OLG Köln, Beschluss vom 15.05.2020, Az. 6 U 300/19

6. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 6407

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Gegenstand

Widerrufsrecht bei einem Treppenlift


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der [X.] für Handelssachen des [X.] (81 O 72/19) vom [X.] wird zurückgewiesen.

Der Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Dieser Beschluss und das genannte Urteil des [X.] sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

[X.]

1

Die Klägerin verlangt von der [X.] es zu unterlassen, bei [X.]mit Verbrauchern außerhalb von Geschäftsräumen für [X.] von der Information über ein gesetzliches Widerrufsrecht abzusehen.

2

Die senatsbekannte Klägerin ist in die Liste qualifizierter [X.]inrichtungen eingetragen. Die Beklagte vertreibt Treppenlifte in verschiedenen Varianten zu einem Preis von mehreren tausend [X.].

3

Die Beklagte bietet drei unterschiedliche Varianten der Treppenlifte an: [X.]s kann ein gerader [X.] erworben werden, wenn die Treppe gerade ist, so dass der [X.] ebenfalls keine Kurve fahren muss. Weiter kann sich der Kunde für einen sogenannten „[X.]“ entscheiden. Dieser besteht aus zusammengesetzten Schienen (Modulen), wobei mit den Modulen als [X.] auch um eine Kurve gebaut werden kann, so dass dieses System auch für Treppen geeignet ist, die eine Kurve beschreiben. Der Nachteil dieser Konstruktion liegt in einer geringeren Laufruhe im Vergleich zu einem von den Parteien übereinstimmend als Kurventreppenlift bezeichneten System. Dieses System umfährt mit individuell angefertigten Schienen Kurven im Rahmen des Treppenhauses.

4

Die Beklagte informiert Verbraucher, die sich für Treppenliftsysteme interessieren, hinsichtlich des Widerrufsrechts in Bezug auf [X.] auf ihrer Webseite wie folgt:

5

„Bei Kurventreppenverläufen werden in der Regel die Schienen für eine [X.] individuell geformt und exakt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst. [X.]in Widerrufsrecht wird daher vom Gesetzgeber für individuell gefertigte [X.] ausgeschlossen. Ausnahme: Bei unserem [X.] bleibt für Sie das gesetzlich vorgesehene 14-tägige Widerrufsrecht bestehen.“

6

Für die [X.] gewährt die Beklagte ein auf drei Werktage beschränktes Widerrufsrecht.

7

Die Klägerin verlangte von der [X.] mit Schreiben vom 18.04.2019, die Werbung gegenüber Verbrauchern zu unterlassen, soweit für [X.] außer dem Modell A auf einen Ausschluss des gesetzlichen Widerrufsrechts, ferner soweit auf einen Ausschluss des Widerrufsrechts durch den Gesetzgeber hingewiesen wurde. Die Beklagte gab mit Schreiben vom [X.] eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezogen auf die letztgenannte Beanstandung ab, in der sie aber klarstellte, dass sie an dem Ausschluss des gesetzlichen Widerrufsrechts für [X.], mit Ausnahme des [X.], festhalte.

8

Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, die Beklagte informiere fehlerhaft und täusche über die Rechtslage, wenn sie bei [X.]n das Widerrufsrecht per se - mit Ausnahme des [X.] - ablehne. [X.]in Unterlassungsanspruch folge aus §§ 3, 3a, 8 UWG, 312d [X.], Art. 246a § 1 Abs. 2 [X.][X.].

9

Bei dem [X.]rwerb eines Kurventreppenlifts schlössen die Vertragsparteien einen Werkvertrag und nicht einen Kauf- oder Werklieferungsvertrag ab, so dass ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß §§ 312d, 312g, 355 [X.] bestehe. Werkverträge fielen nicht unter § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.]. Werkvertragsrecht finde Anwendung, weil nicht die Lieferung von [X.]inzelteilen, sondern die Herstellung des fertigen Treppenlifts im Vordergrund stehe. [X.]in Werklieferungsvertrag könne nur angenommen werden, wenn für den Verbraucher erkennbar sei, dass die Ware speziell für ihn angefertigt werde. [X.]in Treppenlift sei regelmäßig dauerhaft eingebaut. Der Ausschluss des Widerrufsrechts gelte nach Auffassung der [X.] auch dann, wenn ein Kurvenschienenteil eingebaut werde, das im Verhältnis zum übrigen [X.] einen geringfügigen Anteil, z.B. 1% bis 5% ausmache.

