Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2010, Az. 1 StR 123/10

1. Strafsenat | REWIS RS 2010, 4845

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 123/10 vom 14. Juli 2010 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 14. Juli 2010 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. Juli 2009 wird als unbegründet verwor-fen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend bemerkt der Senat: Der Beschwerdeführer rügt, die Festsetzung der [X.] (—[X.]) habe zu einer unzulässigen Einschränkung der [X.] (§ 338 Nr. 8 StPO) bzw. zu einer Verletzung des Rechts des Ange-klagten, sich auch in der Hauptverhandlung des Beistands eines oder auch mehrerer (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO) Rechtsanwälte seines Vertrauens zu [X.], geführt. Der [X.]vorsitzende hat die vom 7. Februar 2008 bis zum 23. Juli 2009 währende Hauptverhandlung bis auf wenige Ausnahmen auf Mittwoch [X.]. Insbesondere mittwochs war aber der 2. Wahlverteidiger des Angeklag-ten, Prof. Dr. A. , wegen seiner Tätigkeit als Hochschullehrer weitgehend verhindert, jedenfalls während des Semesters. Von der Terminierung erfuhr Prof. Dr. A. , der sich bereits während des Ermittlungsverfahrens legitimiert hatte, zufällig. Denn wegen eines EDV-Versehens beim [X.] war er zu-- 3 - nächst nicht zur Hauptverhandlung geladen und auch nicht zu einem vom [X.] angebotenen Vorbesprechungstermin am 10. Januar 2008 [X.] worden. Ebenso hatte schon die Staatsanwaltschaft vergessen, Prof. Dr. A. in der Anklageschrift als Verteidiger zu benennen, weshalb ihm die Anklage zunächst auch nicht zugestellt worden war. Die ausführlich begründeten Bitten des Verteidigers, auf andere Wochentage auszuweichen, wurden abgelehnt, im [X.] mit folgender Begründung: —[X.] der Vielzahl der Verfahrensbeteiligten sowie der Terminslage der [X.] könne dem Antrag leider nicht entsprochen werden. Die regulären [X.] (Dienstag und Donnerstag) der [X.] müssten —für die [X.] von erstinstanzlichen Verfahren zur Verfügung stehen, da nur an die-sen Tagen mit der Hauptverhandlung begonnen werden kannfi, sowie zur [X.] vorrangiger Haftsachen freigehalten werden. Die Freitage seien durch Anhörungen der Strafvollstreckungskammer, die identisch besetzt sei, belegt. Und montags fänden die Beratungen und [X.]ussfassungen der [X.] statt. Die Terminierung führte dazu, dass Prof. Dr. A. häufig an der Teilnahme an der Hauptverhandlung gehindert war. Der Angeklagte war aber in der Regel durch seinen 1. Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Dr. E. , vertreten, wie auch durch Steuerberaterin [X.]. An den Mittwochen 28. Januar 2009 und 25. Februar 2009 waren allerdings sowohl Rechtsanwalt [X.]als auch Prof. Dr. A. verhindert, was den Vorsitzenden nicht davon abhielt, auch auf diese Tage Termin zu bestimmen und nicht beispielsweise ausnahmsweise montags. Rechtsanwalt [X.] erteilte einem Kollegen dann [X.] zur Vertei-digung des Angeklagten. Allerdings sah die [X.] davon ab, an diesem Tag Zeugen zu vernehmen. - 4 - Beschwerden gegen die Ablehnung von Anträgen auf Verlegung der [X.] wurden vom [X.] mit [X.]üssen vom 7. [X.] 2008 und 16. Februar 2009 als unzulässig verworfen, da von einer - evi-dent - rechtswidrigen Terminsbestimmung nicht die Rede sein könne. Den mit der 2. Beschwerde gestellten Antrag des Angeklagten, das Verfahren bis zur Entscheidung des [X.]s auszusetzen, hat die [X.] mit [X.]uss vom 28. Januar 2009 zurückgewiesen. Die Terminplanung in diesem Fall gibt Anlass zu folgenden Hinweisen: Der Termin zur Hauptverhandlung wird von dem Vorsitzenden des Gerichts be-stimmt (§ 213 StPO). Gleichwohl ist es gerade in Großverfahren regelmäßig angezeigt, mit den Verfahrensbeteiligten (insbesondere mit den Wahlverteidi-gern des Vertrauens, aber etwa auch mit dem Sachbearbeiter der Staatsan-waltschaft) die Hauptverhandlungstermine abzustimmen, dies jedenfalls zu [X.] (vgl. [X.], [X.]. vom 18. Dezember 1997 - 1 [X.] - [[X.]R StPO § 265 Abs. 4 Verteidigung, angemessene]; [X.]. vom 29. August 2006 - 1 StR 285/06 [[X.]R StPO § 213 Ermessen 1]; [X.]. vom 9. November 2006 - 1 StR 474/06 - Rdn.16; vom 20. März 2008 - 1 [X.] - Rdn. 36 [[X.]R StPO § 213 Terminierung 1]). Findet der Versuch einer Terminsabspra-che nicht statt, muss sich der Vorsitzende bei substantiierten Verlegungsanträ-gen eines Verteidigers, der das Vertrauen des Angeklagten genießt, jedenfalls ernsthaft bemühen, dessen nachvollziehbarem Begehren im Rahmen der zeitli-chen Möglichkeiten der [X.] - und anderer Verfahrensbeteiligter - Rechnung zu tragen. Dies gilt im besonderen [X.]ße, wenn der Verteidiger - wie hier - durch der Justiz zuzurechnende Versehen mehrfach übergangen worden war. - 5 - Vor diesem Hintergrund vermag die Argumentation der [X.] bzw. des Vorsitzenden für die —[X.] für sich betrachtet nur wenig zu überzeugen. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass es kaum nachvoll-ziehbar ist, warum nicht Beratungen zuweilen mittwochs stattfinden können und am Montag eine Verhandlung. Bei einer Wirtschaftsstrafkammer beginnen auch wohl kaum in jeder Woche neue Hauptverhandlungen, für die ordentliche [X.] benötigt werden. Im Übrigen kann ein ordentlicher Sitzungstag, wenn dieser Tag zufällig bereits durch einen Fortsetzungstermin belegt ist, ver-legt werden oder es kann u.U. auch ein außerordentlicher Sitzungstag (mit Er-satzschöffen) anberaumt werden. Trotzdem war die wenig flexible Haltung der [X.], bzw. des [X.], hier wegen der Besonderheiten des vorliegenden Falls letztlich nicht aus-schlaggebend dafür, dass Prof. Dr. A. dem Angeklagten nur einschränkt in der Hauptverhandlung beistehen konnte. Nach dem [X.] war Prof. Dr. A. während der Zeitspanne, in der die Hauptverhandlung vor dem [X.] in dieser Sache durchgeführt wurde, in so hohem [X.]ß durch seine wissenschaftliche Tätigkeit als [X.] des [X.]. -Instituts

