Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.06.2010, Az. IV R 66/07

4. Senat | REWIS RS 2010, 5978

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine erfolgswirksame Bilanzberichtigung wegen Buchwertabspaltung vom Pauschalwert des Grund und Bodens für Milchlieferrechte; Bilanzenzusammenhang bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft


Leitsatz

1. NV: Für in der Vergangenheit veräußerte Milchlieferrechte darf nicht nachträglich im Wege der Bilanzberichtigung ein Buchwert erfolgswirksam von dem nach § 55 Abs. 1 EStG ermittelten Pauschalwert des Grund und Bodens abgespalten werden.

2. NV: Die Grundsätze des Bilanzenzusammenhangs gelten auch für eine Personengesellschaft, in die ein Einzelunternehmen eingebracht wurde, wenn sie die Buchwerte des übernommenen Betriebsvermögens in ihrer Bilanz fortführt (Bestätigung der Rechtsprechung).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt Land- und Forstwirtschaft in der Rechtsform einer [X.]. Kommanditist ist [X.], der Beigeladene. Dieser hatte zum 1. Juli 2000 seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu Buchwerten nach § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) in die [X.] eingebracht, wobei der Grund und Boden als Sonderbetriebsvermögen behandelt wurde. Den Betrieb hatte der Beigeladene ab dem 1. Juli 1993 von seinen Eltern gepachtet und zum 31. Dezember 1999 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erworben. Bis zur Verpachtung hatten die Eltern den Betrieb selbst bewirtschaftet. 1997 hatte der Beigeladene die Rindviehhaltung aufgegeben und die [X.] ([X.]) an verschiedene Käufer veräußert.

2

Im Wirtschaftsjahr 2001/2002 spaltete der Beigeladene im Rahmen seines Sonderbetriebsvermögens ein Wirtschaftsgut [X.] vom Wirtschaftsgut Grund und Boden ab. Den von ihm errechneten Buchwert für die [X.] zog er im Rahmen der Gewinnermittlung für das Sonderbetriebsvermögen als Betriebsausgabe ab.

3

Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) nach einer Betriebsprüfung nicht mehr, wodurch sich die Einkünfte in den Streitjahren (2001 und 2002) entsprechend erhöhten. Die Abspaltung und Ausbuchung eines Milchlieferrechts sei nicht möglich, weil das Wirtschaftsgut nicht mehr vorhanden gewesen sei. Da eine Versteuerung der Erlöse aus dessen Verkauf bereits bestandskräftig erfolgt sei, komme zwar eine erfolgsneutrale Verminderung des Buchwerts des Grund und Bodens in Betracht. Hiervon könne jedoch aus Billigkeitsgründen abgesehen werden.

4

Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) komme nicht in Betracht, weil die ursprüngliche Bilanz unter Berücksichtigung des subjektiven Fehlerbegriffs als richtig anzusehen sei. Die [X.] seien bereits 1997 verkauft worden. Damals sei eine Buchwertabspaltung sowohl nach der Rechtsprechung als auch nach der Verwaltungspraxis nicht erforderlich gewesen. Selbst wenn man jedoch von einem fehlerhaften Bilanzansatz ausgehe, sei eine gewinnwirksame Bilanzberichtigung nicht zulässig, weil sie ein Wirtschaftsgut betreffe, das zu keinem Zeitpunkt im Betriebsvermögen der Klägerin gewesen sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 528 veröffentlicht.

5

Mit der Revision macht die Klägerin einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG geltend.

6

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für die [X.] und 2001, jeweils vom 19. August 2004, dahingehend zu ändern, dass jeweils der Betriebsausgabenabzug in Höhe des Buchwertabgangs Milchlieferungsrechte in Höhe von 26.063 € anerkannt wird.

7

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Klägerin kann den für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 ermittelten Gewinn nicht um einen aus dem [X.] des Grund und Bodens (§ 55 Abs. 1 EStG) abgespaltenen Buchwert der 1997 veräußerten [X.] vermindern.

1. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des [X.]s von dem zum 1. Juli 1970 ermittelten pauschalen Buchwert des Grund und Bodens (§ 55 Abs. 1 EStG) nach Verfestigung der [X.] zu einem selbstständigen Wirtschaftsgut grundsätzlich ein anteiliger Buchwert abzuspalten (vgl. u.a. Urteil vom 24. August 2000 IV R 11/00, [X.], 547, [X.] 2003, 64, unter 1.b und 4. der Gründe, m.w.N.). Die Finanzverwaltung ist dem nach anfänglichen Bedenken gefolgt (Schreiben des [X.] --BMF-- vom 14. Januar 2003 IV A 6 -S 2134- 52/02, [X.], 78).

