Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2014, Az. IV ZR 156/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6642

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 156/13

Verkündet am:

2. April 2014

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende [X.]in [X.], die
[X.] Wendt, [X.], die [X.]in
Harsdorf-Gebhardt
und den
[X.] [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 2014

für Recht erkannt:

Auf die Revision der
Klägerin wird
das Urteil des [X.] -
31. Zivilkammer -
vom 11. April 2013 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Februar 2012 zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, der beklagte Rechtsschutz-versicherer müsse ihr für eine Auseinandersetzung mit ihrem früheren Lebensversicherer um die Rückzahlung von Versicherungsprämien De-ckungsschutz gewähren.

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine [X.], welcher
Rechtsschutzversicherungsbedingungen der Beklagten ([X.] 2003)
zugrunde liegen. Darin ist unter anderem
bestimmt:

1
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-
3
-

"§ 17 Verhalten nach Eintritt eines [X.]

(3) Macht der Versicherungsnehmer den Rechtsanspruch geltend, hat er den Versicherer vollständig und wahrheits-gemäß über sämtliche Umstände des [X.] zu unterrichten sowie Beweismittel anzugeben und Unterla-gen auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

(6) Wird eine der in den Absätzen 3 oder 5 genannten [X.] verletzt, verliert der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz, es sei denn, er hat die [X.] weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. Bei grob fahrlässiger Verletzung behält der Versiche-rungsnehmer insoweit seinen Versicherungsschutz, als die Verletzung weder Einfluss
auf die Feststellung des [X.] noch auf die Bemessung der Leistung [X.] hat.
Bei vorsätzlicher Verletzung behält der Versicherungs-nehmer in den Fällen der Sätze 1 und 2 seinen [X.] insoweit nur, wenn die Verletzung nicht [X.] war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen, oder wenn den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft."

Eine gemäß Art.
1 Abs. 3 EG[X.] mögliche Anpassung der
[X.] 2003
an die Vorschriften des [X.]es in der Fassung des [X.] vom 23. November 2007 ([X.] I 2631) nahm die Beklagte nicht vor.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 31. Mai 2010
bat die Klägerin um Deckungsschutz für das außergerichtliche und erstinstanzliche Vorgehen gegen die Lebensversicherung von 1

(im Folgenden:
Lebensversicherer).

3
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-
4
-

Die Klägerin hatte bei dieser im Zeitraum vom 1. April 2006 bis zum 14. Juni 2010 eine fondsgebundene Rentenversicherung unterhal-ten. Vor dem oben genannten Rechtsschutzersuchen und der Kündigung des [X.] hatte die Klägerin im Mai 2010 zur Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber dem Lebensversicherer mit der

AG (im Folgenden:

) einen "Prozessbetreuungsver-trag"
abgeschlossen, in dessen Rahmen
unstreitig die Ansprüche der Klägerin gegen ihren Lebensversicherer sicherungshalber an die

abgetreten worden waren.

Mit diesem Vertrag war die

unter anderem beauftragt
worden, den [X.]
umgehend zu kündigen.

Zeitgleich mit der vorgenannten Deckungsanfrage, d.h. ebenfalls mit anwaltlichem Schreiben vom 31. Mai 2010 ließ die Klägerin den [X.] gemäß
§ 5a [X.]
a.F. und
die Kündigung des [X.] erklären. Der Lebensversicherer
erkannte nur die Kündi-gung an und zahlte den Rückkaufswert an die Klägerin aus.

Am 2. November 2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin [X.] Rechtsschutz für die außergerichtliche Geltendmachung weiterer Ansprüche gegen den Lebensversicherer. Mit einer zweiten Deckungsan-frage bat die Klägerin im März 2011 um Rechtsschutz für die gerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche gegen den Lebensversicherer in erster Instanz. Das
lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juni 2011
unter Berufung auf eine vorsätzliche oder
grob fahrlässige Verletzung der Aus-kunfts-
und Aufklärungsobliegenheit
durch die Klägerin und auf fehlende hinreichende Erfolgsaussichten ab.
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-