10

Gehe man mit der [X.] von einer individuellen Fertigung der gesamten Schiene aus, liege erst recht ein Werkvertrag vor, weil Planung und individuelle Anpassung im Vordergrund stünden. Für die Abgrenzung sei auf den Schwerpunkt des Vertrags abzustellen, so dass entscheidend sei, ob die Übertragung von [X.]igentum und der Warenumsatz oder die Montage- und Bauleistung und die Herstellung eines funktionstauglichen Werks im Vordergrund stehe. Das Widerrufsrecht sei für die Beklagte auch nicht unzumutbar, weil sie gemäß § 357 Abs. 8 [X.] die Vertragsausführung auf Anordnung des Verbrauchers vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen könne.

Die Klägerin hat beantragt,

[X.] der [X.] zu untersagen, für den Fall, dass die Beklagte mit einem Verbraucher einen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts schließt, den Verbraucher bereits dann nicht über das diesem zustehende gesetzliche Widerrufsrecht zu informieren, wenn nur ein Kurventeil der Laufschiene für den [X.] anhand von am geplanten [X.]inbauort ermittelten Maßen („Schienen für eine [X.] individuell geformt und exakt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst“, Anlage [X.]) angefertigt wird,

ausgenommen das Kurventreppenlift-Modell der [X.] „A“;

I[X.] der [X.] für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen eines der in Ziffer I und I[X.] genannten Verbote ein Ordnungsgeld bis zu [X.] 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an deren Geschäftsführer, anzudrohen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte hat behauptet, die Schienen des Kurventreppenlifts würden durchgehend am Stück individuell gefertigt. Auch in den geraden Bereichen der Schiene liege eine individuelle Anfertigung vor, weil diese an die spezielle Steigung der Treppe angepasst sei. Die Beklagte hat den von der Klägerin vorgebrachten geringen Kostenanteil der individuell herzustellenden Schienen bestritten und behauptet, dieser sei mit etwa 60 % der Gesamtkosten anzusetzen. Bei dem Kurventreppenlift handle es sich um einen Werklieferungsvertrag, bei dem das Widerrufsrecht wegen der individuellen Anfertigung gemäß § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen sei. Die Beklagte stelle mit dem Kurventreppenlift eine bewegliche Sache her. Sämtliche Verträge mit einer Verpflichtung zur Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen unterfielen dem Kaufrecht. Das folge auch aus Art. 2 Nr. 5 und 6 sowie 16 c Verbraucherrechterichtlinie ([X.] - [X.] 2011/83/[X.]). Die Übereignung erfolge durch [X.]inigung und Übergabe und nicht gemäß § 946 [X.]. Insbesondere liege keine Arbeit an einem Bauwerk vor. Die [X.] liege bloß in der Verschraubung der Schienen auf der Treppe. Die Nutzung sei von vorneherein vorübergehend, wenn auch im [X.]inzelfall für eine längere Dauer. Der Ausbau erfolge ebenso einfach wie der [X.]inbau durch Lösung der Verschraubungen. Die Installation sei im Verhältnis zur Herstellung des Treppenlifts von untergeordneter Bedeutung, etwa 254,83 [X.] bei einer Nettovergütung von 9.300 [X.]. Auch die Planung vor Ort erfolge mit Hilfe digitaler Aufnahme in kurzer Zeit. Da gebrauchte Treppenlifte praktisch unverkäuflich seien, bestehe auch ein Bedürfnis an dem Ausschluss des Widerrufsrechts.

12

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. [X.]in Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 3a, 8 UWG, §§ 312d, 312g [X.], Art. 246a § 1 Abs. 2 [X.][X.] bestehe nicht.

