Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2006, Az. IX ZR 92/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 238

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]Verkündet am: 14. Dezember 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja [X.]§ 1006 Abs. 1 Satz 1, § 1362 Abs. 1; ZPO § 771 Abs. 1 Die gesetzliche Vermutung, dass die im Besitz beider Ehegatten befindlichen beweg-lichen Sachen dem Schuldner allein gehören, ist auf die nichteheliche Lebensge-meinschaft nicht entsprechend anzuwenden. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - [X.]- [X.] [X.] - 2 - Der IX. Zivilsenat des [X.]hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2006 durch [X.][X.]und [X.]Ganter, Raebel, [X.]und Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.]vom 16. März 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die [X.]hat zwei titulierte Forderungen gegen U.

L. (fortan: Schuldner). Wegen dieser Forderungen pfändete sie am 11. April 2003 einen Pkw der Marke Audi. Zu diesem Zeitpunkt lebte der Schuldner mit der Klägerin nichtehelich zusammen. Die Parteien streiten darüber, ob diese oder der Schuldner Eigentümer des Fahrzeugs ist. Am 26. Juni 2003 heirateten die Klä-gerin und der Schuldner. 1 Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei Alleineigentümerin des Fahr-zeugs, und hat beantragt, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären. Die [X.]ist dem mit der Behauptung entgegengetreten, der Pkw gehöre allein dem Schuldner. 2 - 3 - Das [X.]hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt diese ihren Klagabwei-sungsantrag weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht meint, die Eigentumsvermutung des § 1362 Abs. 1 Satz 1 BGB sei auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht entsprechend anzuwenden. Deshalb sei nach § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB zu vermuten, dass die (heutigen) Eheleute Miteigentümer des Pkw seien. Der [X.]sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. 5 [X.] Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung stand. 6 1. Die Drittwiderspruchsklage ist begründet, weil der Klägerin an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zusteht (§ 771 Abs. 1 ZPO). 7 a) Das Miteigentum an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist ein solches Recht (RGZ 144, 236, 241; BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - [X.]ZR 8 - 4 - 238/91, WM 1993, 902, 905; Musielak/Lackmann, ZPO 5. Aufl. § 771 Rn. 15; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl. § 771 Rn. 19; Zöller/Herget, ZPO 26. Aufl. § 771 Rn. 14 Stichwort Eigentum). Hierzu hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Schuldner und die Klägerin an dem im September 2002 erworbenen Fahrzeug von Anfang an [X.]hatten, weil sie damals schon zusammenlebten und das Fahrzeug gemeinsam nutzten. Hiergegen wendet sich die Revision nicht. Auf dieser tatsächlichen Grundlage wird nach § 1006 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1008 BGB vermutet, dass der Schuldner und die Klägerin mit der Erlangung des Mitbesitzes Eigenbesitzer geworden sind. Zu ihren Gunsten wird weiter vermutet, sie hätten bei [X.]unbedingtes Eigentum erlangt und seien während der Dauer ihres Besitzes Miteigentümer geblieben (vgl. [X.]64, 395, 396; BGH, Urt. v. 11. Mai 1989 - [X.]ZR 6/88, WM 1989, 1292; Urt. v. 9. Januar 1992 - [X.]ZR 277/90, WM 1992, 877, 878). b) Das Berufungsgericht hat sich - wie schon das [X.]- nicht da-von überzeugen können, dass der Schuldner im September 2002 Alleineigen-tum an dem Fahrzeug erworben hat. Es ist von einem offenen Beweisergebnis ausgegangen. Die Beweisaufnahme habe weder unmittelbar den von der [X.]behaupteten Erwerb des Schuldners zu Alleineigentum bestätigt noch Indizien ergeben, die für einen solchen Eigentumserwerb sprächen. Die [X.]nimmt die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts hin. Sie erhebt nur die Rüge aus § 286 ZPO, ohne diese entsprechend § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b, § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO auszuführen. 