Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2012, Az. 3 AZR 176/10

3. Senat | REWIS RS 2012, 3130

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) INSOLVENZ VERSICHERUNGEN

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Betriebliche Altersversorgung - Direktversicherung - Insolvenz - Aussonderung der Direktversicherung - Schadensersatz


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 29. September 2009 - 2 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Übertragung einer Lebensversicherung, hilfsweise die Zahlung von Schadensersatz.

2

Der Kläger war vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 2005 für die [X.] (im Folgenden: Schuldnerin) und deren Rechtsvorgänger, zuletzt als Personalleiter, tätig.

3

Am 30. August 1999 vereinbarten die Schuldnerin und der Kläger zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung - wie bereits zuvor im Anstellungsvertrag vom 29. April 1999 - den Abschluss einer Direktversicherung bei der [X.]. Ausweislich des Versicherungsscheins war Versicherungsnehmer die Schuldnerin und versicherte Person der Kläger. Als Versicherungsbeginn war der 1. März 1999 vorgesehen. § 14 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen (Nr. 201158) für die Lebensversicherung mit spezieller Kapitalanlage (N Konzept-Tarif N2068) lautet auszugsweise:

        

„Die Leistung aus dem Versicherungsvertrag erbringen wir an Sie als unseren Versicherungsnehmer oder an Ihre Erben, falls Sie uns keine andere Person benannt haben, die bei Eintritt des Versicherungsfalles die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erwerben soll ([X.]). Bis zum Eintritt des Versicherungsfalles können Sie das Bezugsrecht jederzeit widerrufen.“

4

Die zusätzliche Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - Unwiderruflichkeitsklausel - bestimmt:

        

„Nach Ablauf der Fristen für die Unverfallbarkeit betrieblicher Versorgungsleistungen gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 wird der Leistungsanspruch unwiderruflich.“

5

Mit Beschluss des [X.] - Insolvenzgericht - vom 16. September 2005 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 28. September 2005 kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage wurde rechtskräftig abgewiesen.

6

Im Zuge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte der Beklagte gegenüber der [X.] das Bezugsrecht des [X.] aus der Direktversicherung widerrufen und anschließend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die bisher für die Direktversicherung geleisteten Beiträge als Gehalt an den Kläger ausbezahlt.

7

Mit seiner Klage hat der Kläger ua. die Übertragung der Direktversicherung begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, der Widerruf des Bezugsrechts gegenüber der [X.] sei unwirksam; jedenfalls stehe ihm aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf Aussonderung der Direktversicherung zu. Der Beklagte habe zahlreichen anderen Mitarbeitern die Direktversicherung übertragen, ihm und zwei weiteren Mitarbeitern jedoch nicht. Für den Fall, dass ein Anspruch auf Übertragung der Direktversicherung nicht bestehe, sei der Beklagte verpflichtet, ihm im Wege des Schadensersatzes die seit Abschluss der Versicherung eingezahlten Beiträge iHv. insgesamt 11.029,07 Euro zu erstatten, zumindest aber den Rückkaufswert der Versicherung iHv. 7.593,43 Euro zu zahlen.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, die bei der N Lebensversicherung AG bestehende Direktversicherung mit der Versicherungsnummer auf ihn zu übertragen,

        

hilfsweise

        

an ihn 11.029,07 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2005 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein Aussonderungsrecht an der Versicherung zu. Ihm sei kein unwiderrufliches Bezugsrecht aus dem Versicherungsvertrag eingeräumt worden. Das Gleichbehandlungsgebot sei nicht verletzt. Er habe nur die Bezugsrechte des [X.] sowie zweier weiterer Arbeitnehmer der Schuldnerin widerrufen können, da lediglich deren Bezugsrechte widerruflich gewesen seien. Da er das Bezugsrecht des [X.] wirksam widerrufen habe, stehe dem Kläger auch kein Schadensersatzanspruch zu.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen die die Klage abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist im Haupt- wie im Hilfsantrag unbegründet. Dem Kläger steht kein Aussonderungsrecht nach § 47 [X.] an der Direktversicherung zu. Der [X.] konnte das Bezugsrecht des [X.] aus der Direktversicherung aufgrund der versicherungsvertraglichen Regelungen wirksam widerrufen. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Der [X.] ist nicht verpflichtet, dem Kläger im Wege des Schadensersatzes die seit Abschluss der Direktversicherung zu dieser entrichteten Beiträge oder den Rückkaufswert der Versicherung zu zahlen.

