Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. I ZB 62/17

I. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9391

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:090518BIZB62.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]/17
vom
9. Mai 2018
in der Rechtsbeschwerdesache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Auswärtiger Rechtsanwalt IX
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1
Ist die Hinzuziehung eines auswärtigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig im Sinne von §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO, führt dies lediglich dazu, dass die Mehrkosten, die gegenüber der Beauftragung von bezirksansässigen Prozessbevollmächtigten entstanden sind, nicht zu erstatten sind. Tatsächlich angefallene Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts sind deshalb insoweit erstattungsfähig, als sie auch dann entstanden wären, wenn die obsiegende [X.] einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort in-nerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte.
[X.], Beschluss vom 9. Mai 2018 -
I [X.]/17 -
OLG [X.] am Main

LG [X.] am Main

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 9. Mai 2018 durch [X.]
Dr.
Koch,
Prof.
Dr.
Schaffert, Prof.
Dr.
[X.], [X.] und die Richterin Dr.
Schmaltz

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des 6.
Zivilsenats des [X.]s [X.] am Main vom 19.
Juni 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die
Kosten des [X.], an das Beschwerdegericht zurückver-wiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 368

festgesetzt.

Gründe:
[X.] Der Kläger ist der in [X.] ansässige Verband

,

, zu dessen satzungsmäßigen
Aufgaben es gehört, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu wahren und im Zusammenwirken mit den zuständigen Stellen der Rechtspflege den lauteren [X.] zu fördern. Er beauftragte in einem wettbewerbsrechtlichen Streit mit der [X.] eine [X.]er Rechtsanwältin, die für ihn den Rechtsstreit vor dem Land-gericht und dem [X.] [X.] am Main führte. Im Termin zur mündli-chen Verhandlung vor dem Berufungsgericht
erkannte die
Beklagte den [X.]
-
3
-
sungsanspruch an. In dem daraufhin ergangenen Anerkenntnisurteil wurden der
[X.] die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger beantragt, die
Reisekosten seiner [X.]er Prozessbevollmächtigten zum Verhandlungstermin in [X.] sowie [X.], hilfsweise die tatsächlich angefallenen Reisekosten bis zur höchstmöglichen Entfernung im [X.]s-
bzw.
[X.] [X.] festzusetzen. Das [X.] hat dem Hauptantrag entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde der
Beklagten hat das [X.] den [X.] aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Das [X.] hat die Reisekosten daraufhin im Kostenfestsetzungsbeschluss abgesetzt; fiktive Reisekosten seien nicht zu berück-sichtigen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des [X.]
ist ohne Erfolg geblieben.
Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbe-schwerde des [X.], mit der
er seinen Hilfsantrag aus dem [X.] weiter verfolgt.
I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Die Beurteilung des [X.] hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts der obsiegenden [X.], der nicht im Bezirk des [X.] niedergelassen ist und am Ort des [X.] auch nicht wohnt, nur insoweit zu erstatten, als die Zu-ziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung [X.] war. Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Maßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in 2
3
4
5
-
4
-
keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Ein-zelfall darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfol-gungs-
oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht ([X.], [X.] vom 12. September 2013 -
I
ZB
40/13, juris Rn. 5 [X.]; Beschluss vom 27.
Februar 2018 -
II ZB 23/16, [X.], 727
Rn.
10).