13

Die Aktivlegitimation der Klägerin sei zwar gegeben, § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, weil diese in die Liste qualifizierter [X.]inrichtungen eingetragen sei. Auch könne davon ausgegangen werden, dass die Verträge außerhalb von Geschäftsräumen und die Verträge mit Verbrauchern abgeschlossen würden.

14

Danach bestehe im Grundsatz ein Widerrufsrecht, über das der Verbraucher zu informieren sei. Dies gelte indes für den [X.] nicht, weil die Ausnahmeregelung des § 312g Abs. 2 Nr. 1 [X.] anzuwenden sei. Der dem [X.]rwerb dieses Treppenlifts zugrundeliegende Vertrag sei ein [X.], was das [X.] weiter darlegt.

15

Bei dieser Sachlage liege der Schwerpunkt in der Anfertigung und Anlieferung der Schienen und des Treppensitzes, während Planung und Montage diese Anlieferung lediglich ergänzten.

16

Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO Bezug genommen wird, wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

17

Das [X.] sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Lieferbeziehung ein [X.] und nicht ein Werkvertrag zugrunde liege. Bei der [X.]inordnung des Vertrages als Werkvertrag bestehe die Ausnahmeregelung des § 312g Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht.

18

Das [X.] gehe davon aus, dass nicht die Planung und Montage, sondern die Anfertigung und Anlieferung des Treppenlifts im Vordergrund stehe. Hierbei stelle das [X.] auf den Fertigungsaufwand im Verhältnis zum Planungs- und Montageaufwand ab. Dies sei indes nicht zutreffend, weil für die Frage, welche Leistung im Vordergrund stünde, auf die Verkehrsauffassung abzustellen sei. [X.]s sei also fraglich, ob die Übertragung von [X.]igentum oder die Herstellung eines funktionstauglichen Werks im Vordergrund stehe. Danach sei Werkvertragsrecht anzuwenden, weil die individuelle Anfertigung der Laufschiene im Vordergrund stünde. Darüber hinaus stehe für den Verbraucher die Funktionstauglichkeit im Vordergrund, während dem Warenumsatz eine geringe Bedeutung zukomme. Diese Anpassungsleistung lasse sich die Beklagte auch großzügig vergüten.

19

[X.]s komme hinzu, dass das [X.]rgebnis des [X.]s nicht [X.] sei. Der Unternehmer könne sich bereits erbrachte Leistungen unter bestimmten Umständen ohne weiteres vergüten lassen, was die Klägerin näher darlegt.

20

Hilfsweise macht die Klägerin geltend, der Tatbestand des § 312g Abs. 2 Nr. 1 [X.] sei nicht erfüllt. Die Beklagte räume ein, dass die [X.]xistenz eines Widerrufsrechts allein von der [X.]xistenz eines Kurventeils abhängen solle. Der Wert dieses Teils sei indes gering.

21

Die Klägerin regt die Zulassung der Revision für den Fall an, dass der Senat der [X.]ntscheidung des [X.]s beitreten wolle.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil des [X.]s Köln vom 03.12.2019, [X.]. [X.], abzuändern und

[X.] der [X.] zu untersagen, für den Fall, dass die Beklagte mit einem Verbraucher einen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts schließt, den Verbraucher bereits dann nicht über das diesem zustehende gesetzliche Widerrufsrecht zu informieren, wenn nur ein Kurventeil der Laufschiene für den [X.] anhand von am geplanten [X.]inbauort ermittelten Maßen („Schienen für eine [X.] individuell geformt und exakt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst“, Anlage [X.]) angefertigt wird,

ausgenommen das Kurventreppenlift-Modell der [X.] „A“;

hilfsweise

der [X.] zu untersagen, für den Fall, dass die Beklagte mit einem Verbraucher einen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts schließt, den Verbraucher bereits dann nicht über das diesem zustehende gesetzliche Widerrufsrecht zu informieren, sobald die Laufschiene für den [X.] auch nur an einer Stelle anhand von am geplanten [X.]inbauort ermittelten Maßen gebogen wird („Schienen für eine [X.] individuell geformt und exakt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst“, Anlage [X.]),

ausgenommen das Kurventreppenlift-Modell der [X.] „A“;

I[X.] der [X.] für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen eines der in Ziffer I und I[X.] genannten Verbote ein Ordnungsgeld bis zu [X.] 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an deren Geschäftsführer, anzudrohen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen;

22

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

I[X.]