I. Der [X.] ist nicht verpflichtet, dem Kläger die Direktversicherung zu übertragen. Dem Kläger steht kein Aussonderungsrecht nach § 47 [X.] an der Direktversicherung zu. Der [X.] hat das Bezugsrecht des [X.] nach den versicherungsvertraglichen Regelungen wirksam widerrufen. Dem Kläger war lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, das zum Zeitpunkt des Widerrufs im Zuge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht unwiderruflich geworden war. Auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Kläger sein Begehren auf Übertragung der Direktversicherung nicht mit Erfolg stützen.

1. Die Frage, ob die Rechte aus einer vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers abgeschlossenen Direktversicherung in der Insolvenz des Arbeitgebers der Masse zustehen oder ob der Arbeitnehmer ein Aussonderungsrecht nach § 47 [X.] hat, ist allein nach der versicherungsrechtlichen Lage zu beantworten. Für das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Versicherung kommt es grundsätzlich nicht darauf an, welche Befugnisse dem Arbeitgeber - und im Falle seiner Insolvenz dem Verwalter - im [X.] zum Arbeitnehmer zustehen. Dies kann dazu führen, dass der Arbeitgeber - und in der Insolvenz des Arbeitgebers der Verwalter - aus dem Versicherungsvertrag abgeleitete Rechte versicherungsrechtlich ausüben kann, obwohl er dies arbeitsrechtlich im Verhältnis zum Arbeitnehmer nicht darf. [X.] ist in diesem Fall die Ausübung wirksam. Im [X.] können jedoch Ansprüche des Arbeitnehmers, insbesondere Schadensersatzansprüche entstehen (st. Rspr., vgl. etwa [X.] 19. April 2011 - 3 [X.] - Rn. 17, [X.] [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 32; 15. Juni 2010 - 3 [X.] - Rn. 17, [X.]E 134, 372; [X.] 19. Juni 1996 - [X.] - [X.] [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 25). Somit richtet es sich allein nach der versicherungsrechtlichen Lage, ob die Rechte an der Versicherung zum Vermögen des Arbeitgebers gehören, in dessen Rechtsposition der Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 [X.] bei Insolvenzeröffnung eintritt (st. Rspr., zuletzt [X.] 15. Juni 2010 - 3 [X.] - Rn. 19, [X.]E 134, 372; 31. Juli 2007 - 3 [X.] - Rn. 14, [X.] 2008, 32; 8. Juni 1999 - 3 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 92, 1; ebenso: [X.] 18. Juli 2002 - [X.]/01 - zu II der Gründe, [X.] 2002, 2104; BVerwG 28. Juni 1994 - 1 [X.] 20.92 - zu 2 c cc ccc der Gründe, BVerwGE 96, 160).

a) Hat der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer dem Arbeitnehmer als Versichertem lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht im Versicherungsfall eingeräumt - was nach § 159 [X.] (früher: § 166 [X.]) der gesetzliche Normalfall ist -, kann er die bezugsberechtigte Person jederzeit ersetzen. Der Versicherte hat vorher lediglich eine Hoffnung auf die später fällig werdende Leistung (vgl. [X.] 22. März 1984 - [X.]/83 - [X.] 1984, 1776). In der Insolvenz fallen die Rechte aus der Lebensversicherung deshalb in das Vermögen des Arbeitgebers und gehören zur Insolvenzmasse (vgl. zB [X.] 17. Oktober 1995 - 3 [X.] - zu I der Gründe, [X.] [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 23 = EzA [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 7; [X.] 18. Juli 2002 - [X.]/01 - zu II der Gründe, [X.] 2002, 2104).

b) Räumt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer dem Arbeitnehmer als Versichertem dagegen abweichend vom gesetzlichen Normalfall ein unwiderrufliches Bezugsrecht ein, stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag von vornherein dem Arbeitnehmer zu ([X.] 17. Februar 1966 - II [X.] - zu II der Gründe, [X.]Z 45, 162). Mit der Unwiderruflichkeit erhält das Bezugsrecht dingliche Wirkung ([X.] 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - zu 1 der Gründe, [X.] [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 25). [X.] hat dies zur Folge, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zum Vermögen des Arbeitgebers und damit auch nicht mehr zur Insolvenzmasse gehören. Sie stehen vielmehr dem Arbeitnehmer zu, der deshalb ein Aussonderungsrecht hat ([X.] 26. Juni 1990 - 3 [X.] - zu 2 b der Gründe, [X.]E 65, 208; 26. Juni 1990 - 3 [X.] - zu 2 b der Gründe, [X.] [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 12 = EzA KO § 43 Nr. 1).

c) Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Versicherungsvertrag ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, dieses jedoch unter bestimmten Voraussetzungen mit einem Widerrufsvorbehalt versehen - sog. eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht -, so ist zu unterscheiden: Wenn die Voraussetzungen des [X.] vorliegen, bleibt das Widerrufsrecht erhalten. Das Bezugsrecht kann dann widerrufen werden. Der Insolvenzverwalter kann von der Widerrufsmöglichkeit Gebrauch machen mit der Folge, dass der Rückkaufswert der Masse zusteht ([X.] 8. Juni 1999 - 3 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 92, 1). Sind die Voraussetzungen des Vorbehalts demgegenüber nicht gegeben, kann das Bezugsrecht nicht widerrufen werden ([X.] 26. Juni 1990 - 3 [X.] - zu 3 und 4 der Gründe, [X.]E 65, 208; 26. Juni 1990 - 3 [X.] - zu 3 und 4 der Gründe, [X.] [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 12 = EzA KO § 43 Nr. 1; ebenso: [X.] 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - zu 2 der Gründe, [X.] [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 25). Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag gehören dann zum Vermögen des Arbeitnehmers und nicht zur Masse. Der Arbeitnehmer hat ein Aussonderungsrecht.

d) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Direktversicherung arbeitsrechtlich eine Entgeltumwandlung zugrunde liegt, für die die Neuregelung über die sofortige gesetzliche Unverfallbarkeit noch nicht anwendbar ist, weil die Versorgungszusage vor dem 1. Januar 2001 erteilt wurde (§ 1b Abs. 5, § 30f Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 [X.]), oder wenn die [X.] arbeitsvertraglich unverfallbar ist. Auch bei einer derartigen Fallgestaltung liegt kein Treuhandverhältnis vor, aufgrund dessen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag vom sonstigen Vermögen des Arbeitgebers ausreichend getrennt wären, um sie nicht der Masse zuzuordnen (vgl. [X.] 15. Juni 2010 - 3 [X.] - Rn. 19, [X.]E 134, 372; 17. Oktober 1995 - 3 [X.] - zu I 1 b der Gründe, [X.] [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 23 = EzA [X.] § 1 Lebensversicherung Nr. 7; [X.] 18. Juli 2002 - [X.]/01 - zu II 2 der Gründe, [X.] 2002, 2104).

2. Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf Übertragung bzw. Aussonderung der Direktversicherung. Die Schuldnerin hatte dem Kläger lediglich ein bis zum Ablauf der gesetzlichen [X.] widerrufliches Bezugsrecht an den Versicherungsleistungen eingeräumt. Dies ergibt eine Auslegung der Versicherungsbedingungen nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen unter Berücksichtigung betriebsrentenrechtlicher Wertungen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs des Bezugsrechts im Zuge der Insolvenzeröffnung war die gesetzliche [X.] noch nicht abgelaufen, weshalb der Widerruf versicherungsrechtlich zulässig war. Ob der Direktversicherung - wie der Kläger meint - eine Entgeltumwandlung zugrunde lag, ist unerheblich.

a) Der Versicherungsvertrag zwischen der Schuldnerin und der N Lebensversicherung AG ist dahin auszulegen, dass die Schuldnerin dem Kläger ein bis zum Ablauf der gesetzlichen [X.] widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt hat. Hierin unterscheidet sich der vorliegende Rechtsstreit von dem Sachverhalt, der dem vom Kläger angezogenen Urteil des [X.] (8. Juni 2005 - IV ZR 30/04 - ZIP 2005, 1973) zugrunde lag. Im dortigen Rechtsstreit hatten die Parteien des [X.] ein eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht vereinbart.

aa) Der Versicherungsvertrag - einschließlich der zusätzlichen Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - [X.] - enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen, die der Senat als Revisionsgericht selbst auslegen kann ([X.] 13. Dezember 2011 - 3 [X.] 791/09 - Rn. 17, [X.], 738).

bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. [X.] 7. Dezember 2005 - 5 [X.] 535/04 - Rn. 22, [X.]E 116, 267).

Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen einer Lebensversicherung, mit denen Ansprüche von Arbeitnehmern auf betriebliche Altersversorgung durchgeführt werden sollen, sind entsprechend dem Zweck dieser Versicherung auch die Interessen der versicherten Beschäftigten zu berücksichtigen ([X.] 15. Juni 2010 - 3 [X.] 994/06 - Rn. 23; 31. Juli 2007 - 3 [X.] - Rn. 20, [X.] 2008, 939; [X.] 3. Mai 2006 - IV ZR 134/05 - Rn. 12 mwN, NJW-RR 2006, 1258). Dabei sind insbesondere betriebsrentenrechtliche Wertungen zu beachten. Die Parteien eines Vertragsgefüges, das dazu dient, dem Arbeitnehmer auf der Grundlage des [X.]es Ansprüche zu verschaffen, wollen in der Regel an das anknüpfen, was nach dem [X.] maßgeblich ist ([X.] 15. Juni 2010 - 3 [X.] 994/06 - Rn. 28; ähnlich bereits [X.] 26. Mai 2009 - 3 [X.] 816/07 - Rn. 24, [X.] [X.] § 2 Nr. 61 = EzA [X.] § 1b Nr. 6; 31. Juli 2007 - 3 [X.] - Rn. 18 ff., aaO). Das gilt etwa dann, wenn die maßgeblichen Vertragsbestimmungen auf die gesetzliche Unverfallbarkeit der [X.] nach dem [X.] abstellen.

cc) Danach ergibt die Auslegung der versicherungsrechtlichen Bestimmungen, dass die Schuldnerin dem Kläger ein bis zum Ablauf der gesetzlichen [X.] widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt hatte.

Dafür spricht bereits der Wortlaut von § 14 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen (Nr. 201158) für die Lebensversicherung mit spezieller Kapitalanlage (N [X.]) und der zusätzlichen Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - [X.]. Nach § 14 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen (Nr. 201158) für die Lebensversicherung mit spezieller Kapitalanlage (N [X.]) war das Bezugsrecht bis zum Versicherungsfall jederzeit widerruflich. Nach der zusätzlichen Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - [X.] - sollte das Bezugsrecht allerdings nach Ablauf der Fristen nach § 1 Abs. 2 [X.] aF unwiderruflich werden. Die Klausel soll unter Berücksichtigung betriebsrentenrechtlicher Wertungen dem Versicherungsnehmer (vorliegend der Schuldnerin) die Möglichkeit belassen, das Bezugsrecht aus der Direktversicherung zu widerrufen, solange der Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Bestimmungen des [X.]es noch keine unverfallbare Anwartschaft erworben hat. Zugleich will die Klausel sicherstellen, dass mit Eintritt der Unverfallbarkeit im arbeitsrechtlichen [X.] zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer auch im versicherungsrechtlichen Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Versicherungsgesellschaft die versicherte Person eine gesicherte Rechtsposition, nämlich ein unwiderrufliches Bezugsrecht, erhält. Der Versicherungsvertrag sieht damit bis zum Ablauf der [X.] ein widerrufliches Bezugsrecht des Arbeitgebers vor, das erst mit Ablauf der [X.] im arbeitsrechtlichen [X.] zum unwiderruflichen Bezugsrecht wird. Davor bleibt das Bezugsrecht widerruflich. Die gesetzliche [X.] für [X.]en war im Zeitpunkt des Abschlusses der Direktversicherung in § 1 Abs. 2 [X.] aF geregelt. Deshalb nimmt die zusätzliche Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - [X.] - auf diese Bestimmung Bezug. Zum 1. Januar 2001 wurde § 1 Abs. 2 [X.] aF durch § 1b [X.] ersetzt. Nach Sinn und Zweck der Regelung in der zusätzlichen Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - [X.] - kommt es auf die für das arbeitsrechtliche [X.] geltende gesetzliche [X.] an.

b) Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Widerrufs des Bezugsrechts durch den [X.]n im [X.] 2005 noch kein unwiderrufliches Bezugsrecht erlangt, denn zum Zeitpunkt des Widerrufs war die gesetzliche [X.] für die [X.] des [X.] noch nicht abgelaufen. Da die Versorgungszusage dem Kläger vor dem 1. Januar 2001 erteilt worden war, richtet sich die Unverfallbarkeit nach § 30f [X.]. Danach ist für die Unverfallbarkeit ua. erforderlich, dass die Versorgungszusage entweder mindestens zehn Jahre oder bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre oder ab dem 1. Januar 2001 mindestens fünf Jahre bestanden hat. Diese Voraussetzungen waren im Zeitpunkt des Widerrufs des Bezugsrechts nicht erfüllt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Direktversicherung im arbeitsrechtlichen [X.] - wie vom Kläger behauptet - eine Entgeltumwandlung zugrunde lag. Nach § 30f Abs. 1 Satz 2 [X.] gilt § 1b Abs. 5 [X.], der bei [X.] die sofortige Unverfallbarkeit vorsieht, nicht, wenn die Versorgungszusage - wie vorliegend - vor dem 1. Januar 2001 erteilt wurde.