Um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder verteidigung handelt es sich im Allgemeinen, wenn eine vor einem auswärtigen [X.] klagende oder verklagte [X.] einen an ihrem Wohn-
oder Geschäftsort ansäs-sigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt. Eine Ausnahme besteht indes-sen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes [X.] für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird ([X.], Beschluss vom 2. Oktober 2008 -
I
ZB
96/07, [X.], 191 Rn.
7 = WRP 2009, 67 -
Auswärtiger Rechtsanwalt VII, [X.]). Das ist unter anderem regel-mäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen [X.] -
wie hier -
um einen rechtsfähigen
Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen (§
8 Abs.
3 Nr. 2 UWG) handelt ([X.], [X.], 191 Rn. 8
f. -
Aus-wärtiger Rechtsanwalt VII, [X.]).
Mit Recht hat das Beschwerdegericht danach in seinem auf die sofortige Be-schwerde der Beklagten ergangenen Beschluss angenommen, dass es für den Klä-ger nicht notwendig war, mit der Verfolgung eines Wettbewerbsverstoßes (§ 3 UWG) eine Rechtsanwältin zu beauftragen, die nicht im Bezirk des [X.] nieder-gelassen ist. Ihre tatsächlichen Reisekosten zu den [X.] sind deshalb keine notwendigen
Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
September 2005 -
IV
ZB
11/04, [X.], 301, 303
[juris Rn.
17]; [X.],
[X.], 191 Rn.
9 -
Auswärtiger Rechtsanwalt VII; [X.], [X.] vom 12.
Dezember 2012 -
IV
ZB
18/12, [X.] 2013, 242
Rn.
14). [X.] verfolgt der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde nur noch seinen 6
7
-
5
-
Hilfsantrag aus dem Kostenfestsetzungsverfahren weiter
und begehrt die Erstattung fiktiver Reisekosten einer im Bezirk der Prozessgerichte niedergelassenen Rechts-anwältin.
2.
Ob die
Reisekosten zumindest in Höhe der fiktiven
Reisekosten eines Be-vollmächtigten mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig sind, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
a) Bereits höchstrichterlich geklärt ist die Frage, in welcher Höhe die Reise-kosten eines Rechtsanwalts
erstattet werden können, dessen Zuziehung zur [X.] Rechtsverfolgung notwendig war und der eine [X.] vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, und der selbst weder am [X.]sort noch am Wohn-
oder Geschäftsort der [X.] ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"). Als notwendig und damit erstattungsfähig anzusehen sind Reisekos-ten in diesen Fällen regelmäßig
bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn-
oder Geschäftsort der [X.] ansässigen Rechtsanwalts (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Januar 2007

I
ZB 42/06, [X.], 726 Rn. 13 = [X.], 957

Auswärtiger Rechtsanwalt
VI). Denn darf bei einem Streitfall eine vernünftige und kostenbewusste [X.] den für sie einfacheren und naheliegenden Weg wählen, einen
an ihrem Wohn-
oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt als Bevollmäch-tigten zu beauftragen, ist sie, soweit dessen Reisekosten nicht überschritten werden, nicht daran gehindert, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder vertei-digung einen an einem dritten Ort ansässigen Rechtsanwalt ihres Vertrauens zu be-auftragen ([X.], Beschluss vom 18.
Dezember 2003 -
I [X.], [X.], 447
[juris Rn.
8]

Auswärtiger Rechtsanwalt III; [X.], [X.], 726 Rn.
13 -
Auswär-tiger Rechtsanwalt
VI,
[X.]; [X.], Beschluss vom 21.
Dezember 2011 -
I
ZB
47/09, NJW-RR 2012, 381 Rn.
9 -
Rechtsanwalt an einem dritten Ort).
8
9
-
6
-
b) Zur Frage der Erstattung von Reisekosten eines nicht im
Gerichtsbezirk niedergelassenen
Rechtsanwalts, dessen Hinzuziehung nicht gemäß §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO notwendig war, vertritt das Beschwerdegericht die Ansicht, die Regelung in §
91 Abs.
2 Satz
1
ZPO diene allein der Gleichbehandlung aller in einem Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. [X.] Beauftragung solle
ungeachtet der Entfernung vom Gericht ohne Nachteile im Rahmen der Kostenerstattung erfolgen können. Nach der Gesetzesbegründung tra-ge die Regelung der "Ortsbezogenheit" Rechnung (BT-Drucks. 16/3837, [X.]). Die-ser Zweck rechtfertige auch bei ähnlicher oder gar geringerer Entfernung die -
vom Gesetzeswortlaut klar vorgenommene -
Unterscheidung zwischen den innerhalb des [X.] und den außerhalb des [X.] niedergelassenen Rechtsanwälten. Entspre-chend dem Wortlaut der Vorschrift seien Reisekosten des auswärtigen Rechtsan-walts deshalb nur erstattungsfähig, wenn dessen Hinzuziehung notwendig gewesen sei (vgl.
auch
OLG Celle, NJW 2015, 2670; OLG [X.], Beschluss vom 16.
No-vember 2015 -
6
W
100/15, juris; [X.], [X.], 1417; [X.] in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., §
91 Rn.
18; [X.], [X.], 500, 515
f.).
c) Nach der Gegenansicht ist das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit im Sinne des §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO einschränkend auszulegen
(vgl. OLG [X.], Beschluss vom 23.
März 2015 -
25 W 17/15, juris; [X.], NJW 2015, 3311; [X.], [X.], 184; LG [X.], NJW 2015, 498; [X.], Stand: 1.
Dezember 2017, §
91 Rn.
168; [X.] in Prüt-ting/Gehrlein, ZPO, 9.
Aufl., §
91 Rn.
5; [X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., §
91 Rn.
13 "Reisekosten"; [X.], NJW 2015, 3313 und NJW 2017, 307, 308
f.; [X.], NJW 2015, 499). Könnten
Reisekosten gemäß §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
1 ZPO in voller Höhe und ohne eine Notwendigkeitsprüfung erstattet verlangt werden, wenn ein im Gerichtsbezirk niedergelassener Rechtsanwalt beauftragt werde, verbiete es sich, der
obsiegenden
[X.], die sich durch einen auswärtigen Rechtsanwalt vertre-ten lasse, ohne dass dies notwendig im Sinne von §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 10
11
-
7
-
ZPO gewesen sei, eine Kostenerstattung vollständig zu versagen. Nur die Mehrkos-ten, die dadurch entstehen, dass die Reise über den Gerichtsbezirk hinaus führe, verstießen
gegen das Gebot zur Kostenersparnis (vgl. [X.], NJW 2015, 499, 500). In diesem Fall seien deshalb fiktive Reisekosten bis zur Höhe der weitesten Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig.
d) Der [X.] schließt sich
der zuletzt genannten Auffassung an.
Tatsächlich angefallene Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts sind insoweit notwendig im Sinne von
§
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO und damit erstattungsfähig,
als sie auch dann entstanden wären,
wenn die obsiegende [X.]
eine Rechtsanwältin
mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des [X.] hätte.
Das entspricht der Auslegung des Tatbestandsmerkmals
der Notwen-digkeit in §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO
zur
Erstattungsfähigkeit von Reisekos-ten des "Rechtsanwalts am dritten Ort"
(vgl. [X.], [X.], 447 [juris Rn.
8]

