Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2015, Az. VIII ZR 300/14

8. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 4989

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Gegenstand

Zwangsverwaltung einer Eigentumswohnung: Anspruch des Zwangsverwalters gegen den Wohnungseigentumsverwalter auf Herausgabe einer vom Wohnraummieter geleisteten Mietkaution


Leitsatz

Hat der Mieter einer Eigentumswohnung die Mietkaution nicht an den Vermieter, sondern an den Verwalter des Wohnungseigentums entrichtet, ist der Zwangsverwalter der Wohnung, dem nach § 152 Abs. 1 ZVG die Aufgabe obliegt, das Objekt in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu verwalten, berechtigt, die Überlassung der Mietkaution direkt von dem Verwalter des Wohnungseigentums zu fordern (Fortführung und Fortentwicklung von BGH, Urteile vom 16. Juli 2003, VIII ZR 11/03, NJW 2003, 3342 und vom 9. März 2005, VIII ZR 330/03, NZM 2005, 596).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 16. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist seit Anfang April 2013 Zwangsverwalter einer Eigentumswohnung der Schuldnerin in [X.]  , die diese durch Mietvertrag vom 18. Dezember 2012 an die Eheleute [X.]    vermietet hatte. Die Beklagte ist die Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage. Die Mieter entrichteten ihr die bei Abschluss des Mietvertrags vereinbarte Kaution von 750 €. Nach Beendigung des Mietverhältnisses im Juli 2013 verlangte der Kläger von der Beklagten Zahlung von 750 € nebst Verzugszinsen.

2

Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

5

Der Kläger könne gemäß § 152 Abs. 2, § 148 Abs. 1 Satz 1 [X.] aufgrund seiner Stellung als Zwangsverwalter Herausgabe der Mietkaution von der [X.] verlangen. Zwar wirke der Hausverwaltervertrag der Wohnungseigentümergemeinschaft mit der [X.] ausschließlich für und gegen die Schuldnerin, ohne den Kläger, der nicht deren Rechtsnachfolger sei, zu binden. § 152 Abs. 2 [X.] sehe aber vor, dass der Mietvertrag gegenüber dem Zwangsverwalter wirksam sei und behandle ihn in Bezug auf die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis wie den Vermieter. Eine ordnungsgemäße Verwaltung des Grundbesitzes erfordere, dass der Zwangsverwalter (anstelle des Zwangsverwaltungsschuldners) in die Lage versetzt werde, auf die Kaution zuzugreifen, um Ansprüche gegen den Mieter zu decken oder diesem die Kaution nach Wegfall des Sicherungszwecks herauszugeben. Aus § 152 Abs. 2 [X.] folge deshalb ein Anspruch des [X.] auf Herausgabe der Mietkaution an sich.

II.

6

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

7

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Recht des [X.], Rückzahlung der Mietkaution von der [X.] zu verlangen, seine Grundlage in § 152 Abs. 1, 2 [X.] findet.

8

1. Wie der [X.] bereits entschieden hat, ist der Zwangsverwalter befugt, von dem Schuldner (Vermieter und Wohnungseigentümer) die Überlassung einer vor der Beschlagnahme von einem Wohnungsmieter geleisteten Mietkaution zu verlangen. Wurde das beschlagnahmte Objekt vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch gegenüber dem Zwangsverwalter wirksam (§ 152 Abs. 2 [X.]). Davon ist die Kautionsabrede als Bestandteil des Mietverhältnisses erfasst (Senatsurteil vom 16. Juli 2003 - [X.], NJW 2003, 3342 unter [X.]). Die Kaution sichert die Mietansprüche, auf die sich die Beschlagnahme nach § 148 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 [X.] erstreckt. Eine ordnungsgemäße Verwaltung des Grundbesitzes (§ 152 Abs. 1 [X.]) erfordert daher, dass der Zwangsverwalter anstelle des Schuldners, dem die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch die Beschlagnahme entzogen wird (§ 148 Abs. 2 [X.]), in die Lage versetzt wird, erforderlichenfalls auf die Kaution zuzugreifen, um gegen den Wohnungsmieter gerichtete Ansprüche abzudecken. Der Zugriff auf die Kaution muss dem Zwangsverwalter zudem auch deshalb ermöglicht werden, weil er dem Mieter gegenüber zur Herausgabe der Kaution nach Wegfall des Sicherungszwecks verpflichtet ist ([X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.], [X.], 71 unter [X.] b cc), selbst wenn der Schuldner dem Zwangsverwalter die Kaution nicht ausgehändigt hat (Senatsurteile vom 16. Juli 2003 - [X.] aaO, unter [X.] b, 3; vom 9. März 2005 - [X.] aaO, unter [X.]; vom 11. März 2009 - [X.], [X.], 1673 Rn. 8).