9 2. Die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt dem Drittwider-spruchskläger im Anwendungsbereich des § 1362 Abs. 1 Satz 1 BGB allerdings nur eingeschränkt zugute (vgl. MünchKomm-BGB/Wacke, 4. Aufl. § 1362 Rn. 2; Staudinger/Hübner/Voppel, [X.]13. Aufl. (2000) § 1362 Rn. 6; siehe ferner 10 - 5 - BGH, Urt. v. 26. November 1975 - VIII ZR 112/74, NJW 1976, 238, 239; v. 9. Januar 1992 - [X.]ZR 277/90, aaO [X.]878). Nach dieser Bestimmung wird zu Gunsten der Gläubiger des Mannes und der Frau vermutet, dass die im Besitz beider Ehegatten befindlichen Sachen dem Schuldner (allein) gehören. Der Gläubiger kann sich auf die Vorschrift nur berufen, wenn die Voraussetzungen der Norm im Zeitpunkt der Pfändung schon vorlagen (vgl. BGH, Urt. v. 14. Ja-nuar 1993 - [X.]ZR 238/91, aaO [X.]904; MünchKomm-BGB/Wacke, aaO § 1362 Rn. 11; Staudinger/Hübner/Voppel, aaO § 1362 Rn. 15). Es ist deshalb im vor-liegenden Zusammenhang ohne Bedeutung, dass der Schuldner und die Klägerin im Verlauf des Rechtsstreits geheiratet haben. Auf nichteheliche Lebensgemeinschaften ist die Vorschrift, wie das [X.]mit Recht angenommen hat, nicht anzuwenden. 11 a) § 1362 Abs. 1 Satz 1 BGB will den Gläubigern von Eheleuten den Zugriff auf deren Vermögen erleichtern, weil der gemeinsame Haushalt die ein-deutige Zuordnung der einzelnen Gegenstände zum Eigentum des Mannes [X.]der Frau häufig erschwert (BGH, Urt. v. 26. November 1975 - VIII ZR 112/74, aaO [X.]239). Für den Außenstehenden ist in der Regel nicht ersichtlich, welche Gegenstände jeder Partner bereits in die Ehe eingebracht hat. Durch die Führung eines gemeinsamen Haushalts kommt es zu einer tatsächlichen Vermischung der bis dahin vorhandenen beweglichen Habe. Bei den während der Ehe angeschafften Sachen ist oftmals nicht hinreichend erkennbar, ob sie gemeinsam oder nur von einem Ehepartner zu Eigentum erworben wurden (BGH, Urt. v. 9. Januar 1992 - [X.]ZR 277/90, aaO [X.] 878). Darüber hinaus [X.]die Eigentumsverhältnisse in der Ehe leicht verschleiert werden (vgl. amtliche Begründung zur Neufassung des § 1362 BGB - BT-Drucks. 2/224 [X.]33). 12 - 6 - b) Ob die Vermutung des § 1362 BGB und die hiermit korrespondierende Gewahrsamsvermutung des § 739 ZPO auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft entsprechend anzuwenden sind, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Erstreckung wird teilweise befürwortet ([X.]1991, 1996, 1997 f; [X.]FamRZ 1992, 942; Palandt/Brudermüller, [X.]66. Aufl. vor § 1297 Rn. 28 und § 1362 Rn. 1; MünchKomm-BGB/Wacke, aaO § 1362 Rn. 10; Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 739 Rn. 7; MünchKomm-ZPO/Heßler, 2. Aufl. § 739 Rn. 19; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht 5. Aufl. [X.]497; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht 2. Aufl. § 1362 BGB Rn. 5; Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht 3. Aufl. [X.]59; [X.]1982, 323, 324; [X.]FamRZ 1988, 889, 891; [X.]NJW 1995, 1458 ff), von [X.]indes abgelehnt ([X.]NJW 1989, 1737; LG Frankfurt NJW 1986, 729; [X.][X.]1973, 141, 142; [X.][X.]1979, 94; AG Siegen [X.]1993, 61; AG [X.][X.]2004, 30; Staudinger/ Hübner/Voppel, [X.]13. Aufl. (2000) § 1362 Rn. 12; Soergel/Lange, [X.]12. Aufl. [X.]Rn. 61; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 22. Aufl. § 739 Rn. 11; Zöller/Stöber, ZPO 26. Aufl. § 739 Rn. 14; Musielak/Lackmann, aaO § 739 Rn. 4; [X.]§ 739 Rn. 2; Lieb, Gutachten A für den [X.](1988), A 81; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht 13. Aufl. [X.]219). 