Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.05.2011, Az. 8 B 66/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 6890

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Gründe

1

Das vorliegende Verfahren betrifft die in [X.] gelegenen Grundstücke Flur ..., Flurstücke ... und ... (sog. "[X.]"), für die die Klägerin die Feststellung ihrer [X.]erechtigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen begehrt. Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem klagabweisenden Urteil des [X.] eingelegte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

2

1. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe aus sachfremden Erwägungen das Ausgangsverfahren 2 K 1470/96 Ge in insgesamt 63 Vermögenswerte und dementsprechend 63 Verfahren aufgeteilt und damit gegen Art. 3 GG verstoßen, kann die Zulassung der Revision schon deswegen nicht rechtfertigen, weil [X.]eschlüsse über die Trennung und Verbindung von Verfahren nach § 37 Abs. 2 [X.], § 146 Abs. 2 VwGO mit der Folge unanfechtbar sind, dass sie nicht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegen (§ 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO; [X.]eschluss vom 19. November 1982 - [X.]VerwG 9 [X.] 674.82 - [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 217).

3

Unbeschadet dessen kann die [X.]eschwerde Mängel rügen, die als Folge der beanstandeten Trennung dem angefochtenen Urteil selbst anhaften (Urteil vom 17. Februar 1972 - [X.]VerwG 8 [X.] 84.70 - [X.]VerwGE 39, 319 <324> = [X.] 448.0 § 21 [X.] 11; [X.]eschluss vom 6. Dezember 2007 - [X.]VerwG 9 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 43). Solche Mängel sind von der [X.]eschwerde nicht hinreichend dargelegt worden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Ihr Einwand, der [X.] sei durch die Trennung nicht übersichtlicher geworden, verneint nur deren Zweckmäßigkeit. Der Hinweis auf die Steigerung des Kostenrisikos der Klägerin betrifft keinen Mangel der Sachentscheidung, sondern die Grundlage der Streitwertfestsetzung. Unabhängig davon schließt § 52 Abs. 4 GKG eine Verfahrenstrennung nach betroffenen Vermögenswerten nicht aus. Auch eine Differenzierung nach [X.] ist weder willkürlich noch sonst unzulässig ([X.]eschluss vom 29. Januar 1998 - [X.]VerwG 8 [X.] - [X.] 428 § 37 [X.] Nr. 17). Anhaltspunkte für eine willkürliche Handhabung ergeben sich auch nicht aus der Tatsache, dass das Verwaltungsgericht die rechtliche [X.]etroffenheit der jeweilig [X.] unterschiedlich beurteilt hat. Das mag der [X.]esonderheit des Einzelfalles geschuldet sein.

4

2. Das Verwaltungsgericht hat seine Hinweispflicht gemäß § 86 Abs. 3 VwGO nicht dadurch verletzt, dass es die Gerichtsakten aus den Verfahren 2 K 1470/96 Ge (sieben [X.]ände), die hier zugehörigen [X.]ehördenvorgänge (zwölf [X.]ände), die Gerichtsakten zum Verfahren 2 K 1577/01 Ge (zwei [X.]ände) und eine [X.]eiakte sowie die Gerichtsakten aus dem Verfahren 2 K 2/06 Ge (zwei [X.]ände) ohne förmlichen [X.]eiziehungsbeschluss im Termin vom 28. April 2010 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, ohne den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis zu erteilen.

5

Die Hinweispflicht konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (Urteil vom 11. November 1970 - [X.]VerwG 6 [X.] 49.68 - [X.]VerwGE 36, 264 <266 f.> = [X.] 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 11 S. 4 f.; [X.]eschlüsse vom 4. Juli 2007 - [X.]VerwG 7 [X.] - juris und vom 29. Januar 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] - juris). Dagegen hätte das Gericht verstoßen, wenn es einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hätte, mit welcher der unterlegene [X.]eteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte. Ansonsten besteht im Grundsatz keine Pflicht des Gerichts, den [X.]eteiligten seine Auffassung jeweils vor dem Ergehen einer Entscheidung zu offenbaren ([X.]eschluss vom 29. Januar 2010 a.a.O.).

