Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.12.2021, Az. VI R 41/18

6. Senat | REWIS RS 2021, 250

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Gegenstand

Insolvenzverwaltervergütung keine außergewöhnliche Belastung - Bekanntgabeadressat bei angeordneter Nachtragsverteilung


Leitsatz

1. Der (Einkommen-)Steuerbescheid ist nicht dem ehemaligen Insolvenzschuldner, sondern dem Insolvenzverwalter/Treuhänder als Inhaltsadressaten bekannt zu geben, wenn wegen des Einkommensteuererstattungsanspruchs die Nachtragsverteilung angeordnet worden ist.

2. Die zugunsten des Insolvenzverwalters festgesetzte Tätigkeitsvergütung ist beim Insolvenzschuldner nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 04.09.2018 - 11 K 1108/17 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist [[X.].] im Rahmen einer vom Insolvenzgericht angeordneten Nachtragsverteilung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des [X.] (Insolvenzschuldner).

2

Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) vom ...2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

3

Zur Abwicklung des Insolvenzverfahrens richtete der Kläger zwei Treuhandkonten bei einem Kreditinstitut ein. Ausweislich seines [X.] sollte sich die Insolvenzmasse noch um [X.] und Zinsen in Höhe von voraussichtlich insgesamt ... € erhöhen.

4

Mit Beschluss vom ...09.2012 setzte das AG die Vergütungen und Auslagen des [X.] auf 3.760,41 € fest und gestattete, diesen Betrag der verwalteten Masse (vom Treuhandkonto) zu entnehmen.

5

Dem Insolvenzschuldner wurde mit Beschluss vom ...11.2012 Restschuldbefreiung nach Maßgabe des § 291 der Insolvenzordnung ([X.]) a.[X.] angekündigt und der zuvor als Insolvenzverwalter bestellte Kläger nach § 291 Abs. 2 [X.] a.[X.], § 292 [X.] zum Treuhänder bestellt.

6

Nach Vollzug der [X.] hob das Insolvenzgericht mit Beschluss vom ...01.2013 das Insolvenzverfahren gemäß § 200 [X.] auf. Bezüglich der Einkommensteuererstattungsansprüche, bei denen der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor und/oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden war, ordnete das Insolvenzgericht von Amts wegen die Nachtragsverteilung nach § 203 [X.] an. Gleichzeitig ermächtigte es den Kläger als zukünftigen [X.], entsprechend notwendige Aufträge zu erteilen und Rechnungen zu begleichen sowie zugeflossene Gelder im Wege der jährlichen Ausschüttung im [X.] an das Tätigkeitsjahr zu verteilen.

7

Am 25.09.2013 reichte der Kläger für den Insolvenzschuldner, der im Streitjahr (2012) Einkünfte aus § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt hatte, die Einkommensteuererklärung beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) ein und machte die Insolvenzverwaltervergütung als außergewöhnliche Belastung geltend.

8

Dem folgte das [X.] bei Erlass des Einkommensteuerbescheids nicht.

9

Während des anschließenden, erfolglosen [X.] wurde dem Insolvenzschuldner mit Beschluss vom ...2014 Restschuldbefreiung erteilt.

Die daraufhin erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit den in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2018, 2044 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] vom 04.09.2018 - 11 K 1108/17 E sowie die Einspruchsentscheidung vom 07.03.2017 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 11.12.2013 dahingehend zu ändern, dass weitere Aufwendungen in Höhe von 3.760 € als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die streitbefangene Insolvenzverwaltervergütung im Ergebnis zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt.

