Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2013, Az. 5 StR 240/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 374

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5 StR 240/13

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

vom 11. Dezember 2013
in der S[X.]fsache
gegen

1.

2.

3.

4.

5.

wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
-
2
-
Der 5. S[X.]fsenat des [X.] hat aufgrund der Hauptverhand-lung
vom 27. November und 11. Dezember 2013, an der teilgenommen ha-ben:

Vorsitzender [X.] Basdorf,

[X.] [X.],
[X.]in Dr. [X.],
[X.] Dr. [X.],
[X.] Bellay

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwältin beim [X.]

,
Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt [X.],
Rechtsanwalt C.

als Verteidiger
des Angeklagten [X.],

Rechtsanwalt F.

als Verteidiger des Angeklagten [X.],

Rechtsanwalt [X.],
Rechtsanwalt R.

als Verteidiger des Angeklagten [X.] ,

-
3
-
Rechtsanwalt St.

als Verteidiger des Angeklagten [X.],

Rechtsanwalt

[X.],
Rechtsanwalt P.

als Verteidiger des Angeklagten [X.],

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

-
4
-
am 11. Dezember 2013
für Recht erkannt:

1.
Die Revisionen der Angeklagten und der [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 7.
November 2012 werden verworfen.

2.
Die Angeklagten haben jeweils die durch ihr Rechtsmittel entstandenen Kosten zu [X.]gen.

3.
Die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft und die durch diese Rechtsmittel den Angeklagten jeweils entstandenen notwendigen Auslagen trägt die [X.].

Von Rechts wegen

[X.] n d e

I. Das [X.] hat verurteilt
-
den Angeklagten [X.]
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

jeweils in nicht geringer Menge

zu einer Freiheitss[X.]fe von vier Jahren und fünf Monaten,
-
die Angeklagten [X.]
und [X.]
jeweils wegen Beihilfe zu den vom Angeklagten [X.]
täterschaftlich verwirklichten Delikten zu einer Frei-heitss[X.]fe von drei Jahren und elf Monaten bzw. von drei Jahren und sieben Monaten,
-
den Angeklagten [X.]wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

jeweils in nicht geringer Menge

zu einer Freiheitss[X.]fe von vier Jahren sowie
1
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-
5
-
-
den Angeklagten [X.]
wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitss[X.]fe von zwei [X.] und sieben Monaten.

Hiergegen richten sich die Revisionen der fünf Angeklagten, die [X.] die Sachrüge erheben. Die Angeklagten [X.]
und [X.]
haben zu-dem Verfahrensfehler geltend gemacht. Die Revisionen bleiben ebenso wie die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten, jeweils auf die Sachrüge ge-stützten und vom [X.] teilweise vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft ohne Erfolg.

1. Nach den landgerichtlichen Feststellungen geriet der Angeklagte [X.]

Anfang September 2009 in Verdacht, aus einem Café heraus in [X.] Umfang mit Heroin zu handeln. Seit 1. November 2009 setzte das [X.] die aus dem kriminellen Milieu stammende, seit über zehn Jahren im Drogen-, Waffen-
und Falschgeldbereich tätige sowie als .

undig zu machen. Sie sollte für ihre Tätigkeit über die Auslagenerstattung hinaus Honorare für die jeweiligen Einsatztage sowie

13).

. a-fé [X.] .
ins [X.]; dieser Erstkontakt wurde lediglich in einem polizeiinternen Treffbe-richt festgehalten und erst nach Anklageerhebung aktenkundig ([X.]). .
i-nen Kontakt zu einem Hafenarbeiter namens [X.]. ` an der Zollkontrolle

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6
-

a-fés [X.] wurden ausgewertet, ein Bericht hierüber wurde nicht gefertigt. Das Video-Auch diese Ermittlungsmaßnahme wurde in den Akten erst nach der Ankla-geerhebung erwähnt ([X.]).

.

