Bundessozialgericht, Urteil vom 12.11.2013, Az. B 1 KR 22/12 R

1. Senat | REWIS RS 2013, 1272

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Gegenstand

Krankenversicherung - Pflichtverletzung eines Krankenhauses gegenüber Krankenkasse - Schadensersatz - keine vertragsärztliche Arzneimittelversorgung während vollstationärer Behandlung


Leitsatz

1. Verletzt ein Krankenhaus, das einen Versicherten stationär behandelt, eine gegenüber dessen Krankenkasse bestehende Pflicht, hat es ihr den hierdurch entstehenden Schaden zu ersetzen, es sei denn, es hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten.

2. Ein Krankenhaus darf einen Versicherten, während es ihn vollstationär behandelt, abgesehen von Dialysefällen nicht vertragsärztlich mit Arzneimitteln versorgen lassen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Januar 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten eines während stationärer Behandlung verordneten Fertigarzneimittels.

2

Die [X.] (Fachabteilung Psychiatrie und Psychotherapie) in Trägerschaft des Beklagten behandelten die am 1974 geborene, bei der klagenden Krankenkasse ([X.]) versicherte M. (im Folgenden: Versicherte) stationär wegen rezidivierender depressiver Störung mit Suizidalität, posttraumatischer Belastungsstörung und dissoziativer Störung ua vom 7.12.2004 bis 23.8.2005 und vom 7. bis [X.] Die Pneumologische Ambulanz des beigeladenen Universitätsklinikums behandelte die Versicherte in dieser Zeit - nach seinen Angaben im Rahmen konsiliarischer Vorstellungen - wegen einer gleichzeitig bestehenden schweren pulmonalen arteriellen Hypertonie ([X.]) am 6.1., 7.4., 9.5., 6.6., 4.7., 3.8. und 12.12.2005. Sie verordnete der Versicherten vertragsärztlich - wie bereits auch schon vor den stationären Behandlungen im Krankenhaus des Beklagten - das im beschleunigten Verfahren europaweit für das Anwendungsgebiet [X.] zugelassene Fertigarzneimittel [X.] (Wirkstoff: [X.]). Es ist nach den Warnhinweisen in der Fachinformation nur geeignet zur Behandlung in speziellen Kliniken, Instituten oder bei niedergelassenen Fachärzten mit besonderen Erfahrungen. Die Klägerin zahlte für das Arzneimittel den abgebenden Apotheken eine Vergütung in Höhe von 21 442,42 Euro. Der Prüfungs- und der Beschwerdeausschuss der Ärzte und Krankenkassen [X.] setzten deswegen gegen den Beigeladenen für die Quartale 3 und 4/2005 einen Regress in Höhe von 9740,48 Euro netto fest (Bescheid vom 7.3.2007; Widerspruchsbescheid vom 3.9.2007; [X.] - [X.] KA 187/07, [X.] vom 15.4.2008).

3

Das [X.] hat die auf Erstattung von 21 442,42 Euro gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat auf die Berufung der Klägerin den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt: Die Klägerin habe einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Der Beklagte habe die Versorgung der Versicherten mit [X.], die über den vereinbarten allgemeinen Pflegesatz abgegolten sei, durch einen Dritten veranlasst. Der Beklagte habe dadurch Aufwendungen in Höhe der Vergütung erspart, die die Klägerin den das Arzneimittel abgebenden Apothekern gezahlt habe. Er habe diese herauszugeben (Urteil vom 19.1.2012).

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 2 S 1, § 2 Abs 2 S 2 [X.] und § 3 Abs 1 S 3 Bundespflegesatzverordnung (BPflV).

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts [X.]-Westfalen vom 19. Januar 2012 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 9. Dezember 2010 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts [X.]-Westfalen vom 19. Januar 2012 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

6

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie halten die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.]n ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene [X.]-Urteil ist aufzuheben, denn es verletzt materielles Recht. Die Feststellungen des [X.] reichen nicht aus, um abschließend über den zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von 21 442,42 [X.] zu entscheiden.