1. Der Kläger ist prozessführungsbefugt.

a) Nach § 80 Abs. 1 [X.] verliert der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Gleichzeitig geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über. Mit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, die Insolvenzmasse betreffende Prozesse zu führen. Zwar entfällt mit Beendigung eines Insolvenzverfahrens neben der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zugleich die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Wird das Insolvenzverfahren nach der [X.] aufgehoben (§ 200 Abs. 1 [X.]), jedoch eine [X.] angeordnet (§ 203 Abs. 1 und 2 [X.]), bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der [X.] vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden sollen. Denn mit der Anordnung der [X.] tritt eine erneute Insolvenzbeschlagnahme ein (vgl. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 23.09.2020 - XI R 1/19, [X.], 1, [X.] 2021, 341, Rz 19; vom 20.09.2016 - [X.] R 10/15, Rz 15 f.; vom 26.02.2014 - I R 12/14, Rz 14, und vom 06.07.2011 - II R 34/10, Rz 10 f.; [X.] vom 26.02.2014 - I R 59/12, [X.], 27, [X.] 2014, 1016, Rz 9).

b) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der Kläger befugt, den vorliegenden Prozess für den vormaligen Insolvenzschuldner zu führen. Denn das Klageverfahren hat die Einkommensteuerfestsetzung 2012 zum Gegenstand und zielt damit, wie in dem Beschluss des Insolvenzgerichts vom ...01.2013 --hinreichend bestimmt (vgl. [X.]-Urteil vom 20.09.2016 - [X.] R 10/15, Rz 22 ff.)-- festgelegt, auf einen diesbezüglichen Erstattungsanspruch, bei dem der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Dies steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit, so dass der Senat insoweit von einer weiteren Begründung absieht.

2. Die Revision ist jedoch unbegründet.

a) Der vom Kläger angefochtene Einkommensteuerbescheid ist insbesondere nicht bereits deshalb nichtig, weil das [X.] diesen (und die Einspruchsentscheidung) "im Rahmen der [X.]" an den Kläger (und nicht an den vormaligen Insolvenzschuldner) gerichtet und diesem gegenüber auch bekannt gegeben hat.

aa) Dem steht der Umstand nicht entgegen, dass der angefochtene Einkommensteuerbescheid am 11.12.2013 und damit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das AG mit Beschluss vom ...01.2013 ergangen ist. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) hat das AG mit diesem Beschluss zugleich die [X.] nach § 203 [X.] bezüglich der Einkommensteuererstattungsansprüche des Streitjahres angeordnet. Wird die [X.] angeordnet, so besteht die Insolvenzbeschlagnahme [X.] des § 80 Abs. 1 [X.] --wie oben ausgeführt-- fort mit der Folge, dass insoweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis weiterhin beim (früheren) Insolvenzverwalter liegt ([X.]-Urteil vom 28.02.2012 - [X.] R 36/11, [X.], 202, [X.] 2012, 451, Rz 12). Die Anordnung der [X.] hat deshalb nicht nur zur Folge, dass der Insolvenzverwalter/Treuhänder nach Beendigung des Insolvenzverfahrens (ausnahmsweise) befugt bleibt, anhängige Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der [X.] vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden sollen, sondern auch, dass die der [X.] unterfallende Einkommensteuer weiterhin gegenüber dem Insolvenzverwalter/Treuhänder festzusetzen ist. Denn die dem Insolvenzverwalter/Treuhänder im Rahmen der [X.] eingeräumten Befugnisse erstrecken sich nicht nur auf das steuerliche Erhebungs-, sondern auch auf das Festsetzungsverfahren. Die Anordnung der [X.] führt zu einer fortbestehenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters/Treuhänders. Diese ist im Insolvenz- wie im [X.]sverfahren umfassend und nicht auf die Entgegennahme von [X.] beschränkt. Vielmehr ist der Insolvenzverwalter/Treuhänder auch insoweit ermächtigt und verpflichtet, alle Maßnahmen und Handlungen zu ergreifen, die erforderlich sind, um das massezugehörige Vermögen zu erhalten bzw. zu mehren (vgl. Beschluss des [X.] vom 18.06.2015 - IX ZB 86/12). Hierzu gehört auch die Abgabe von Steuererklärungen (z.B. [X.] Düsseldorf, Urteil vom 28.08.2014 - 8 K 3677/13 E, Zeitschrift für Verbraucher- und [X.] 2015, 149).