a) Der Rechtsprechung zur Buchwertabspaltung liegt die Ansicht zu Grunde, dass die Möglichkeit, Milch zu erzeugen und zu vermarkten, als Teil der natürlichen Ertragsbedingungen des Bodens durch die Bezugnahme auf die Ertragsmesszahlen in dem mit dem [X.] angesetzten Wirtschaftsgut Grund und Boden (§ 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG) [X.] worden sei ([X.]surteile vom 5. März 1998 IV R 23/96, [X.], 435, [X.] 2003, 56, unter 3. der Gründe; vom 24. Juni 1999 [X.], [X.], 132, [X.] 2003, 58, unter 4.a der Gründe unter Hinweis auf § 2 des Bodenschätzungsgesetzes vom 16. Oktober 1934, [X.] 1934, 1050, § 4 der Durchführungsbestimmungen zum Bodenschätzungsgesetz vom 12. Februar 1935, [X.] 1935, 198). Diese Möglichkeit habe sich dann aber durch die [X.] ([X.]) vom 25. Mai 1984 ([X.], 720) als [X.] ([X.]) zu einem immateriellen Wirtschaftsgut verselbstständigt ([X.]surteil vom 25. November 1999 [X.], [X.], 214, [X.] 2003, 61, unter 1.b der Gründe).

Dadurch habe der Grund und Boden an Wert verloren ([X.]surteile vom 5. März 1998 IV R 8/95, [X.], 434, [X.] 2003, 54, unter 1. der Gründe; in [X.], 547, [X.] 2003, 64, unter 1.b der Gründe). Das entnommene oder veräußerte Wirtschaftsgut "Grund und Boden" sei nicht identisch mit dem Wirtschaftsgut, das mit dem [X.] (§ 55 Abs. 1 Satz 1 EStG, entsprechend dem Achtfachen der Ertragsmesszahl, vgl. § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG) angesetzt worden sei; denn dieser Wert sei nur teilweise auf den "nackten" Grund und Boden entfallen ([X.]surteil in [X.], 214, [X.] 2003, 61, unter 2. der Gründe).

b) Der [X.] ist deshalb zu der Auffassung gelangt, dass nur die Einbeziehung des auf die [X.]n entfallenden Teils des [X.] in die Ermittlung des nicht abziehbaren Verlusts gemäß § 55 Abs. 6 Satz 1 EStG dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift entspreche. Soweit dies nicht gewährleistet sei, enthalte § 55 Abs. 6 EStG eine verdeckte Regelungslücke ([X.]surteil in [X.], 434, [X.] 2003, 54, unter 3. der Gründe). Denn § 55 Abs. 6 EStG sei lediglich eine konsequente Ergänzung zur pauschalen Wertermittlung des Grund und Bodens nach § 55 Abs. 1 EStG und solle verhindern, dass es zur Berücksichtigung von Verlusten komme, die sich allein deshalb ergäben, weil der Teilwert des Grund und Bodens nicht konkret, sondern pauschal ermittelt und deshalb zu hoch angesetzt worden sei ([X.]surteil in [X.], 214, [X.] 2003, 61, unter 1.c der Gründe).

Wertminderungen des Grund und Bodens, die eindeutig auf die rechtliche Verselbstständigung bodengebundener Befugnisse wie der [X.]n zurückzuführen seien, seien daher bei Anwendung des § 55 Abs. 6 EStG zu berücksichtigen ([X.]surteil in [X.], 547, [X.] 2003, 64, unter 2.b der Gründe). Dazu sei der zum 1. Juli 1970 festgestellte Wert des Grund und Bodens im selben Verhältnis aufzuteilen, in dem sich die Marktpreise für die [X.]n einerseits und den "nackten" Grund und Boden andererseits nach Entstehung des Wirtschaftsguts [X.] gegenüberstünden ([X.]surteil in [X.], 547, [X.] 2003, 64, unter 4. der Gründe; BMF-Schreiben in [X.], 78, Rz 8).

2. Diese Rechtsprechung ist auf erhebliche Kritik gestoßen (vgl. u.a. [X.], Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 1477 ff.). Zwar sieht der [X.] von einer Änderung der Rechtsprechung ab. Gleichwohl ist es nicht zulässig, nachträglich für in der Vergangenheit veräußerte [X.] im Wege der Bilanzberichtigung einen Buchwert von dem nach § 55 Abs. 1 EStG ermittelten [X.] des Grund und Bodens abzuspalten.

a) Ausschlaggebend für das Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung ist, dass sie über einen längeren Zeitraum bestanden hat und sich die beteiligten Kreise --einschließlich der Finanzverwaltung (vgl. das BMF-Schreiben in [X.], [X.] darauf eingestellt haben. Sie bezieht sich auf Grundstücksflächen, die am 1. April 1984 der Milcherzeugung dienten. Die Bindung an den Betrieb und damit die Flächenbindung besteht bereits seit dem 30. September 1993 nicht mehr (29. Verordnung zur Änderung der [X.] vom 24. September 1993, [X.], 1659). Die Rechtsprechung betrifft daher --von Folgefragen [X.] weit zurückliegende, in der Vergangenheit abgeschlossene Sachverhalte. Zwischenzeitlich hat die Finanzverwaltung mit den [X.] in einer aufwändigen Verwaltungsaktion die Buchwertabspaltung durchgeführt (Märkle/[X.], [X.], 10. Aufl., Rz 88b). Hinzu kommt, dass die [X.] nach derzeitigem Stand zum 31. März 2015 auslaufen wird (vgl. Verordnung [EG] Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, [X.] 2003, Nr. L 270, 123, 125).

