Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2014, Az. VII ZB 24/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4593

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 24/13

vom

25. Juni 2014

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

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2
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Der
VII. Zivilsenat des [X.] hat am 25.
Juni
2014
durch den Richter Dr.
Eick,
die Richterin Safari Chabestari
und
die Richter Halfmeier,
Dr.
Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit
beschlossen:
Auf die Rechtsbehelfe der Schuldnerin werden der Beschluss der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 17.
April 2013, der Beschluss des Amtsgerichts

Vollstreckungsgericht

[X.] vom 10.
Dezember
2012 sowie der Pfändungs-
und Überwei-sungsbeschluss des Amtsgerichts

Vollstreckungsgericht

Ans-bach vom 23.
August 2012 aufgehoben und der Antrag des
Gläu-bigers
vom 21.
Juni 2012 auf Erlass eines Pfändungs-
und Über-weisungsbeschlusses abgelehnt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Der
Gläubiger hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:
I.
Der
Gläubiger
betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des Arbeitsgerichts [X.]
in einen Anspruch auf Zahlung von [X.]n nach dem [X.] Schulfinanzierungsgesetz.

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Die Schuldnerin
führt
eine "Private Volksschule der [X.] Griechen-land"
in [X.] Hierfür erhält sie von Seiten des
Drittschuldners
Zuschüsse für den Personal-
und Schulaufwand nach
dem [X.] Schulfinanzierungsgesetz.
Der
Gläubiger ist bei der Schuldnerin als Lehrkraft angestellt. Aus diesem An-stellungsverhältnis hat er
eine titulierte Vergütungsforderung gegen die Schuld-nerin in Höhe von 11.349,44

. Wegen dieser Forderung
hat das Amtsgericht

Vollstreckungsgericht

auf Antrag des
Gläubigers
einen
Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss betreffend die Ansprüche auf Auszahlung der [X.] erlassen.

Die hiergegen eingelegte Vollstreckungserinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss
hat die Schuldnerin
sofortige Beschwerde ein-gelegt, welche das
Beschwerdegericht
mit dem angefochtenen Beschluss zu-rückgewiesen
hat.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin
ihr Be-gehren weiter.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidungen und des Pfändungs-
und Über-weisungsbeschlusses.
1.
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung,
die Pfändung
sei zulässig. Die Schuldnerin sei nicht von der [X.] Gerichtsbarkeit befreit, da sie bei dem Betrieb der Schule nicht hoheitlich handele.
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Schwerpunktmäßige Aufgabe bei dem Betrieb einer Schule sei die [X.] von Wissen, somit die
Unterrichtstätigkeit. Nach [X.] [X.] nähmen Lehrer jedoch nicht hauptsächlich hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, weshalb sie auch nicht der besonderen Absicherung durch den [X.] bedürften.
Zudem unterliege die von der Schuldnerin betriebene Schule einer [X.] ausgestalteten Aufsicht durch den [X.] Staat. Aufgrund dessen könne die Schuldnerin ihren Bildungsauftrag nicht autonom, sondern nur im Rahmen der Beschränkungen des Art.
7 Abs.
4 GG wahrnehmen. Bei dem [X.] habe sich die Schuldnerin daher der staatlichen Hoheit [X.] unterworfen.
Schließlich unterfielen die gepfändeten Forderungen auch nicht der [X.]. Da schon der Betrieb der Schule nicht hoheitlich sei, dienten auch die Fördergelder keinen hoheitlichen Zwecken.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Zwangsvollstreckung in die Ansprüche der Schuldnerin gegen den
Drittschuldner auf Auszahlung der Zuschüsse für den Personal-
und Schulauf-wand nach dem [X.] Schulfinanzierungsgesetz ist unzulässig. Dabei kann es dahinstehen, ob das Amtsgericht für den Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses gemäß § 828 Abs. 2, 2. Alt., §
23 Satz 2 ZPO [X.] zuständig war. Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde jedenfalls, dass bezüglich der gepfändeten Zahlungsansprüche [X.] be-steht.