.

entsprechend seiner Legende

seine Heroinge-e-´Dreckszeug Heroin`

. ührung, das [X.] sei auf Initiative des Angeklagten [X.]
zustande gekommen, der Dessen Abneigung gegen Heroin erwähnte er nicht. In der hierüber [X.] ersten von insgesamt 81, wurde die seit Mitte . aktenkundig gemacht ([X.] f.).

. anscheinend einfach zu ge

.

.

t--Führer beauf-.
heranzutreten. Dies tat er am 9
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4.
Mai
2010, indem er dem Angeklagten vorspiegelte, sich für diesen bei sei-n-r-lässlich und zu

die leichteste und sicherste Methode, Geld zu verdienen. Je größer die [X.] Mann aber zuvor kennenlernen, um sich selbst ein Bild machen zu kön-. der Angeklagte habe von sich aus nach Einzelheiten der Abwicklung gefragt. r-([X.] 22 f.).

. .
in der Folge noch [X.] anbot, mit ihm nach [X.] zu fahren, ging dieser darauf nicht

. i-s-.

der Angeklagte im Juli 2010 130.000 Euro aus einer Erbschaft erhielt, verlieh er das Geld an zwei Bekannte.

. i-gen Einfuhrmöglichkeit eröffnete, versuchte der Angeklagte etwa zur selben
Zeit gleichwohl erstmals, einen Kontakt zu einem Kokain-Lieferanten herzu-. r-te [X.]er Einfuhrmöglichkeit fortgesetzt, obwohl sich fast neun [X.] nach seinem Beginn keine Anhaltspunkte für eigene Kokain-
oder gar

dem Anfangsverdacht entsprechend

Heroingeschäfte des Angeklagten er-geben hatten ([X.] 25).

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-

. e-.

zu treffen. Bei diesem handelte es sich um einen zunächst nicht offen ermittelnden Polizeibeamten, der dann aber seit 24. September 2010 als Verdeckter Ermittler ([X.]) eingesetzt wurde. . ieser .
. o-gleich, ob dieser beim Schmuggel von Taschen mit Kokain im Rahmen einer Containerlieferung aus [X.] behilflich sein könne. Entsprechend der . zahlen. Abschließend kündigte der Angeklagte [X.]

ohne derartige Kon-takte zu haben

n,
e-

.

möglich-erweise wiederum wahrheitswidrig

an, auf der Fahrt nach [X.] berichtet, der gescheitert sei, weil das Transportschiff zu groß für einen der dortigen Häfen gewesen sei. Dies glaubten die Ermittler ohne weitere [X.], obwohl [X.] als Binnenstaat über keinen Hafen verfügt ([X.]
27 f.).

. .
den mit ihm befreundeten Angeklagten U.
an. Dieser
war im Jahr 2007 in den [X.] worden und sollte sich nun an einen in der [X.] Inhaftierten [X.], der Kontakte zu [X.] haben sollte; dies misslang ([X.] 28). . -Führer, dass der Angeklagte [X.]

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Etwa Anfang Oktober 2010 wandte sich der Angeklagte [X.]

an den lediglich einmal nicht einschlägig vorbes[X.]ften Angeklagten [X.]
den er e-n-import. Er versprach sich vom Angeklagten [X.], dieser werde in [X.] in Aussicht gestellten 50.000 Euro, auf deren Erhalt es ihm in erster Linie ankam, ging der in Wahrheit noch unentschlossene Angeklagte Sa.

Am 20. Oktober 2010 kam es in [X.] zu einem weiteren Tref-. . . ,
bei dem dieser
a-renübergabe erfolgen solle ([X.] 29 f.).

.
h-.

a-r-e für im Übrigen betriebene Kokaingeschäfte des Angeklagten [X.]
lagen weiterhin nicht vor; derartige Ermittlungen wurden auch nicht geführt ([X.] 30 f.).