9

1. Rechtsgrundlage des Zahlungsanspruchs ist § 280 Abs 1 [X.] in entsprechender Anwendung. Nach § 69 S 1 bis 4 [X.] (hier anzuwenden idF durch Art 1 [X.] [X.] vom 14.11.2003, [X.] 2190 mWv 1.1.2004) regeln das Vierte Kapitel des [X.] sowie die §§ 63 und 64 [X.] abschließend die Rechtsbeziehungen der [X.] und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen [X.] und der [X.] nach den §§ 90 bis 94 [X.]. Die Rechtsbeziehungen der [X.] und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 [X.] und in dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - [X.]), dem Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - [X.]) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des [X.] entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 [X.] und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

Die Voraussetzungen des § 69 S 3 [X.] für die entsprechende Anwendung des § 280 Abs 1 [X.] auf das [X.] zwischen [X.] und zugelassenem Krankenhaus bei Behandlung Versicherter sind erfüllt. Danach kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Erforderliche stationäre Behandlung Versicherter in einem zugelassenen Krankenhaus begründet zwischen seinem Träger und der [X.] ein gesetzliches öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, auf das § 280 Abs 1 [X.] anzuwenden ist. Nach § 109 Abs 4 [X.] (idF durch Art 1 [X.] Fallpauschalengesetz vom [X.], [X.] 1412) wird mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines [X.] zur Krankenhausbehandlung (§ 39 [X.]) der Versicherten gegen Vergütung verpflichtet. Die [X.] sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des [X.] mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des [X.] (hier anzuwenden idF des [X.] vom 15.12.2004, [X.] 3429), des [X.] und der [X.] zu führen. Nach § 39 Abs 1 S 2 [X.] haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 [X.]), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl zB [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 14 mwN).

Die Folgen von Pflichtverletzungen aus dem aufgezeigten gesetzlichen Schuldverhältnis, das bei stationärer Behandlung Versicherter in einem zugelassenen Krankenhaus besteht, sind weder landesvertraglich noch landes- oder bundesrechtlich abschließend geregelt. Das Vertragsrecht dürfte Schadensersatzansprüche der [X.] bei schuldhafter Schädigung durch Krankenhäuser auch nicht ausschließen. Die Vorschriften des [X.] über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung sind vielmehr entsprechend anwendbar. Sie sind mit der Stellung der Krankenhäuser im Versorgungssystem des [X.] vereinbar. Dies entspricht der Rechtsprechung für die entsprechende Anwendung der [X.] (vgl zB [X.] [X.]-2500 § 69 [X.] Rd[X.] 14 mwN; [X.], 208 = [X.]-2500 § 69 [X.], Rd[X.] 10 ff). Für Vorschriften über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung kann nichts anderes gelten (vgl zutreffend bereits Sächsisches [X.] Urteil vom [X.] KR 29/08 - Juris Rd[X.] 14 f).

2. Es steht nach den bisher getroffenen Feststellungen des [X.] nicht fest, dass der [X.] eine Pflicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis bei Behandlung der Versicherten verletzte, die seine Verpflichtung begründete, 21 442,42 [X.] als Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens zu zahlen. Als eine solche Pflichtverletzung kommt in Betracht, dass der [X.] durch seine Klinik den Beigeladenen dazu veranlasste, der Versicherten die während der stationären Behandlung für die [X.] erforderlichen Arzneimittel vertragsärztlich zu verschaffen. So liegt es insbesondere, wenn der [X.] den Beigeladenen hierzu aufforderte oder zB als gutgläubiges Werkzeug nutzte, indem er ihm verschwieg, dass die Versicherte sich bei ihm in vollstationärer Behandlung befand. Denn die vollstationäre Behandlung schließt eine vertragsärztliche Parallelbehandlung in der Regel aus (dazu a). Dies ist dem [X.]n als professionellem Systembeteiligten bekannt. Er muss bei Einschaltung Dritter in seine Leistungserbringung sicherstellen, dass sie nicht irrig von abweichenden, unzutreffenden Annahmen ausgehen, die absehbar zu Schäden bei den [X.] führen. [X.] ein Krankenhaus bei Einbeziehung Dritter in einen Leistungsfall, dass es vollstationär behandelt, sodass der Dritte vertragsärztlich behandelt, hat es diese Pflichtverletzung zu vertreten (§ 276 [X.]). Stellt das [X.] eine solche Pflichtverletzung fest, beruht der geltend gemachte Schaden auch hierauf (dazu b). Legte der [X.] bei Einbeziehung des Beigeladenen in die Behandlung der Versicherten dagegen die vollstationäre Behandlung offen und forderte er ihn lediglich auf, die Versicherte als für ihn leistender Dritter im Rahmen der stationären Behandlung des [X.]n konsiliarisch auf Kosten des [X.]n zu betreuen, verstieß er gegen keine Pflichten, die einen Schadensersatzanspruch der Klägerin begründen könnten. In diesem Falle beruht der Schaden der Klägerin lediglich ggf auf dem schuldhaften Verhalten des Beigeladenen. Sie kann ihren daraus erwachsenden Schadensersatzanspruch im Rahmen des bereits anhängigen, ruhend gestellten Regressverfahrens verfolgen (dazu c).