Daran hat die Beklagte auch im Rechtsstreit festgehalten. Im [X.] hat sie darüber hinaus geltend gemacht, im Verschwei-gen des [X.], von dem sie erst im März 2012 er-fahren habe, und der Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen den Lebensversicherer an die

liege eine weitere

vorsätzliche

Verletzung der Auskunfts-
und Aufklärungsobliegenheit (§
17 (3) [X.] 2003). Außerdem greife der Risikoausschluss für die Geltendma-chung von Ansprüchen anderer Personen im eigenen Namen (§ 3 (4) d) [X.] 2003)
sowie
§ 5 (3) g) [X.] 2003
ein, wonach der [X.] nicht die Kosten trägt, zu deren Übernahme ein anderer verpflichtet wäre, wenn der Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht bestünde.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und antragsgemäß festgestellt, die
Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin für die erstinstanz-liche gerichtliche Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen ge-gen ihren Lebensversicherer Versicherungsschutz zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht
die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die die [X.] der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht
hat die Klage zum einen deshalb abgewie-sen, weil die Klägerin infolge der Sicherungsabtretung der gegen ihren Lebensversicherer gerichteten Ansprüche
an die

nicht mehr 9
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aktiv legitimiert sei. Diese Abtretung sei wirksam, da der Rentenversiche-rungsvertrag der Klägerin in § 20 der Versicherungsbedingungen die Wirksamkeit der Abtretung nicht von deren Anzeige an den [X.] abhängig mache.

Zum anderen hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte sei nach § 6 Abs. 3
Satz 1
[X.] a.F. leistungsfrei, weil die Klägerin ihre Auskunftsobliegenheit aus § 17 (3) [X.] 2003 vorsätzlich verletzt [X.], indem sie der Beklagten den [X.] mit der

und die darin vereinbarte Sicherungsabtretung nicht [X.] habe.

Als Versicherungsfall des im Streit befindlichen Deckungsverlan-gens sei gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. und § 2 Buchst. d
[X.], §
4 (1)
a)
[X.] 2003 die unvollständige Information der Klägerin durch den Lebensversicherer bei Abschluss ihrer Rentenversicherung im März 2006 heranzuziehen. Mithin finde das [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung und die in §
17 (3) [X.] 2003 getroffene Obliegenheitenregelung stehe nicht in [X.] zur hier maßgeblichen Fassung des Versicherungsvertragsge-setzes.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Beklagte ist nach den §§ 1, 2 d)
[X.],
4 (1) Satz 1 a) [X.] 2003
vertraglich ver-pflichtet, der Klägerin den begehrten Deckungsschutz für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Lebensversicherer in erster Instanz zu gewähren.

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-

1. Soweit das Berufungsgericht der Klägerin für den vorliegenden Rechtsstreit die Aktivlegitimation abgesprochen hat, verkennt es bereits, dass Gegenstand einer Abtretung allein Ansprüche der Klägerin gegen ihren Lebensversicherer waren. Ansprüche aus der [X.], um die es hier geht, hat die Klägerin unstreitig nicht abgetreten.
Sie kann ihren Deckungsanspruch deshalb ungeachtet einer Abtretung
derjenigen Ansprüche, für deren Verfolgung sie Rechtsschutz begehrt,
gegen den beklagten Rechtsschutzversicherer im eigenen Namen gel-tend
machen
und ist mithin im Rechtsstreit mit der Beklagten uneinge-schränkt aktiv legitimiert.

Die Beklagte könnte sich allenfalls auf den Leistungsausschluss nach § 3 (4) d) [X.] 2003 berufen, wonach Rechtsschutz nicht be-steht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus vom Versiche-rungsnehmer in eigenem Namen geltend gemachten Ansprüchen anderer Personen. Die im [X.] unstreitig vereinbarte Siche-rungszession macht die der

sicherungshalber abgetretenen Ansprüche der Klägerin gegen ihren Lebensversicherer aber nicht zu solchen Ansprüchen einer "anderen Person". Das ergibt die gebotene enge Auslegung der [X.].