Vor diesem Hintergrund zweifelte der Angeklagte [X.]
selbst daran, Kokain besorgen zu können. Vom mittlerweile

scheinbar

zum Freund . e-Deshalb brachte er den Angeklagten [X.]
dazu, am 18. Februar 2011 nach [X.] zu fliegen. Dieser kehrte jedoch am 1. März 2011 von dort zurück, ohne ein Kokaingeschäft auch nur angebahnt zu haben
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([X.] 31

. g-te [X.]
am 29. März 2011 in [X.]. e-re Absprachen zu treffen ([X.] 33 f.).

Nach diesem etwa anderthalbjährigen Vorlauf kam es zum eigentli-chen Tatgeschehen: Der mit dem Angeklagten [X.]
befreundete und einige Jahre zuvor nur wegen S[X.]ßenverkehrsdelikten bes[X.]fte Angeklagte So.

wollte günstig [X.] Wasserpfeifentabak erwerben; [X.]
woll-te ihn hierbei finanziell unterstützen. Im April oder Mai 2011 fuhren die Ange-klagten [X.]
und [X.]
in die [X.], um das

tatsächlich durchge-führte

Wasserpfeifentabakgeschäft abzuschließen. Dabei kam der Ange-klagte [X.]
mit dem Bekannten des Angeklagten [X.]
auch über eine mögliche Kokainlieferung ins Gespräch, bei dem der Angeklagte [X.]
von der (vermeintlichen) Möglichkeit berichtete, die Zollkontrolle in [X.]

. -Führer den Auf[X.]g, dem Angeklagten [X.]

s-port zu vergessen, weil [X.]. ` nicht glaube, dass [X.]

Das avisierte Treffen fand am 25. Mai 2011 wiederum in den [X.] statt; hieran nahmen die Angeklagten [X.]
und [X.] , dessen [X.] teil. Während der Angeklagte [X.]
erneut die sichere [X.] schilderte, beteiligte sich der Angeklagte [X.]
an den [X.] nicht. Diese wurden in weiteren Treffen ab 30. Mai 2011 fortge-setzt. Hieran nahm neben den Angeklagten [X.]

der ursprünglichen Kontaktperson

und [X.]
nun auch der Angeklagte [X.]
als dessen n-
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der Angeklagte [X.]

erhalten, der mit einem Verkaufserlös zwischen 500.000 und 600.000 Euro rechnete. Die Angeklagten [X.]
und Sa.

rechneten für ihre Mitwirkung mit 10.000 Euro bzw. dem Erlass von Schulden ([X.] 37 ff.).

Unterdessen kam es am 31. Mai, 8. Juli
und 2. August 2011 zu Treffen . .

.
.

[X.]

e-meinsam wurde eine leere, zur Zwischenlagerung vorgesehene Wohnung besichtigt, die die Ermittlungsbehörden mit Mikrofonen ausgestattet und ebenso besorgt hatten wie einen

mit einer Fahrzeuginnenraumüberwa-chung versehenen

Klein[X.]nsporter, den der Angeklagte [X.]
für erforder-.

Am Mittwoch, dem 17. August 2011, [X.].
S. dem das Kokain enthaltenden Container in [X.] ein. Noch am sel-. .

r-. [X.]e-chend den Vorgaben seiner Führung zufrieden gab. Das Abholen der Ta-schen im Hafen und deren Transport in die Wohnung wurden für den [X.] vereinbart. Gegen 10.00 Uhr fuh. g-te [X.]
mit dem Transporter zum Hafengelände, wo letzterer die Siegel des Containers auftrennte. Die darin aufgefundenen drei Taschen [X.]nsportierten . er Angeklagte [X.]
nun telefonisch den Angeklagten U. , den er in den [X.] zuvor gewonnen hatte, den Weiter[X.]nsport des Kokains nach [X.] zu organisieren. Der Angeklagte U.
hatte zunächst wegen seiner Vors[X.]fe Bedenken gehabt, dann aber seine Hilfe zugesagt, weil er sich dem Ange-24
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klagten [X.]

berichtet hatte. Der Angeklagte U.
rechnete mit einer Menge Kokains [X.] guter Qualität im zweistelligen Kilogrammbereich und stellte
sich eine Entlohnung in Höhe von ein paar Tausend Euro vor ([X.] 44 f.).

