Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2009, Az. IX ZR 98/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2851

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 25. Juni 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja[X.] §§ 91, 116; HGB § 355 [X.] und des kausalen [X.]s aus dem Kontokorrent führt nicht zum Rechtserwerb des [X.], wenn die [X.] erst mit der Insolvenzeröffnung erlischt (Aufgabe von [X.] 70, 86). [X.], [X.]eil vom 25. Juni 2009 - [X.]/08 - [X.] LG Köln
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2009 durch [X.] [X.] und [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 30. April 2008 aufgehoben, soweit es zu seinem Nachteil ergangen ist. Die [X.] der Beklagten gegen das vorbezeichnete [X.]eil wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des [X.] wird das [X.]eil der 18. Zivilkammer des [X.] vom 18. Oktober 2007 abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter Einbeziehung des bereits zuge-sprochenen Betrages an den Kläger insgesamt 87.272,32 • nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2005 zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Im Verfahren zur Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen der Schuldnerin erlegte das Amtsgericht ihr am 21. Januar 2003 ein allgemeines Verfügungsverbot auf und bestellte in der Person des [X.] einen vorläufigen 1 - 3 - Insolvenzverwalter. Am 1. April 2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt. 2 Die Schuldnerin führte ein Autohaus, welches Kraftfahrzeuge der Beklag-ten, Rechtsnachfolgerin der [X.], vertrieb. Die Schuldnerin bediente sich zur Einkaufsfinanzierung der [X.], an welche sie ihre derzeitigen und künftigen Forderungen gegen die F.

AG mit einem Rahmenvertrag vom 27. Februar 2002 zur Sicherung abtrat. Diese Forderungen der Schuldne-rin, die insbesondere aus Boni und Prämien entstanden, erfasste die Rechts-vorgängerin der Beklagten auf einem Verrechnungskonto, in welches auch [X.] der Schuldnerin aus Warenlieferungen, [X.] und anderen Gründen eingestellt wurden. Am 10. Januar 2003 legte die F.
Bank die Sicherungsabtretung der Schuldnerin gegenüber der [X.] offen und bat um Überweisung des Guthabens der Schuldnerin auf eines ihrer Konten, was die Rechtsvorgängerin der Beklagten am 28. März 2003 - nach Anordnung des allgemeinen Verfü-gungsverbotes - in Höhe von 71.467,97 • veranlasste. Noch im März 2003 er-teilte die Beklagte der Schuldnerin einen Rechnungsabschluss des fortgeführ-ten [X.], der auch Ausdruck in dem Kontoauszug der Beklagten vom 7. April 2003 durch den Hinweis auf "geschlossene Positionen vom 28. März 2003" fand. 3 Am 15. September 2004 wies das nach Eröffnung des Insolvenzverfah-rens von der F.