13 c) Eine entsprechende Anwendung des § 1362 BGB auf nichteheliche Lebensgemeinschaften ist nicht gerechtfertigt. Sie scheidet mangels einer plan-widrigen Regelungslücke aus und ist auch von Verfassungs wegen nicht gebo-ten. 14 - 7 - aa) Eine Analogie setzt nach gesicherter Rechtsauffassung voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Ge-setzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber [X.]bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen [X.]gekommen (vgl. [X.]105, 140, 143; BGH, Urt. v. 13. März 2003 - I ZR 290/00, NJW 2003, 1932, 1933; v. 16. Juli 2003 - VIII ZR 274/02, NJW 2003, 2601, 2603). Die Unvollständigkeit des [X.]muss "planwidrig" sein (vgl. auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswis-senschaft 6. Aufl. [X.]373; Canaris, [X.]im Gesetz 2. Aufl. [X.]37). Der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu erschließen und es ist zu fragen, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungs-absicht, planwidrig unvollständig ist ([X.]149, 165, 174). Die dem Plan des Gesetzgebers widersprechende Lücke muss dabei nicht von Erlass des [X.]an bestehen, sondern kann sich auch später durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben haben ([X.]82, 6, 12). Vorliegend fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, § 1362 BGB auf nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht aus-zudehnen. 15 (1) Die Vorschrift hat ihre heutige Fassung durch das Gesetz über die Gleichberechtigung von [X.]und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 18. Juni 1957 ([X.]- [X.]I 1957, 609) er-halten. Schon zu dieser [X.]waren nichteheliche Lebensgemeinschaften eine typische Erscheinungsform des sozialen Lebens, vor allem in Folge der großen Zahl rentenberechtigter Kriegerwitwen, die bei einer Eheschließung ihre [X.]- 8 - tenansprüche verloren hätten (vgl. [X.]9, 20, 32; [X.]NJW 1989, 1737; [X.]FamRZ 1981, 1225, 1228). Ob der Existenz dieser nichtehelichen Lebensgemeinschaften entnommen werden kann, der Gesetzgeber habe im Jahr 1957 bewusst darauf verzichtet, § 1362 BGB auf andere Formen des Zu-sammenlebens zu erstrecken, kann dahinstehen. (2) Die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist jedenfalls seit Beginn der siebziger Jahre stark angestiegen (vgl. Hausmann, in Haus-mann/Hohloch, Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 2. Aufl. [X.]Rn. 6). Nach Schätzungen hat sich ihre Zahl zwischen 1972 und 1995 verzehnfacht (Hausmann, aaO; vgl. auch [X.]82, 6, 13). Vor diesem [X.]setzte die Justizministerkonferenz durch Beschluss vom 15. Dezember 1988 eine Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des Zwangsvollstreckungsrechts ein (vgl. Markwardt, [X.]1993, 17). Diese schlug vor, die Eigentums- und Gewahrsamsvermutungen der § 1362 BGB, § 729 ZPO auf nichteheliche Le-bensgemeinschaften zu erstrecken; § 1362 BGB sollte ein Absatz 3 mit dem Wortlaut, "Diese Vorschriften gelten für eheähnliche Gemeinschaften entspre-chend", angefügt werden (Markwardt, aaO, 19; Schilken, Rpfleger 1994, 138, 139). Der auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppe beruhende Entwurf des Zwei-ten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften (2. Zwangsvollstreckungsnovelle), der am 17. Dezember 1997 ([X.]I [X.]3039) Gesetz geworden ist, verzichtete jedoch auf die vorgeschlagene Erweiterung. Zur Begründung heißt es im Regierungsentwurf (BT-Drucks. 13/341 [X.]12): "Die in der vollstreckungsrechtlichen Literatur vielfach befürwortete Erstreckung der Eigentums- und Gewahrsamsvermutung (§ 1362 BGB, § 739 ZPO) auf nicht-eheliche Lebensgemeinschaften (vgl. Hofmann, [X.]1990, 409) ist - abweichend von den Vorschlägen der Arbeitsgruppe im Schlussbericht - im Gesetzentwurf nicht enthalten. Diese Thematik soll ggf. im Zusammenhang mit 17 - 9 - anderen Fragen aus dem Bereich der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf-gegriffen werden". Erneut stellte sich dem Gesetzgeber die Frage der erweiterten Anwen-dung des § 1362 BGB bei Erlass des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminie-rung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften ([X.]