Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2016, Az. 3 BGs 197/16

Ermittlungsrichter | REWIS RS 2016, 10359

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:080616B3BGS197.16.0

[X.]
Ermittlungsrichter
3 [X.]
197/16
1 [X.]-2

BESCHLUSS
vom
8.
Juni
2016

[X.]R:
ja
[X.]St:
nein

[X.] §
51 Abs.
2
Der Ermittlungsrichter des [X.] ist für Entscheidungen über [X.] von ihm im Ermittlungsverfahren
bestellten Rechtsanwalts auf Fest-setzung einer Pauschgebühr nicht zuständig.
[X.], Beschluss vom 8. Juni 2016 -
3 [X.] 197/16 -

In dem Ermittlungsverfahren

gegen

Unbekannt
(Sprengstoffanschlag auf dem [X.] in [X.]
am 26. September 1980)

wegen des Verdachts des Mordes

-
2
-
Der [X.] -
Ermittlungsrichter -
erklärt sich für eine Entscheidung über den Antrag von Rechtsanwalt

D.

auf Bewilligung einer Pauschgebühr
gemäß §
51 [X.] für [X.].

Gründe:
I.
Der Generalbundesanwalt führt ein Ermittlungsverfahren gegen Unbe-kannt wegen eines
Sprengstoffanschlags, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
Am 26. September 1980 wurde gegen 22:20 Uhr am Haupteingang zur [X.] in [X.] ein Sprengkörper gezündet. Auf der [X.] fand seit dem 20. September 1980 das jährlich abgehaltene [X.] statt. Dreizehn Personen wurden getötet. Mehr als 200 Menschen erlitten teils schwerste Verletzungen. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen hatte der beim Anschlag getötete

K.

den Sprengsatz gebaut, ihn zum [X.] und dort die Explosion verursacht.
Zunächst war dieses Ermittlungsverfahren nach zweijähriger Ermitt-lungsarbeit am 23. November 1982 gemäß § 170 Abs. 2 [X.] eingestellt [X.], nachdem sich der damals gehegte Anfangsverdacht, an dem Attentat sei-nen neben dem bei der Begehung der Tat verstorbenen

K.

weitere Personen beteiligt gewesen, nicht erhärten ließ. In der Folgezeit wurde
seitens des [X.] wiederholt die förmliche Wiederaufnahme des Er-mittlungsverfahrens geprüft. Aufgrund der Angaben einer bislang nicht bekann-1
2
3
-
3
-
ten Zeugin wurden schließlich am 5. Dezember 2014 die Ermittlungen förmlich wieder aufgenommen. Diese
dauern derzeit noch an.
Der Antragsteller vertritt 15 im Verfahren nebenklageberechtigte Perso-nen. Mit Beschlüssen des Ermittlungsrichters des [X.] vom 8.
Februar 2016 -
3 [X.] 32/16 -
bzw. 9. Februar 2016 -
3 [X.] 33 -
46/16 -
ist er diesen gemäß § 406g Abs. 1, 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] a.F., § 397a Abs. 1 [X.] als Beistand bestellt worden.
In einem an

-

gerichteten Schreiben vom 28. April 2016 hat der Antragsteller, der in dem gegenständlichen Verfah-ren seit Oktober 1982 tätig ist, die Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 Abs. 1 [X.] in Höhe von 88.000 bis 110.000

betreffend die von den Gebüh-ren Ziffern 4101 und 4105 des Gebührenverzeichnisses des Rechtsanwaltsver-gütungsgesetzes erfassten Tätigkeiten beantragt. Ergänzend hat er in einem weiteren Schreiben vom 25. Mai 2016 klargestellt, dass sich der Antrag an den [X.] -
Ermittlungsrichter richtet.