23

Die Berufung der Klägerin war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf [X.]rfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). [X.]s ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene [X.]ntscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere [X.]ntscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). [X.]benso wenig ist eine [X.]ntscheidung des [X.] durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

24

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des [X.] vom 30.03.2020 Bezug genommen. Die Stellungnahme der Klägerin führt zu keinem anderen [X.]rgebnis. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen [X.]ntscheidung Bezug genommen werden. [X.]rgänzend ist folgendes auszuführen:

25

1. [X.]in Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 8 Abs. 1, 3 Nr. 3, §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit §§ 312d, 312g [X.], Art. 246a § 1 Abs. 2 [X.][X.] besteht nicht, weil die Beklagte nicht dazu verpflichtet ist, bei individuell angefertigten Treppenliften auf das Widerrufsrecht hinzuweisen. Vielmehr gilt insoweit die Ausnahmevorschrift des § 312g Abs. 2 Nr. 1 [X.].

26

a) Die Klägerin ist – wie das [X.] zutreffend angenommen hat – zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG aktivlegitimiert, weil sie in die Liste der qualifizierten [X.]inrichtungen eingetragen ist.

27

b) Das Angebot von Treppenliften der [X.] stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.

28

c) Die Verletzung von [X.] in Bezug auf ein Widerrufsrecht stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG dar, weil sie dazu bestimmt sind, im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten zu regeln (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], UWG, 38. Aufl., § 3a Rn. 1.301).

29

d) Die Beklagte hat weder gegen die Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht verstoßen noch hat die Klägerin dargelegt, dass ein solcher Verstoß droht.

30

aa) Dem liegt im Ausgangspunkt zugrunde, dass die Klägerin die Werbung für einen bestimmten Treppenlift mit einer individuellen Schienenführung angreift. Nicht Gegenstand des [X.] sind hingegen Ausführungen von Treppenliften, bei denen ein Modulsystem genutzt wird, um eine Kurvenführung zu ermöglichen. Insoweit besteht auch ein Unterlassungsanspruch nicht, weil die Beklagte bei diesen Systemen unstreitig über die Widerrufsmöglichkeiten belehrt.

31

Weiter nimmt die Klägerin im Rahmen des [X.], was sie auch ausdrücklich hervorhebt, auf ein konkretes Angebot Bezug. Inhalt dieses Angebots ist – insoweit zwischen den Parteien unstreitig – ein Treppenlift, bei dem die Fertigung der Schienen individuell erfolgt (Anlage [X.]).

32

Das [X.] hat vor diesem Hintergrund mit Recht und mit zutreffender Begründung angenommen, dass nicht von der individuellen Fertigung lediglich einzelner Schienenteile ausgegangen werden kann, weil der Vortrag der Klägerin nicht hinreichend substantiiert ist, nachdem die Beklagte die Konstruktion des entsprechenden [X.]modells im [X.]inzelnen dargelegt hat. Diese Annahme hat die Klägerin im Rahmen der Berufung auch nicht mehr geltend gemacht. Sie hat sich vielmehr den Vortrag der [X.] zu [X.]igen gemacht und ist der Ansicht, bei der [X.]rstellung der Schienen insgesamt sei von einem Werkvertrag auszugehen.

33

Nichts anders gilt für die Annahme, dass die Planung vor Ort und die Montage ebenfalls vor Ort lediglich einen kleinen Umfang der geschuldeten Leistungen der [X.] bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung ausmachen. Auch insoweit ist die Klägerin dem substantiierten Vortrag der [X.] nicht hinreichend entgegengetreten. Dies hat das [X.] im [X.]inzelnen zutreffend und von der [X.] im Rahmen der Berufung auch nicht mehr angegriffen dargelegt.

34

bb) Die Beklagte hat nicht gegen die Pflicht zur Belehrung über die Widerrufsrechte gemäß § 312d Abs. 1, Art. 246 § 1 [X.][X.] verstoßen.

