estimmtheit aus einer Auslegung unter Rückgriff auf weitere Normen ergeben (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 2020 - 8 [X.] 2.19 - [X.]uchholz 442.01 § 1 P[X.]efG Nr. 4 Rn. 9 f.). Ausgeschlossen ist eine Rechtsanwendung, die tatbestandsausweitend über den Inhalt der Norm hinausgeht, wobei der mögliche Wortsinn als äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation aus der Sicht des [X.]en zu bestimmen ist (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 10. Januar 1995 - 1 [X.]vR 718/89 u.a. - [X.]VerfGE 92, 1 <12> und vom 23. Juni 2010 - 2 [X.]vR 2559/08 u.a. - [X.]VerfGE 126, 170 <197>).

Daran gemessen kann der [X.] des § 34 Abs. 4 [X.] auch unter [X.]erücksichtigung der Auslegungsbedürftigkeit der Vorschrift ohne Weiteres voraussehen, ob seine Tätigkeit dem Verbot unterfällt oder nicht. Im Rahmen des möglichen Wortsinns hält sich jede Auslegung, die als gewerblichen Ankauf "mit Gewährung des [X.]" eine mit einem solchen Kaufvertrag verbundene, aber nicht notwendig darin enthaltene Vereinbarung eines Rechts des Verkäufers zum Rückerwerb der [X.] versteht. Die Entstehungsgeschichte der Regelung, ihr systematischer Zusammenhang und ihr Schutzzweck verengen den Anwendungsbereich auf eine Verbindung des gewerblichen Ankaufs mit vertraglichen Abreden, nach denen die Verwirklichung des [X.] von Leistungen des Verkäufers abhängt, die über die - gesetzlich für den [X.] vorgesehene - Erstattung des Kaufpreises und den Nutzungsersatz (§§ 346 f. [X.]G[X.]) hinausgehen. Eine solche Vertragsgestaltung unterfällt dem [X.]egriff "Ankauf mit Gewährung des [X.]" unabhängig davon, ob nur ein Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. [X.]G[X.] oder daneben noch eine andere schuldrechtliche Vereinbarung vorliegt. Diese Interpretation folgt aus der bereits dargelegten Anwendung der anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung. Sie knüpft an die jeweils getroffenen vertraglichen Vereinbarungen und damit an objektive Kriterien an; den [X.]en ist es ohne Weiteres möglich, ihre gewerbliche Tätigkeit daran auszurichten und die Grenzen zulässiger Vertragsgestaltung zu erkennen.

bb) Die dargestellte Auslegung des § 34 Abs. 4 [X.] ist ferner mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Das gesetzliche Verbot stellt - entgegen der Annahme der Klägerin - keine [X.]eschränkung der [X.]erufswahl, sondern nur eine Regelung der [X.]erufsausübung dar, die im Hinblick auf den Schutz der Verkäufer den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt. Die Vorschrift verbietet lediglich eine bestimmte, für die Verkäufer besonders nachteilige Form der Vertragsgestaltung; unbenommen bleibt es den Gewerbetreibenden, [X.] in dem von § 34 [X.] gezogenen Rahmen zu vergeben ([X.]GH, Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.]/07 - NJW 2009, 3368 Rn. 27).

cc) Schließlich verletzt dieses Verständnis der [X.] auch nicht die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 A[X.]V). Eine [X.]eschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs ist zulässig, wenn mit ihr ein berechtigtes und mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der [X.] zu vereinbarendes Ziel verfolgt wird und wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, soweit sie in einem solchen Fall geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Als zwingender Grund des Allgemeinwohls, der eine [X.]eschränkung rechtfertigen kann, ist - auch im [X.]ereich der Finanzdienstleistungen - der Verbraucherschutz anerkannt (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 18. Juli 2013 - [X.]-265/12 [E[X.]LI:[X.]:[X.]:2013:498], [X.]itroën/FvF - Rn. 37 f.). Ferner muss die Regelung tatsächlich dem Anliegen gerecht werden, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen ([X.], Urteil vom 11. Juni 2015 - [X.]-98/14 [E[X.]LI:[X.]:[X.]:2015:386], [X.]erlington Hungary - Rn. 64).

Danach ist die [X.]eschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch § 34 Abs. 4 [X.] unionsrechtskonform. Die Vorschrift dient der umfassenden Sicherung der Kunden des Gewerbetreibenden vor einer Umgehung der restriktiven Vorgaben der Pfandleihevorschriften einschließlich der Pfandleiherverordnung, die ihrerseits den Schutz der Verpfänder zum Ziel hat (vgl. [X.], Urteil vom 28. März 2018 - 8 [X.] 9.17 - [X.]E 161, 334 Rn. 20). Die Eignung der Norm zur Erreichung dieses Ziels ist nicht zu bezweifeln, da auf ihrer Grundlage durch Pfandrechte an beweglichen Sachen gesicherte Darlehen nur nach den für Pfandleiher geltenden Vorschriften vergeben werden dürfen. Ein milderes, gleich wirksames Mittel, um dies zu erreichen, steht nicht zur Verfügung. Die Regelung ergänzt die gesetzlichen Vorgaben für Pfandleiher und Pfandvermittler durch das ausdrückliche Verbot von vertraglichen Umgehungen dieser Schutzvorschriften und genügt daher dem unionsrechtlichen Gebot der Kohärenz.

e) Entgegen der Annahme des [X.]erufungsgerichts verstößt die untersagte Tätigkeit der Klägerin gegen § 34 Abs. 4 [X.]. Nach den bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen des [X.]hofs räumt die Klägerin den [X.] ein Rücktrittsrecht ein. Zugleich wird ein mit dem Kaufvertrag verbundener, befristeter Mietvertrag geschlossen. Der Zeitraum, in dem das Rücktrittsrecht ausgeübt werden kann, entspricht der Laufzeit des Mietvertrags. Damit übertragen die Kunden als Verkäufer der gewerblich handelnden Klägerin als Käuferin das Eigentum an beweglichen Sachen und können sich dieses durch Rückzahlung des Kaufpreises und Erbringung des vertraglich vereinbarten Mietzinses wieder verschaffen. Die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses aufgrund des [X.] geht über den gesetzlichen Nutzungsersatz (vgl. § 346 Abs. 1, § 347 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.]) hinaus und bleibt auch im Fall des Rücktritts vom Kaufvertrag als hiervon unabhängige vertragliche Leistungspflicht bestehen (vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 2017 - 29 U 3818/16 - unter II.2.d)cc)).

