Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2012, Az. 2 StR 591/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 2479

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 591/11
vom
10.
Oktober 2012
in der Strafsache
gegen

wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 26.
September 2012 in der Sitzung am 10.
Oktober 2012, an denen teilge-nommen haben:
[X.] am [X.]
Becker,

[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer,
[X.],
Prof. Dr. [X.]
und [X.]in am [X.]
[X.],

Richter am [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwälte

und

-
in der Verhandlung vom 26. September 2012 -

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 30.
November 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass eine unangemessen lange Verfahrensdauer festgestellt wird.
2.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Verletzung des [X.] in sieben Fällen, Untreue in drei Fällen und Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dage-gen gerichtete Revision des Angeklagten führt lediglich zur Feststellung einer rechtsst[X.]tswidrigen Verfahrensverzögerung; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

I.
Nach den Feststellungen des [X.]s war der Angeklagte nach [X.] Beschäftigung bei der

B.

bis 2008 als lei-1
2
-
4
-
tender Angestellter bei der D.

T.

AG (im folgenden [X.]) tätig. Dort war
er im Tatzeitraum von 2004 bis 2006 im Bereich der [X.] als Leiter der Unterabteilung

"[X.]

" tätig. Aufgrund [X.] konnte er eigenverantwortlich finanzielle Verpflichtungen eingehen; ihm oblag die Verwaltung mehrerer Kostenstellen und er war für die ordnungs-gemäße Verwendung des ihm zugewiesenen Budgets verantwortlich.
1. Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt vor dem 18.
Februar 2004 gab der in Geldnot befindliche Angeklagte gegenüber der Finanzbuchhaltung der DT
AG wahrheitswidrig an, für verdeckte Ermittlungen der Konzernsicher-heit einen Vorschuss von 25.000

dem [X.] "Maßnahme der Konzernsicherheit" auf sein [X.] überwiesen, das zu diesem Zeitpunkt ein Soll von 4.592,37

s-wies. Spätestens nach Eingang des Geldes entschloss sich der Angeklagte,
das nach dem [X.] verbliebene Guthaben von 20.407,63

e-ne Zwecke zu verwenden (Fall B.
I).
Das [X.] hat insoweit eine Untreue gemäß §
266 Abs. 1 StGB angenommen und einen Schaden in Höhe von 20.407,63

2. Nachdem sich seine finanzielle Situation nicht verbessert hatte, bean-tragte der Angeklagte im Mai 2005 bei der Finanzbuchhaltung der [X.] einen
weiteren Vorschuss von 150.000

im Bereich von [X.] vor. Er stellte gegenüber dem Un-ternehmen den Rückkauf aufladbarer und damit manipulierbarer Telefonkarten als wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme zur Schadensbegrenzung dar und gab wahrheitswidrig vor, diese Summe zuzüglich des bereits gewährten [X.] von 25.000

i-gen. Auch den Betrag von 150.000

r-3
4
5
-
5
-
weisen und verwendete den Betrag in der Folgezeit für eigene Zwecke (Fall B.
II).
Das [X.] hat diese Tat als Betrug im besonders schweren Fall gemäß §
263 Abs. 1, §
263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB gewertet.
3. Am 20. Januar 2005 erschien in der Zeitschrift "[X.]" ein Artikel mit Details der vertraulichen Mittelfristplanung der D.

T.

AG, die bis dahin nur dem [X.] und den Aufsichtsratsmitgliedern [X.] war. Bei dem daraufhin einberufenen Treffen der Konzernspitze, an der der Angeklagte als Vertreter des erkrankten Leiters der Abteilung Konzern-sicherheit teilnahm, erteilte der damalige Vorstandsvorsitzende [X.]

der [X.] den Auftrag, den Urheber der Indiskretionen zu identifizieren und geeignete Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung neuerlicher Indiskretionen zu ergreifen, ohne insoweit konkrete Maßnahmen zu benennen. Dies nahm der Angeklagte zum Anlass, sich über eine Mitarbeiterin im Vorstandsbüro die Mo-bilfunknummern der Aufsichtsratsmitglieder zu beschaffen. Zudem beauftragte er die N.