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a) Die [X.] ist eine Ausprägung des Grundsatzes der [X.]immunität, der aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der [X.] folgt. Es besteht eine allgemeine Regel des
Völkerrechts im Sinne des Art.
25 GG, wonach die Zwangsvollstreckung durch den [X.] aus ei-nem Vollstreckungstitel gegen einen fremden Staat, der über ein nicht hoheitli-ches Verhalten (acta iure gestionis) dieses Staates ergangen ist, in dessen Vermögensgegenstände
ohne seine Zustimmung unzulässig ist, soweit diese im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen. Ob ein Vermögensgegenstand
hoheitlichen Zwe-cken dient, richtet sich danach, ob er für eine hoheitliche Tätigkeit verwendet werden soll. Die Abgrenzung zwischen hoheitlichen oder nicht hoheitlichen Zwecken ist mangels entsprechender Kriterien im allgemeinen Völkerrecht grundsätzlich
nach der Rechtsordnung des [X.]s vorzunehmen
([X.], NJW 2012, 293, 295; [X.], Beschluss vom 4.
Juli
2013

VII ZB 63/12, NJW-RR 2013, 1532 Rn. 10 ff.;
jeweils m.w.[X.]).
Nach [X.] Verständnis unterfallen unter anderem kulturelle Ein-richtungen ausländischer [X.] der [X.]. Zur Wahrneh-mung ausländischer Gewalt gehört auch die vom Staat abhängige Repräsenta-tion von Kultur und Wissenschaft
im Ausland ([X.], Beschluss vom 1.
Oktober 2009

[X.], [X.], 769 Rn. 26 m.w.N; vgl. auch [X.], Urteil vom 3.
Februar 2012, [X.] (Germany v. [X.], [X.] intervening), I.C.J. Reports
2012, 99
Rn. 119, abrufbar unter http://www.icj-cij.org/docket/files/143/16883.pdf).
b) Bei dem Betrieb der [X.] [X.] Griechenland
in [X.]
handelt es sich um eine kulturelle Einrichtung der Schuldnerin.

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Entgegen der Auffassung des [X.] erfüllen Auslands-schulen nicht nur Gemeinwohlinteressen des Staates, in dem die Schule betrie-ben wird, indem sie als Ersatz für eine im Land grundsätzlich vorgesehene öf-fentliche Schule eine verfassungsrechtlich anerkannte öffentliche Aufgabe des Erziehungs-, Bildungs-
und Ausbildungswesen verwirklichen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juli 1988

III ZR 134/87, NJW 1989, 216, 218; [X.] in Maunz/[X.], GG (2013), Art. 7 Rn. 111, 112).
Auslandsschulen dienen darüber hinaus dem Zweck, einen Beitrag zur Förderung von Sprache und Kultur des ausländischen Staates im jeweiligen [X.] zu erbringen. Demgemäß haben sich die [X.] und die Schuldnerin mit ihrem Kulturabkommen vom 17. Mai 1956 ([X.] [X.]) verpflichtet, die Gründung von kulturellen Instituten des anderen [X.] zur Erlernung der jeweiligen Sprache zuzulassen und zu fördern, Art. 5 des Kulturabkommens, und sich wechselseitig im Falle von Einschränkungen der Tätigkeiten von Auslandsschulen bei der [X.] zu unterstützen, Art. 12 des Kulturabkommens.
Die Ansprüche auf Auszahlung von Zuschüssen für den
Personal-
und Schulaufwand nach dem [X.] Schulfinanzierungsgesetz dienen der Aufrechterhaltung des Betriebs einer Auslandsschule und mithin einem hoheitli-chen Zweck.
3. Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.] nach § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Recht-sprechung der obersten Gerichtshöfe des [X.] ([X.]) war nicht veran-lasst. Eine Abweichung von den Entscheidungen des [X.]arbeitsgerichts vom 10. April 2013 -
5 [X.], -
5 [X.] und -
5 [X.] (NJW 2013, 2461)
sowie vom 25. April 2013

2 [X.] ([X.] 2013, 1835)
ist

entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdegegnerin

nicht gegeben.
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7
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Nach den Entscheidungen des [X.]arbeitsgerichts soll
weder das Vertrags-verhältnis zwischen der Auslandsschule und ihren Lehren noch die Tätigkeit der Lehrer an Auslandsschulen als hoheitlich zu bewerten
sein. Das Dienstverhält-nis der Lehrer an einer Auslandsschule sei nicht Ausdruck der Souveränität des Staates nach innen oder außen in einem für diese Bestimmung maßgebenden Sinne. Diese Einordnung besagt jedoch nichts über die Qualifikation der von der Schuldnerin in [X.] betriebenen Schule als kulturelle Einrichtung, deren Betrieb durch den gepfändeten Anspruch auf Zahlung eines staatlichen Zuschusses gewährleistet wird.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Eick
Safari Chabestari
Halfmeier

Kartzke

Jurgeleit
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.12.2012 -
M 2853/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 17.04.2013 -
1 [X.] -

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Meta

VII ZB 24/13

25.06.2014

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2014, Az. VII ZB 24/13 (REWIS RS 2014, 4593)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4593

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 AZR 79/12

5 AZR 78/12

2 AZR 960/11

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