b) Allerdings hält es der [X.] nicht für vertretbar, nachträglich für in der Vergangenheit veräußerte [X.] im Wege der Bilanzberichtigung einen Buchwert von dem nach § 55 Abs. 1 EStG ermittelten [X.] des Grund und Bodens abzuspalten und damit den Anwendungsbereich der Rechtsprechung zur Buchwertabspaltung über die bisher entschiedenen Fallgruppen hinaus weiter auszudehnen. Denn in diesen Fällen bietet das Verlustabzugsverbot des § 55 Abs. 6 EStG keinen Anlass, wegen der in der Vergangenheit realisierten Gewinne aus der Veräußerung von [X.]n nachträglich einen abgespaltenen Buchwert auszubuchen. Insoweit fehlt es an dem für die Begründung der Rechtsprechung maßgeblichen Zusammenhang der Veräußerung der [X.] mit der Anwendung des Verlustabzugsverbots des § 55 Abs. 6 EStG auf den [X.] des Grund und Bodens. Hinzu kommt, dass, wenn --wie zu erwarten-- die Kontingentierung der [X.] aus rechtlichen oder aus tatsächlichen Gründen (durch weitere Erhöhung der [X.]) endet, der ursprüngliche Zustand wieder eintritt. Zu einer Benachteiligung der Grundstückseigentümer bei der Anwendung des § 55 Abs. 6 EStG infolge der Verfestigung der [X.] zu selbstständigen Wirtschaftsgütern kann es dann nicht mehr kommen. Damit entfällt zugleich die Rechtfertigung für die der Buchwertabspaltung zu Grunde liegenden Auslegung des § 55 Abs. 6 EStG durch die [X.]srechtsprechung.

3. Die angefochtene Entscheidung ist danach im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Zwar ist dem [X.] nicht zu folgen, soweit es nach [X.] der Urteile des [X.] ([X.]) zur Buchwertabspaltung für [X.] auch für die Streitjahre von einem subjektiv richtigen Bilanzansatz des Grund und Bodens ausgegangen ist. Auch kommt es nicht darauf an, dass sich die vor der Einbringung veräußerten [X.] zu keinem Zeitpunkt im Betriebsvermögen der Klägerin befunden haben. Denn die Grundsätze des [X.] gelten auch für eine Personengesellschaft, in die ein Einzelunternehmen eingebracht wurde, wenn sie die Buchwerte des übernommenen Betriebsvermögens nach § 24 Abs. 2 UmwStG in ihrer Bilanz fortführt ([X.]surteil vom 8. Dezember 1988 [X.], [X.]E 155, 532, [X.] 1989, 407, unter 3. der Gründe; [X.]-Urteil vom 7. Juni 1988 VIII R 296/82, [X.]E 153, 407, [X.] 1988, 886, unter 2.b der Gründe).

b) Das [X.] hat den Abgang des abgespaltenen Buchwerts der [X.] im Jahr 1997 jedoch zu Recht nicht erfolgswirksam nachgeholt und --ebenfalls zutreffend-- im Billigkeitswege von einer Minderung des Buchwerts des Grund und Bodens abgesehen. Das [X.] hat die Klage daher im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 [X.]O), weil er keine Anträge gestellt hat.

Meta

IV R 66/07

10.06.2010

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 26. Oktober 2006, Az: 8 K 4705/04 F, Urteil

§ 4 Abs 1 EStG 1997, § 4 Abs 2 S 1 EStG 1997, § 13 EStG 1997, § 55 Abs 1 EStG 1997, § 55 Abs 2 EStG 1997, § 55 Abs 6 EStG 1997, § 24 Abs 2 UmwStG 1995, § 2 BodSchätzG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.06.2010, Az. IV R 66/07 (REWIS RS 2010, 5978)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5978

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV R 32/08 (Bundesfinanzhof)

Zur erfolgswirksamen Abspaltung eines früher veräußerten Milchlieferrechts vom Buchwert des Grund und Bodens - Anwendung …


IV R 19/07 (Bundesfinanzhof)

Keine erfolgswirksame Bilanzberichtigung wegen Buchwertabspaltung für früher veräußertes Milchlieferrecht vom Pauschalwert des Grund und Bodens; …


IV R 14/08 (Bundesfinanzhof)

Buchwertabspaltung bei der Entnahme von Zuckerrübenlieferrechten


IV R 43/08 (Bundesfinanzhof)

Buchwertabspaltung bei Entnahme von Zuckerrübenlieferrechten - Keine AfA bei Abspaltung vom Pauschalwert des Grund und …


IV R 2/10 (Bundesfinanzhof)

Buchwertabspaltung bei der Veräußerung oder Entnahme von Zuckerrübenlieferrechten - Bindung des Senats an die rechtliche …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.