GmbH, vertreten durch den gesondert verfolgten Geschäftsfüh-rer [X.]

, mit einer Auswertung der Pressemeldungen und die

T.

GmbH mit der Durchführung entsprechender Ermittlungen. Letztere ermittelte als vermeintliche Quelle der Indiskretionen eine Person mit den Initialen
"[X.]" und eine dieser zuzuordnende Mobilfunknummer. Im Juni 2005 stellte der [X.] der Konzernspitze die von der [X.]

erstellte Presseauswertung vor und erklärte, es bestehe der Verdacht, dass es sich bei dem Informations-geber um das Aufsichtsratsmitglied W.

handele. Als ihm seitens des Vor-standes signalisiert wurde, dass für einen derartigen Verdacht "gerichtsver-wertbare Beweise" erforderlich seien, beauftragte er u.a. die [X.]

, unter dem Projektnamen "[X.]

" eine Identifizierung des Informanten über den Abgleich von noch zu beschaffenden Telefonverbindungsdaten zu versuchen, 6
7
-
6
-
obgleich ihm die Strafbarkeit dieses Vorgehens bekannt war. Zu diesem Zweck veranlasste er mit der wahrheitswidrigen Behauptung, der Vorstandsvorsitzen-de [X.]

habe einen entsprechenden Auftrag erteilt, unter Mithilfe des auf [X.] Vertraulichkeit eingeschworenen [X.]
G.

über mehrere Monate die Erhebung der [X.] der Aufsichtsratsmitglieder T.

und W.

sowie der
Journalisten [X.]

und P.

. Die Überwachung umfasste zunächst alle ein-
und ausgehenden Anrufe der betreffenden Anschlüsse. [X.] wurden darüber hinaus auch die Nummern der Anrufer, soweit es sich um [X.] aus dem Netz der
T-

handelte, "auf Überwachung gelegt". Dies hatte zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt alle ein-
und abgehenden Verbin-dungen dieser Anschlüsse ebenfalls erfasst und gespeichert wurden. Der [X.] ließ sich die Verbindungsdaten in der Regel auf Datenträgern überge-ben und leitete diese zur Auswertung an den Geschäftsführer [X.]

der Fa.
N.

weiter bzw. ließ sie in einer kennwortgeschützten, der [X.]

zugänglichen "dropzone" im [X.] speichern. [X.]

speicherte die [X.] anschließend in den Computersystemen der N.

GmbH und veranlasste die anschließende Auswertung, welche der erhobenen Verbindun-gen als "verdächtig" einzustufen seien ([X.]).
Parallel dazu wandte sich der Angeklagte zur Erfassung der [X.] aus dem Festnetz der zu überwachenden Personen an den Unter-nehmensangehörigen [X.]

. Er veranlasste diesen in gleicher Weise unter [X.] einer entsprechenden Auftragserteilung durch den Vorstandsvorsit-zenden [X.]

zur Erhebung und Weiterleitung
von Verbindungsdaten an ihn selbst oder die [X.]

direkt.
Nachdem im September 2005 ein telefonischer Kontakt zwischen
W.

und [X.]

nachgewiesen und W.

als der (vermeintliche) 8
9
-
7
-
Informant identifiziert worden war, beendete der Angeklagte die Auswertung und Erhebung von Verbindungsdaten durch den Zeugen G.

(Fall B.
III). Die Überwachung der [X.] durch den Zeugen [X.]

hielt der Angeklagte aufrecht. Um in Fällen zukünftiger Indiskretionen
ge-genüber der Presse zeitnah den Informanten identifizieren zu können, ließ er die N.