II.
Der [X.] -
Ermittlungsrichter -
ist für die Entscheidung über den Antrag
nicht zuständig.
Aus § 51 Abs. 2
Satz 1
[X.] ergibt sich, dass für die Entscheidung über die Bewilligung einer Pauschvergütung grundsätzlich das [X.], zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, zuständig ist. In [X.] an die frühere Regelung in § 99 Abs. 2 Satz 1 [X.] folgt die ge-richtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über die Bewilligung der [X.] grundsätzlich weder
der für
die Bestellung oder Beiordnung des 4
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-
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-
Rechtsanwalts, noch der des Gerichtes, gegenüber dem der Rechtsanwalt tätig geworden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Mai 1971 -
6 StE 1/68 und 3 [X.], [X.] 1971, 676, 677). Entscheidend für die Bestimmung der [X.] war für den Gesetzgeber offenbar nicht eine sich aus der Bestellung bzw. Beiordnung oder Entgegennahme der Tätigkeit des Anwalts ergebende Sach-kunde betreffend den Umfang und die Schwierigkeit dessen Tätigkeit, sondern die Sicherstellung eines möglichst einheitlichen Maßstabes auf der Grundlage der mit der Zuständigkeitskonzentration verbundenen
Breite an
Erfahrung (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Mai 1971, aaO).
§ 51 Abs. 2 Satz 2 [X.] sieht zwar als Ausnahme von diesem Grundsatz vor, dass
der [X.] für die Entscheidung zuständig ist, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. Diese Ausnahme erfasst jedoch nicht die Fälle, in denen der [X.] während des Ermittlungsverfahrens mit einer Strafsache befasst war, selbst dann nicht, wenn der anwaltliche Vertreter von dem Ermittlungsrichter des [X.] bestellt worden ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5. Mai 1970, aaO; 16. Mai 1977 -
1 [X.] -
3 ARs 12/77, NJW 1977, 1644, [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 51 Rn. 26; [X.], [X.], 45. Aufl., § 51 [X.], Rn. 27).
Das am 1. Juli 2004 (Artikel 3
des Kostenmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 [[X.] 718])
in [X.] getretene Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ([X.] 788) ersetzt die mit Ablauf des 30. Juni 2004 außer [X.] getretene Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung. § 51 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist wortgleich mit der Vorgängervorschrift des § 99 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Aus der [X.] des Entwurfes eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts ([X.]. 15/1971, [X.]) ergeben sich keine neuen Erwägungen des [X.] zu der gerichtlichen Zuständigkeit für die Bewilligung der [X.]. Die Ausnahmevorschrift des § 99 Abs. 2 Satz 2 [X.], nach der 8
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-
der [X.] zur Entscheidung berufen war, soweit er den [X.] bestellt hat, war mit
Neufassung der [X.] durch das [X.] vom 26. Juli 1957 ([X.] I 861, 923) in die Regelung der gerichtlichen Zuständigkeit für die Bewilligung der Pauschge-bühr aufgenommen worden. Aus der Begründung zu dem Entwurf eines Geset-zes zur Änderung und
Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften ([X.]. 2/2545, S. 262)
ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung von der bisherigen Zuständigkeitskonzentration bei den [X.]en grundsätzlich abweichen und ein Bestellungsprinzip einführen wollte. Der Ge-setzgeber hatte vielmehr als Anwendungsbereich für §
99 Abs. 2 Satz 2 [X.] ausschließlich die Fälle im Blick, in denen der [X.] nach damals geltendem Recht noch erstinstanzlich zuständig war bzw. den Rechtsanwalt im Revisionsverfahren bestellt hat ([X.]. 2/2545, S. 262).
Dieser durch den Ge-setzgeber intendierte enge Anwendungsbereich
erscheint vor dem in § 99 Abs.
2 Satz 1 [X.] und § 51 Abs. 2 Satz 1 [X.] verankerten Prinzip der Si-cherstellung einer möglichst einheitlichen Bewertung durch Konzentration der Entscheidungszuständigkeit auch schlüssig. Die Zuständigkeit des [X.] ist nur gegeben, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. Nachdem die Verteidigerbestellung im Ermittlungs-
bzw. Strafverfahren grundsätzlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens, einschließlich des [X.] gilt und hiervon ausschließlich die Revisionshauptverhandlung und deren Vorbereitung ausgenommen sind (Lüderssen/[X.] in [X.], [X.], 26. Aufl., § 140 Rn. 117, § 141 Rn. 28ff.), ist der [X.] nach §
51 Abs. 2 Satz 2 [X.] auch nur für die Bewilligung der Pauschgebühr für die Beteiligung an der Revisionshauptverhandlung und deren Vorbereitung zuständig. Im Übrigen verbleibt es bei der Zuständigkeit des Ober-landesgerichtes gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 [X.] ([X.], Beschluss vom 25. Ok-tober 2011-
1 [X.], NJW 2012, 167 m.w.N.; vgl. auch [X.], Beschluss -
6
-
vom 8. September 1970 -
5 StR 704/68, NJW 1970, 2223 zu § 99 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Die Gefahr einer uneinheitlichen Bewertung droht in diesen Fällen
nicht, da diese Gebühr ausschließlich beim [X.] oder den [X.] anfallen kann. Anders ist dies bei den übrigen Gebühren im Ermittlungs-
bzw. Strafverfahren, weshalb sich der Gesetzgeber insoweit für eine Zuständigkeitskonzentration entschieden hat, die auch für den Ermittlungs-richter des [X.] gilt.
Der Unzuständigkeit des Ermittlungsrichters des [X.]
steht auch nicht entgegen, dass vor Abschluss des Ermittlungsverfahrens ge-gebenenfalls die Zuständigkeit
gemäß
§ 51 Abs. 2 Satz 1 [X.] für
den Antrag-steller nicht bestimmbar ist,
da für den Fall einer Anklageerhebung die Zustän-digkeit mehrerer [X.]e nach §§ 7 ff [X.]
in Betracht kommt und diese
erst durch die Wahl der Bundesanwaltschaft
konkretisiert wird (vgl. zum Wahlrecht der Staatsanwaltschaft: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 59.
Aufl., Vor § 7 Rn. 10).
Auch für andere Entscheidungen (vgl. § 81 Abs. 3 [X.], § 141 Abs. 4 [X.] und § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 StrEG) erweist sich eine Ausübung des Wahlrechts durch die Staatsanwaltschaft zu einem Zeit-punkt, in dem Anklage noch nicht erhoben ist (§ 81 Abs. 3 [X.], § 141 Abs. 4 [X.]) oder eine solche zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr
zu erwarten ist (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 StrEG) als erforderlich (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Mai 1977 -
1 [X.] 20/75 -
3 ARs 12/77, NJW 1977, 1644, 1645). In den Fällen, in denen ein Antrag gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 [X.] bereits im Ermitt-lungsverfahren oder nach Einstellung desselben gestellt wird, kann die Konkre-tisierung des zuständigen Gerichts durch Einreichung des Antrages bei der Bundesanwaltschaft
zur Weiterleitung an das [X.], zu dem diese Anklage erheben würde, erfolgen.

10
-
7
-

Wimmer
Richterin
am [X.]

Meta

3 BGs 197/16

08.06.2016

Bundesgerichtshof Ermittlungsrichter

Sachgebiet: BGs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2016, Az. 3 BGs 197/16 (REWIS RS 2016, 10359)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10359

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 BGs 197/16

1 StR 254/10

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