6

Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Erwägung, das [X.] finde keine Anwendung, weil der streitige Vermögenswert auf [X.] bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet worden sei. Erbprinz [X.] habe sein Eigentum an dem Vermögenswert auf der Grundlage des Gesetzes über die [X.] vom 10. September 1945 verloren. Das Vorliegen eines generellen Enteignungsverbots hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die - jedenfalls auch - [X.] Staatsangehörigkeit des Erbprinzen verneint. Ein konkret bestehendes Enteignungsverbot hinsichtlich des Vermögenswertes habe ebenfalls nicht bestanden. [X.]ei seiner Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung hat das Verwaltungsgericht erkennbar den bis zum [X.] vom 22. Oktober 2001 im Verwaltungsstreitverfahren 2 K 1470/96 Ge und den danach angefallenen [X.] nebst den zum dortigen Verfahren beigezogenen Verwaltungsunterlagen des [X.]eklagten sowie die Akten und [X.]eiakten der bislang entschiedenen Verfahren berücksichtigt, die ausweislich der Niederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2010 gemacht worden sind. Damit musste die im gerichtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Klägerin rechnen, ohne dass das Gericht vor der mündlichen Verhandlung einen förmlichen [X.]eiziehungsbeschluss erließ oder die [X.]eteiligten auf die [X.]eiziehung dieser Akten hinwies. Denn die Klägerin war auch in den Parallelverfahren durch dieselbe [X.]evollmächtigte vertreten, die ihrerseits aufgrund eigener Aktenkenntnis davon ausging, es seien jeweils dieselben Tatsachen- und Rechtsfragen für die Entscheidung maßgeblich.

7

[X.] der Klägerin hat sich mit [X.] vom 30. Oktober 2001 bestellt und in dem Verfahren 2 K 1470/96 Ge, von dem das vorliegende Verfahren mit [X.] vom 22. Oktober 2001 abgetrennt worden ist, Einsicht in die Gerichtsakten genommen, aus denen sich die [X.]eiziehung der [X.] ergab. Im Erörterungstermin vom 28. August 2003 in dem Verfahren 2 K 1470/96 Ge und in den Verfahren 2 K 1577/01 Ge und 2 K 2/06 Ge war die Klägerin durch ihre [X.]evollmächtigte vertreten. Der Umfang der dem Gericht vorliegenden Akten war ihr daher bekannt. Wie sich aus den Schriftsätzen ihrer [X.]evollmächtigten vom 2. und 4. Dezember 2009 ergibt, war dieser auch bewusst, dass in allen Verfahren entscheidungserheblich war, ob eine Enteignung auf der Grundlage der Vorschriften über die [X.]odenreform vorlag, welche Staatsangehörigkeit Erbprinz [X.] zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt hatte und ob ein konkretes Enteignungsverbot für den streitigen Vermögenswert bestand. Die Klägerin wusste daher, dass der Sach- und Streitstand der Parallelverfahren auch für die rechtliche [X.]eurteilung des vorliegenden Verfahrens relevant war. Dessen war sich die [X.]evollmächtigte der Klägerin auch bewusst. Mit [X.] vom 2. Dezember 2009 hat sie in ihrer Stellungnahme zur dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden [X.]s Amelung zu ihrem Ablehnungsgesuch ausgeführt, dass die Rechtsfrage, über die das Gericht zu entscheiden hat, ob nämlich eine Restitution des [X.] der Klägerin wegen § 1 Abs. 8a [X.] ausgeschlossen ist oder ob ein [X.] Enteignungsverbot zu Gunsten des [X.] der Klägerin greift, das Kernproblem in sämtlichen anhängigen getrennten Verfahren ist. Angesichts dessen ist es nicht nachvollziehbar, weshalb ohne vorherige ausdrückliche Ankündigung durch das Verwaltungsgericht, worauf es seine Entscheidung stützen werde, die Klägerin ihre prozessualen [X.]eteiligungsrechte nicht hätte ausreichend wahrnehmen können.