Der Angeklagte [X.]
übergab dem Angeklagten U.
die [X.] und ließ sich von diesem gegen 11.20 Uhr zu einem Treff-. . e-klagte U.
wiederum [X.]f sich am Nachmittag mit dem unbes[X.]ften Ange-klagten [X.] , einem Speditionsfahrer. Dieser hatte im Juli 2011 zugesagt, für 1.000 Euro das Kokain

nach seiner Vorstellung im zweistelligen [X.]

mit seinem beruflich genutzten Lkw nach [X.] zu schaffen, und dem Angeklagten U.
zudem bereits am Wochenbeginn seinen privaten Pkw für die erforderlichen Fahrten, insbesondere für die Begleitung nach [X.], überlassen. Gemeinsam fuhren die
Angeklagten U.
und [X.]
in Nach ihrem Eintreffen und dem Beginn des [X.] wurden sie dort von einem polizeilichen [X.] festgenommen, das die [X.] seit dem Morgen observiert hatte; 97,17 kg Kokain mit einem Wirkstoff-gehalt von fast 87 kg Cocainhydrochlorid wurden sichergestellt. Auch die üb-rigen Angeklagten wurden am selben Tag festgenommen ([X.] 45 ff.).

2. Das [X.] hat diese Feststellungen im Wesentlichen auf-grund der Angaben der Angeklagten getroffen. Alle haben ihre jeweiligen Tatbeiträge in weitgehend miteinander kompatiblen Verteidigererklärungen eingeräumt. Diese Einlassungen hat das [X.] als nicht zu widerlegen angesehen, obwohl nach den als Zeugen gehörten polizeilichen Führungs-.

die in der Hauptverhandlung nicht selbst ver-nommen werden konnte

ihnen gegenüber den gesamten [X.] in
nsbesondere auch im Hinblick auf Art und Ausmaß ihrer Einflussnahme auf den Angeklagten [X.]n-26
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13
-
sagen eingeführten, in den Urteilsgründen nicht näher dargelegten Angaben

.

erhebliches finanzielles Eigeninteresse an der Überführung des Angeklagten [X.]

3. Das [X.] hat vor allem
.

.

mit erheblichen Verlo-ckungen und Druck auf den Angeklagten [X.]
eingewirkt hat und diesem auch im Übrigen die Begehung der ganz erheblich über den Anfangsverdacht hinausgehenden Tat seitens der Ermittlungsbehörden wesentlich erleichtert wurde, eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation bejaht ([X.] 96 ff.). Trotz der nur mittelbaren Einflussnahme hat es eine solche auch hinsichtlich der Angeklagten [X.]
und [X.]

gerade im Hinblick auf den infolge der staatlichen Einflussnahme sicher er-

An Schuldsprüchen
hat sich das [X.] hierdurch aber im [X.] an die Rechtsprechung des [X.] nicht gehindert ge-i-gen, beim Angeklagten [X.]

den drei genannten Angeklagten mit herangezogen, um den jeweils bejahten minder schweren Fall (§ 29a Abs. 2, § 30 Abs. 2 BtMG) zu begründen, und hat daher Freiheitss[X.]fen verhängt, die erheblich unter den vom [X.] sonst als schuldangemessen angesehenen geblieben sind (Angeklagter [X.]

. und [X.]
.
und [X.]
hat es die staatliche Tatprovokation allgemein s[X.]fmildernd berücksichtigt.

