Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.05.2021, Az. 6 StR 132/21

6. Strafsenat | REWIS RS 2021, 6168

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Gegenstand

Gefährliche Körperverletzung: Strafbarkeit versuchter Tatbegehung nach Vollendung mehrerer Qualifikationsmerkmale durch dieselbe Tat


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 3. November 2020 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch im Fall II. 2. b) dahin geändert, dass die Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung entfällt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Körperverletzung, und wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. [X.] zur ausgeurteilten gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) stehenden versuchten gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) im Fall II. 2. b) der Urteilsgründe hat zu entfallen.

3

a) Nach den Feststellungen schlug der Angeklagte die Nebenklägerin mit einer 30 cm langen [X.] heftig auf den linken Arm und mit einem Sportschuh mit harter Gummisohle in das Gesicht. Den Schlag mit einer Glasflasche (0,33 l) gegen den Kopf der Nebenklägerin, zu dem der Angeklagte auf der am Boden liegenden Nebenklägerin sitzend bereits ausgeholt hatte, konnte ein Zeuge durch sein Eingreifen verhindern.

4

b) Wird dieselbe Person durch mehrere Handlungen des [X.] verletzt, handelt es sich nur um eine Tat im Rechtssinne, wenn die einzelnen Akte - wie hier - in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, ohne dass wesentliche Zäsuren eintreten, und mit der Mehrheit der Handlungen das tatbestandliche Unrecht intensiviert wird (vgl. [X.], Beschluss vom 17. April 2019     - 5 StR 32/19, [X.], 471 Rn. 2; Urteil vom 16. Mai 1990 - 2 [X.] Rn. 12; LK-StGB/[X.], 13. Aufl., vor § 52 Rn. 41). Die Vollendung der Tat ist dann als speziellere Gestaltung gegenüber dem Versuch desselben Delikts zu verstehen und verdrängt den Versuch (vgl. BeckOK-StGB/v. [X.], Stand 2/2021, § 52 Rn. 13; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 52 Rn. 9).

5

c) Nichts anderes gilt, wenn der Täter im Rahmen der fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung eine weitere [X.] versucht. Denn zwischen den gleichwertigen Tatmodalitäten desselben [X.] scheidet gleichartige Idealkonkurrenz (§ 52 Abs. 1 Alt. 2 StGB) aus, unabhängig davon, in welcher Weise die Tatmodalitäten aufgezählt sind (vgl. [X.], Beschluss vom 24. März 1994 - 4 [X.]; NJW 1994, 2034, m. [X.], [X.], 125). Das dem versuchten Schlag mit der Flasche gegen den Kopf innewohnende Handlungsunrecht wäre im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen (§ 46 Abs. 2 StGB). Deshalb schließt der Senat aus, dass die abweichende Bewertung des Tatgeschehens die Strafkammer veranlasst hätte, eine mildere Freiheitsstrafe zu verhängen.

6

2. Der [X.] ist nicht um den Anrechnungsmaßstab von in [X.] erlittener Auslieferungshaft zu ergänzen (vgl. § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB). Denn aus den Urteilsgründen ergibt sich nicht, dass gegen den Angeklagten in [X.] Auslieferungshaft verhängt worden war (vgl. [X.], Beschluss vom 17. März 1988 - 1 [X.], [X.]St 35, 238, 241); eine Verfahrensrüge ist insoweit nicht erhoben.

7

Die von dem [X.] beantragte und mit einem Verwerfungsantrag gemäß § 349 Abs. 2 StPO verknüpfte Ergänzung des [X.]s steht einer Verwerfung des Rechtsmittels durch Beschluss nicht entgegen, weil Schuld- und Strafausspruch hierdurch nicht berührt wären (vgl. [X.], Beschluss vom 17. September 2008 - 2 [X.], [X.], 384). Daran ändert der Umstand nichts, dass sich der [X.] auch auf Absatz 4 des     § 349 StPO bezogen hat (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Juli 1993 - 2 [X.], [X.]R StPO § 349 Abs. 2 Antrag 1).

8

3. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Sander     

        

Schneider     

        

König 

        

Fritsche     

        

von [X.]     

   

Meta

6 StR 132/21

05.05.2021

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Braunschweig, 3. November 2020, Az: 4 KLs 55/20

§ 22 StGB, § 23 StGB, § 46 Abs 2 StGB, § 52 Abs 1 Alt 2 StGB, § 224 Abs 1 Nr 2 StGB, § 224 Abs 1 Nr 5 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.05.2021, Az. 6 StR 132/21 (REWIS RS 2021, 6168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6168

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Referenzen
Wird zitiert von

6 StR 435/22

Zitiert

5 StR 32/19

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