Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 1 StR 11/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 5964

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Gegenstand

Steuerstrafverfahren: Konkurrenzverhältnis zwischen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall und gewerbsmäßigem Schmuggel nach altem Recht


Tenor

Die Revision des Angeklagten [X.]     gegen das Urteil des [X.] vom 4. Juli 2014 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die ihn betreffende Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung entfällt.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]     wegen 185 Fällen des gewerbsmäßigen Schmuggels, hiervon in 129 Fällen in Tateinheit mit Steuerhinterziehung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.

2

Die auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

3

1. Die verfahrensrechtlichen Beanstandungen bleiben aus den in der Antragsschrift des [X.] zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.

4

2. Mit Ausnahme der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Taten hat die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge zum Schuldspruch keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben.

5

Das [X.] hat bei 129 Fällen des gewerbsmäßigen Schmuggels, bei denen der Tatzeitpunkt vor dem 1. Januar 2008 lag und bei denen die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (aF) rechtsfehlerfrei angenommen wurden, zugleich eine Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung vorgenommen, um „dem besonderen Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit, welches in § 370 [X.] aF nicht aufgeführt ist, ausreichend Rechnung zu tragen und gleichwohl deutlich zu machen, dass der Strafrahmen des § 370 [X.] aF zur Anwendung kam" ([X.]). Dies begegnet durchgreifenden Bedenken.

6

Bei Schmuggel gemäß § 373 [X.] handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand, der den Grundtatbestand des § 370 [X.] verdrängt (vgl. [X.], Beschluss vom 5. November 2014 - 1 StR 267/14, [X.], 285; [X.], Urteile vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12, [X.], 637 und vom 28. September 1983 - 3 StR 280/83, [X.]St 32, 95). Dies gilt für vor dem 1. Januar 2008 begangene Taten trotz unterschiedlicher Strafandrohungen auch dann, wenn - wie hier - zugleich die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 [X.] aF gegeben sind.

7

Der Umstand, dass § 373 [X.] in seiner bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (aF) einen Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsah, während § 370 Abs. 3 [X.] aF für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren androhte, lässt das konkurrenzrechtliche Verhältnis zwischen § 373 [X.] und § 370 [X.] unberührt (vgl. im weiteren Sinne auch § 12 Abs. 3 StGB; [X.], Beschluss vom 5. November 2014 - 1 StR 267/14, [X.], 285).

8

Die unterschiedlichen Strafandrohungen wirken sich vielmehr bei der Strafzumessung auf die Strafrahmenwahl aus.

9

Für vor dem 1. Januar 2008 begangene Taten gemäß § 373 [X.] aF, bei denen zugleich die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 [X.] aF verwirklicht sind, ist die Strafe dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 [X.] aF zu entnehmen. Denn es wäre sinnwidrig, diesen Strafrahmen nur deshalb nicht zur Anwendung zu bringen, weil zum Grundtatbestand zusätzlich ein Merkmal, das die Tat als Schmuggel qualifiziert - wie hier die Gewerbsmäßigkeit (§ 373 Abs. 1 [X.]) -, hinzukommt. Der Täter würde andernfalls wegen dieser strafschärfenden Begehungsart milder bestraft werden, als wenn diese fehlte (vgl. [X.], Beschluss vom 5. November 2014 - 1 StR 267/14, [X.], 285; [X.], Urteile vom 28. September 1983 - 3 StR 280/83, [X.]St 32, 95 und vom 10. September 1986 - 3 [X.], [X.], 30; [X.] in Franzen/Gast/[X.], Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 373 Rn. 51; Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 51. Lfg., § 373 Rn. 145; [X.]/[X.] in [X.], 2. Aufl., § 370 Rn. 539).

Dagegen besteht für nach dem 31. Dezember 2007 begangene Taten nach Anhebung des Strafrahmens des Schmuggels gemäß § 373 [X.] auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren für einen Rückgriff auf den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 [X.] kein Bedürfnis mehr ([X.] aaO; Hilgers-Klautzsch aaO; [X.]/[X.] aaO).

3. Die Strafzumessung ist nicht zu beanstanden. Der Senat schließt aus, dass sich der Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung auf die Höhe der Einzelstrafen, die das [X.] insoweit zutreffend dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 [X.] aF entnommen hat, und die Bemessung der Gesamtstrafe ausgewirkt hat.

4. Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Ri[X.] Prof. Dr. Radtke ist
im Urlaub und deshalb an
der Unterschriftsleistung
gehindert.

Raum     

Rothfuß     

     Raum

Mosbacher     

Fischer

Meta

1 StR 11/15

02.09.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 4. Juli 2014, Az: (536) 245 Js 1122/11 KLs (9/13)

§ 370 Abs 3 AO vom 01.10.2002, § 373 AO vom 01.10.2002

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 1 StR 11/15 (REWIS RS 2015, 5964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5964

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