4. Die Angeklagten streben jeweils die Einstellung des Verfahrens an, der Angeklagte [X.]
aber nur hilfsweise für den Fall, dass er nicht freige-28
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-
sprochen wird. Alle Angeklagten wenden sich hilfsweise gegen den sie [X.] betreffenden S[X.]fausspruch. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft rügen im Wesentlichen die Feststellungen zur rechtsstaatswidrigen [X.]. h-geführten Quellenvernehmungen im Urteil nicht mitgeteilt wird, und bean-standen ferner

nur insoweit vom [X.] vertreten

die nach den Feststellungen zur Tatprovokation vom [X.] für die S[X.]fzumes-sung gezogenen Folgerungen.

II. Die von den Angeklagten [X.]
und [X.]
erhobenen Verfah-rensrügen erweisen sich durchgängig als unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), da jeweils in Bezug genommene Stellungnahmen und Schriftstücke nicht bzw. sonstige Verfahrenstatsachen nicht vollständig mitgeteilt werden. Der Erörterung bedarf danach allein die Anwendung des materiellen Rechts durch das [X.].

1. Die Prüfung aufgrund der Revisionen der Angeklagten hat [X.] ergeben: Der Verurteilung der Angeklagten steht kein Verfahrenshinder-nis entgegen (lit. a). Die Schuldsprüche erweisen sich ebenso als
rechtsfeh-lerfrei (lit. b) wie die S[X.]faussprüche (lit. c).

a) Die Annahme des [X.]s, durch den festgestellten Einsatz verdeckt agierender Personen sei gegen den Grundsatz des fairen Verfah-rens (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) verstoßen worden, ist rechtlich nicht zu be-anstanden.

aa) Die S[X.]fkammer hat zunächst zu Recht angenommen, der Ange-klagte [X.]
sei zu seiner Tat rechtsstaatswidrig provoziert worden. Zwar bestand gegen ihn zunächst ein gewisser Anfangsverdacht. In der Folge wurde das tatprovozierende Verhalten aber bei Abwägung aller Umstände 3. September 1983

2 [X.], [X.], 78, 79; [X.]/[X.]/[X.], Praxis 31
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-
der S[X.]fzumessung, 5. Aufl., Rn. 853). Hierbei durfte das [X.] maß-geblich auf den außergewöhnlich langen Zei[X.]um abstellen, während des-.
.

in vielfältiger, einen hohen [X.] schaffender Weise

auch mit gewissem Druck

auf den Angeklagten eingewirkt sowie die Durchführung der Kokaineinfuhr seitens der Ermittlungsbehörden zudem durch [X.] wesentlich erleichtert worden ist. Es durfte weiter berücksichtigen, dass der Umfang der staatlicherseits initiierten Tat um ein Vielfaches über das Ausmaß des ursprünglichen Anfangsverdachtes hinausging und die übrigen Ermittlungen

soweit sie überhaupt geführt wurden

keinerlei belastende Momente ergeben haben. In der Gesamtschau spricht letztlich nichts dafür, dass der bislang unbes[X.]fte Angeklagte [X.]
die Tat ohne die gewichtigen Maßnahmen der Ermittlungsbehörden und das dem Staat zuzurechnende (vgl. [X.], Urteil vom 18. November 1999

1 [X.], [X.]St 45, 321, 336) Vorgehen

.

mithin nicht fair im Sinne des
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK
(vgl. EGMR [Große Kammer], NJW
2009, 3565, 3568).

[X.]) Bei der festgestellten besonderen Fallgestaltung durfte das Land-gericht auch in Bezug auf die Angeklagten [X.] und [X.]
einen [X.] gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens bejahen. Zu diesen beiden . . r-dings keinen unmittelbaren Kontakt, so dass es an einer direkten staatlichen Einflussnahme fehlt (vgl. hierzu [X.], Beschlüsse vom 17. März 1994

1 StR 1/94, [X.], 335; vom 17. August 2004

1 [X.], NStZ
2005, 43). Allein deshalb stehen Rechtsgründe der Annahme einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation jedoch nicht von vornherein entgegen. Denn eine
solche kommt etwa auch dergestalt in Be[X.]cht, dass der durch die Ver[X.]uensperson [X.] deren Anweisung befolgt, einen weiteren Beteiligten in die Tat zu verstricken (vgl. zu dieser Konstellation [X.], Urteil vom 18. November 1999

1 [X.], [X.]St 45, 321, 334).