GmbH weiterhin die Presseberichterstattung auswerten, um den Kreis derjenigen Journalisten zu bestimmen, die regelmäßig über Betriebsinter-na der DT
AG berichteten.
Anschließend sollte die N.

GmbH durch die Auswertung der noch zu erhebenden [X.] dieser Journa-listen ermitteln, zu welchen Angehörigen der [X.] diese Kontakte pflegten.
Spätestens Anfang des Jahres 2006 beauftragte der Angeklagte die Fa.
N.

mit entsprechenden Arbeiten, die unter dem Projektnamen
"[X.]

" geführt wurden. Zusätzlich zu den bereits im Rahmen des Projekts "[X.]

" überwachten Journalisten [X.]

und P.

ließ der [X.] die Festnetz-
bzw. [X.] von drei weiteren Journalisten über mehrere Monate erheben und in der [X.]-"dropzone" ab-speichern, wo sie von Mitarbeitern der [X.]

zur Auswertung abgeholt wurden. Im Juni 2006 beendete der Angeklagte die Erhebung und Auswertung der Verbindungsdaten (Fall B.
V).
Das [X.] hat diese Taten als Verletzung des [X.] in sieben Fällen gemäß §
206 Abs. 1 StGB gewertet.
4. Am 19.
Oktober 2005 stellte der Geschäftsführer [X.]

der
Fa.
N.

der [X.] für das Projekt "[X.]

" einen Betrag in Höhe von 334.394,88

-
jeweils pauschal und ohne weitere Anga-ben
-
ein Betrag von 279.898

St. als Honorar und der Restbetrag von 8.373,45

St. als Reise-
und Nebenkosten aufgeführt wurde. In 10
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12
-
8
-
Kenntnis der Strafbarkeit der erfolgten Erhebung von Verbindungsdaten und deren verbotswidriger Auswertung bestätigte der Angeklagte, dem als Leiter der Abteilung [X.]

ein eigenständiger Verfügungsrahmen in entsprechender Höhe für Ermittlungen eingeräumt war, trotz der ihm bekannten (Teil)Nichtigkeit
des Zahlungsanspruchs der [X.]

die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Rechnung, so dass diese seitens der [X.] in voller Höhe beglichen wur-de (Fall B.
IV).
Am 23.
November 2006 stellte die [X.]

der [X.] für ihre [X.] im Rahmen des Projekts "[X.]

" ein Pauschalhonorar in Höhe von 358.440

mit dem er den Zahlungsbetrag als "richtig berechnet, angemessen und fällig" bestätigte, so dass auch diese Rechnung von der [X.] in voller Höhe begli-chen wurde (Fall B.
[X.]).
Das [X.] hat insoweit eine Untreue in zwei Fällen angenommen und ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass sich der Großteil der Rechnungssumme jeweils auf die Auswertung der Presseartikel bezog und sich der auf die Auswertung der Verbindungsdaten entfallende Zahlungsan-spruch jeweils auf
einen Betrag noch unter 50.000

II.
Die von dem Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] keinen Erfolg. Auch die Sachrüge bleibt zum Schuld-
und Strafausspruch erfolglos:
1. Soweit das [X.] im Fall B.
I einen Untreueschaden in Höhe von lediglich 20.407,13
14
15
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-
9
-
von 25.000

n Angeklagten nicht. Im Fall B.
II hat das [X.] den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen Betruges ver-urteilt und einen besonders schweren Fall angenommen (§
263 Abs. 1, §
263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB). Auch die Verurteilung in den Fällen B.
III und V
wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses in sieben Fällen (§
206 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 und 3 StGB) lässt keine Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten erkennen. Dass die [X.] insoweit keine Verurteilung wegen eines tateinheitlich begangenen Delikts nach §
44 Abs. 1 Bundesdatenschutz-gesetz (BDSG) erwogen hat, beschwert den Angeklagten nicht.
2. Im Ergebnis zutreffend hat das [X.] in den Fällen B.
IV und [X.] jeweils eine Untreue angenommen (§
266 Abs. 1 StGB). Auf Veranlassung des Angeklagten nämlich hat die [X.] die Rechnungen der [X.]