Der Zweck
des § 3 (4) d) [X.] 2003, der vor allem auf Fälle der gewillkürten Prozessstandschaft und der Schadensliquidation im Drittinteresse zielt (Plote in [X.]/Plote, [X.]. § 3 [X.] 2010 Rn. 128; [X.] in [X.]/[X.], [X.] Anwaltshandbuch [X.]. § 27 Rn. 254), geht erkennbar dahin zu [X.], dass ein nicht versicherter eigentlicher Rechtsinhaber in den Ge-nuss der Rechtsschutzleistung kommt, indem er an seine Stelle eine rechtsschutzversicherte Person treten lässt,
die den Anspruch geltend 16
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-

macht
(Senatsurteile vom 29. Oktober 2008
IV ZR 128/07, [X.], 216 Rn. 17; vom 29. April 1998
[X.], NJW 1998, 2449 unter 2
a). Der Rechtsschutzversicherer soll nicht durch eine solche nachträgli-che Nutzung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten mit einem Kostenrisi-ko belastet werden, für das er keine Prämien erhalten hat (Senatsurteil vom 29. Oktober 2008 [X.]O). Unter Berücksichtigung dessen hat der [X.] die Klausel bereits einschränkend dahin ausgelegt, dass sie weder den Fall einer Fremdversicherung erfasst, bei der es von vornherein Sa-che des Versicherungsnehmers ist, die Rechte des Mitversicherten gel-tend zu machen (Senatsurteil vom 29. April 1998 [X.]O
unter 2 b), noch die Geltendmachung eines fremden Anspruchs nach dessen Pfändung und Überweisung, weil hier der rechtsschutzversicherte Pfändungs-pfandgläubiger im eigenen Interesse handelt (Senatsurteil vom 29. Okto-ber 2008 [X.]O Rn.
18 zum vergleichbaren Ausschluss des § 4 Abs. 2 c [X.] 92).

Im Streitfall ist der Schutzzweck des § 3 (4) d) [X.] 2003 ebenso wenig berührt, auch wenn im Grundsatz Fälle gewillkürter Pro-zessstandschaft von der Klausel erfasst werden. Eine Verlagerung der Prozesskostenlast von einer nicht versicherten Person auf die Versiche-rungsnehmerin -
und damit letztlich auf den Rechtsschutzversicherer -
ist hier nicht erfolgt. Vielmehr begehrt die Klägerin als Versicherungsneh-merin Rechtsschutz für die Verfolgung originär eigener
Ansprüche aus ihrem [X.]. Auch nach deren Sicherungsabtre-tung sind diese Ansprüche wirtschaftlich weiterhin der Klägerin zuzuord-nen. Der [X.] und die dort vereinbarte Siche-rungsabtretung von Ansprüchen gegen den Lebensversicherer sollen le-diglich deren Durchsetzung im Interesse der Klägerin erleichtern. Sie [X.] nicht, dem Rechtsschutzversicherer zusätzliche, ursprünglich 19
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-

nicht versicherte Risiken aufzubürden. Von einer dem Vertragszweck der Rechtsschutzversicherung zuwider laufenden Verlagerung eines ur-sprünglich nicht versicherten Risikos auf eine versicherte Person kann mithin keine Rede sein.

2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, kommt eine Leistungsfreiheit der Beklagten auch nicht wegen einer vorsätzlichen Verletzung der Informationspflicht aus § 17 (3) [X.] 2003
in [X.]. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin ihre Auskunftsobliegen-heit verletzt hat, denn jedenfalls ist die
von der Beklagten
nicht gemäß Art. 1 Abs. 3 EG[X.] an das neue [X.] ange-passte
Sanktionsregelung in §
17 (6) [X.] 2003
unwirksam.

a) Sie weicht
zum Nachteil des Versicherungsnehmers
von der Neuregelung des § 28 [X.] ab. Die [X.] in § 17 (6) Satz 1 und 2 [X.] 2003
beruht noch auf den gesetzlichen Vorgaben des § 6 Abs. 3 [X.] a.F. (vgl. [X.]/[X.], [X.]. § 17 [X.] 2000 Rn. 78); Satz 3 setzt die hierzu entwickelte Relevanzrechtsprechung (vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 1970

IV ZR 645/68, [X.], 160, 164;
vom 24. Juni 1981
[X.], [X.], 182, 183
m.w.N.) um.