- LPartG, [X.]I 2001, 266). Für Lebenspartner gilt die Eigentumsvermutung wie für Ehepaare (§ 8 Abs. 1 LPartG); gleiches gilt für die Gewahrsamsvermutung (§ 739 Abs. 2 ZPO). Die Begründung zu § 8 Abs. 1 LPartG (BT-Drucks. 14/3751 [X.]38) ist ersichtlich der des § 1362 BGB entlehnt (vgl. BT-Drucks. 2/224 [X.]33). Auch im Rahmen dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber davon abgesehen, die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Überar-beitung des Zwangsvollstreckungsrechts aufzugreifen und in dieser Richtung tätig zu werden. 18 bb) § 1362 BGB kann auch nicht im Rahmen einer "gesetzesüberstei-genden Rechtsfortbildung" (vgl. BGH, Urt. v. 4. Mai 1988 - VIII ZR 196/87, WM 1988, 1061, 1063) auf nichteheliche Lebensgemeinschaften angewendet wer-den. 19 (1) Angesichts des beschleunigten Wandels der gesellschaftlichen [X.]und der begrenzten Reaktionsmöglichkeiten des Gesetzgebers gehört die Anpassung des geltenden Rechts an veränderte Umstände zu den [X.]der [X.](vgl. [X.]96, 375, 394), die im Bereich der [X.]nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO gerade dem Bundesge-richtshof zugewiesen ist. Die Befugnis zur Rechtsfortbildung besteht jedoch nicht schrankenlos, sondern wird durch Art. 20 Abs. 2 und 3 GG begrenzt ([X.]49, 304, 318; 65, 182, 191; [X.]90, 145, 153). Mit den [X.]- 10 - zen der Gewaltenteilung und Gesetzesbindung wäre es unverträglich, wenn sich die Gerichte aus der Rolle des [X.]in die einer normsetzen-den Instanz begäben, also objektiv betrachtet sich der Bindung an Gesetz und Recht entzögen ([X.]87, 273, 280; 96, 375, 394; BGH, Besch. v. 20. Januar 2005 - [X.]ZB 134/04, WM 2005, 522, 524). Die "gesetzesüberstei-gende Rechtsfortbildung" setzt deshalb voraus, dass das Gesetz lückenhaft ist, wobei sich die Unvollständigkeit der rechtlichen Regelung nicht wie bei der [X.]am Plan des Gesetzes selbst, sondern an den Erfordernissen der Ge-samtrechtsordnung misst (vgl. [X.]34, 269, 287; 49, 304, 321; 82, 6, 12 f; [X.]90, 145, 153 f). Diese können sich aus der Verfassung (vgl. [X.]65, 182, 193), insbesondere den Grundrechten (vgl. [X.]96, 375, 398), oder einem unabweisbaren Bedürfnis des Rechtsverkehrs ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 4. Mai 1988 aaO [X.]1063; Larenz, Methodenlehre der Rechtswis-senschaft 6. Aufl. [X.]413). (2) Unabweisbare Bedürfnisse des Rechtsverkehrs sind hier nicht gege-ben. Auch die Grundrechte erfordern es nicht, die Vermutung des § 1362 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Gemeinschaften zu erstrecken, die nicht personenstandsrecht-lich verfestigt sind. Ein solches Bedürfnis ergibt sich weder aus dem Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) noch aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder dem Gebot des effektiven Rechtschutzes. 21 (a) Die bisher ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsge-richts könnten darauf hindeuten, dass die vollstreckungsrechtliche [X.]von Ehegatten von dem Gericht als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen worden ist. So hat es angenommen, die von ihm für nichtig erklärte Vorschrift des § 45 KO verletze das Übermaßverbot, weil die Gläubiger bereits durch die Eigentumsvermutung des § 1362 BGB und die Vorschriften über die 22 - 11 - Schenkungsanfechtung bei Eheleuten (§ 32 Nr. 2 KO) hinreichend geschützt seien ([X.]24, 104, 111). Diese Begründung setzt voraus, dass die [X.]des § 1362 BGB nicht ihrerseits verfassungswidrig ist (vgl. Brox, FamRZ 1968, 406, 407; ders., FamRZ 1981, 1125). Auch in anderem [X.]hat sich das [X.]mittelbar mit der Proble-matik befasst. So hat es § 3 Abs. 1 Nr. 4 AnfG a.F. als verfassungsgemäß an-gesehen. Die