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-
Eine derartige ausdrückliche Anweisung ist zwar nicht festgestellt r-.
einen [X.] nicht alleine begehen, sondern dabei zumindest Helfer haben werde. Ihnen war daher bewusst, dass sich die provozierende Wirkung des zur Verfügung gestellten Einfuhrweges auch auf andere Perso-nen als den Angeklagten [X.]

ngesichts der Größe des [X.] erscheint diese Einschätzung als geradezu zwingend. Tatsächlich sind die Angeklagten [X.]
und [X.]
wesentlich durch das seitens des Staates geschaffene, ihnen vom Angeklagten [X.]

erwartungsgemäß vermittelt-beiträge gerade im Hinblick auf den infolge der staatlichen Einflussnahme dessen hält der Senat die landgerichtliche Bewertung der nur mittelbaren Einwirkung auf die beiden im Lager des unmittelbar provozierten [X.]
ste-henden Angeklagten für rechtsfehlerfrei.

cc) Eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation zieht jedoch nach ständi-ger Rechtsprechung des [X.] kein Verfahrenshindernis nach sich; ihr ist vielmehr im Rahmen der S[X.]fzumessung Rechnung zu [X.]gen (sogenannte
S[X.]fzumessungslösung). Für diese Auffassung ist maßgebend, dass selbst ein massiver Verstoß gegen § 136a StPO nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung lediglich zu einem Beweisverwertungsverbot führt, nach den Prinzipien des [X.] Verfahrensrechts ein Beweisverbot stets nur die jeweils unzulässige Ermittlungshandlung betrifft und im Falle eines Verfahrenshindernisses der Schutz unbeteiligter Dritter sowie ihrer Individual-rechtsgüter

etwa Leib und Leben

[X.] (vgl. [X.], aaO, 323, 334; siehe
auch Urteil vom 23. Mai 1984

1 [X.], [X.]St 32, 345, 353), ferner die Genugtuungsfunktion des S[X.]frechts verfehlt werden könnte. An-gesichts dieser gewichtigen Argumente gibt der vorliegende Fall einer

frei-lich besonders schwerwiegenden

rechtsstaatswidrigen Einwirkung auf drei der Angeklagten keinen Anlass, über die bisherige Rechtsprechung hinaus-36
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zugehen. Dies gilt jedenfalls angesichts einer nur verhältnismäßig gering zu gewichtenden Zwangseinwirkung durch die [X.] auf den Angeklagten [X.]

und unter Berücksichtigung von dessen nach der Tatprovokation aufgewen-deter erheblicher krimineller Energie bei zugleich nur mittelbarer Einwirkung auf die beiden anderen betroffenen Angeklagten.

Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass durch das Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das [X.] vom 25. Dezember 2008 ([X.], 3085) in § 20g Abs. 2 Nr. 4 [X.] mt-personen, deren Zusammenarbeit mit dem [X.] nicht betrifft primär polizeirechtliche Präventivmaßnahmen innerhalb eines speziel-len Anwendungsbereichs. Sie legt den von der Revision des Angeklagten [X.]

befürworteten Schluss nicht nahe, der Gesetzgeber habe durch diese

sich auf die dem [X.] in § 4a Abs. 1 [X.] über[X.]genen Aufgaben beziehende

Teilregelung einen nicht ausdrücklich gesetzlich normierten Einsatz von Ver[X.]uenspersonen im Rahmen des S[X.]fverfahrens als nicht mehr zulässig ansehen wollen. Ein dahingehender Wille des [X.] lässt sich insbesondere den Materialien nicht entnehmen (vgl. BT-Drucks. 16/10121 S. 16, 25).

b) Die Schuldsprüche sind rechtlich nicht zu beanstanden. Ihnen lie-gen Feststellungen zugrunde, die ohne einen die jeweils glaubhaft geständi-gen Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler zustande gekommen sind.