a) Die Versicherte durfte, während sie sich in vollstationärer Behandlung befand, nicht zu Lasten der Klägerin zusätzlich vertragsärztlich mit Arzneimitteln versorgt werden. Eine gesondert zu vergütende vertragsärztliche Parallelpharmakotherapie war während ihrer vollstationären Behandlung ausgeschlossen. Das folgt aus den für den [X.]n geltenden Leistungs- und Vergütungsregelungen der [X.] (idF durch Art 4 FPG vom [X.], [X.] 1412). Nach § 1 [X.] werden nach dieser Verordnung die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser oder Krankenhausabteilungen vergütet, die nach § 17b [X.] zweiter Halbs [X.] nicht in das [X.] einbezogen sind. Das [X.] gilt danach nicht für die Leistungen der in § 1 Abs 2 [X.] ([X.] vom 18.12.1990, [X.] 2930) genannten Einrichtungen und der Einrichtungen für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin, soweit in der [X.] (Verordnung nach § 16 S 1 [X.] 1 [X.]) nichts Abweichendes bestimmt wird. Das Krankenhaus des [X.]n unterfiel in dem hier betroffenen Zeitraum den psychiatrischen Einrichtungen iS des § 1 Abs 2 [X.]. Die Anwendung der [X.] war nicht nach § 1 Abs 2 [X.] ausgeschlossen.

Die [X.] trifft für die allgemeinen Krankenhausleistungen, zu denen die Arzneimittelversorgung gehört, eine abschließende Vergütungsregelung: Mit dem Budget (vgl näher § 12 [X.]) und den [X.] nach § 10 [X.] werden die allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet, soweit die Kosten nach dem [X.] dem Grunde nach pflegesatzfähig sind (§ 7 [X.] [X.]). Mit den [X.] werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 10 Abs 2 [X.]; vgl bereits zum früheren Recht [X.], 263, 267 = [X.]-2500 § 116 [X.]; zum Parallelbereich der DRG-Krankenhäuser vgl zB [X.], 279, Rd[X.] 14; siehe auch [X.], [X.], [X.] und [X.], [X.], Stand März 2009, [X.], § 10 [X.] 5; [X.], [X.], 226, 228).

Die Versorgung der Versicherten mit [X.] unterfiel den "allgemeinen Krankenhausleistungen". Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind (§ 2 Abs 2 S 1 [X.]). Krankenhausleistungen nach § 1 Abs 1 [X.] sind insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung; sie umfassen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen (§ 2 [X.] [X.]). Unerheblich ist insoweit, ob die Kosten der betroffenen Arzneimittelversorgung ausdrücklich Gegenstand der Pflegesatzverhandlungen waren (vgl entsprechend [X.], 263, 267 = [X.]-2500 § 116 [X.]). Das Krankenhaus, das einen Versicherten zur vollstationären Behandlung aufgenommen hat, ist zu einer umfassenden und einheitlichen Gesamtleistung verpflichtet und darf sich nicht etwa einzelnen Leistungen aus Kostengründen entziehen (vgl auch [X.], [X.], [X.] und [X.], [X.], Stand März 2013, [X.], § 2 [X.] II.1; [X.], [X.], 226, 228). Wenn und solange das Krankenhaus die vollstationäre Versorgung durchführt, ist es auch zur Erbringung solcher Leistungen im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen verpflichtet, die es von vornherein nicht mit eigenen personellen und sächlichen Mitteln, sondern nur durch Dritte (dazu sogleich) erbringen kann.

