Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2003, Az. IXa ZB 21/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2547

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSIXa ZB 21/03vom27. Juni 2003in dem ZwangsversteigerungsverfahrenNachschlagewerk:jaBGHZ:neinBGHR:ja ZPO §§ 114, 574Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsbeschwerde ist - ebenso wie in derRevisionsinstanz - entscheidend auf den voraussichtlichen Erfolg in der Sacheselbst und nicht auf einen davon losgelösten Erfolg des Rechtsmittels wegen einesVerfahrensfehlers abzustellen (im Anschluß an BGH, Beschl. v. 14. Dezember 1993- VI ZR 235/92, NJW 1994, 160).In der Sache selbst hat die Rechtsbeschwerde eine hinreichende Aussicht auf Er-folg, wenn nach Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht eine mate-rielle Änderung des Ergebnisses wahrscheinlich oder die Zulassung der Rechtsbe-schwerde durch das Beschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2ZPO geboten ist.BGH, Beschluß vom 27. Juni 2003 - IXa ZB 21/03 - LG Chemnitz AG Chemnitz- 2 -Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden RichterDr. Kreft, die Richter Raebel, Athing, Dr. Boetticher und die Richterin Dr. Kessal-Wulfam 27. Juni 2003beschlossen:Das Gesuch der Schuldner, ihnen zur Durchführung der Rechts-beschwerde gegen den Beschluß der Einzelrichterin der12. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 27. Mai 2002Prozeßkostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.Gründe:I.Auf Antrag der Beteiligten zu 4, der bestrangigen Gläubigerin, ordnetedas Amtsgericht mit Beschluß vom 10. Februar 1995 die Zwangsversteigerungdes im Rubrum bezeichneten Grundstücks der Schuldner an. Bisher fandensieben Versteigerungstermine statt:Am 13. Januar 1997 wurde das Verfahren gemäß § 77 Abs. 1 ZVGeinstweilen eingestellt, weil keine Gebote abgegeben worden waren. Am21. April 1997 (Meistgebot: 11.000 DM) wurde der Zuschlag gemäß § 85a ZVGversagt, weil die Hälfte des auf 460.000 DM festgesetzten Verkehrswerts nicht- 3 -erreicht war. Am 17. Juni 1998 wurde ein Gebot von 130.000 DM abgegeben,der Zuschlag jedoch versagt, weil die Beteiligte zu 4 gemäß § 30 ZVG dieeinstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligt hatte. In dem Fortsetzungs-termin am 15. Juli 1999 wurde ein Gebot von 55.000 DM abgegeben. Der hier-auf ergangene Zuschlagsbeschluß wurde vom Landgericht Chemnitz auf dieBeschwerde der Schuldner mit Beschluß vom 3. September 1999 aufgehobenund dem meistbietend Gebliebenen wurde der Zuschlag versagt. In dem Fort-setzungstermin am 24. Mai 2000 wurden keine Gebote abgegeben. Auf das imTermin vom 8. November 2000 abgegebene Meistgebot (60.000 DM) wurdeder Zuschlag erteilt. Der Zuschlagsbeschluß wurde auf die sofortige Be-schwerde der Schuldner vom Landgericht Chemnitz mit Beschluß vom2. Februar 2001 aufgehoben und dem im Termin meistbietend Gebliebenen derZuschlag versagt. Mit Beschluß vom 25. Juli 2001 wurde der Verkehrswert desGrundstücks auf 397.000 DM (202.982,88 24. April 2002 blieb die Beteiligte zu 3 mit einem Gebot von 22.500 Meistbietende. Die Verfahrensbevollmächtigten der Schuldner beantragten,den Zuschlag zu versagen, da eine Verschleuderung des Grundbesitzes drohe.In einem Folgetermin werde "mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit" ein höhe-res Gebot ausgesprochen. Mit Beschluß vom 2. Mai 2002 wurde der Beteiligtenzu 3 der Zuschlag erteilt.Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldner hat dasLandgericht Chemnitz (Einzelrichterin) mit Beschluß vom 27. Mai 2002 zurück-gewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Der Zuschlagsertei-lung stünden keine nach § 100 ZVG von Amts wegen zu beachtenden Zu-schlagsversagungsgründe entgegen; insbesondere sei die Zuschlagserteilungauch nicht aus einem sonstigen Grund im Sinne des § 83 Nr. 6 ZVG unzuläs-- 4 -sig. Die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung des Verfahrensnach § 765a ZPO hätten bei der Erteilung des Zuschlags nicht vorgelegen.Zwar liege ein krasses Mißverhältnis von Grundstückswert und Meistbargebotvor, da dieses mit 22.500 " ˙" % des zuletzt festgesetzten Ver-kehrswerts ausmache. Weitere Voraussetzung für eine Einstellung nach§ 765a ZPO sei aber, daß konkrete Umstände mit einiger Wahrscheinlichkeitein wesentlich höheres Gebot in einem neuen Versteigerungstermin erwartenließen. Dies sei jedoch, wie sich aus den vorangegangenen Versteigerungs-terminen ergebe, nicht der Fall. Auch aus dem von den Schuldnern im Be-schwerdeverfahren vorgelegten Schreiben der Firma H. Verwaltungs- undImmobilien GmbH, das im übrigen als neue, nach Zuschlagserteilung vorge-brachte Tatsache verfahrensrechtlich unbeachtlich sei, sei lediglich zu ent-nehmen, daß für das Grundstück auf dem freien Markt praktisch keine Nach-frage bestehe und daß ein Kaufpreis deutlich unter 51.129,19 sei.Gegen diesen, Beschluß, der ihnen am 4. Juni 2002 zugestellt wordenist, haben die Schuldner mit dem beim Bundesgerichtshof am 1. Juli 2002 ein-gegangenen Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt beimBundesgerichtshof Dr. K. Rechtsbeschwerde eingelegt. Der bisherige Ver-fahrensbevollmächtigte der Schuldner hat mitgeteilt, daß er diese nicht mehrvertrete. Am 2. September 2002 haben die Schuldner Prozeßkostenhilfe zurDurchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die Beiordnung einesRechtsanwalts beim Bundesgerichtshof beantragt.II.- 5 -Die beantragte Prozeßkostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahrenkann nicht gewährt werden, weil das beabsichtigte Rechtsmittel keine hinrei-chende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).1. Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsbeschwerde ist - eben-so wie in der Revisionsinstanz (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 14. Dezember 1993- VI ZR 235/92, NJW 1994, 160; bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 7. Mai 1997- 1 BvR 296/94, NJW 1997, 2745) - entscheidend auf den voraussichtlichenErfolg in der Sache selbst und nicht auf einen davon losgelösten Erfolg desRechtsmittels wegen eines Verfahrensfehlers abzustellen (BGH, Beschl.v. 9. Mai 2003 - IXa ZB 89/03). Für die Prüfung der Erfolgsaussicht derRechtsbeschwerde der Schuldner ist es daher ohne Belang, daß ihr Rechts-mittel, sofern ihnen auf einen entsprechenden Antrag unter Nachholung derversäumten Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vo-rigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbe-schwerde zu gewähren wäre, allein wegen der fehlerhaften Besetzung des Be-schwerdegerichts zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landge-richts von Amts wegen führen müßte. Entscheidet Œ wie hier - die Einzelrichte-rin in einer Sache, der sie rechtsgrundsätzliche Bedeutung beigemessen hat,gleichwohl selbst über die Beschwerde und läßt sie die Rechtsbeschwerde zu,so ist die Zulassung wirksam; die Entscheidung unterliegt jedoch der Aufhe-bung von Amts wegen (vgl. Beschl. v. 13. März 2003 - IX ZB 134/02, NJW2003, 1254).2. In der Sache selbst hätte die Rechtsbeschwerde eine hinreichendeAussicht auf Erfolg mithin nur dann, wenn das Beschwerdegericht nach Zu-- 6 -rückverweisung voraussichtlich eine Entscheidung zugunsten der Schuldnertreffen würde oder wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage die Zulas-sung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht gemäß § 574Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 ZPO geböte. Beides ist hier nicht der Fall:Das Beschwerdegericht hätte nach Zurückverweisung wiederum nur diein § 83 Nr. 6 und 7 ZVG bezeichneten Versagungsgründe zu prüfen, die nach§ 100 Abs. 3 ZVG von Amts wegen zu berücksichtigen sind, da die sofortigeBeschwerde auf andere der in § 100 Abs. 1 ZVG genannten Anfechtungsgrün-de nicht gestützt wird.a) Die Beurteilung der Frage, ob einer der in § 83 Nr. 7 ZVG bezeich-neten Versagungsgründe vorliegt, wirft keine rechtsgrundsätzlichen Fragenauf; eine