[X.]) Soweit das Berufungsgericht mit Blick auf die Frage einer [X.]sverletzung das [X.] in seiner bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung angewendet hat, beruht dies auf einer unzutreffenden Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes des Versicherungsfalles. Der Streitfall ist nach § 28 [X.] [X.] zu beurteilen, weil der Versicherungsfall
erst
im Jahr 2010 eingetreten ist (Art.
1 Abs.
1, 2 EG[X.]). Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach § 4 (1) 20
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-

Satz
1 a) [X.] 2003
"grundsätzlich von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen [X.] oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll."
Begehrt der Versicherungsnehmer
Rechtsschutz für die Geltend-machung eigener Ansprüche, kommt als frühestmöglicher Zeitpunkt das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer
seinen Anspruch herleitet ([X.] vom 24.
April 2013

IV ZR 23/12, [X.], 899 Rn. 12 m.w.N.). Das ist hier nicht

wie das Berufungsgericht angenommen
hat -
die un-zureichende Information der Klägerin bei Abschluss ihrer [X.], sondern erst die Weigerung des [X.]s, den mit Schreiben vom 31. Mai 2010 erklärten Widerspruch ge-gen den [X.] anzuerkennen und die Differenz aus Prämienzahlung und Rückkaufswert zurückzuzahlen (vgl. dazu [X.]surteil [X.]O Rn. 13-17).

[X.]) § 17 (6) [X.] 2003
weicht entgegen § 32 Satz 1 [X.] zum Nachteil des Versicherungsnehmers
von der halbzwingenden Regelung des § 28 Abs. 2 bis 4 [X.] ab (ebenso [X.]/[X.], Rechtsschutz-versicherung
8. Aufl. § 17 [X.] 2000 Rn. 78). Das gilt nicht nur für die Rechtsfolgen einer grob fahrlässigen (dazu Senatsurteil vom 12. Oktober 2011

[X.], [X.], 159), sondern auch für den Fall der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung.

(1) § 17 (6) Satz 1 [X.] 2003, der bei vorsätzlicher Obliegen-heitsverletzung grundsätzlich Leistungsfreiheit vorsieht, enthält eine im Vergleich zur gesetzlichen Neuregelung (§ 28 Abs. 2 Satz 1 [X.]) für den Versicherungsnehmer
nachteilige Beweislastverteilung. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] trägt, was sich aus der Formulierung des Abs. 2 23
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-
11
-

Satz
1 und im Umkehrschluss
aus der Vermutung grober Fahrlässigkeit in Abs. 2 Satz 2 Halbsatz
2 ergibt, der Versicherer für den Vorsatz des Versicherungsnehmers
die Beweislast ([X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. §
28 Rn. 114; Rixecker in [X.]/Langheid, [X.] 4. Aufl. § 28 Rn.
67). Nach § 17 (6) Satz 1 [X.] 2003, dessen Formulierung sich an § 6 Abs. 3 Satz 1 [X.] a.F. und der dortigen Vorsatzvermutung orien-tiert, hat hingegen der Versicherungsnehmer
zu beweisen, dass er nicht vorsätzlich gehandelt hat ([X.]/[X.], Rechtsschutzversicherung 8.
Aufl. § 17 [X.] 2000 Rn. 117). Für den Versicherungsnehmer
nachtei-lige Veränderungen der Beweislastverteilung gegenüber halbzwingenden Vorschriften sind unzulässig ([X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 32 Rn. 1 i.V.m.
§ 28 Rn. 138; HK-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 18 Rn. 3).

(2) Auch von der
in § 28 Abs. 3 Satz
1 [X.] [X.] getroffenen [X.] weicht § 17 (6) [X.] 2003, der noch am Sanktions-modell des früheren § 6 [X.] a.F. ausgerichtet ist,
zum Nachteil des Versicherungsnehmers
ab.

In Abweichung von § 28 Abs. 4 [X.] [X.] fehlt § 17 (6) [X.] 2003
zudem eine Regelung, wonach die Leistungsfreiheit bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehenden [X.] voraussetzt, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer
durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewie-sen hat.

b) Diese Abweichungen führen nach § 32 Satz 1 [X.] [X.] i.V.m.
§
307 Abs.
1 Satz
1 BGB zur Unwirksamkeit des § 17 (6) [X.]
2003
(vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 2011

[X.], [X.], 159 Rn. 19; [X.]/[X.], Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 17 [X.] 25
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-
12
-

2000 Rn. 80). Die Abweichung von der halbzwingenden Vorschrift des §
28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 [X.] zum Nachteil des [X.] stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (vgl. [X.] [X.]O; Senatsurteil
vom 28.
Juni 1995