bei unentgeltlichen Verfügungen an Ehegatten bestehende An-fechtungsfrist von zwei Jahren verstoße nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG und [X.]Eheleute nicht ohne sachlichen Grund schlechter als nicht miteinander verheiratete Personen ([X.]ZIP 1991, 736). Eine unmittelbar einschlägige Entscheidung des [X.]steht allerdings aus. Letztlich kann die Verfassungsmäßigkeit des § 1362 BGB auch [X.]bleiben. Sollte es an ihr fehlen, führte dies keineswegs dazu, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift im Wege der Auslegung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zu erstrecken wäre. Kann eine Korrektur der verfas-sungswidrigen Regelung auf verschiedene Weise vorgenommen werden, ist der Verfassungsverstoß grundsätzlich durch eine Neuregelung der einschlägigen Vorschriften durch den Gesetzgeber zu beseitigen (vgl. [X.]82, 126, 154 f zu Art. 3 Abs. 1 GG; [X.]FamRZ 1981, 1125, 1128). So liegt es hier. Die von der Revision behauptete Diskriminierung von Eheleuten durch § 1362 BGB kann vermieden werden, indem die Regelung insgesamt beseitigt wird oder ihr Anwendungsbereich auf einen näher zu definierenden Personenkreis erstreckt wird. Der Gesetzgeber hat von einer Erstreckung der Vermutungen der § 1362 BGB, § 739 ZPO auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft bewusst abgese-hen. Auch andere Rechtsprobleme, die aus dem nichtehelichen Zusammenle-ben typischerweise herrühren, hat er bislang nicht geregelt. So bestehen weder während der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Unterhaltspflichten noch nach 23 - 12 - der Trennung (Ausnahme: § 1615l BGB). Nach Trennung der unverheirateten Partner hat keiner von beiden Anspruch auf Zugewinn. Mögliche [X.]waren schon im Jahr 1988 Gegenstand der Erörterungen des [X.](vgl. Lieb, Gutachten A für den 57. Deutschen Juristentag). Gleichwohl hat sich der Gesetzgeber bis heute nicht zu einer Regelung [X.]können. Der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der [X.]nichtehelicher Lebensgemeinschaften aus dem Jahre 1997 (Nichtehe-liche-Lebensgemeinschaften-Gesetz, BT-Drucks. 13/7228) ist nicht Gesetz ge-worden. Ein einheitliches Regelungssystem, in das sich die entsprechende An-wendung des § 1362 BGB einfügen könnte, ist danach bisher nicht erkennbar. (b) Schließlich zwingt das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes; vgl. [X.]107, 395, 406 f; [X.]NJW 2005, 1999, 2001; [X.]140, 208, 217; BGH, Beschl. v. 15. Dezember 2005 - I ZB 63/05, NJW 2006, 1290, 1291) nicht zu einer Erstreckung der Vermutungswirkung des § 1362 BGB auf nichteheliche Lebensgemeinschaften. 24 Dem Gläubiger stehen im [X.]zur Verteidigung seines Verwertungsrechts die Beweismittel der Zivilprozessordnung zur Verfügung. Diese gewährleisten im Allgemeinen die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechts-schutzes. Die erstrebten gesetzlichen Beweiserleichterungen können demge-genüber dazu führen, dass der Gläubiger seinen titulierten Zahlungsanspruch im Wege der Verwertung schuldnerfremden Eigentums verwirklicht. Der Ge-setzgeber ist von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, eine derartige Regelung einzuführen. An diese Wertung sind die Gerichte bei der Auslegung und An-wendung des § 1362 BGB gebunden. Es kommt hinzu, dass die Gewährung 25 - 13 - der Beweiserleichterung zu Lasten des [X.]dessen grundgesetz-lich geschütztes Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) berührt. Dr. [X.][X.][X.] [X.]Dr. [X.]Vorinstanzen: LG Krefeld, Entscheidung vom 26.08.2004 - 3 O 172/03 - OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.03.2005 - [X.]U 33/04 -

Meta

IX ZR 92/05

14.12.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2006, Az. IX ZR 92/05 (REWIS RS 2006, 238)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 238

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