AG weiter geführte Verrechnungskonto der Schuldne-rin erneut ein Guthaben von 15.804,35 • aus, wobei die ältesten Rechnungen der Schuldnerin vom 1. April 2003 datierten. Die Beklagte hat diesen Betrag 4 - 4 - nicht ausgeglichen und sich darauf berufen, dass schlüssiger Vortrag des [X.] zu den einzelnen Forderungen des [X.] fehle. 5 Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung von 15.804,35 • nebst Zinsen nach dem Stande des [X.] vom 15. September 2004 verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Die wechselseitigen Rechtsmittel nach Maßgabe der erstinstanzlichen Beschwer hat das Berufungsgericht zu-rückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht in diesem Umfang zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Berufungsantrag weiter, soweit er [X.] ist. Die Beklagte erstrebt mit ihrer [X.] weiterhin die vollum-fängliche Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet; die [X.] nicht. 6 [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe das Gut-haben der Schuldnerin entsprechend dem Rechnungsabschluss vom März 2003 durch Überweisung von 71.467,97 • an die [X.] vor Insolvenzeröff-nung schuldbefreiend ausgeglichen. Durch den Rechnungsabschluss habe eine abstrakte Saldoforderung begründet werden sollen, deren Anerkenntnis hier zumindest konkludent dadurch erfolgt sei, dass nunmehr das in dem [X.] Kontoauszug ausgewiesene "Guthaben" eingefordert werde. Die [X.] habe durch die Vorausabtretung der Schuldnerin vom 27. Februar 2002 7 - 5 - die Inhaberschaft der künftigen Forderungen erlangt, die bis zur Insolvenzeröff-nung zugunsten der Zedentin gegenüber der Beklagten und ihrer Rechtsvor-gängerin entstanden seien. Die Vorausabtretung sei durch die Anordnung des allgemeinen [X.] vom 21. Januar 2003 nicht berührt worden. Die Masse sei vor Verlusten, die durch Vorausabtretung künftiger Forderungen eintreten, trotz Anordnung einer Verfügungsbeschränkung nur durch die Mög-lichkeit der Insolvenzanfechtung geschützt; denn das Entstehen der im voraus abgetretenen Forderung gehöre nicht mehr zum Verfügungstatbestand. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens könne dagegen ein Abtretungsempfän-ger zu Lasten der Masse keine vom Schuldner im Voraus abgetretene Forde-rung mehr erwerben. Der Rechnungsabschluss, den die Rechtsvorgängerin der Beklagten am 15. September 2004 erstellt habe, beruhe auf einer konkludenten [X.] mit dem Kläger und rechtfertige den zusprechenden Teil des landgerichtlichen [X.]eils. I[X.] Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Diese nimmt die ursprüngliche Wirksamkeit der zwischen Schuldnerin und [X.] 2002 vereinbarten Globalabtretung hin, meint aber, das der Schuldnerin am 21. Januar 2003 vor Erteilung des Rechnungsabschlusses auferlegte [X.] habe dem Rechtsübergang an die Abtretungsempfängerin entgegengestanden. Das erweist sich im Ergebnis als zutreffend. 8 Das Berufungsgericht hat den Inhalt der Abreden zwischen der Schuld-nerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten revisionsrechtlich bindend als echtes kaufmännisches Kontokorrent (§ 355 HGB) ausgelegt. Eine [X.] gegen diese Feststellung ist nicht erhoben worden. Die Schuldnerin selbst war nach Anordnung des allgemeinen [X.] gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, §§ 24, 81 [X.] nicht mehr im Stande, einen schuldumschaffenden Rechnungsabschluss der Beklagten anzuerkennen und damit eine neue Saldo-forderung zu begründen. Die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderun-gen, die durch das [X.] untergegangen wären (vgl. [X.] 141, 116, 120 m.w.N.), waren grundsätzlich nicht selbständig abtretbar, solange die Kontokorrentbindung zwischen den Beteiligten bestand. Das gilt auch für die kausale Forderung auf den [X.] aus dem Kontokorrent. Die Vorausab-tretung dieser Forderungen scheiterte mithin an der weiterwirkenden Kontokor-rentbindung (vgl. [X.] 58, 257, 260; 70, 86, 92; 73, 259, 263 unter [X.] 3.; 170, 206, 213 Rn. 19). Die [X.] zwischen der Schuldnerin und der Beklagten erlosch erst nach den §§ 115, 116 [X.] mit der Eröffnung des Insolvenzverfah-rens (vgl. [X.] 70, 86, 93; 157, 350, 356 a.E. f; 170, 206, 213 Rn. 19). [X.] wirkte jedoch bereits die Beschränkung des § 91 [X.], nach welcher an den Gegenständen der Insolvenzmasse - hier den bisher kontokorrentgebun-denen Einzelforderungen und dem kausalen [X.] - Rechte nicht wirk-sam erworben werden können. Der masseschützende Zweck des § 91 [X.] setzt das Wort "nach" des Gesetzestextes in Beziehung zu dem gesamten Ver-fahren, welches mit dem Eröffnungsbeschluss beginnt. Es wäre deshalb zweckwidrig, wenn aus diesem Zeitraum der Zeitpunkt des Beginns als juristi-sche Sekunde ausgeschlossen bliebe ([X.], Handelsrecht 24. Aufl. § 25 Rn. 53; vgl. auch [X.]/[X.]/Windel, § 91 Rn. 60 bei [X.]. 226; [X.], Insolvenzrecht 4. Aufl. Rn. 10.24). 10 - 7 - Der Senat gibt damit die vereinzelt gebliebene Entscheidung des früher für das Konkursrecht zuständigen VII[X.] Zivilsenats vom 7. Dezember 1977 ([X.] 70, 86, 94 f; zustimmend MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 91 Rn. 27; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] § 91 Rn. 35 f; HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 91 Rn. 21; HmbKomm-[X.]/Kuleisa, 3. Aufl. § 91 Rn. 13; [X.], [X.] 12. Aufl. § 91 Rn. 14; [X.]/[X.]/[X.], [X.] § 91 Rn. 19; [X.], Insolvenzrecht § 91 Rn. 44; [X.], [X.] 2. Aufl. § 91 Rn. 5; mit anderer Begründung auch [X.]/Windel, [X.] § 91 Rn. 60), nach welcher der kausale Saldoanspruch aus dem mit der Konkurseröffnung beendeten Kontokorrent ge-genüber dem [X.] sein sollte, für den An-wendungsbereich des § 91 [X.] auf. Die vorbezeichnete Auslegung von § 15 KO steht nicht in Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung, welche das Er-werbsverbot des § 91 [X.] nur dann zurücktreten lässt, wenn der Dritte bereits vor der Insolvenzeröffnung eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der ihm abgetretenen oder verpfändeten Forderung erlangt hat ([X.] 167, 363, 365 Rn. 6; [X.], [X.]. v. 8. Januar 2009 - [X.] ZR 217/07, [X.], 380, 382 Rn. 28). Über eine solche Position verfügte die F.