IV ZR 19/94, [X.], 1185 unter I 3 d [X.]; Senatsbeschluss vom 18. März 2009
IV ZR 298/06, [X.], 769 Rn. 8). Die Vorsatzvermutung in § 17 (6) Satz 1 [X.] 2003
sowie die Möglichkeit einer Leistungsfreiheit des Versicherers
bei für ihn nicht konkret nachteiligen Obliegenheitsverletzungen nach § 17 (6) Satz 3 [X.] 2003
und einer Leistungsfreiheit, die unabhängig von einer Mitteilung der Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung ein-tritt, ist mit wesentlichen Grundgedanken des § 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 [X.] nicht zu vereinbaren. Der Hinweis der Revisionserwiderung darauf, dass die Obliegenheit arglistig verletzt worden sei, führt zu kei-nem anderen Ergebnis. Nicht an das neue [X.] angepasste [X.] sind vielmehr unabhängig von der Art des Verschuldens im konkreten Fall unwirksam.

c) Die durch die Unwirksamkeit des § 17 (6) [X.] 2003
ent-standene [X.] kann nicht durch Anwendung der gesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 1,
Abs. 3
und
4 [X.] geschlossen werden (Senatsurteil vom 12. Oktober 2011

[X.], [X.], 159 Rn.
32 ff.; für den Fall einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung: [X.], 753 unter 2
b [X.]). § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] setzt eine vertragliche Vereinbarung voraus, die bestimmt, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist (Senatsurteil [X.]O Rn. 34). An einer solchen Vereinbarung fehlt es aufgrund der Unwirksamkeit des § 17 (6) [X.] 2003. Ein Rückgriff auf § 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 [X.] über § 306 Abs. 2 BGB scheidet aus, weil es sich bei Art. 1 28
-
13
-

Abs.
3 EG[X.] um eine gesetzliche Sonderregelung handelt, die in ihrem Anwendungsbereich die allgemeine Bestimmung des § 306 Abs. 2 BGB verdrängt. Mit der durch die Anpassungsmöglichkeit nach Art. 1 Abs. 3 EG[X.] bezweckten Gewährleistung der Transparenz von [X.] wäre eine Lückenfüllung durch Anwendung der ge-setzlichen Regelung nicht zu vereinbaren (Senatsurteil [X.]O Rn. 35 ff.).

d) Auch für eine Anpassung des § 17 (6) [X.] 2003
an die durch § 28 [X.] geänderte Rechtslage im Wege einer
ergänzenden
Ver-tragsauslegung ist kein Raum (Senatsurteil [X.]O Rn. 45 ff.; für den Fall einer
vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung: [X.], 753 unter 2 [X.]).

3. Das Berufungsurteil
erweist sich auch nicht aus anderen Grün-den als richtig.

a) Eine Ablehnung des Rechtsschutzes mangels hinreichender Er-folgsaussichten (§ 18 (1) b) Satz
1 [X.]
2003) kommt

wie das [X.] zutreffend gesehen hat -
nicht in Betracht.

Auf fehlende hinreichende Erfolgsaussichten kann sich die [X.] nach § 128 Satz 3 [X.] nicht berufen. Hiernach gilt das Rechtsschutz-bedürfnis als
anerkannt, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer
bei Verneinung seiner Leistungspflicht nicht gemäß § 128 Satz 2 [X.] auf ein im Versicherungsvertrag vorgesehenes Gutachterverfahren i.S. von § 128 Satz 1 [X.] hinweist oder der Versicherungsvertrag ein derar-tiges Verfahren nicht vorsieht. Nach den Feststellungen im Urteil des
Amtsgerichts, auf die das Berufungsurteil
Bezug nimmt, hat sich die [X.] auf Leistungsfreiheit wegen fehlender Erfolgsaussichten berufen, 29
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14
-

ohne über die Möglichkeit des in § 18
(2)-(6) [X.] 2003
vorgesehe-nen Stichentscheids-
und [X.] aufzuklären. Ob dieses Verfahren als Gutachterverfahren oder
vergleichbares Verfahren i.S. von § 128 Satz 1 [X.] anzusehen ist, kann offen bleiben, weil die Rechtsfolge des Satzes 3 auch eintritt, wenn der Versicherungsvertrag kein entsprechendes Verfahren vorsieht.

