Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2008, Az. III ZR 282/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4979

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 13. März 2008 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 817 Satz 2, § 138 Abs. 1 Ab, [X.] des § 817 Satz 2 BGB entfällt nicht nur bei [X.], die sich gegen die Initiatoren eines "Schenk-kreises" richten, sondern allgemein bei allen Zuwendungen im Rahmen derartiger Kreise, ohne dass es auf eine einzelfallbezogene Prüfung der Geschäftsgewandtheit und Erfahrenheit des betroffenen Gebers oder Empfängers ankommt (Fortführung des [X.] vom 10. November 2005 - [X.] = [X.], 45). [X.], Urteil vom 13. März 2008 - [X.]/07 - [X.] [X.] - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2008 durch [X.] und [X.] [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der [X.] und die [X.] der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 29. Oktober 2007 werden zurückgewiesen. Von den Kosten des [X.] haben die Klägerin 25 v.H. und die Beklagte 75 v.H. zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Parteien beteiligten sich im Frühjahr 2004 an einem sogenannten "[X.]". Diese [X.]e sind nach Art einer Pyramide organisiert; sie bestehen aus "[X.]" zu jeweils 15 Plätzen, wobei jeder Platz mit mindestens zwei Mitspielern besetzt ist. An der Spitze steht ein Platz auf der [X.]. Auf der zweiten Stufe stehen zwei, auf der dritten vier und auf der vier-ten, letzten Stufe acht Plätze, jeweils in [X.]. Die auf der vierten Stufe stehenden Mitspieler leisten ihre "Schenkungen" an die in der Spitzenposition stehenden Mitglieder. Sobald diese sämtliche Zuwendungen von den auf der vierten Stufe stehenden Spielern erhalten haben, scheiden sie aus dem Spiel 1 - 3 - aus. Es werden sodann durch Aufteilung zwei neue [X.] gebildet, an deren Spitze die beiden Plätze der bisherigen Stufe zwei treten. Die zweiten Stufen der neu gebildeten [X.] werden von jeweils zwei der vier Positionen der drit-ten Stufe des [X.] besetzt. Die neu gebildeten dritten Stufen [X.] aus jeweils vier der acht Positionen der letzten Stufe des [X.]. Diesen Mitspielern obliegt es sodann, jeweils neue Mitspieler für acht Positio-nen der neu zu bildenden vierten Stufen der neuen [X.] zu werben, so dass die volle Teilnehmerzahl von jeweils 15 Plätzen für die neuen [X.] erreicht wird. Die Klägerin leistete zwei "Schenkungen" in Höhe von jeweils 2.500 • an die Beklagte, die damals die Empfängerposition an der Spitze des betreffenden [X.] innehatte. Sie verlangt diesen Einsatz nunmehr von der [X.]. 2 Das Amtsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verur-teilt; das [X.] hat die Verurteilung der [X.] unter Berücksichtigung einer Hilfsaufrechnung auf 3.750 • nebst Zinsen herabgesetzt. Mit der vom Be-rufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen und erstrebt weiterhin die volle Verurteilung der [X.]. 3 Entscheidungsgründe Die Revision der [X.] und die [X.] der Klägerin sind zulässig, aber jeweils nicht begründet. 4 - 4 - [X.] Die Revision der [X.] Beide Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereiche-rung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB - [X.]) ein Anspruch auf Rückgewähr der geleisteten "Schenkungen" zusteht. 5 1. Diese Zuwendungen waren wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig. Bei den [X.]en handelt es sich um ein Schneeballsystem, welches dar-auf angelegt ist, dass die ersten Mitglieder einen (meist) sicheren Gewinn erzie-len, während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in absehbarer Zeit keine neuen Mitglieder mehr geworben werden können. Dies verstößt - wie in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist - gegen die guten Sitten (vgl. insbe-sondere [X.]surteil vom 10. November 2005 - [X.] = [X.], 45, 46 Rn. 9; ferner [X.], 3288, 3289; jeweils m.w.[X.]). Das wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt. 6 2. Die Leistungen der Klägerin an die Beklagte sind somit ohne Rechts-grund erbracht worden. Der hierauf gestützte Bereicherungsanspruch scheitert entgegen der Annahme der Revision nicht an § 817 Satz 2 BGB. 7 a) Zwar ist davon auszugehen, dass beide Parteien, also sowohl die Klä-gerin als Leistende als auch die Beklagte als Leistungsempfängerin, durch die Teilnahme am "[X.]" gegen die guten Sitten verstoßen haben. [X.] sprechen der Grund und der Schutzzweck der [X.] (§ 138 Abs. 1 BGB) hier - ausnahmsweise - gegen eine Kondiktionssperre gemäß 8 - 5 - § 817 Satz 2 BGB (siehe in diesem Sinne insbesondere [X.]surteil vom 10. November 2005 aaO [X.] Rn. 11 m.w.