35

(1) Gemäß § 312d Abs. 1 [X.] ist der Unternehmer bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe von Art. 246a [X.][X.] zu informieren. Gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 [X.][X.] ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht in dort genannten Umfang zu informieren.

36

Die Pflicht zur Information besteht indes dann nicht, wenn gemäß [ref=8212fc63-928f-4f3d-81c1-61ea41fb134e]§ 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 [X.]] ein Vertrag zur Lieferung von Waren abgeschlossen ist, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.

37

So liegt der Fall – wie das [X.] mit Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt hat – hier.

38

Nicht erheblich ist, ob es sich bei dem Vertrag um einen Kaufvertrag oder einen [X.] handelt. Denn bereits dem Wortlaut nach umfasst § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] Verträge, die auf die Lieferung von Waren gerichtet sind, was Kauf und [X.] erfasst. Dies entspricht auch der Verbraucherrechterichtlinie, deren Umsetzung unter anderem § 312g [X.] dient (vgl. [X.], Urteil vom 30.08.2018 – [X.] 243/17, NJW 2018, 3380).

39

Diese am Wortlaut orientierte Auslegung entspricht der Systematik der Regelungen zu Verbraucherverträgen. Den Schutz der Unternehmer, die Werkleistungen erbringen (vgl. Art. 16 a) Verbraucherrechterichtlinie), hat der Gesetzgeber nicht durch einen Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] verwirklicht, sondern durch die Regelung in § 357 Abs. 8 Satz 1 [X.]. Nach dieser Vorschrift schuldet der Verbraucher dem Unternehmer unter den weiteren Voraussetzungen von § 357 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Dienstleistung, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Der in § 357 Abs. 8 Satz 1 [X.] benutzte Begriff der "Dienstleistung" entspricht der Definition in Art. 2 Nr. 6 Verbraucherrechterichtlinie und erfasst damit jedenfalls regelmäßig auch Werkverträge (vgl. [X.], Urteil vom 30.08.2018 – [X.] 243/17, NJW 2018, 3380).

40

(2) Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der [X.] und ihren jeweiligen Kunden [X.] zugrunde liegen.

41

[X.]s ist zu berücksichtigen, dass – wie dargelegt – die Abgrenzung auf die Verbraucherrechterichtlinie zurückgeht. Durch die Anpassung des [X.]-29eb-4f55-b249-fb1053bcdfc9]§ 650 [X.]] aufgrund der Richtlinie entfällt im Werkvertragsrecht die Notwendigkeit, das Werkvertragsrecht als solches an die [X.] anzupassen (vgl. [X.] in [X.], Stand: 01.01.2020, § 650 Rn. 5; BT-Drucks. 14/6040, 267, 268).

42

Art. 1 Abs. 4 [X.] 1999/44/[X.], auf den der Inhalt des § 650 zurückgeht, bestimmt, dass als Kaufverträge im Sinne dieser Richtlinie auch Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter gelten. Art. 1 Abs. 2 lit. b [X.] 1999/44/[X.] definiert dabei den Begriff der „Verbrauchsgüter“ als „bewegliche körperliche Gegenstände“ mit Ausnahme von in der Richtlinie näher bezeichneten Gütern (Art. 1 Abs. 1 lit. b [X.] 1999/44/[X.]). Danach gelten als Verbrauchsgüter lediglich solche nicht als bewegliche körperlichen Gegenstände, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden, Wasser und Gas sowie Strom (vgl. [X.] in [X.] aaO, § 650 Rn. 6.

43

Verträge, die allein die Lieferung von herzustellenden beweglichen Bau- oder Anlagenteilen zum Gegenstand haben, sind nach Maßgabe des § 650 [X.] nach Kaufrecht zu beurteilen. Die Zweckbestimmung der Teile, in Bauwerke eingebaut zu werden, rechtfertigt keine andere Beurteilung (vgl. [X.], Urteil vom 23.07.2009 – [X.] 151/08, [X.], 2877).