-
teilweise [X.]
-
in voller Höhe beglichen und dadurch einen ent-sprechenden Schaden erlitten.
a) Zutreffend hat das [X.] eine Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten
im Sinne des §
266 Abs. 1 StGB angenommen. Als Verwalter mehrerer Kostenstellen war er befugt, eigenverantwortlich Verträge für die DT
AG abzuschließen und Zahlungen zu deren Lasten anzuweisen.
b) Rechtsfehlerfrei hat das [X.] gemäß §
134 BGB die Teilnich-tigkeit der zwischen der [X.] und der N.

GmbH geschlossenen Verträ-ge hinsichtlich
der Auswertung der Verbindungsdaten mit der Folge angenom-men, dass ein vertraglicher Vergütungsanspruch für diese Tätigkeit nicht [X.].
[X.]) Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein [X.] Verbot verstößt, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Ergibt sich aus dem Verbotsgesetz keine Rechtsfolge, ist eine normbezogene 17
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19
20
-
10
-
Abwägung vorzunehmen, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots verein-bar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen. Richtet sich das Verbot gegen beide Vertragsparteien, ist in der Regel anzunehmen, dass das Rechtsgeschäft nichtig sein soll (st. Rspr., [X.], Urteil vom
14.
Dezember 1999 -
X [X.], [X.]Z 143, 283, 286 f.).
[X.]) Hier hatte der von den Parteien geschlossene Vertrag unter anderem die Auswertung der von der [X.] übermittelten Verbindungsdaten zum [X.], somit die Begehung einer mit Strafe bedrohten rechtswidrigen Tat.
Die von dem Angeklagten veranlasste Überlassung der Verbindungsda-ten an die [X.]

stellte eine Straftat gemäß §
206 Abs. 1 StGB dar und verstieß zudem gegen das Verbot des §
88 Abs. 3 [X.] ([X.]), anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der [X.] erforderliche Maß hinaus Kenntnis von den näheren [X.] zu verschaffen.
Die von der [X.]

vorgenommene Speicherung der [X.] stellte eine Straftat gemäß §
44 Abs. 1 BDSG i.V.m. §
43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG dar. Danach ist u.a. das unbefugte Verarbeiten von personenbezogenen Daten gegen Entgelt strafbewehrt. Gemäß §
3 Abs. 4 Satz 1 BDSG unterfällt dem Verarbeiten auch das Speichern von Daten, d.h. das Erfassen, Aufneh-men und Aufbewahren der Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer [X.] Verarbeitung oder Nutzung (§
3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BDSG). Indem die N.

GmbH die ihr übermittelten Verbindungsdaten ihrerseits zum Zwecke der Auswertung in ihren Computersystemen speicherte, hat sie unbefugt Daten verarbeitet. Die Speicherung der Daten als notwendige Vorarbeit zu ihrer Aus-wertung erfolgte auch entgeltlich. Die anschließende Auswertung der [X.] verstieß gegen das unter Erlaubnisvorbehalt stehende Verbot des 21
22
23
-
11
-
§
4 Abs. 1 BDSG. Danach ist die Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung perso-nenbezogener Daten nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechts-vorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Die Auswertung der Verbindungsdaten stellt eine Verwendung personenbezogener Daten und damit eine Nutzung dar (§
3 Abs. 5 BDSG), die ohne Kenntnis der Betroffenen erfolgte und von keiner Rechtsvorschrift erlaubt oder angeordnet wird.
Da die Verträge nach alledem für beide Teile gesetzeswidrig waren und ihre Durchführung strafbewehrt war, hat die [X.] zutreffend deren Nichtigkeit angenommen, soweit sie über die -
erlaubte
-
Auswertung der Pres-seartikel hinaus die Auswertung der Verbindungsdaten zum Gegenstand hat-ten.
c) Es bestanden -
anders als die Revision meint
-
auch keine bereiche-rungsrechtlichen Zahlungsansprüche der N.