[X.]). b) Der [X.] zielte allein darauf ab, zugunsten einiger weniger "Mitspieler" leichtgläubige und unerfahrene Personen auszunutzen und sie zur Zahlung des "Einsatzes" zu bewegen. Einem solchen sittenwidrigen Verhalten steuert § 138 BGB entgegen, indem er für entsprechende Vereinbarungen Nichtigkeit anordnet. Dies würde aber im Ergebnis konterkariert, und die [X.] solcher "Spiele" würden zum Weitermachen geradezu eingeladen, wenn sie die mit sittenwidrigen Methoden erlangten Gelder - ungeachtet der das "Spiel" tragenden sozialschädlichen Abreden - behalten dürften. 9 c) Dementsprechend hat der [X.] bereits im Urteil vom 10. November 2005 (aaO Rn. 12) entschieden, dass jedenfalls die Initiatoren derartiger Kreise dem Anspruch auf Rückerstattung der sittenwidrig erlangten Zuwendungen die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB nicht entgegenhalten können. Die Entscheidung hat im wissenschaftlichen Schrifttum weitgehend Zustimmung gefunden (Möller, [X.], 268; [X.], [X.], 2070; [X.], [X.], 265; differenzierend [X.], [X.], 60), ist [X.] bei manchen Amtsgerichten auf Widerspruch gestoßen (z.B. [X.] NJW-RR 2007, 1431). Der [X.] sieht keine Veranlassung, von seiner Recht-sprechung abzugehen. Vielmehr sind entgegen der Auffassung der Revision und in Übereinstimmung mit dem [X.] ([X.], 3288 f) die Grundsätze jener [X.]sentscheidung auch zu Lasten solcher Bereiche-rungsschuldner anzuwenden, die nicht zu den Initiatoren des "[X.]es" zählen (so auch [X.]/[X.], BGB [Neubearbeitung 2007] § 817 Rn. 10). Bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise kann es daher nicht auf eine einzelfallbezogene Prüfung der Geschäftsgewandtheit und [X.] - 6 - heit des betroffenen Gebers oder Empfängers ankommen (gegen [X.] aaO [X.]). Innerhalb der [X.] ist vielmehr maßgebend der Schutzzweck der jeweiligen nichtigkeitsbegründenden Norm, welcher durch den [X.] nicht dadurch konterkariert werden darf, dass der durch sie zu verhindernde sittenwidrige Zustand perpetuiert oder weiterem sit-ten- und verbotswidrigen Handeln Vorschub geleistet würde ([X.]/[X.] aaO m.w.[X.]). Im Übrigen entstände, wie die Revisionserwiderung mit Recht geltend macht, ein Wertungswiderspruch, wenn allein bei den Initiatoren oder den Spielern auf der ursprünglichen Empfängerposition die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB aufgehoben wäre. Dadurch wären nämlich die [X.] an [X.]en der vorliegenden Art für die Mitspieler auf der zweiten und dritten Stufe höchst profitabel, weil sie die von ihnen zuvor verschenkten Beträge zurückverlangen könnten, während ihnen die von Teilnehmern der [X.] Stufen gezahlten Beträge dauerhaft verbleiben würden (so auch [X.] aaO). 3. Der vorstehenden, § 817 Satz 2 BGB einschränkenden Wertung steht nicht entgegen, dass das aufgrund eines Spiels Geleistete gemäß § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zurückgefordert werden kann. Diese Vorschrift greift nur dann Platz, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird. Ist die "Spielvereinbarung" - wie hier - gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, gelten die allgemeinen Regeln (§ 812 ff BGB; [X.]surteil vom 10. November 2005 aaO Rn. 13 [X.].[X.]). 11 - 7 - I[X.] Die [X.] der Klägerin Das Berufungsgericht hat in Höhe eines Betrages von 1.250 • die Hilfs-aufrechnung der [X.] durchgreifen lassen. Die hiergegen gerichteten An-griffe der [X.] können keinen Erfolg haben. 12 1. Die Aufrechnung beruhte darauf, dass die Klägerin ihrerseits von einer weiteren Teilnehmerin eines "[X.]es" eine Zuwendung in Höhe von 1.250 • erhalten hatte. Den Rückforderungsanspruch jener anderen Mitspielerin hatte sich die Beklagte abtreten lassen. 13 a) Die Auslegung der schriftlichen Abtretungserklärung vom 30. März 2007 als Vollabtretung und nicht lediglich als Einziehungsermächtigung hält sich im Rahmen revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdi-gung. 14 b) Dementsprechend stand jener anderen Mitspielerin gegen die Klägerin ihrerseits ein Bereicherungsanspruch auf Rückerstattung dieser Zuwendung zu. Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze wie für den Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte, nur mit umgekehrtem Vorzeichen. 15 2. Das Vorbringen der [X.] über einen angeblich sittenwidri-gen Hintergrund des Rechtsverhältnisses zwischen jener anderen Mitspielerin und der [X.] ist unerheblich. Es würde zumindest für die Klägerin keinen
16 - 8 - Rechtsgrund dafür bieten können, die sittenwidrig erlangte "Schenkung" nun-mehr doch behalten zu dürfen. [X.] [X.] [X.] Herrmann [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 21.03.2007 - 9 C 2032/06 - [X.], Entscheidung vom 29.10.2007 - 5 [X.]/07 -

Meta

III ZR 282/07

13.03.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2008, Az. III ZR 282/07 (REWIS RS 2008, 4979)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4979

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