9

2. Ist die Mietkaution - wie hier - vom Mieter vereinbarungsgemäß nicht dem Vermieter, sondern dem Verwalter der [X.] entrichtet worden, ist der Zwangsverwalter gemäß § 152 Abs.1, 2 [X.] berechtigt, die Überlassung der Kaution direkt von diesem zu fordern.

a) Zwar tritt der Zwangsverwalter nicht in einen von der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Verwalter der [X.] geschlossenen Vertrag ein (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2005 - [X.], [X.], 596 unter [X.] a). Daraus folgt jedoch entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass nur der Schuldner berechtigt sei, die Auszahlung der Kaution von dem Verwalter des Wohnungseigentums zu verlangen. Vielmehr obliegt dem Zwangsverwalter nach § 152 Abs. 1 [X.] die Aufgabe, das verwaltete Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 2014 - [X.], NJW 2014, 1951 Rn. 16) und ordnungsgemäß zu verwalten ([X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.], aaO). Hieraus folgt als Teil des Rechts zur Verwaltung und Benutzung des Grundstücks (§ 148 Abs. 2 [X.]) die Befugnis, eine Schmälerung der nach § 155 [X.] zu verteilenden Nutzungen abzuwenden und wegen anderer als Miet- oder [X.] Klage - auch gegen Dritte - zu erheben ([X.], Urteil vom 24. September 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 17 Rn. 14 mwN).

Vor diesem Hintergrund macht es keinen Unterschied, ob sich die vom Mieter entrichtete Kaution in den Händen des Schuldners oder bei einer Hausverwaltung befindet, die sie für den Schuldner eingezogen, aber noch nicht an diesen ausgekehrt hat. Um der Verpflichtung des [X.] Rechnung zu tragen, den Gläubigern den möglichst ungeschmälerten Erhalt der [X.] zu gewährleisten (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2005 - [X.], aaO unter II 4 b), ist es vielmehr geboten, dass der Zwangsverwalter einer Eigentumswohnung die Mietkaution in diesen Fällen auch von dem Verwalter der [X.] herausverlangen kann. Beachtliche Eigeninteressen des Verwalters der [X.] sind dabei nicht berührt, weil dieser bei der Entgegennahme der Kaution für den Vermieter nur als dessen Zahlstelle fungiert. Ihm kommt kein größeres Schutzbedürfnis zu als dem Schuldner selbst, für den er tätig geworden ist.

b) Der Auffassung der Revision, die die Rückforderung der Kaution in der gegebenen Fallgestaltung dem Schuldner vorbehalten möchte, ist entgegenzuhalten, dass dieser regelmäßig kein Interesse haben wird, die Rückzahlung der Kaution von dem [X.] zu verlangen (vgl. [X.], Rpfleger 2005, 464), zumal der Schuldner verpflichtet ist, sie seinerseits an den Zwangsverwalter weiterzureichen.

Soweit die Revision meint, der Mieter sei zwar berechtigt, die Herausgabe der Kaution vom Vermieter zu verlangen, nicht aber vom Verwalter der [X.], rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn der Zwangsverwalter wird in allen Fällen, in denen Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis berührt sind, wie ein Vermieter behandelt (Senatsurteile vom 9. März 2005 - [X.], aaO unter [X.] b; vom 11. März 2009 - [X.], aaO; vom 23. September 2009 - [X.], [X.], 3505 Rn. 11).

Dr. [X.]                           Dr. Hessel                           Dr. Achilles

                   Dr. Bünger                             Kosziol

Meta

VIII ZR 300/14

23.09.2015

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Leipzig, 16. Oktober 2014, Az: 8 S 189/14

§ 152 Abs 1 ZVG, § 152 Abs 2 ZVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2015, Az. VIII ZR 300/14 (REWIS RS 2015, 4989)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4989

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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