3. Das Urteil des [X.]hofs beruht auf dem dargestellten [X.]undesrechtsverstoß (§ 137 Abs. 1 VwGO) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Anfechtungsklage hat nicht deswegen Erfolg, weil die Klägerin - was der [X.]hof offen gelassen hat ([X.] f.) - nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des § 34 Abs. 4 [X.] erfasst und der angegriffene [X.]escheid deshalb rechtswidrig wäre.

Das Verbot des § 34 Abs. 4 [X.] richtet sich nicht nur an Pfandleiher oder Pfandvermittler, sondern an jedermann und damit auch an die Klägerin. Dies folgt aus dem Wortlaut der den gewerblichen Rückkaufhandel als Tätigkeit schlechthin verbietet, sowie aus der Entstehungsgeschichte und dem Schutzzweck der Norm. Eine [X.]eschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf - ohnehin der staatlichen Aufsicht unterliegende - Pfandleiher und Pfandvermittler würde die Gefahr einer Umgehung des Verbots auslösen und widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, den Abschluss von Rückkaufsgeschäften generell zu untersagen (vgl. [X.]T-Drs. 3/318, S. 17; [X.]GH, Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.]/07 - NJW 2009, 3368 Rn. 21 f.). Anderes folgt nicht daraus, dass sich dieses Verbot in § 34 [X.] findet und damit einen Teil der Vorschrift bildet, die im Übrigen die gesetzlichen Vorgaben für die Pfandleihe und die Pfandvermittlung enthält. Daraus kann nicht die Absicht des Gesetzgebers hergeleitet werden, den persönlichen Anwendungsbereich der [X.] zu begrenzen; vielmehr sollen die Vorschriften für Pfandleiher und Pfandvermittler durch ein an jedermann gerichtetes Verbot der Umgehung dieser restriktiven Vorgaben ergänzt werden, das an die Stelle der vorherigen, ebenfalls für alle geltenden Gleichstellung von Rückkauf- und Pfandleihgeschäften in § 34 Abs. 2 [X.] a.F. trat.

4. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), da die tatsächlichen Feststellungen des [X.]hofs hierfür ausreichen. Dem steht nicht entgegen, dass die angefochtene Untersagung auf die irrevisible landesrechtliche Vorschrift des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG [X.]Y) gestützt ist. Das [X.]erufungsgericht hat diese Vorschrift nicht herangezogen, so dass ihrer Anwendung durch das Revisionsgericht nichts im Wege steht ([X.], Urteil vom 15. November 1990 - 3 [X.] 49.87 - [X.]uchholz 310 § 113 VwGO Nr. 224).

Nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG [X.]Y können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigung sind im Hinblick auf den Verstoß der Klägerin gegen § 144 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 34 Abs. 4 [X.] erfüllt.

Die Ermessensausübung seitens des [X.]eklagten ist nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin die [X.]eteiligung des [X.] im Verwaltungsverfahren kritisiert, ist nicht erkennbar, dass diese zu sachfremden Erwägungen des [X.]eklagten oder zu sonstigen Fehlern seiner Ermessensentscheidung geführt hätte.

Die Ermessensausübung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der [X.]ehörden. [X.] ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der [X.]ehörde die Wahl, nach [X.] zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die [X.]ehörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur [X.]ekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. [X.]ehandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen ([X.], Urteil vom 26. Oktober 2017 - 8 [X.] 18.16 - [X.]E 160, 193 Rn. 21).

Mit diesen Vorgaben steht die Ermessensausübung des [X.]eklagten im Einklang. Anhaltspunkte für ein systemloses oder willkürliches Vorgehen bestehen ebenso wenig wie für eine Ungleichbehandlung innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs. Eine rechtliche Verpflichtung zu der von der Klägerin für erforderlich gehaltenen bundesweiten Koordinierung des Vorgehens ist weder aus Art. 3 Abs. 1 GG noch aus dem unionsrechtlichen [X.] gemäß Art. 56 A[X.]V herzuleiten.

Die Zwangsgeldandrohung (Nummer 2 des angefochtenen [X.]escheides) beruht auf Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 und Art. 36 [X.] [X.]Y. Sie ist rechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Nummer 3 des [X.]escheides, die sich aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 6 und 10 des [X.]. dem Kostenverzeichnis ergibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

8 C 28/20

07.07.2021

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 22. Juli 2020, Az: 22 B 18.1574, Urteil

Art 12 Abs 1 GG, Art 103 Abs 2 GG, Art 56 AEUV, § 34 Abs 4 GewO, § 144 Abs 2 Nr 2 GewO, Art 7 Abs 2 Nr 1 LStrVG BY, Art 29 VwZVG BY, Art 31 VwZVG BY, Art 36 VwZVG BY

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.07.2021, Az. 8 C 28/20 (REWIS RS 2021, 4280)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4280

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Wird zitiert von

9 ZB 20.3076

Zitiert

2 BvL 1/15

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