GmbH gemäß §
812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., §
818 Abs. 2 BGB.
[X.]) Infolge der Nichtigkeit des [X.] könnte zwar die N.

GmbH grundsätzlich die Herausgabe des seitens der [X.] zu Unrecht Er-langten -
Auswertung der Verbindungsdaten
-
verlangen. Da insoweit eine Her-ausgabe der Sache nach nicht möglich ist, wäre der Anspruch auf Ersatz des Wertes der geleisteten Dienste gerichtet. Die Kondiktion ist jedoch gemäß §
817 Satz 2 BGB gesperrt. Danach ist
die Rückforderung u.a. ausgeschlos-sen, wenn der Leistungsempfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstößt und dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit [X.]. §
817 Satz 2 BGB verkörpert den Grundsatz, dass bei der Rückabwick-lung Rechtsschutz nicht in Anspruch nehmen kann, wer sich selbst durch ge-24
25
26
-
12
-
setzes-
oder [X.] Handeln außerhalb der Rechtsordnung stellt ([X.], Urteil vom 7.
Mai 1997 -
IV ZR 35/96, NJW 1997, 2381, 2383).
[X.]) Hier war zum einen die Auswertung der Verbindungsdaten durch die N.

GmbH als Leistende gesetzeswidrig. Die [X.]

, vertreten durch ihren Geschäftsführer [X.]

, als Leistende war sich auch -
wie dem [X.] zu entnehmen ist
-
der Verbotswidrigkeit ent-weder bewusst (vgl. [X.], Urteil vom
29.
April 1968 -
[X.]I ZR 9/66, [X.]Z 50, 90, 92) oder hat sich der Rechtswidrigkeit ihres Handelns zumindest leichtfertig verschlossen (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Oktober 1991 -
[X.]II ZR 19/91, [X.], 310, 311; [X.], Urteil vom 23.
Februar 2005 -
[X.]II ZR 129/04, [X.], 1490,
1491). Dem gesondert verfolgten [X.]

war bekannt, dass für die Erhebung der Verbindungsdaten in dem konkreten Fall keine gesetzliche Ermächtigungs-grundlage bestand und insbesondere eine
richterliche Anordnung gemäß §
100g StPO nicht vorlag. Aus der Art des Auftrags -
Identifizierung eines Pres-seinformanten
-
ergab sich zwangsläufig, dass die betroffenen Personen selbst keine Kenntnis von der Maßnahme hatten und daher nicht eingewilligt haben konnten. Dass die Verantwortlichen der N.

GmbH dies billigend in Kauf nahmen, belegt auch die Art der Rechnungsstellung, die keinen Hinweis auf die erbrachten -
teilweise verbotenen
-
Leistungen beinhaltete, sondern lediglich Pauschalbeträge auswies. Schließlich mahnte der deswegen gesondert verfolg-te [X.]

im Jahr 2008 die Zahlung von angeblich noch offenstehenden Forde-rungen der N.

GmbH gegenüber der [X.] u.a. für das Projekt "[X.]

" an verbunden mit der Drohung, die Beträge "politisch" realisieren zu wollen und sich andernfalls "medienwirksam zu wehren". Dies belegt, dass er um die feh-lende gerichtliche Durchsetzbarkeit der Forderungen wegen deren Nichtigkeit wusste.