Eine Ausnahme vom Verbot vertragsärztlicher Parallelbehandlung bei vollstationärer Krankenhausbehandlung besteht nur insoweit, als eine Dialyse nicht zu den Krankenhausleistungen gehört (vgl § 2 Abs 2 S 3 [X.]). In diesem ausdrücklich geregelten Ausnahmefall ist es möglich, dass neben der vollstationären Krankenhausbehandlung bezüglich der Dialyse vertragsärztliche Behandlung erfolgt (vgl zutreffend [X.], [X.], [X.] und [X.], [X.], Stand März 2013, [X.], § 2 [X.] II.12 aE). Eine weitere Ausnahme für solche Verordnungen, die nicht "für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind", kommt dagegen nicht in Betracht. Die Regelung eröffnet keinen weiteren Raum für eine Parallelbehandlung, sondern trifft - abgesehen von der Dialyse - lediglich eine zeitliche Abgrenzung: Fälle, in denen sich der [X.] auf einen Zeitraum außerhalb der vollstationären Krankenhausbehandlung erstreckt, sind entsprechend den allgemeinen Grundsätzen vorrangig vertragsärztlich zu behandeln (offengelassen in [X.] [X.]-2500 § 106 [X.]1 Rd[X.] 14; zutreffend [X.], [X.], [X.] und [X.], [X.], Stand März 2013, [X.], § 2 [X.] II.8.2). Insoweit unterscheidet sich die voll- von der vor- und nachstationären Behandlung (vgl § 115a Abs 2 S 5 [X.] und hierzu zB [X.] [X.]-2500 § 115a [X.] Rd[X.]2, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; [X.] Urteil vom [X.] KR 21/12 R - Rd[X.]3, zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen). Vorliegend betrifft die Behandlung mit [X.] demgegenüber den Zeitraum der vollstationären Krankenhausbehandlung der Versicherten.

Sowohl für die Leistungspflicht wie auch für die Vergütungsansprüche des Krankenhauses ist es ohne Belang, ob das Krankenhaus die Leistungen durch eigene Beschäftigte oder Dritte erbringt. Unter den Voraussetzungen des § 2 Abs 2 S 1 [X.] gehören zu den allgemeinen Krankenhausleistungen nämlich auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter (vgl § 2 Abs 2 S 2 [X.] [X.]; ebenso für den Bereich der Fallpauschalen § 2 Abs 2 S 2 [X.] [X.]). Die Leistungen des [X.] werden im Leistungs- wie Leistungserbringerverhältnis der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) durch den tagesgleichen Pflegesatz des Krankenhauses abgegolten, beim pauschalierenden [X.] durch die mittels Groupierung anzusteuernde Fallpauschale. Drittleistungen können lediglich Vergütungsansprüche des [X.] im Innenverhältnis zum [X.] Krankenhaus begründen. Dementsprechend sind Dritte - unabhängig von der Zulässigkeit ihrer Beauftragung durch das Krankenhaus im Übrigen - abgesehen von [X.] und den aufgezeigten Zeitgrenzen in keinem Falle dazu befugt, während der vollstationären Krankenhausbehandlung eines Versicherten diesen vertragsärztlich zu Lasten der [X.] mit Arzneimitteln zu versorgen. Es bedarf insoweit keiner Vertiefung, wie der Begriff der Leistungen Dritter iS von § 2 Abs 2 S 2 [X.] [X.] im [X.] zu verstehen war und welche Grenzen für Leistungen Dritter im Übrigen zu ziehen waren (vgl zur Rechtsentwicklung zB Sächsisches [X.] Urteil vom 30.4.2008 - L 1 KR 103/07 - [X.] 2008, 548; [X.], [X.], 770; Seiler, NZS 2011, 410; Art 2 [X.] und Art 3 [X.] 1 Psych-Entgeltgesetz vom [X.], [X.] 1613; [X.], [X.] 9/2013 [X.] 3).

b) Stellt das [X.] eine von dem [X.]n zu vertretende Pflichtverletzung bei der Einschaltung des Beigeladenen zum Zwecke der Arzneimittelversorgung der Versicherten im dargelegten Sinne fest, hat es davon auszugehen, dass diese kausal zu einem Schaden der Klägerin im Umfang der an die abgebenden Apotheken gezahlten Vergütung in Höhe von 21 442,42 [X.] führte. Die Apotheken waren aufgrund der zwischen ihnen und der Klägerin geltenden vertraglichen Regelungen verpflichtet, das vertragsärztlich verordnete Arzneimittel [X.] zugunsten der Versicherten abzugeben (vgl entsprechend zB [X.] 106, 303 = [X.]-2500 § 129 [X.] 6, Rd[X.] 13). Der Vergütungsanspruch der Apotheker entstand mit der Abgabe kraft Gesetzes (§ 129 [X.]; vgl [X.] 106, 303 = [X.]-2500 § 129 [X.] 6, Rd[X.] 13 mwN). Es liegt nichts dafür vor, dass den Apotheken ein zur Retaxierung berechtigender Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen unterlief (vgl hierzu zB [X.] 106, 303 = [X.]-2500 § 129 [X.] 6, Rd[X.] ff).