Es kommt nicht darauf an, dass die Beklagte den nach § 128 Satz
2 [X.] gebotenen Hinweis zwei Wochen nach ihrer Leistungsableh-nung nachgeholt hat, nachdem sich
die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben auf § 128 [X.] berufen hatte. § 128 Satz 2 [X.] schließt nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Nachholung der Belehrung aus; der Versicherer hat den Hinweis "bei Verneinung seiner Leistungspflicht"
zu erteilen.
Dementsprechend bestimmt auch § 18 (2) Satz 1 [X.] 2003, der Versicherungsnehmer sei "mit der Mitteilung über die Rechtsschutz-ablehnung"
auf das in § 18
(2) [X.] 2003 vorgesehene Stichent-scheidsverfahren hinzuweisen.

Unerheblich ist ferner,
dass die anwaltlichen Vertreter der Klägerin nach der Behauptung der Beklagten Kenntnis von dem Verfahren hatten. Allerdings wird teilweise angenommen, die Hinweispflicht entfalle, wenn der Versicherungsnehmer
oder
sein Rechtsanwalt die Möglichkeit des Stichentscheids-
bzw. [X.] kenne, weil ein Hin-weis in diesem Fall gemessen am
Sinn und Zweck des § 158n [X.] a.F. (= § 128 [X.] [X.]) eine nicht gerechtfertigte Förmlichkeit sei (so [X.], 613, 614
f.
und unter Berufung auf diese Ent-scheidung: MünchKomm-[X.]/[X.], § 128 Rn. 24; HK-[X.]/[X.], 2.
Aufl. § 128 Rn. 4; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 128 Rn. 6; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], Versicherungs-33
34
-
15
-

rechts-Handbuch 2. Aufl. § 37 Rn.
448; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], 2.
Aufl. § 128 Rn.
14, der die Pflicht nur in Einzelfällen entfallen lassen will, wenn die Kenntnis zweifelsfrei ange-nommen werden kann). Eine solche
Einschränkung der Hinweispflicht ist jedoch abzulehnen (so auch Rixecker
in
[X.]/Langheid, [X.] 4. Aufl. §
128 Rn. 5; [X.] in [X.]/Pohlmann, [X.] 2. Aufl. § 128 Rn.
12;
Brünger in [X.] Versicherungsrecht § 128 Rn.
9; [X.]/[X.], Rechtsschutzversicherung
8. Aufl. § 128 [X.] Rn. 8; Buschbell in Buschbell/Hering, Handbuch Rechtsschutzversiche-rung
5. Aufl. § 33 Rn. 5; [X.], [X.], 1235, 1239; [X.], 91, 92; [X.], 1362, 1363; [X.] NVersZ 2000, 590, 591). Der Hinweispflicht und der Anwendung des §
128 Satz
3
[X.]
bei unterlassenem Hinweis steht nicht entgegen, dass der Versicherungsnehmer oder sein Rechtsanwalt die Möglichkeit eines solchen Verfahrens kennt. Der Wortlaut des § 128 Satz
2 [X.] sieht eine Einschränkung der Hinweispflicht aus subjektiven Gründen nicht vor;
auch §
128 Satz
3 [X.] knüpft die Fiktion der Anerkennung an rein ob-jektive Kriterien. Die Hinweispflicht soll Klarheit darüber schaffen, aus welchen Gründen der Versicherer
seine Deckungspflicht ablehnt, was ei-ne Erfüllung unabhängig von der Kenntnis oder Unkenntnis des Empfän-gers erfordert ([X.] [X.]O). § 128 Satz
3
[X.] sanktioniert
bereits das Unterlassen der Mitteilung auch deshalb, weil ein Schadensersatzan-spruch des Versicherungsnehmers
keine hinreichende Gewähr für die Erfüllung der Pflicht böte ([X.] [X.]O Rn.
7).

b) Der
Leistungsausschluss nach § 5 (3) g) [X.]
2003
für
Kos-ten, "zu deren Übernahme ein anderer verpflichtet wäre, wenn der Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht bestünde", greift nicht ein, weil hier keine Kostentragungspflicht eines anderen gegenüber der Klägerin
35
-
16
-

besteht. Der [X.], den die Klägerin mit der

geschlossen hat, sieht, wie dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt ist,
eine solche Kostentragungspflicht
der

nicht vor.

[X.] Wendt [X.]

Harsdorf-Gebhardt Dr.
Karczewski

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.02.2012 -
233 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 11.04.2013 -
31 [X.] -

Meta

IV ZR 156/13

02.04.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2014, Az. IV ZR 156/13 (REWIS RS 2014, 6642)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6642

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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