8

3. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht das rechtliche Gehör der Klägerin aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verletzt. Unabhängig davon, dass die [X.]evollmächtigte der Klägerin in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. April 2010 ausweislich der Niederschrift auf die Akten hingewiesen wurde, die das Gericht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, war es vor der mündlichen Verhandlung weder gehalten mitzuteilen, welche Akten und Schriftstücke es zu [X.]eweiszwecken heranziehen wollte, noch musste es im Einzelnen die Schriftstücke bezeichnen, die es für entscheidungserheblich hielt.

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Nach § 108 Abs. 2 VwGO darf das Gericht seine Entscheidung nur auf Tatsachen und [X.]eweisergebnisse stützen, zu denen die [X.]eteiligten sich äußern konnten. Das schließt den Anspruch der Verfahrensbeteiligten ein, nicht durch Unkenntnis der nach Auffassung des Gerichts entscheidungserheblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte an einer sachlichen Äußerung gehindert zu sein. Das Gericht darf deshalb keinen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung machen und so dem Rechtsstreit eine Wendung geben, mit der ein [X.]eteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte ([X.], [X.]eschluss vom 29. Mai 1991 - 1 [X.]vR 1383/90 - [X.]E 84, 188 <190>; Kammerbeschluss vom 2. Januar 1995 - 1 [X.]vR 320/94 - NJW 1996, 45; [X.]VerwG, Urteile vom 10. April 1991 - [X.]VerwG 8 [X.] 106.89 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 235 und vom 24. September 1992 - [X.]VerwG 3 [X.] 88.88 - [X.] 451.512 [X.] Nr. 61; [X.]eschluss vom 12. März 2009 - [X.]VerwG 3 [X.] - juris). Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hatte ausreichend Gelegenheit, sich zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt tatsächlich und rechtlich sowohl schriftlich wie auch in der mündlichen Verhandlung zu äußern. Das gilt auch für das in den Parallelverfahren zu den Akten gelangte entscheidungsrelevante Material. Mit der [X.]eiziehung dieser Akten hat das Verwaltungsgericht keinen für die Klägerin überraschenden entscheidungserheblichen Sachverhalt oder rechtliche Gesichtspunkte in das Verfahren eingeführt. Vielmehr konnte es davon ausgehen, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, die in diese Verfahren bis zu deren rechtskräftigem Abschluss eingebunden war, die rechtliche und tatsächliche Problematik kannte. Der Hinweis der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2010, sie verwahre sich dagegen, dass die Akten 2 K 1470/96 Ge, 2 K 1577/01 Ge und 2 K 2/06 Ge mit den dazugehörigen [X.]ehördenvorgängen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht würden, verpflichtete das Verwaltungsgericht weder, den Termin zu verlegen, noch ihr eine Möglichkeit einzuräumen, schriftlich Stellung zu beziehen. Der [X.]evollmächtigten der Klägerin wäre auch vor der mündlichen Verhandlung am 28. April 2010 eine (weitere) Akteneinsicht ohne Weiteres möglich gewesen. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, ihr sei der rechtliche und tatsächliche Standpunkt des [X.]eklagten aus den ebenfalls von ihr betreuten Parallelverfahren nicht bekannt.

Schon nach ihrer eigenen Einlassung war die Klägerin nicht gehindert, zu den vom [X.]eklagten im Ausgangsverfahren 2 K 1470/96 Ge mit Schriftsätzen vom 18. November 2004 und vom 27. April 2004 (wohl 17. April 2004) vorgelegten Listen Stellung zu nehmen. Aus den Entscheidungen in den Parallelverfahren war ihr bereits bekannt, dass es zu der von ihr in das Verfahren eingeführten "[X.] Liste", die unter laufender Nummer 43 den Vermögenswert "Theater, Küchengarten 2" als ausländisches zur Rückgabe vorgesehenes Vermögen des Erbprinzen [X.] erfasste, ein Gegenstück in Gestalt der "[X.]" gab, die unter der laufenden Nummer 43 den Vermögenswert "Küchengartenallee 5" einer Frau [X.] aufführte. Die Klägerin hatte auch im vorliegenden Verfahren ausreichend Gelegenheit, sich zum unterschiedlichen Inhalt der dem Gericht vorliegenden Listen und zu deren Echtheit zu äußern sowie entsprechende [X.]eweisangebote zu unterbreiten, was sie auch mit [X.] vom 1. April 2010 getan hat.

