Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.11.2016, Az. V ZR 86/16

5. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2209

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wohnungseigentumssache: Beschwer des Rechtsmittelführers; Bemessung des Streitwerts einer gegen einen Wohnungseigentümer gerichteten Klage auf Beseitigung einer baulichen Veränderung


Leitsatz

1. Der in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren gemäß § 49a GKG bestimmte Streitwert entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer des Rechtsmittelführers.

2. Wird mit der gegen einen Wohnungseigentümer gerichteten Klage die Beseitigung einer baulichen Veränderung verlangt, bemisst sich der Streitwert gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem (hälftigen) klägerischen Interesse an der Beseitigung und dem (hälftigen) Interesse der Beklagen, keinen Rückbau vornehmen zu müssen; daneben sind die Grenzen des § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG und des § 49a Abs. 2 GKG zu beachten.

Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 36. Zivilkammer - vom 29. Februar 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 13.000 €.

Gründe

1

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderlichen Betrag von 20.000 €.

2

a) Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten (vgl. [X.], Urteil vom 24. November 1971 - [X.], [X.]Z 57, 301, 302 mwN). Nichts anderes gilt in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren. Das [X.] des Rechtsmittelführers erhöht oder ermäßigt sich nicht dadurch, dass bei der Bemessung des Streitwerts auch eine Reihe von anderen Kriterien Berücksichtigung findet; infolgedessen entspricht der gemäß § 49a [X.] bestimmte Streitwert in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (vgl. auch Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - [X.], [X.], 224 Rn. 4; Suilmann in [X.], WEG, 4. Aufl., § 49a [X.] Rn. 24 ff.).

3

b) Wird der Beklagte zur Beseitigung einer baulichen Veränderung (hier: Swimmingpool) verurteilt, bemisst sich seine Beschwer grundsätzlich nach den Kosten einer Ersatzvornahme des Abrisses, die ihm im Falle des Unterliegens drohen (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 15. Januar 2015 - [X.], NJW-RR 2015, 337 Rn. 3 mwN). Daran gemessen wird der Betrag von 20.000 € überschritten, weil die Beklagten durch Vorlage eines Kostenvoranschlags glaubhaft gemacht haben, dass die zu erwartenden Rückbaukosten über dieser Summe liegen werden. Ob der Wert der Beschwer noch höher anzusetzen ist, wenn das Interesse am Erhalt des Bauwerks die Kosten eines Abrisses übersteigt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2009 - [X.], [X.] 2009, 514 Rn. 4; Beschluss vom 15. Januar 2015 - [X.], aaO Rn. 4).

4

2. Das Rechtsmittel ist aber unbegründet. Die Rechtssache wirft keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Entscheidung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.

III.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert ist gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 [X.] auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen festzusetzen. Wird - wie hier - mit der gegen einen Wohnungseigentümer gerichteten Klage die Beseitigung einer baulichen Veränderung verlangt, bemisst sich der Streitwert nach dem (hälftigen) klägerischen Interesse an der Beseitigung und dem (hälftigen) Interesse der Beklagen, keinen Rückbau vornehmen zu müssen (vgl. zu Letzterem BayObLG, [X.], 565, 566; Suilmann in [X.], WEG, 4. Aufl., § 49a [X.] Rn. 11; siehe auch BT-Drucks. 16/887, 42 und 54). Die genannten Interessen der Parteien sind nicht identisch, da sie eine unterschiedliche Zielrichtung haben (so auch BayObLG, [X.], 565 f.; insoweit aA Suilmann in [X.], WEG, 4. Aufl., § 49a [X.] Rn. 11). Maßgeblich ist das jeweilige wirtschaftliche Interesse, das das Gericht ggf. schätzen muss. Das Gesamtinteresse der Parteien schätzt der Senat hier auf 26.000 € (Kläger: 5.000 €; Beklagte: 21.000 €). Der Streitwert beträgt 50 % hiervon, also 13.000 €. Daneben sind die Grenzen des § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] und des § 49a Abs. 2 [X.] zu beachten; diese sind eingehalten.

[X.]        

       

Schmidt-Räntsch        

       

Brückner

       

Göbel        

       

Haberkamp        

       

Meta

V ZR 86/16

17.11.2016

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG München I, 29. Februar 2016, Az: 36 S 15947/15 WEG

§ 26 Nr 8 ZPOEG, § 49a Abs 1 S 1 GKG, § 49a Abs 1 S 2 GKG, § 49a Abs 1 S 3 GKG, § 49a Abs 2 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.11.2016, Az. V ZR 86/16 (REWIS RS 2016, 2209)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2209

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 86/16 (Bundesgerichtshof)


V ZR 254/16 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentumssache: Bemessung der Rechtsmittelbeschwer eines auf Beseitigung einer baulichen Veränderung klagenden Wohnungseigentümers


V ZR 188/16 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentumsverfahren: Rechtsmittelbeschwer bei Anfechtung des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung


V ZR 2/20 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentumsache: Maßgebliches wirtschaftliches Interesse für Rechtsmittelbeschwer


V ZR 254/16 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.