Auswärtiger Rechtsanwalt III). Ist die
Hinzuziehung der auswärtigen Rechtsanwältin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig im Sinne von §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO, führt dies lediglich dazu, dass die Mehrkosten, die gegenüber der Beauftragung von bezirksansässigen Prozessbevollmächtigten ent-standen sind, nicht erstattet verlangt werden können, die Erstattung aber nicht [X.] versagt werden
kann.
aa) Die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des Rechtsanwalts der obsie-genden [X.] unterliegt nach dem Wortlaut des §
91 Abs.
2 Satz
1 ZPO nur dann einer Notwendigkeitsprüfung, wenn der Rechtsanwalt weder am Gerichtsort wohnt noch im Bezirk des [X.] niedergelassen ist. Reisekosten eines im [X.]sbezirk
-
nicht notwendig am Gerichtsort
-
niedergelassenen oder wohnhaften Rechtsanwalts kann die obsiegende [X.] dagegen ausnahmslos
erstattet verlan-gen
(vgl.
[X.], NJW 2015, 3311,
3312; [X.], [X.], 184; [X.], [X.], 1417; [X.], NJW 2017, 307; offengelassen in
[X.], 12
13
-
8
-
Beschluss vom 13.
September 2011 -
VI [X.], NJW 2011, 3520 Rn.
6; aA MünchKomm.ZPO/[X.], ZPO, 5. Aufl., §
91 Rn.
65).
bb) Die Frage, ob
Mehrkosten für die Anreise eines auswärtigen Rechtsan-walts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, stellt sich
des-halb
erst und allein für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten ab der Gerichtsbe-zirksgrenze (vgl. [X.] aaO
§
91 Rn.
168b). Darf eine [X.] bei einem Streitfall einen im Bezirk des [X.] niedergelassenen Rechtsanwalt beauftragen, ist sie,
soweit dessen Reisekosten nicht überschritten werden, nicht daran gehindert, auch die tatsächlichen Reisekosten
des von ihr beauftragten, nicht am Gerichtsort ansässigen
Rechtsanwalt ihres Vertrauens erstattet zu bekommen; das gilt auch dann, wenn die Beauftragung selbst nicht im Sinne von §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO notwendig war.
Schutzwürdige Belange der gegnerischen [X.], nicht mit zusätzlichen Kosten belastet zu werden, sind wegen der Begrenzung der Kostenerstattung auf -
maximal
-
die Reisekosten eines im Bezirk des [X.] niedergelassenen Rechtsanwalts, mit denen sie immer rechnen muss, nicht
betroffen (vgl. [X.],
[X.],
447 [juris Rn.
8] -
Auswärtiger Rechtsanwalt III zur Erstattung fiktiver Reisekosten des "Rechtsanwalts am dritten Ort").
cc) Dagegen spricht nicht eine vom Beschwerdegericht angeführte "Ortsbezo-genheit". Die zitierte Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/513, S.
19) bezog sich auf die Änderungen von §
78c Abs.
1 ZPO und §
121 Abs.
3 ZPO. Erst die Empfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 16/3837, S.
27) führte zur
Änderung auch von §
91 Abs.
2 Satz
1 ZPO. Danach soll
nunmehr
wegen des Fortfalls der Zulassung der Rechtsanwälte bei Gericht
nicht darauf abgestellt werden, ob der Anwalt beim Pro-zessgericht zugelassen, sondern darauf, ob er in dem Bezirk des [X.] niedergelassen ist. Eine Schlechterstellung von außerhalb des Gerichtsbezirks an-sässigen Rechtsanwälten
war vom Gesetzgeber auch mit
der Streichung des §
92 Abs.
2 Satz
2 ZPO aF nicht beabsichtigt
(vgl. BT-Drucks. 15/1971, [X.]) und wäre 14
15
-
9
-
mit Blick auf Art.
3 Abs.
1 GG verfassungsrechtlich bedenklich
gewesen.
Ein für eine solche Ungleichbehandlung notwendiger sachlicher Grund
(vgl. [X.] 130, 240, 252
f. [X.]), der es rechtfertigen könnte, einer [X.], die
einen auswärtigen Rechts-anwalt beauftragt, ohne dass die Hinzuziehung im Sinne von §
91 Abs.
2 Satz 1 Halbsatz
2 ZPO notwendig war, die Erstattung jeglicher Reisekosten ihres [X.] oder ihrer Rechtsanwältin zu versagen, ist nicht ersichtlich.
(1) Die vom Beschwerdegericht angeführte Gleichbehandlung aller in einem Gerichtsbezirk niedergelassenen
Rechtsanwälte rechtfertigt eine Schlechterstellung der außerhalb des [X.] niedergelassenen Rechtsanwälte nicht. Soweit der Rege-lung des §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO ein Schutzgedanke
und damit eine Privi-legierung der im Gerichtsbezirk tätigen Rechtsanwälte
entnommen wird (vgl. [X.], 2670, 2672), widerspricht dies dem mit der Änderung des Lokalisie-rungsprinzips in §
78 ZPO aF zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen. Insofern sollte auch dem Bedarf an persönlichem Kontakt und dem [X.] zwischen der [X.] und dem von ihr ausgewählten Rechtsanwalt Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S.
43, 53; [X.], Beschluss vom 16.
April 2008 -
XII [X.], [X.], 948 Rn.
14; vgl. auch [X.] 103, 1, 16).