27
-
13
-
cc) Zum anderen verstieß auch die [X.] durch die Entgegennahme der von dem Angeklagten in Auftrag gegebenen Datenauswertung gegen §
88 Abs. 3 [X.], da es ihr als Dienstanbieter untersagt ist, sich auf diese Weise über das für die Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den Umständen der Telekommunikation zu verschaffen.
[X.]) Auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§
242 BGB) hindert hier die Anwendung von §
817 Satz 2 BGB nicht (hierzu näher Lorenz
in [X.] BGB Neubearbeitung 2007 §
817 Rn. 11 ff.). Anders als in Fällen eines wirt-schaftlichen oder [X.] Gefälles (etwa bei der Schwarzarbeit; vgl. [X.], Ur-teil vom 31.
Mai 1990 -
[X.]I ZR 336/89, [X.]Z 111, 308, 313) bedarf die N.

GmbH keines
erhöhten Schutzes, der die Nichtanwendung von §
817 Satz 2 BGB unter [X.] verlangen würde. Vielmehr verdienen bei-de Parteien im Hinblick auf das verbotswidrige Geschäft und ihr kriminelles Handeln nicht den Schutz der Rechtsordnung.
d) Der Angeklagte hat die ihm gegenüber der [X.] obliegende [X.] verletzt, indem er im Rahmen der ihm von der [X.] übertragenen Geschäftsbesorgung Zahlungen in Höhe von 334.394,88

und 358.440

f die beiden Rechnungen vom 19.
Oktober 2005 und 23.
November 2006 angewiesen hat und hierdurch jeweils in Höhe von unter 50.000

.

vergütete, die in der Begehung von [X.] bestanden (vgl. dazu [X.] in [X.]/Kempf/Volk, Die Finanz-krise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, 2011, [X.], 193; Kindhäuser in [X.]., §
266 Rn. 81; [X.], 394, 402). Die Forderungen, deren Bezahlung durch die Treugeberin der Angeklagte durch die Bestätigung als sachlich und rechnerisch richtig unmittelbar veranlasste, hatten in Höhe von jeweils "unter 50.000

28
29
30
-
14
-
sie insoweit auf gemäß §
134 BGB nichtige Verträge gestützt waren und auch bereicherungsrechtliche Ansprüche der Rechnungsstellerin
nicht bestanden. Die Bezahlung der beiden Rechnungen, soweit diese die Vergütung für die Be-gehung von Straftaten einforderten, bewirkte einen Vermögensnachteil für die Treugeberin, der nicht durch einen gleichwertigen Vorteil -
Erlöschen wirksamer Forderungen
-
kompensiert wurde.
Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht liegt demnach in der Begleichung einer nichtigen Forderung, in einer [X.]en Zahlung. [X.] für das strafbare Verhalten ist damit nicht die vor den [X.] liegende Auftragserteilung an die N.

GmbH, die zu einer missbräuchlichen Mitteilung der Telefonverbindungsdaten durch den Angeklag-ten und damit zu einem (strafbaren) Verstoß gegen die nicht vermögensschüt-zende Norm des §
206 StGB geführt hat. Dieser von der treuwidrigen Pflicht-verletzung abzugrenzende Verstoß ist lediglich Auslöser der Untreuestrafbar-keit, indem er zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages und damit zur [X.] darauf erbrachter Leistungen führt. Auf den vermögens-schützenden Charakter eines "Primärverstoßes"
([X.], Beschluss vom 13.
September 2010 -
1 [X.], [X.]St 55, 288, 297 ff.; vgl. auch [X.], Beschluss vom 13.
April 2011 -
1 StR 94/10, [X.]St 56, 203, 211; [X.], [X.] vom 5.
September 2012 -
1 [X.] als Rückläufer zu [X.]St 56, 203) kommt es nicht an.
Auch der 1. Strafsenat ist trotz seines Ausgangspunktes, dass der [X.] gegen eine nicht vermögensschützende Norm als solche nicht zu einer treuwidrigen Pflichtverletzung führen kann, davon ausgegangen, dass gleich-wohl eine Strafbarkeit wegen Untreue in Betracht kommt, wenn sich -
ohne Rückgriff auf den Verstoß gegen die nicht vermögensschützende Norm
-
die Verletzung von Pflichten feststellen lässt, die das Vermögen des [X.] 31
32
-
15
-
schützen sollen ([X.], [X.]O,
[X.]St 55, 288, 303 ff.; [X.], [X.]O,
[X.]St 56, 203, 210).
Damit steht es in Einklang, wenn der Senat ungeachtet eines [X.]es gegen die nicht
vermögensschützende Norm des §
206 StGB allein mit Blick auf die [X.] geleisteten Zahlungen ohne Gegenleistung zu [X.] gelangt.
e) Soweit das [X.] jeweils eine Schadenhöhe von jedenfalls un-ter 50.000