Bank bis zur Eröffnung des [X.] über das Vermögen der Schuldnerin nicht. Der allein entschei-dende (starke) vorläufige Insolvenzverwalter der Schuldnerin und die Beklagte, welche die laufende Rechnung fortgeführt haben, konnten vielmehr bis zur Be-endigung des [X.] durch weitere Verfügungen innerhalb desselben einen kausalen Saldoanspruch der Schuldnerin beseitigen (anders die Annah-me in [X.] 70, 86, 95 unten). 11 Hat der Kläger nachträglich, wie das Berufungsgericht annimmt, durch die Klageerhebung dem Rechnungsabschluss von Ende März 2003 zuge-stimmt, ändert sich daran nichts. Die konkludente Genehmigung des [X.] brachte den Anerkenntnisvertrag über den Rechnungsabschluss von Ende 12 - 8 - März 2003 erst mit ihrer Erteilung zu Stande. Der Kläger hat keine schon vorlie-gende Erklärung nachträglich als Dritter gemäß § 182 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB genehmigt (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 15. Januar 2009 - [X.] ZR 237/07, [X.], 485, 486 Rn. 13). Vor der Insolvenzeröffnung hätte insoweit nur der allein ent-scheidende vorläufige Insolvenzverwalter handeln können, zu dessen Verhalten nichts vorgetragen und vom Berufungsgericht nichts festgestellt worden ist. Es kommt also nicht in Betracht, dass die abstrakte Saldoforderung des [X.] von Ende März 2003 durch Genehmigung des [X.] be-reits vor der Insolvenzeröffnung als entstanden gilt und dann trotz der Verfü-gungsbeschränkung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, §§ 24, 81 [X.] von der [X.] möglicherweise auch hätte erworben werden können. Die Streitfra-ge, die das Berufungsgericht zur Zulassung der Revision bewogen hat, ob die Grundsätze von [X.] 135, 140, 144 (vgl. auch [X.] 174, 297, 305 Rn. 27) auf die Verhängung eines allgemeinen Verfügungsverbots nach der [X.] zu übertragen sind (bejahend etwa MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. Vor §§ 49-52 Rn. 31; verneinend [X.], [X.] 12. Aufl. § 24 Rn. 2 f; kri-tisch auch HK-[X.]/Kirchhof, [X.] 5. Aufl. § 24 Rn. 8), ist demnach nicht ent-scheidungserheblich.
Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Klageforderung nach § 91 [X.] vollen Umfanges der Masse zusteht, ist das Berufungsurteil im Umfange des klägerischen Unterliegens aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Erkenntnisses insoweit antragsgemäß zu verurteilen. 13 - 9 - II[X.] 14 Die [X.] bleibt ohne Erfolg. 15 1. Die [X.] ist nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO dann, wenn die Revision für den [X.] nicht zugelassen worden ist, jedenfalls unter der Voraussetzung statthaft, dass sie einen Anspruch zur Überprüfung stellt, welcher mit dem Streitgegenstand der Hauptrevision in unmittelbarem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht ([X.], [X.]. v. [X.] 2006 - [X.], NJW 2007, 997, 998 Rn. 6; zum alten Recht vgl. be-reits [X.] 148, 156, 159 f; siehe außerdem [X.], [X.]. v. 30. September 2003 - [X.], [X.], 2286, 2287; [X.] 155, 189, 191 f; [X.], [X.]. v. 23. November 2005 - [X.], [X.], 1794). Dieser Zusammenhang zwischen den Forderungen des [X.] aus den [X.] vom März 2003 und vom 15. September 2004 liegt vor. 2. Die Beklagte beanstandet die Annahme des Berufungsgerichts, der Rechnungsabschluss ihrer Rechtsvorgängerin vom 15. September 2004 beruhe auf einer konkludenten [X.] mit dem Kläger. Ihre hiergegen er-hobene [X.] greift jedoch nicht durch. Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin haben unbeschadet der Folgen des § 116 [X.] die laufende Rechnung mit der Schuldnerin auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einseitig fortgeführt und der Kläger hat diese Verfahrensweise genehmigt, in-dem er sich den Rechnungsabschluss vom 15. September 2004 als Klage-grundlage zu eigen gemacht hat. Infolge der Kontokorrentbindung kommt es nicht mehr darauf an, ob bereits die ersten in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen der Schuldnerin zugunsten der Masse entstanden sind. 16 - 10 - 3. Den Zinsausspruch des Berufungsurteils kann die Anschließung nicht mehr wegen unbestimmter Mahnung des [X.] angreifen, weil die Beklagte mit entsprechendem Sachvortrag in der Berufungsinstanz den geltend gemach-ten Verzugszinsen nicht entgegengetreten ist. 17 [X.] Raebel [X.]

Pape [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.10.2007 - 18 O 117/07 - [X.], Entscheidung vom 30.04.2008 - 2 U 106/07 -

Meta

IX ZR 98/08

25.06.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2009, Az. IX ZR 98/08 (REWIS RS 2009, 2851)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2851

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 U 106/07

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.