c) Auch die S[X.]faussprüche sind sorgfältig und rechtsfehlerfrei [X.] worden und haben daher Bestand. Das [X.] hat bei ihrer Festsetzung dem außergewöhnlichen, in einem Rechtsstaat nicht mehr hin-nehmbaren Gesamtgewicht des festgestellten E.
. Ermittlungsbehörden in

angesichts der erheblichen Menge des eingeführ-38
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-
18
-
ten und für den Handel bestimmten Kokains guter Qualität einerseits und deren Sicherstellung aufgrund der umfassenden polizeilichen Überwachung andererseits (vgl. zu diesem Gesichtspunkt [X.], Beschluss vom
19. Mai 1987

1 [X.], [X.]R BtMG § 29 S[X.]fzumessung 1; Urteil vom 16. März 1995

4 [X.], [X.]R BtMG § 29 S[X.]fzumessung
28)

noch hinreichendem Maße Rechnung ge[X.]gen, und zwar bei allen Ange-klagten. Das nur begrenzt eingesetzte Druckpotential und die erheblichen kriminellen Aktivitäten der Angeklagten, insbesondere des Hauptangeklagten [X.] , machten eine noch stärkere
S[X.]freduktion bis hin zur Grenze der Aussetzungsfähigkeit der Freiheitss[X.]fen nicht erforderlich.

2. Mit ihren Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft vor allem gegen die Beweiswürdigung, soweit diese die Tatsachen betrifft, die der rechtsstaatswidrigen Tatprovokation zugrunde
liegen, im Übrigen gegen die S[X.]fzumessung. Sie haben keinen Erfolg.

a) Die

vom Revisionsgericht ohnehin nur eingeschränkt überprüfba-re

tatgerichtliche Beweiswürdigung erweist sich vorliegend insbesondere nicht als lückenhaft. Dem [X.] ist namentlich bei der Einschätzung . unterlaufen. Es durfte insofern berücksichtigen, dass die Ver[X.]uensperson in erhebliches finanzielles [X.] an der Überführung des Angeklagten [X.]

lediglich über Zeugen vom [X.] in die Hauptverhandlung eingeführt werden konnten (zum hierdurch geminderten Beweiswert vgl. [X.], Urteil vom 18. November 1999

1 [X.], [X.]St
45, 321, 340; Beschluss vom 4.
März 2003

4 StR 543/02). Bei dieser Beweislage war es

ungeach-tet der überaus breiten wörtlichen Wiedergabe der Angeklagteneinlassun-gen

nicht gehalten, Näheres zum Inhalt der über 8n-meint, nichts für die Beweiswürdigung [X.] hätte ergeben können. Für diese Bewertung hält der Senat zwei weitere Umstände für bedeutsam:
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19
-
aa) Die Polizei ist verpflichtet, eine von ihr beauf[X.]gte Ver[X.]uensper-son bestmöglich zu überwachen (vgl. [X.], Urteil vom 18. November 1999

1 [X.], [X.]St 45, 321, 336). Es muss der Gefahr begegnet werden, dass diese den ihr staatlicherseits erteilten Auf[X.]g missbraucht (vgl. [X.], Urteil vom 23. Mai 1984

1 [X.], [X.]St 32, 345, 353). Dies gilt [X.] dann, wenn die Ver[X.]uensperson

wie häufig und auch vorliegend offenbar in erheblichem Ausmaß

selbst aus dem kriminellen Milieu stammt. Wie das [X.] zutreffend dargelegt hat ([X.] 102), war die Kontroll-. dass das näher konkretisierbar war, sich in der Vergangenheit als zuverläs-sig erwiesen hatte (vgl. [X.]/[X.]/[X.], aaO, Rn. 854).

Seine Kontrolle ist jedoch nicht im gebotenen Maße erfolgt. Dies hat .
n-te

etwa zu Kontakten und dem Verhalten des Angeklagten [X.]