44

Ist Gegenstand des Vertrages nicht nur die Lieferung eines Gegenstandes, sondern auch dessen Montage, kommt es für die rechtliche [X.]inordnung des Vertragsverhältnisses als Kaufvertrag (mit Montageverpflichtung) oder als Werkvertrag darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Liegt der Schwerpunkt des [X.] verbundenen Übertragung von [X.]igentum und Besitz, liegt ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag vor. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags dagegen nicht auf dem Warenumsatz, sondern schuldet der Unternehmer die Herstellung eines funktionstauglichen Werks, ist ein Werkvertrag anzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 30.08.2018 – [X.] 243/17, NJW 2018, 3380 – [X.]). Für die Beurteilung des Schwerpunkts der Leistung sind vor allem die Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie Besonderheiten des geschuldeten [X.]rgebnisses zu berücksichtigen (vgl. [X.] in [X.] aaO, § 650 Rn. 21, mwN). Maßgeblich ist letztlich die Verkehrsanschauung.

45

Weiter ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des [X.]uGH ein Kaufvertrag im Sinne der [X.] vorliegt, wenn der [X.] des verkauften Gutes im Verbund mit dem Kaufabschluss vorsieht und die Dienstleistung den Verkauf lediglich ergänzt, nicht jedoch wenn die Dienstleistung als Hauptgegenstand des Vertrags anzusehen ist (vgl. [X.]uGH, Urteil vom 07.09.2017 – [X.]/16, [X.], 283 – [X.]).

46

Vor diesem Hintergrund hat der [X.] die Verpflichtung zur Lieferung und Montage einer Solaranlage jedenfalls dann als einen [X.] angesehen, wenn die Lieferung überwiegt (vgl. [X.], Urteil vom 03.03.2004 – [X.], [X.], 326). Werden die wesentlichen Veränderungen indes vor Ort vorgenommen, kann der [X.]auch als Werkvertrag einzuordnen sein (vgl. [X.], Urteil vom 02.06.2016 – [X.] 348/13, NJW 2016, 2876).

47

Weiter hat der [X.] die Lieferung und Montage eines [X.] an der Außenfassade eines Gebäudes als Werkvertrag angesehen, weil der Schwerpunkt nicht im Warenumsatz, sondern in der Planung des [X.]s und der funktionstauglichen [X.]inrichtung an der Außenfassade im Vordergrund stand. Die geschuldete Montage stellte nicht eine bloße [X.]rgänzung der Lieferung der einzelnen [X.]lemente des [X.]s dar (vgl. [X.], NJW 2018, 3380).

48

Vor dem Hintergrund der vorstehenden [X.]rwägungen stellt sich der [X.]vorliegend als [X.] dar. Auch nach der Verkehrsanschauung, die der Senat selbst bestimmen kann, steht die Lieferung des Treppenlifts als solchem im Vordergrund. Die Montage kann – wie dargelegt – durch jede Fachfirma mit geringem Aufwand erfolgen.

49

Zutreffend hat das [X.] dabei auch darauf abgestellt, dass die Lieferung des individuell angefertigten [X.]systems maßgeblich ist und nicht dessen Montage und Planung. Diese stellen sich insgesamt als bloße [X.]rgänzung der [X.]rstellung des [X.]systems dar.

50

Mit Recht hat das [X.] in diesem Zusammenhang auch die Leistungen der [X.] betrachtet, die diese neben der Planung und Montage erbracht hat. Diese sind nach der Verkehrsanschauung der Lieferung des Systems zuzuordnen, ohne dass es darauf ankäme, ob die Beklagte hier das Produkt (individuell) hergestellt oder erworben hat. Kann ein Treppenlift, was dem Publikum auch bekannt ist, mit geringem Aufwand durch ein Fachunternehmen montiert werden, steht die Lieferung des Produkts und nicht dessen Planung und Montage im Vordergrund. Denn in diesem Fall liegt der Schwerpunkt des Geschäfts auf der Übertragung des [X.]igentums an dem [X.]system und nicht auf der als Nebenleistungen anzusehenden Montage oder Planung. [X.]ine Unterscheidung zur Lieferung und Montage eines nicht individuell angefertigten [X.]systems, der als Kaufvertrag einzuordnen ist, ist nicht begründet.