(2) Das [X.] der gegnerischen [X.] kann eine Ungleichbehand-lung ebenfalls nicht rechtfertigen.
Nach
§
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
1 ZPO muss sie immer mit der Erstattungspflicht von Reisekosten eines bezirksansässigen [X.] rechnen. Nicht im wohlverstandenen [X.] liegt es, überhaupt keine Reisekosten erstatten zu müssen. Die obsiegende [X.] wäre in jedem Fall berechtigt gewesen, einen im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalt zu be-auftragen mit der Folge, dass dessen Reisekosten ohne eine
Notwendigkeitsprüfung zu erstatten gewesen wären.
16
17
-
10
-
II[X.] Danach ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Das Beschwerdegericht hat -
von seinem Stand-punkt aus folgerichtig -
keine Feststellungen dazu getroffen, ob der
Kläger die gel-tend gemachten fiktiven Reisekosten zutreffend berechnet hat.
Die Sache ist deshalb zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§
577 Abs.
4 Satz
1 ZPO).
Koch
Schaffert
[X.]

[X.]
Schmaltz
Vorinstanzen:
LG [X.] am Main, Entscheidung vom 09.03.2017
-
3-8 O 152/14 -

OLG [X.]
am Main, Entscheidung vom 19.06.2017 -
6 W 33/17 -

18

Meta

I ZB 62/17

09.05.2018

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. I ZB 62/17 (REWIS RS 2018, 9391)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9391

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZB 23/16

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