Dass ihrer Prozessbevollmächtigten die Entscheidungsrelevanz dieser Fragen bewusst war und sie genügend Zeit zur Äußerung hatte, belegen ihre Schriftsätze vom 30. Oktober 2009 und vom 1. April 2010, mit denen sie zum Inhalt und zur Echtheit der Listen Stellung bezogen hat. Dass die Vorinstanz der Klägerin keine Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen gegeben hätte, ist der [X.]eschwerde nicht zu entnehmen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 28. April 2010 hat diese weder einen Vertagungsantrag gestellt noch um eine [X.]frist gebeten. Ihr [X.]eschwerdevorbringen, das Gericht habe ihren Antrag, den Rechtsstreit zu vertagen, ignoriert, ist nicht geeignet, der [X.] zum Erfolg zu verhelfen. Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 165 Abs. 1 ZPO kann die [X.]eachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig. Diesen Nachweis hat die [X.]evollmächtigte der Klägerin nicht geführt. Das Verwaltungsgericht hat den Sachvortrag der Klägerin in seiner Entscheidung ausreichend berücksichtigt. Es hat sich mit dem Einwand der Fälschung der vom [X.]eklagten vorgelegten Fassung der Anlage zum [X.] auseinandergesetzt und auch die von der Klägerin vorgelegte Fassung aus dem [X.] Staatsarchiv gewürdigt. Mit den Einwendungen der Klägerin gegen die Annahme einer [X.] Staatsangehörigkeit der Frau [X.] hat es sich ebenfalls auseinandergesetzt.

Gleiches gilt für die Schutzlisten, die dem Schreiben des Stellvertreters des [X.]hefs der Finanzverwaltung der [X.] vom 11. Mai 1949 (sog. "[X.] Listen") beigefügt waren. Das Verwaltungsgericht hat sich mit diesen Listen inhaltlich befasst und auch berücksichtigt, dass diese Listen mit "gez. S." endeten. Dass es diesen Listen einen anderen [X.]eweiswert zuerkannt hat als die [X.]evollmächtigte der Klägerin, verhilft der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht zum Erfolg.

Der Vorwurf, das Gericht habe diesen Listen einen unzulässigen und unzutreffenden [X.]eweiswert beigemessen, zielt nicht auf die Gewährung rechtlichen Gehörs ab, sondern auf die richterliche Überzeugungsbildung, die grundsätzlich dem materiellen Recht zuzuordnen ist. Gleiches gilt für den Einwand der [X.]eschwerde, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, die als Anlage zum [X.]efehl Nr. 24 der SMATh vorgelegte Liste, auf der der Erbprinz mit den Jagdhäusern Jägersruh vermerkt sei, stelle keinen [X.]ezug zu einer (auch) [X.] Staatsangehörigkeit des Erbprinzen dar.

4. Mängel der Tatsachen- und [X.]eweiswürdigung, die als Verfahrensfehler zu qualifizieren wären, hat die Klägerin nicht wirksam gerügt. Die den Grundsatz der freien [X.]eweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen [X.]s (§ 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) betreffende Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, genügt nicht dem Darlegungsgebot des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Ein Verstoß gegen Denkgesetze ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan.