bb) Folglich sind (Einkommen-)Steuerbescheide während des [X.]sverfahrens nicht an den ehemaligen Insolvenzschuldner, sondern an den Insolvenzverwalter/Treuhänder zu richten und --wie im [X.] diesem gegenüber bekannt zu geben, sofern der begründende Sachverhalt --wie hier-- während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist (vgl. [X.]-Urteile vom 03.08.2016 - X R 25/14, Rz 23, und vom 06.07.2011 - II R 34/10, Rz 10 f.; Sächsisches [X.], Urteil vom 18.10.2013 - 4 K 579/13, Rz 12; [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.09.2013 - 2 K 2120/12, E[X.] 2014, 1404, Rz 18; [X.] in: [X.], [X.], 3. Aufl. 2020, [X.] im Insolvenzverfahren, Rz 3.206).

cc) Aus dem Senatsurteil vom 11.02.2021 - VI R 37/18 folgt nichts anderes. Zwar hat der erkennende Senat dort ausgeführt, dass das Finanzamt die Einkommensteuer des (ehemaligen) Insolvenzschuldners im Streitfall nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht (mehr) gegenüber der klagenden Treuhänderin habe wirksam festsetzen können, obwohl auch dort im [X.] an das Insolvenzverfahren eine [X.] angeordnet war. Dies war jedoch der Bindungswirkung (§ 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]O) des rechtskräftigen Urteils des [X.]. Senats des [X.] vom 20.09.2016 - [X.] R 10/15 geschuldet, die von dem erkennenden Senat in dem Verfahren VI R 37/18 zu beachten war (s. Senatsurteil vom 11.02.2021 - VI R 37/18, Rz 27 ff.).

dd) Soweit der erkennende Senat in dem vorliegenden Revisionsverfahren, in dem er nicht gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]O an die vorgenannte Entscheidung des [X.]. Senats des [X.] vom 20.09.2016 - [X.] R 10/15 gebunden ist, von der dort unter Ziffer II.4. geäußerten Auffassung des [X.]. Senats des [X.] abweicht, wonach der festsetzende Teil des [X.] trotz der Anordnung einer [X.] nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens dem ehemaligen Insolvenzschuldner gegenüber bekannt zu geben sei, hat der [X.]. Senat des [X.] auf Anfrage mitgeteilt, dass er an der vorgenannten Rechtsauffassung nicht länger festhält.

b) In materiell-rechtlicher Hinsicht hat das [X.] im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die streitbefangene Insolvenzverwaltervergütung nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 1 EStG steuermindernd zu berücksichtigen ist.

aa) Nach § 33 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen [X.] (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

(1) "Aufwendungen" im Sinne des Einkommensteuergesetzes und damit auch [X.] von § 33 Abs. 1 EStG sind alle Ausgaben, die in Geld oder Geldeswert bestehen und aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen, d.h. ihn wirtschaftlich tatsächlich belasten (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschlüsse vom 21.02.2018 - VI R 11/16, [X.]E 260, 507, [X.] 2018, 469, Rz 54, und vom 14.04.2011 - VI R 8/10, [X.]E 233, 241, [X.] 2011, 701, Rz 13 ff., m.w.N.).

(2) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (z.B. Senatsurteil vom 01.10.2020 - VI R 42/18, [X.]E 270, 491, [X.] 2021, 146, Rz 11, m.w.N.).

bb) Bei Heranziehung dieser Rechtsgrundsätze ist die streitbefangene Insolvenzverwaltervergütung nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig.

(1) Zwar ist die Insolvenzverwaltervergütung aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners geleistet worden. Denn vorliegend ist die Insolvenzverwaltervergütung aus den Guthaben auf den zur Abwicklung des Insolvenzverfahrens eingerichteten offenen (Treuhand-)Konten beglichen worden. Steuerlich ist dieses treuhänderisch gebundene Guthaben (Einnahmen wie Ausgaben) dem Vermögen des Insolvenzschuldners zuzuordnen (vgl. [X.] vom 12.08.2013 - [X.] B 188/12, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2013, 2370, Rz 5). Damit stellt sich die Leistung der Insolvenzverwaltervergütung als "Aufwendung" des Insolvenzschuldners [X.] des § 33 Abs. 1 EStG dar.

