Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2005, Az. 2 StR 320/04

2. Strafsenat | REWIS RS 2005, 4506

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[X.] vom 15. März 2005 in der Strafsache gegen

wegen Zuhälterei u. a.
- 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. März 2005 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2003 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisi-onsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin [X.]im Revisionsverfahren entstande-nen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend zu den Ausführungen des [X.] merkt der Senat an: 1. Die Verfahrensrügen (§ 244 Abs. 2 und 3 StPO) haben keinen Erfolg. Unter Beweis gestellt wurde nur, daß die Zeugin [X.]

anderen Zeugen mitge-teilt hat, daß sie freiwillig der Prostitution nachging und der Angeklagte nicht auf sie eingewirkt hat, um sie zur Fortsetzung der Prostitution zu bestimmen. Diese Äußerungen der Zeugin durfte die Kammer als bedeutungslos ansehen, da sie davon ausging, daß die Zeugin [X.] freiwillig und ohne einwirkendes Bestimmen des Angeklagten der Prostitution nachging. Soweit in der [X.] als Beweisthema nachgeschoben wird, daß es auch um ein "Dazubringen" im Sinne des § 180 b Abs. 2 Nr. 2 StGB a.F. und die Glaubwür-digkeit der Zeugin gegangen sei, kann sie damit nicht gehört werden. - 3 - 2. Der Schuldspruch ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Tatrichter durfte hinsichtlich des Menschenhandels das [X.] (§ 180 b Abs. 2 Nr. 2 StGB) zugrundelegen. Durch das 37. Strafrechtsänderungsgesetz (vom 11. Februar 2005; in [X.] seit 19. Februar 2005) wurde § 180 b StGB aufgehoben. Dies ist im Revisionsverfahren gemäß § 354 a StPO, § 2 Abs. 3 StGB zu beachten. Doch sind §§ 232, 233, 233 a und 233 b StGB gleichzeitig neu eingefügt worden, wodurch das Verhalten des Angeklagten jetzt erfaßt wird. § 232 StGB (Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung) stellt im Sinne notwendiger Unrechtskontinuität eine Nachfolgeregelung zu § 180 b StGB dar. Es liegt nahe, daß der Angeklagte hier die Voraussetzungen nicht nur des § 232 Abs. 1 StGB n.F., sondern auch die der Qualifikation des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB n.F. (gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat) erfüllt hat. Danach kann ausgeschlossen werden, daß der Tatrichter einen minder schweren Fall gemäß § 232 Abs. 5 StGB n.F. angenommen hätte. Somit ist das neue Recht nicht das mildere Recht (§ 2 Abs. 3 StGB) und es bleibt beim [X.]. 3. Dadurch, daß das [X.] der Urteilsgründe (= An-klagepunkt 7) nur eine Freiheitsstrafe von vier Monaten statt von sechs Mona-ten (oder mehr) wie für die [X.] (= Anklagepunkt 19) und [X.] (= [X.]) verhängt hat, ist der Angeklagte nicht beschwert. 4. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen einen Verstoß gegen [X.] 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu berücksichtigen, der nach Verkündung des [X.] Urteils eingetreten ist. - 4 - Eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung, die eine Strafmilde-rung nach sich zieht, liegt hier jedoch nicht vor. Ein derartiger Verstoß ist durch den Beschluß des Bundesverfassungs-gerichts vom 22. Februar 2005 (2 [X.]) nicht festgestellt. Zum einen befaßt sich dieser Beschluß nicht entscheidungserheblich mit dem Problem einer Strafmilderung, sondern mit Fragen der Haftfortdauer (u.a. §§ 120, 121 StPO), zum anderen geht das Verfassungsgericht bei seinen Berechnungen davon aus, daß der Senat erst am 15. Juni 2005 über alle Revisionen [X.] wird und nicht wie jetzt bereits am 15. März 2005 über die [X.]. Bei der Frage, ob eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vor-liegt, sind insbesondere die Art und Schwere des [X.], die Art und [X.] der Ermittlungen, die Komplexität des Sachverhalts, das Verhalten des [X.] sowie die durch das Verfahren entstehenden Belastungen für den Beschuldigten zu berücksichtigen (vgl. u.a. [X.], [X.], 140). Nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] (vgl. u.a. [X.] in [X.] 1983, 371 f., 379; [X.] in [X.] 2001, 299 f., 301 = auszugsweise in NJW 2002, 2856 f.; [X.] NJW 1993, 3254, 3255; NJW 2003, 2225 f. und 2228 f.; [X.] JZ 2003, 999 ff. und [X.], Beschluß vom 21. Januar 2004 - 2 BvR 1471/03) sind Faktoren, die regelmäßig von Bedeutung sind, insbe-sondere der durch die Verzögerungen der [X.] verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, die Schwere des [X.], der Umfang und die Schwierigkeit des [X.] sowie das Ausmaß der mit der Dauer des schwebenden Verfahrens für den Betroffenen verbundenen besonderen Belastungen. [X.] ist hierbei auch, ob die Sache insgesamt in angemessener Frist ver-handelt worden ist, wobei eine gewisse Untätigkeit innerhalb einzelner [X.] - wobei eine gewisse Untätigkeit innerhalb einzelner Verfahrensabschnitte dann nicht zu einer Verletzung von Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] führt, wenn dadurch die Gesamtdauer des Verfahrens nicht unangemessen lang wird. Gemessen an diesen Grundsätzen scheidet hier ein zur Strafmilderung führender Verstoß gegen Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] aus. Hierbei ist auch zu sehen, daß es sich um eine - von Amts wegen zu prüfende - 255 Seiten lange Anklageschrift gegen elf Beschuldigte handelt, denen in verschiedener Beteiligung insgesamt 26, teilweise schwerwiegende, Taten vorgeworfen wurden. Im Revisionsverfahren lagen zum Zeitpunkt der [X.] vier Revisionen der Staatsanwaltschaft und vier Revisio-nen von Nebenklägern sowie eine Angeklagtenrevision vor, die eine umfas-sende Überprüfung des gesamten Sachverhalts schon im Hinblick auf § 301 StPO und § 357 StPO erforderte. Hinzu kommt die am 19. Februar 2005 in [X.] getretene Aufhebung des § 180 b StGB mit der Frage der Ersetzung durch § 232 ff. StGB n.F. In Anbetracht aller Umstände des vorliegenden konkreten Einzelfalles, insbesondere auch der vertretbaren Gesamtdauer des Verfahrens ist keine Verletzung des Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu sehen; nicht jede - geringfügige - Verzögerung stellt sich als eine rechtsstaatswidrige dar. - 6 - Unabhängig davon hält der Senat sowohl die ausgeworfenen Einzelstra-fen als auch die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten oh-ne weiteres für tat- und schuldangemessen (§ 354 Abs. 1 a und Abs. 1 b StPO). [X.] Bode

Otten

Rothfuß

Roggenbuck

Meta

2 StR 320/04

15.03.2005

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2005, Az. 2 StR 320/04 (REWIS RS 2005, 4506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4506

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