Eine Aktenwidrigkeit der tatsächlichen Feststellungen liegt vor, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt ein offensichtlicher Widerspruch besteht. Dazu muss der [X.]eschwerdeführer die konkreten Textstellen aus dem vorinstanzlichen Verfahren bezeichnen, aus denen sich der Widerspruch ergeben soll ([X.]eschlüsse vom 30. Juni 2009 - [X.]VerwG 9 [X.] 23.09 - juris Rn. 10 m.w.N. und vom 18. Oktober 2010 - [X.]VerwG 9 [X.] 64.10 - juris Rn. 3). Die [X.]eschwerde zitiert zwar konkrete Textstellen aus dem Urteil auf Seite 14, 16 und 21 sowie 8 und 24; sie zeigt jedoch nicht auf, inwieweit das Urteil Feststellungen enthält, die offenkundig dem insoweit unumstrittenen Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Akten widersprechen. Der Hinweis auf den Protest der Klägerin gegen die Verwertung des Inhalts der Akten 2 K 1470/96 Ge, 2 K 1577/01 Ge und 2 K 2/06 Ge sowie der zugehörigen [X.] und [X.]eiakten, soweit dieser nach dem 22. Oktober 2001 angefallen ist (vgl. [X.]), macht keine fehlerhafte Wiedergabe dieses Akteninhalts geltend, sondern nur die Unzulässigkeit seiner [X.]erücksichtigung im vorliegenden Verfahren. Umstritten ist also nicht der Inhalt der Akten, sondern nur dessen Verwertung. Unabhängig davon, dass sich die von der [X.]eschwerdeführerin zitierte Passage, dass "insbesondere der bis zum [X.] vom 22. Oktober 2001 im Verwaltungsstreitverfahren 2 K 1470/96 Ge angefallene [X.] nebst den zum dortigen Verfahren beigezogenen Verwaltungsunterlagen des [X.]eklagten in dem hier abgetrennten Verfahren" zu verwerten ist, im Urteil so nicht findet, würde daraus entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine aktenwidrige Verwechslung der bis zur Trennung und der danach zu den Akten gelangten Unterlagen folgen. Aus den Ausführungen im Urteil ergibt sich vielmehr, dass das Verwaltungsgericht den [X.], der in dem Verfahren 2 K 1470/96 Ge insgesamt bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss zu den Akten gelangt ist, sowie die in den weiteren Verfahren 2 K 2/06 Ge und 2 K 1577/01 Ge angefallenen Akten und Unterlagen im streitgegenständlichen Verfahren berücksichtigt hat. Inwieweit die anhand der aufgeführten Unterlagen vorgenommene [X.]eweiswürdigung denkgesetzlich fehlerhaft sein soll, zeigt die [X.]eschwerde nicht auf. Sie beschränkt sich darauf, der verwaltungsgerichtlichen Tatsachen- und [X.]eweiswürdigung die eigene, abweichende gegenüberzustellen.

Die [X.]eschwerde genügt auch hinsichtlich des Vorwurfs, das Verwaltungsgericht habe "aktenwidrig" den [X.] mit der ihm beigefügten Schutzliste verwechselt, nicht den [X.]. Die von der Klägerin zitierte [X.]eweiswürdigung des Gerichts betrifft nicht lediglich den [X.]efehl Nr. 56, sie bezieht sich vielmehr ausdrücklich auf die diesem [X.]efehl beigefügte Schutzliste. Dies folgt schon aus den Ausführungen des [X.] auf Seite 22 des Urteils, dass sich abweichende Anhaltspunkte für eine etwaige ausschließlich [X.] Staatsangehörigkeit des [X.] der Klägerin nicht aus dem [X.]efehl der [X.] ergeben, wonach in der von der Klägerin vorgelegten Fassung der dem [X.]efehl beigefügten Liste Erbprinz [X.] unter der laufenden Nummer 43 mit dem Vermögenswert "Theater, Küchengarten 2" erfasst werde. Aus den Erwägungen zum [X.]eweiswert der von der Klägerin vorgelegten und in einem "[X.] Archiv aufgefundenen Fassung des SMATh-[X.]efehls Nr. 56" und der dabei verwendeten Formulierung, die unter dem Oberbegriff des "SMATh-[X.]efehls Nr. 56" den [X.]efehl selbst und die als Anlage beigefügten Listen zusammenfasst, ergibt sich nichts anderes. Insbesondere besteht kein offensichtlicher Widerspruch zum insoweit unumstrittenen Akteninhalt, dass Schutzlisten bezüglich ausländischen Vermögens auf diesem [X.]efehl basieren. Das ergibt sich zum einen aus den Ausführungen auf Seite 22 des Urteils zur Staatsangehörigkeit des [X.] der Klägerin und zum anderen aus der Formulierung auf Seite 28 des Urteils, dass möglicherweise "Erbprinz [X.] mit diesem Vermögenswert vorübergehend in dem [X.] unter laufender Nummer 43" erfasst worden sei.