, ohne dass diese seitens der Ermittlungsbehörden auch nur in Frage gestellt [X.]. Namentlich die Vernehmungsbeamten wären zur Prüfung verpflichtet . mmig und mit sonsti-gen Ermittlungsergebnissen vereinbar waren. Hierbei hätte jede Gelegenheit ergriffen werden müssen, objektivierbare Daten zu überprüfen.

[X.]) Darüber hinaus wurde bei den Ermittlungen mehrfach gegen die Grundsätze der Aktenwahrheit und vollständigkeit verstoßen. Der Einsatz . Erstkontakt mit dem Angeklagten [X.]
wurde zunächst lediglich in einem polizeiinternen Treffbericht festgehalten und erst nach Anklageerhebung ak-tenkundig. Dies gilt auch für den Umstand, dass für die Dauer eines Monats . war. Deren Aufzeichnungen wurden ausgewertet, ohne dass hierüber ein Bericht angefertigt wurde. Zudem wurde das Videomaterial gelöscht, da es

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-
Ein solches Vorgehen ist in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht hinnehmbar. Es steht nicht im Belieben der Ermittlungsbehörden, ob sie s[X.]fprozessuale Ermittlungsmaßnahmen in den Akten vermerken und zu welchem Zeitpunkt sie dies tun. Das Tatgericht muss den Gang des Verfah-rens ohne Abstriche nachvollziehen können. Dies ist kein Selbstzweck, son-dern soll die ordnungsgemäße Vorbereitung der Hauptverhandlung durch das Gericht und die übrigen Verfahrensbeteiligten gewährleisten (vgl. [X.], Urteil vom 18. November 1999

1 [X.], [X.]St 45, 321, 338 f.; LG [X.] StV 1986, 96; Urteil vom 23. April 2008

[528] 1 Kap Js 1946/06 KLs [11/07]). Zudem muss in einem Rechtsstaat schon der bloße Anschein, die Ermittlungsbehörden wollten etwas verbergen, vermieden werden. Deshalb sollte in den Akten ebenfalls vermerkt sein, ob eine Ver[X.]uensperson für ihre Tätigkeit eine Entlohnung zugesagt bekommen oder gar erhalten hat. Der Senat weist darauf hin, dass Höhe und Erfolgsbezogenheit des jeweiligen Honorars im Rahmen der gebotenen umfassenden Beweiswürdigung für die Bewertung des Motivs der Ver[X.]uensperson, mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten, relevant sein und entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen kann.

Angesichts von Qualität und Quantität des festgestellten Vorgehens . .

sei hierdurch zu dem Drogengeschäft sehr großen Ausmaßes veranlasst worden, nicht zu beanstanden, sondern vielmehr naheliegend. Eine die Ver-. n-waltschaftlichen Revisionen nicht erhoben.

cc) Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang darauf
hinzuweisen, dass rechtsstaatliche Belange namentlich auch durch ein etwaiges S[X.]fver-fahren gegen die [X.] zu gewährleisten sind. In Fällen einer Tatprovokation der hier vorliegenden Art besteht für die Staatsanwaltschaft Anlass, bei [X.] eines zielstrebig und unbedingt auf einen großen Betäubungsmittelum-46
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satz gerichteten, grob rechtswidrigen Verhaltens einer [X.] deren s[X.]frechtli-che Verantwortlichkeit zu überprüfen.

b) Die S[X.]fzumessung enthält ebenfalls keinen die Angeklagten be-günstigenden Rechtsfehler. Insbesondere ist die Differenz zwischen den ver-hängten und den ohne die unzulässige Tatprovokation vom [X.] als angemessen angesehenen S[X.]fen angesichts des Ausmaßes der [X.] nicht etwa unangemessen hoch.

Basdorf

[X.] [X.]

[X.] Bellay

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Meta

5 StR 240/13

11.12.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2013, Az. 5 StR 240/13 (REWIS RS 2013, 374)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 374

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