Bedenken. Zwar ist in der Regel der Schaden konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfest-stellung zu beziffern ([X.], Beschluss vom 23. Juni 2010 -
2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220). Sofern genaue Feststellungen nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen, um den eingetretenen wirtschaftlichen Scha-den unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Das [X.], das den Schaden aufgrund der nicht näher aufgeschlüsselten Rechnungslegung nicht näher beziffern konnte, ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass die Presseauswertungen den ganz überwiegenden Teil
der Forderungen von 334.394,88

d 358.440

der Verbindungsdaten noch unter 50.000

f-kammer damit zugunsten des Angeklagten nicht in den Anwendungsbereich des [X.] gemäß §
263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB gelangen, wo-nach ein Vermögensverlust großen Ausmaßes regelmäßig ab einem Betrag von etwa 50.000

gegeben ist ([X.], Urteil vom 7.
Oktober 2003 -
1 [X.], [X.]St 48, 360, 361). Das
[X.] wollte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass diese Wertgrenze wesentlich unterschritten sein könnte. [X.] der Feststellungen zu Dauer und Umfang sowie Auswertung der [X.] ist dagegen nichts zu erinnern.

33
-
16
-
3. Die Strafzumessung ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] frei von [X.]. Jedoch war festzustellen, dass eine rechtsst[X.]tswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt. Nach Ablauf der Revisi-onsbegründungsfrist am 10.
März 2011 ist es zu einer
Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) gekommen. Bis zur Weiterleitung der Akten an die St[X.]tsanwaltschaft [X.] mit Verfügung vom 28.
Oktober 2011 ist das Verfahren ohne sachlichen Grund nicht hinreichend gefördert worden. Insbesondere rechtfertigt weder die zwischenzeitlich erfolgte Bearbeitung des Kostenfestsetzungsantrags des Verteidigers

O.

noch das Erfordernis der Anfertigung einer Doppelakte zur Durchführung des abgetrennten Verfahrens gegen den früheren Mitangeklagten [X.]

den zeitli-chen Umfang der Verzögerung. Durch das Versäumnis ist eine der Justiz anzu-lastende, unangemessene Verfahrensverzögerung von jedenfalls sechs Mona-ten eingetreten. Diesen Umstand hat der [X.] wegen zu [X.]. Der Erhebung einer Verfahrensrüge bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da die Verfahrensverzögerung nach Ablauf der [X.] ist und der Angeklagte diese Gesetzesverletzung nicht form-
und frist-gerecht rügen konnte (st. Rspr., [X.], Beschluss vom 3.
November 2011
-
2 StR 302/11, [X.], 1463, 1464). Über die Kompensation kann der Se-nat in
entsprechender Anwendung von §
354 Abs. 1
a Satz 2 StPO selbst [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 6.
März 2008 -
3 [X.], [X.], 208, 209). Angesichts des begrenzten Umfangs der Verzögerung und des Um-standes, dass sich der Angeklagte nicht in Untersuchungshaft befand, erweist
34
-
17
-
sich die Feststellung der rechtst[X.]tswidrigen Verfahrensverzögerung hier als ausreichend (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
April 2009 -
3 [X.], [X.], 248).

Becker

Fischer

Appl

[X.]

Ott

Meta

2 StR 591/11

10.10.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2012, Az. 2 StR 591/11 (REWIS RS 2012, 2479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2479

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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