Auch im Übrigen zeigt die [X.]eschwerde keine aktenwidrigen Feststellungen des [X.] auf. Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Eigenschaft der "[X.] Liste" als öffentliche Urkunde bezweifelt, legt keinen offensichtlichen Widerspruch zum Akteninhalt dar, sondern rügt die Anwendung von [X.]eweisregeln. Sie übersieht außerdem, dass die dazu zitierte Urteilserwägung die Einordnung der Urkunde offengelassen hat und schon deshalb keine das Urteil tragende [X.]edeutung haben kann.

5. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht das rechtliche Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem es die Grenzen der Amtsermittlung überschritten oder den [X.]eteiligten aktenwidrig einen bestimmten Vortrag unterstellt hätte.

Gemäß § 86 Abs. 1 VwGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen bis zur Grenze des Zumutbaren (Urteil vom 6. Februar 1985 - [X.]VerwG 8 [X.] 15.84 - [X.]VerwGE 71, 38 <41> = [X.] 303 § 414 ZPO Nr. 1). An das Vorbringen der [X.]eteiligten ist das Gericht nicht gebunden (§ 86 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Weder aus § 96 Abs. 1 VwGO noch aus einer sonstigen Verfahrensvorschrift lässt sich ableiten, dass es den Verwaltungsgerichten nur bei Zustimmung der Verfahrensbeteiligten erlaubt wäre, den Inhalt beigezogener und zum Gegenstand der Verhandlung gemachter Akten im Wege des [X.] zu verwerten ([X.]eschluss vom 22. November 1991 - [X.]VerwG 1 [X.] 142.91 - [X.] 310 § 96 VwGO Nr. 37).

Das Verwaltungsgericht hat die beigezogenen Akten ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und konnte die daraus gewonnenen Erkenntnisse daher zu seiner Entscheidungsgrundlage machen, soweit sie im Hinblick auf die maßgebliche Rechtsauffassung des [X.] von [X.]edeutung waren. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der [X.]eklagte sich auf seinen bisherigen Vortrag und die im Ausgangsverfahren vorgelegten Listen bezogen und diese zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat und ob die Klägerin ihren Sachvortrag bezüglich des [X.] bewusst nicht mehr aufrechterhalten hat.

Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch nicht dadurch das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, dass es ihren Sachvortrag im [X.] vom 1. April 2010 nicht gewürdigt hätte, worin sie festgehalten und unter [X.]eweis gestellt habe, dass sowohl die [X.] als auch die [X.] [X.]esatzungsmacht ihren Rechtsvorgänger als [X.] Staatsangehörigen angesehen und behandelt hätten. Das Verwaltungsgericht hat diesen Vortrag zur Kenntnis genommen ([X.] f.) und ist anhand einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Akten zu dem Ergebnis gekommen, dass für eine ausschließlich [X.] Staatsangehörigkeit des [X.] keine Anhaltspunkte bestehen.

6. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht gegen seine richterliche Aufklärungspflicht verstoßen, weil es unter Verletzung der gesetzlichen [X.]eweisregeln bei dem von der Klägerin geführten [X.] mittels einer ausländischen öffentlichen Urkunde den Gegenbeweis in Form der Vorlage einer unbeglaubigten Liste (sog. "[X.]") ohne Legalisation durch einen Konsul oder Gesandten des [X.]undes nach § 173 VwGO i.V.m. § 438 Abs. 2 ZPO zugelassen hätte. Für das Verwaltungsgericht war nach seinen tatsächlichen Feststellungen nicht entscheidungserheblich, ob es sich bei der von der Klägerin vorgelegten Liste zum [X.] um eine öffentliche Urkunde im Sinne der [X.]eweisregeln des § 418 i.V.m. § 438 ZPO handelte. Es hat vielmehr der von der Klägerin vorgelegten sog. "[X.] Liste" im Rahmen seiner richterlichen Überzeugungsbildung nur ein allenfalls vorübergehendes, nicht aufrechterhaltenes Schutzversprechen der [X.]n [X.]esatzungsmacht entnommen. Zu diesem Ergebnis ist es im Wege der Auslegung dieser und der weiteren vorgelegten Listen gekommen, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist (§§ 133, 157 [X.]G[X.]). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das Verwaltungsgericht gegen gesetzliche [X.]eweisregeln verstoßen hat (vgl. zur Reichweite des § 418 ZPO [X.]eschluss vom 30. April 2009 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.08 - juris). Jedenfalls würde die Entscheidung des [X.] nicht auf einem solchen Verfahrensmangel beruhen. Gleiches gilt für die Verwertung und Würdigung der sog. "[X.] Listen", die nach den Feststellungen des [X.] mit einem Schreiben vom 19. Mai 1949 des Stellvertreters des [X.]hefs der Finanzverwaltung der [X.] dem Vorsitzenden des [X.] des Volkseigentums für jedes Land in der [X.]n [X.]esatzungszone zugeleitet worden sind. Was die Unterschriftsberechtigung bezüglich dieser Listen anbelangt, hat das Verwaltungsgericht aus der Tatsache, dass diese Listen mit dem Vermerk "gez. S." endeten, nicht gefolgert, dass diese Listen keinen [X.]eweiswert hätten, weil sie manipuliert oder gefälscht seien. Zu dieser Einschätzung ist es im Hinblick auf die Tatsache gekommen, dass diese Listen mit Schreiben vom 19. Mai 1949 durch die [X.] Militäradministration an die [X.] zwecks Prüfung der Eigentumsrechte der Ausländer übergeben worden sind. Dass diese [X.]eweiswürdigung denkfehlerhaft wäre, legt die [X.]eschwerde nicht dar. Sie beschränkt sich auf eine abweichende Würdigung der Indizien, ohne logisch unmögliche Schlüsse aufzuzeigen.

Das Verwaltungsgericht ist bei der [X.]eweiswürdigung der von der [X.]eschwerde als "[X.] Listen" bezeichneten Schutzlisten auch nicht davon ausgegangen, dass für den Wahrheitsgehalt des Inhalts dieser Listen eine Vermutung spricht (§ 98 VwGO i.V.m. § 437 ZPO). Es hat seine Überzeugung, dass die von dem [X.]eklagten vorgelegten Listen zum [X.] die endgültige Fassung sind, lediglich mit der zusätzlichen Überlegung untermauert, dass auf den "Listen für [X.]", die dem Vorsitzenden des [X.] zum Schutz des Volkseigentums mit Schreiben vom 11. Mai 1949 der Finanzverwaltung der [X.] - Abteilung [X.] -, das von dem Stellvertreter des [X.]hefs der Finanzverwaltung der [X.] unterzeichnet worden war, für jedes in der [X.]n [X.]esatzungszone belegene Land übergeben worden sind, Erbprinz [X.] nicht mehr aufgeführt ist.

7. Die Rüge, das Verwaltungsgericht sei wegen der Mitwirkung von [X.] am [X.] in der mündlichen Verhandlung am 28. April 2010 nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, lässt einen Verfahrensfehler, insbesondere einen Verstoß gegen § 112 VwGO nicht erkennen. Aus der Niederschrift ergibt sich, dass der vorerwähnte [X.] an der mündlichen Verhandlung von [X.]eginn bis zu ihrem Ende teilgenommen hat. Es fehlt an jedem Anhaltspunkt dafür, dass ihm Schriftstücke oder [X.]eweismittel, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, vorenthalten worden sind.

8. Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Enteignung der "[X.]" aufgrund unlauterer Machenschaften unter willkürlicher Auslegung der Vorschriften des [X.]odenreformgesetzes erfolgt sei, macht sie keinen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend, sondern zieht aus den vom Verwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen andere materiellrechtliche Schlussfolgerungen.

Von einer weiteren [X.]egründung des [X.]eschlusses sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Meta

8 B 66/10

10.05.2011

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Gera, 28. April 2010, Az: 2 K 404/08, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.05.2011, Az. 8 B 66/10 (REWIS RS 2011, 6890)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6890

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