c) Lässt sich eine Pflichtverletzung des [X.]n bei der Einschaltung des Beigeladenen zum Zwecke der Arzneimittelversorgung der Versicherten nicht feststellen, kommt für die Klägerin der Regress gegen den Beigeladenen in Betracht. Die von ihr angerufenen Prüfgremien sind dafür zuständig, "sonstige Schäden" festzustellen (vgl § 48 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte). Diese Regelung betrifft generalisierend die "unzulässige Verordnung von Leistungen", ohne zwischen formalen und inhaltlichen Fehlern zu unterscheiden (vgl zB [X.] [X.]-5540 § 48 [X.] Rd[X.] 18). Hierzu gehören auch Regressverlangen wegen einer schuldhaften Verordnung von Arzneimitteln für einen Patienten während dessen Krankenhausaufenthalts (vgl zB [X.] [X.]-2500 § 106 [X.]8 Rd[X.]5; [X.]-2500 § 106 [X.]1 Rd[X.] 13 f). Vollstationäre Krankenhausbehandlung schließt für ihre Dauer - wie dargelegt - abgesehen von der Ausnahme der Dialyse vertragsärztliche Arzneimittelversorgung aus. Der Regress gegen den Beigeladenen wegen zu vertretender Verordnung von Arzneimitteln für die Zeit stationärer Behandlung ist indes Gegenstand des ruhenden Verfahrens vor dem [X.] - S 33 KA 187/07.

3. Der streitige Zahlungsanspruch erweist sich auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen des [X.] nicht aus anderen Gründen als begründet. Insbesondere ist es ausgeschlossen, ihn mit dem [X.] durch eine [X.] als öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu begründen. Dem stehen die aufgezeigten vorrangigen Regelungen der Leistungsbeziehungen zwischen [X.] und Krankenhaus bei Behandlung Versicherter und zwischen Krankenhaus und von ihm einbezogenem [X.] entgegen.

Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, herzuleiten. Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (stRspr, vgl zum Ganzen nur [X.] 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 11 mwN). Erfolgt eine Vermögensverschiebung durch Leistung, also aufgrund bewusster und zweckgerichteter Vermehrung fremden Vermögens, ist auch bei einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Vorrang der Leistungsbeziehung zu beachten: Wer etwas einem anderen rechtsgrundlos leistet, kann grundsätzlich nur vom Leistungsempfänger Herausgabe des [X.] verlangen, nicht von einem [X.] wegen dessen Bereicherung in sonstiger Weise (vgl [X.] 102, 10 = [X.]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]7 mwN). Die vom [X.] befürwortete [X.] würde im [X.]-System die Leistungsbeziehungen und die spezifischen Steuerungsmechanismen missachten. Die Rechtsprechung des [X.] hat solche Ansätze - auch von Versicherten (vgl zB [X.], 180 = [X.]-2500 § 13 [X.] 15, Rd[X.] 15 mwN) - stets aus den genannten Gründen abgelehnt (vgl zB [X.] Urteil vom [X.] - B 1 KR 49/12 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, Juris Rd[X.]5 ff mwN).

4. Das [X.] wird nunmehr zu ermitteln haben, aufgrund welcher Umstände der Beigeladene der Versicherten in der betroffenen Zeit der vollstationären Krankenhausbehandlung das Arzneimittel [X.] vertragsärztlich verordnete, was der [X.] hierzu veranlasste und was er vom Vorgang wusste.

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem [X.] vorbehalten.

Meta

B 1 KR 22/12 R

12.11.2013

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Düsseldorf, 9. Dezember 2010, Az: S 8 KR 180/07, Urteil

§ 280 Abs 1 BGB vom 02.01.2002, § 1 Abs 1 BPflV 1994 vom 26.09.1994, § 2 Abs 1 S 1 BPflV 1994 vom 26.09.1994, § 2 Abs 2 S 1 BPflV 1994 vom 26.09.1994, § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 BPflV 1994 vom 26.09.1994, § 2 Abs 2 S 3 BPflV 1994 vom 23.04.2002, § 3 Abs 1 BPflV 1994 vom 15.12.2004, § 10 Abs 2 BPflV 1994 vom 15.12.2004, § 13 BPflV 1994 vom 23.04.2002, § 39 Abs 1 S 2 SGB 5 vom 21.12.1992, § 69 S 3 SGB 5 vom 22.12.1999, § 108 SGB 5 vom 20.12.1988, § 109 Abs 4 SGB 5 vom 23.04.2002, § 1 KHEntgG vom 23.04.2002, § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG vom 23.04.2002, § 17b Abs 1 S 1 KHG vom 23.04.2002

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.11.2013, Az. B 1 KR 22/12 R (REWIS RS 2013, 1272)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1272

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