3. Der Kläger kann sein Aussonderungsverlangen auch nicht mit Erfolg auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 [X.] können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung ([X.] 28. Juni 2011 - 3 [X.] 448/09 - Rn. 22 mwN).

b) Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine sachwidrige Ungleichbehandlung nicht dargelegt. Er hat lediglich geltend gemacht, der [X.] habe das Bezugsrecht des [X.] und zweier weiterer vormaliger Mitarbeiter der Schuldnerin widerrufen, während er dies bei 19 anderen Arbeitnehmern nicht getan habe. Der Kläger hat jedoch nicht behauptet, dass das Bezugsrecht bei den 19 begünstigten Arbeitnehmern ebenfalls noch widerruflich war. Dies war nach dem vom Kläger nicht in Abrede gestellten Vorbringen des [X.]n nicht der Fall. Die 19 anderen Arbeitnehmer, deren Bezugsrechte durch Ablauf der [X.]en bereits unwiderruflich waren, befanden sich damit in keiner mit dem Kläger vergleichbaren Situation.

II. Dem Kläger steht der mit dem Hilfsantrag verfolgte Schadensersatzanspruch nicht zu. Er kann vom [X.]n im Wege des Schadensersatzes weder Ersatz der geleisteten Beiträge für die Direktversicherung noch die Zahlung des [X.] der Versicherung verlangen.

1. Es kann dahinstehen, ob der Versorgungszusage - wie der Kläger meint - eine Entgeltumwandlung zugrunde liegt. Einen Anspruch auf Zahlung der in diesem Fall aus dem Entgelt des [X.] erbrachten Leistungen zur Direktversicherung bestünde nur dann, wenn die zugrunde liegende Entgeltumwandlungsvereinbarung unwirksam wäre (vgl. [X.] 15. September 2009 - 3 [X.] 17/09 - Rn. 19, [X.]E 132, 100). Das hat der Kläger selbst nicht behauptet. Im Übrigen wären diese Ansprüche auf Zahlung von Arbeitsentgelt aus Zeiten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtet, die allenfalls als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden könnten.

2. Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch nicht deshalb zu, weil der [X.] das Bezugsrecht des [X.] aus der Direktversicherung zwar versicherungsvertraglich wirksam widerrufen hat, er mit dem Widerruf aber arbeitsrechtliche Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt hätte. Es mag dahinstehen, ob der [X.] zum Widerruf des Bezugsrechts auch im arbeitsrechtlichen [X.] berechtigt war. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, bestünde der dem Kläger durch den Widerruf des Bezugsrechts entstandene Schaden nicht in den gezahlten Versicherungsbeiträgen oder dem Rückkaufswert der Versicherung, sondern in dem im Versicherungsfall eintretenden Versorgungsschaden.

Wird das Bezugsrecht aus einer Direktversicherung arbeitsvertragswidrig widerrufen, ist der Versorgungsberechtigte im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) so zu stellen, wie er ohne den Widerruf des Bezugsrechts stünde. Dann erhielte er im Versorgungsfall die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag. Ein Schadensersatzanspruch ist daher auf diese entgangenen Leistungen gerichtet. Ein derartiger Anspruch ist jedoch nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

III. Der Kläger hat die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Schmalz    

        

    [X.]    

                 

Meta

3 AZR 176/10

18.09.2012

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 6. September 2006, Az: 10 Ca 183/05, Urteil

§ 1b Abs 1 S 4 BetrAVG, § 1b Abs 5 BetrAVG, § 30f Abs 1 S 1 BetrAVG, § 30f Abs 1 S 2 BetrAVG, § 249 Abs 1 BGB, § 47 InsO, § 80 Abs 1 InsO, § 159 VVG 2008

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2012, Az. 3 AZR 176/10 (REWIS RS 2012, 3130)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3130

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 AZR 994/06 (Bundesarbeitsgericht)


3 AZR 334/06 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebliche Altersversorgung - Direktversicherung - Bezugsrecht - Insolvenz


3 AZR 31/07 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebliche Altersversorgung - Direktversicherung - Unverfallbarkeit - Insolvenz


27 U 159/05 (Oberlandesgericht Hamm)


3 AZR 30/07 (Bundesarbeitsgericht)


Referenzen
Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.