(2) Der Insolvenzschuldner ist hierdurch auch in dem für die Anwendung des § 33 EStG erforderlichen Sinne belastet. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass ihm nach Abschluss des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung erteilt worden ist. Denn von der Restschuldbefreiung werden nur Insolvenzforderungen, nicht jedoch die Kosten des Insolvenzverfahrens oder sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 301 Abs. 1 [X.]) erfasst.

(3) Die streitigen Aufwendungen sind jedoch mangels Außergewöhnlichkeit nicht gemäß § 33 Abs. 1 EStG steuermindernd zu berücksichtigen. Die Überschuldung von Privatpersonen ist kein gesellschaftliches Randphänomen (s. [X.], Auszug aus dem Datenreport 2021, [X.]. 6, Private Haushalte - Einkommen und [X.], S. 219). Daher sind Insolvenzverfahren von Verbrauchern und bestimmten natürlichen --unternehmerisch tätigen-- Personen (Privatpersonen) keineswegs unüblich. Der Gesetzgeber sah sich deshalb im [X.] veranlasst, mit Einführung der Insolvenzordnung für diesen Personenkreis ein vereinfachtes (Verbraucher-)Insolvenzverfahren einzuführen (BTDrucks 12/2443, S. 82). Von dieser Möglichkeit haben bis Ende 2019 rund 2,13 Mio. Privatpersonen Gebrauch gemacht ([X.], Auszug aus dem Datenreport 2021, [X.]. 6, Private Haushalte - Einkommen und [X.], S. 219).

Da auch das vereinfachte Insolvenzverfahren für jedermann kostenpflichtig ausgestaltet ist, fallen insbesondere Vergütungen und Auslagen des Insolvenzverwalters/Treuhänders, Gerichtskosten sowie unter Umständen Kosten einer Schuldnerberatung an. Es kann vorliegend deshalb nicht angenommen werden, dem vormaligen Insolvenzschuldner seien durch die in Rede stehende Tätigkeitsvergütung des Insolvenzverwalters größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen [X.] erwachsen. Außergewöhnliche Aufwendungen im Sinne der Legaldefinition in § 33 Abs. 1 Satz 1 EStG liegen mithin nicht vor.

Soweit der Senat entschieden hat, die Insolvenztreuhändervergütung könne unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere wenn der Steuerpflichtige die Ursache seiner Überschuldung und damit die Notwendigkeit eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht selbst gesetzt habe, als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein (Senatsurteil vom 04.08.2016 - VI R 47/13, [X.]E 254, 435, [X.] 2017, 276), hält er hieran nicht länger fest.

Denn die Umstände, die zur Überschuldung führen, sind multikausal. Hauptauslöser sind häufig kritische Lebensereignisse --wie eine Scheidung, der Tod der Partnerin oder des Partners, eine Krankheit oder ein Unfall--, Zahlungsschwierigkeiten wegen unwirtschaftlicher Haushaltsführung, eine gescheiterte Selbständigkeit und/oder längerfristige Niedrigeinkommen ([X.], Auszug aus dem Datenreport 2021, [X.]. 6, Private Haushalte - Einkommen und [X.], S. 221) und damit Ereignisse, die nach Auffassung des Senats einer belastbaren, die Privatsphäre schonenden und gleichheitsgerechten Verschuldensprüfung durch Finanzbehörden und -gerichte in der Regel nicht zugänglich sind.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 41/18

16.12.2021

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 4. September 2018, Az: 11 K 1108/17 E, Urteil

§ 33 Abs 1 EStG 2009, § 80 Abs 1 InsO, § 200 InsO, § 203 InsO, § 110 Abs 1 S 1 Nr 1 FGO, EStG VZ 2012, § 125 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.12.2021, Az. VI R 41/18 (REWIS RS 2021, 250)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 250

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