Verletzung der darin genannten Vorschriften wird von den Schuldnernauch nicht geltend gemacht.b) Soweit der Versagungsgrund des § 83 Nr. 6 ZVG zu prüfen ist, kommthier als sonstiger Grund im Sinne dieser Vorschrift, der einer Fortsetzung desVerfahrens und damit der Zuschlagserteilung hätte entgegenstehen können,nur in Betracht, daß den Schuldnern auf ihren vor der Zuschlagserteilung ge-stellten Antrag Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO hätte gewährt werdenmüssen. Insoweit kommt es für die Entscheidung auf die Rechtsfrage an, oballein das Mißverhältnis zwischen dem Verkehrswert und dem Meistgebot, dasaus den im angefochtenen Beschluß des Landgerichts genannten Gründengegeben ist, die vorläufige Einstellung des Verfahrens nach § 765a ZPO unddie Versagung des Zuschlags zu rechtfertigen vermag, oder ob hinzukommenmuß, daß Umstände vorliegen, die mit Wahrscheinlichkeit ein wesentlich höhe-- 7 -res Gebot in einem neuen Versteigerungstermin erwarten lassen. DieseRechtsfrage ist durch die bisher ergangene einheitliche oberlandesgerichtlicheRechtsprechung jedoch bereits dahin geklärt, daß Vollstreckungsschutz nach§ 765a ZPO wegen der sittenwidrigen Verschleuderung eines Grundstücks nurdann zu gewähren ist, wenn zum Zeitpunkt der Erteilung des Zuschlags kon-krete Umstände vorliegen, die mit Wahrscheinlichkeit ein wesentlich höheresGebot in einem Fortsetzungstermin erwarten lassen (vgl. OLG Hamm NJW1976, 1754; OLG Frankfurt Rpfleger 1979, 391; OLG Celle, ZIP 1981, 1005,1006; OLG Koblenz, JurBüro 1986, 1587, 1588; OLG Düsseldorf Rpfleger1989, 36; ebenso Stöber, ZVG 17. Aufl. Einl. 55.3). Daß die Vorschrift des§ 765a ZPO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, ist zudem höchstrich-terlich geklärt (vgl. BGHZ 44, 138, 143). Soweit es die Voraussetzungen desVollstreckungsschutzes nach § 765a ZPO in der Zwangsversteigerung betrifft,wirft die Sache daher eine die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch dasBeschwerdegericht gebietende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung(vgl. dazu BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, NJW 2002, 3029) nichtauf. Folgt ein Beschwerdegericht der vorgenannten bisherigen Rechtsprechungzur Auslegung des § 765a ZPO, bedarf es einer höchstrichterlichen Entschei-dung auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung (vgl. dazu BGH aaO).Soweit die Schuldner die Zuschlagsbeschwerde mit der Vorlage einesSchreibens der Firma H. Immobilien auf neue Tatsachen stützen, kommtder Sache schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Rechts-frage, ob die Beschwerde auf neue Tatsachen gestützt werden kann, hier nichtentscheidungserheblich ist. Aus dem Inhalt dieses Schreibens läßt sich ausden im angefochtenen Beschluß angeführten Gründen nicht entnehmen, daß in- 8 -einem Folgetermin wahrscheinlich ein wesentlich höheres Gebot abgegebenwerden wird. Zudem ist bereits höchstrichterlich geklärt, daß die Zuschlagsbe-schwerde auch dann nicht auf neue Tatsachen gestützt werden kann, wenndiese die Einstellung des Versteigerungsverfahrens nach § 765a ZPO rechtfer-tigen könnten (BGHZ 44, 138, 144).Schließlich wirft auch die Beurteilung der Frage, ob nach den dem Voll-streckungsgericht zum Zeitpunkt der Erteilung des Zuschlags bekannten Um-ständen mit Wahrscheinlichkeit ein wesentlich höheres Gebot in einem neuenVersteigerungstermin zu erwarten war, keine Rechtsfragen von grundsätzlicherBedeutung auf. Sie ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls, als solche einerVerallgemeinerung nicht zugänglich und bietet deshalb auch keinen Anlaß zueiner Rechtsfortbildung (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, NJW2002, 3029 f).Kreft Raebel Athing Boetticher Kessal-Wulf

Meta

IXa ZB 21/03

27.06.2003

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2003, Az. IXa ZB 21/03 (REWIS RS 2003, 2547)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2547

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