in [X.]- das er auch noch in weiteren Gremien zu [X.] hatte -, durch seine Professur in M.

sowie die dadurch notwendi-gen Reisetätigkeiten gebunden, dass sich die Terminierung letztlich nahezu ausschließlich an seinen - begrenzten - zeitlichen Möglichkeiten hätte orientie-ren müssen. Dem musste das [X.] in so einem umfangreichen Verfah-ren wie hier mit einigen Verfahrensbeteiligten (zunächst wurde gegen drei An-geklagte verhandelt) nicht entsprechen. Da Prof. Dr. A. - verständlicher-- 6 - weise - seiner umfangreichen wissenschaftlichen (Haupt-)tätigkeit den Vorrang einräumte, war er letztlich an einer umfassenden Verteidigung des Angeklag-ten in dieser Hauptverhandlung, aus Gründen, die in der Person des Verteidi-gers selbst liegen, von vorneherein gehindert. [X.]Wahl Hebstreit Jäger Sander

Meta

1 StR 123/10

14.07.2010

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2010, Az. 1 StR 123/10 (REWIS RS 2010, 4845)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4845

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 123/10 (Bundesgerichtshof)

Terminsbestimmung in Strafverfahren: Abstimmung mit den Wahlverteidigern des Vertrauens


2 StR 21/05 (Bundesgerichtshof)


1 StR 415/17 (Bundesgerichtshof)


1 StR 415/17 (Bundesgerichtshof)

Recht des Angeklagten auf Verteidigung durch den gewählten Verteidiger: Berücksichtigung von Begehren des Wahlverteidigers bei …


4 StR 622/09 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 StR 123/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.