51

[X.]ntgegen der Ansicht der [X.] ist es nicht erheblich, ob die individuelle [X.]rstellung der Laufschiene im Vordergrund steht. Diese Herstellung ist zwar unstreitig ein wesentlicher Bestandteil der Leistung der [X.], so dass auch diese Voraussetzung des [ref=[X.]-180841e03ad6]§ 312g Abs. 1 Nr. 1 [X.]] erfüllt ist, weil es sich um die Lieferung einer Ware handelt, die nicht vorgefertigt ist und die eindeutig auf die persönlichen Verhältnisse des Verbrauchers zugeschnitten ist. Dies stellt aber kein taugliches Abgrenzungskriterium zum Werkvertrag dar, weil – wie dargelegt – auch die Lieferung einer angefertigten Sache dann als [X.] im Sinne des [X.] und als Kaufvertrag im Sinne der Richtlinie anzusehen ist, wenn die Lieferung im Vordergrund steht, unabhängig davon, ob das vertraglich zugesagte Produkt zunächst noch hergestellt werden muss. Die Tatsache, dass die [X.]rstellung individuell erfolgt, ändert nichts an der [X.]inordnung als [X.].

52

[X.]ntgegen der Ansicht der [X.] ist dieses [X.]rgebnis auch [X.]. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber zum Schutz eines Werkunternehmers – wie dargelegt – unter bestimmten Umständen eine Vergütungspflicht der Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist eingeführt hat, führt nicht dazu, dass die [X.]inordnung als [X.] nicht [X.] wäre.

53

(3) Soweit die Klägerin hilfsweise geltend macht, der Tatbestand des § 312g Abs. 2 Nr. 1 [X.] sei nicht erfüllt, weil die Beklagte selbst einräume, dass die [X.]xistenz eines Widerrufsrechts allein von der [X.]xistenz eines Kurventeils abhängen solle und der Wert dieses Teils indes gering sei, entspricht dies nicht dem Vortrag der [X.]. Die Beklagte hat allein in Bezug auf den individuell angefertigten Treppenlift dargelegt, dass sie insoweit nicht auf ein – aus ihrer Sicht nicht bestehendes – Widerrufsrecht hinweise. Dem Vortrag der [X.] kann – jedenfalls im Rahmen des Gesamtzusammenhangs – nicht entnommen werden, sie wolle bereits unter den von der Klägerin genannten Voraussetzungen auf eine Widerrufsbelehrung verzichten. Vor diesem Hintergrund besteht insoweit weder eine Wiederholungs- noch eine [X.].

54

Soweit die Klägerin ergänzend vorträgt, die Voraussetzungen des [ref=6dd0c569-22af-4923-b0be-05a5425cf5dc]§ 522 Abs. 2 ZPO[/ref] lägen nicht vor, weil es entgegenstehende – auch obergerichtliche – [X.]ntscheidungen gebe, tritt der Senat dem nicht bei. Zwar wurden von anderen Obergerichten Verträge über den [X.]rwerb von Treppenliftsystemen als Werkverträge eingeordnet. Vorliegend entscheidet der Senat indes über den [X.]inzelfall aufgrund des konkret zum Gegenstand des Klageantrags gemachten [X.]systems.

55

[X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die [X.]ntscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

56

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000 [X.] festgesetzt.

Prospekt

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Meta

6 U 300/19

15.05.2020

OLG Köln 6. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: U

Landgericht Köln, 81 O 72/19

§§ 3, 3a UWG; §§ 312d Abs. 1, 312g Abs. 2 Nr. 1, 355, 650 BGB

Zitier­vorschlag: OLG Köln, Beschluss vom 15.05.2020, Az. 6 U 300/19 (REWIS RS 2020, 6407)

Papier­fundstellen: GRUR-RS 2020, 21761 REWIS RS 2020, 6407


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 96/20

Bundesgerichtshof, I ZR 96/20, 20.10.2021.


Az. 6 U 300/19

OLG Köln, 6 U 300/19, 15.05.2020.

Oberlandesgericht Köln, 6 U 300/19, 30.03.2020.


Az. 81 O 72/19

LG Köln, 81 O 72/19, 03.12.2019.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

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Zitiert

VII ZR 243/17

VII ZR 348/13

81 O 72/19

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