Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2004, Az. IXa ZB 185/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4366

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS [X.]/03
vom 27. Februar 2004 in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] §§ 74a, 85a

Der Vollstreckungsschuldner kann gegen den Beschluß über die Festset-zung des [X.] sofortige Beschwerde einlegen. Diese kann grundsätzlich auch mit dem Ziel einer Herabsetzung des Verkehrswertes erfolgen, wenn daran im Einzelfall ein Rechtsschutzinteresse besteht.

[X.], Beschluß vom 27. Februar 2004 - [X.]/03 - LG Tübingen

AG [X.]

- 2 -

[X.] des [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. [X.]

am 27. Februar 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 5. Zivil-kammer des [X.] vom 14. März 2003 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.

Wert: bis 19.000 •

Gründe:

[X.] Die Beteiligte zu 4) betreibt als Gläubigerin einer in Abteilung III Nr. 6 eingetragenen Sicherungshypothek über 4.141,11 DM (= 2.117,36 •) die Zwangsvollstreckung in den vorbezeichneten Grund-besitz, dessen Eigentümerin die Schuldnerin ist. Es bestehen vorrangige Belastungen in Höhe von insgesamt 1.250.000 DM (= 639.114,85 •). Das Amtsgericht hat den Verkehrswert des zu versteigernden Grundstücks nach Einholung eines Sachverständigengutachtens auf 639.000 • fest-gesetzt. Dagegen hat die Schuldnerin Beschwerde eingelegt. Sie erstrebt eine Herabsetzung des Wertes um 50.000 • und macht geltend, der Gläubigerin müsse deutlich gemacht werden, daß sie mit einem Erlös zu ihren Gunsten nicht ernsthaft zu rechnen habe. Der von der Gutachterin - 3 -

angenommene Wert sei zudem zu hoch und entspreche nicht den derzei-tigen Verhältnissen auf dem Grundstücksmarkt.

Das [X.] hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde.

I[X.] Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statt-hafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Nach Auffassung des [X.] fehlt es an einer [X.] der Schuldnerin. Die Festsetzung des Verkehrswertes diene vor allem dazu, eine Verschleuderung des Grundstücks im ersten Termin zu verhindern. Eine zu hohe [X.] habe zur Folge, daß auch das Mindestgebot, dem der Zuschlag erteilt werden könne, entsprechend hö-her liegen müsse. Daher sei kein schützenswertes Interesse des [X.] und [X.] an einer Herabsetzung des [X.] zu erkennen. Allein der Umstand, daß sich die letztlich zu Lasten der Schuldnerin gehenden Verfahrenskosten aus dem festgesetz-ten Verkehrswert berechneten, genüge dafür nicht. Das gleiche gelte für die Motivation der Schuldnerin, dem betreibenden Gläubiger die [X.] seines Vorgehens deutlich zu machen.

Die Rechtsbeschwerde hält dem entgegen, liege der Bestimmung der 7/10-Grenze des § 74a Abs. 1 Satz 1 [X.] ein zu hoher Wert zugrunde, könne dies zum Nachteil des Schuldners wirken. Werde die - 4 -

Grenze bei den Geboten nicht erreicht, komme es zu einem weiteren Versteigerungstermin, bei der die Regelung des § 85a Abs. 1 [X.] nicht mehr zu beachten sei. Allgemein könne eine überhöhte [X.] Bietinteressenten abschrecken, die sich sonst an einer Ersteigerung des Grundbesitzes beteiligt hätten.

2. Der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist nur im Ausgangs-punkt zu folgen.

a) Es besteht Einigkeit, daß jeder gemäß § 9 [X.] am Zwangsver-steigerungsverfahren Beteiligte jedenfalls dann zur Beschwerde nach § 74a Abs. 5 Satz 3 [X.] berechtigt ist, wenn seine rechtlichen Interes-sen durch die [X.] berührt werden ([X.] Rpfleger 2000, 559; [X.] Rpfleger 1974, 324; [X.] Rpfleger 1973, 105; Mohrbutter/Drischler/[X.]/[X.], [X.] und Zwangsverwaltungspraxis 7. Aufl. [X.]; [X.], [X.] 17. Aufl. § 74a [X.]. 9.2; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 74a [X.]. 35; [X.]/[X.], Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 9. Aufl. § 74a [X.] [X.]. 15; [X.], [X.] 3. Aufl. § 74a [X.]. 41; [X.], Immobiliarzwangsvollstreckung 4. Aufl. S. 68; [X.], Rpfleger 1973, 81). Die geltend gemachten Interessen [X.] sowohl mit einer Heraufsetzung oder auch - wie hier [X.] mit einer Her-absetzung des Verkehrswertes verbunden sein ([X.], aaO [X.]. 9.2; [X.]/[X.], aaO; [X.], aaO; [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/ [X.], aaO; [X.] aaO; anders [X.] aaO; [X.] aaO). In diesem Zusammenhang ist eine Abgrenzung zwischen rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Schuldnerin von vornherein entbehrlich. Die Zwangsvollstreckung dient der Befriedigung des titulierten Anspruchs - 5 -

des Gläubigers und zugleich der Befreiung des Schuldners von [X.] in entsprechender Höhe. Jedes rechtliche Interesse ist [X.] mit einem wirtschaftlichen verbunden; umgekehrt berührt jedes wirtschaftliche Interesse zugleich Rechte der am Verfahren Beteiligten (so richtig [X.], [X.] 1973, 81). Eine Trennung zwischen rechtlichen und wirtschaftlichen Zwecken wäre dem Wesen des Zwangs-versteigerungsverfahrens daher fremd.

b) Auch der Schuldner kann ein Interesse an der sachgerechten Bewertung seines Grundstücks und der Feststellung des richtigen [X.] haben. Er muß sich insbesondere nicht darauf verweisen lassen, seinen schützenswerten Belangen werde nur durch eine Herauf-setzung, nicht aber durch eine Herabsetzung des Verkehrswertes Rech-nung getragen. Das verkennt, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend verweist, daß ihm daran gelegen sein kann, es nicht zu einem zweiten Versteigerungstermin kommen zu lassen. Schon deshalb liegt es auch in seinem Interesse, daß der festgesetzte Verkehrswert den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung trägt. Denn dieser ist Ausgangspunkt für die Ermittlung des Meistgebotes nach § 74a Abs. 1 [X.] bzw. nach § 85a Abs. 1 [X.]. Wird der Zuschlag versagt, weil die Gebote auf Grundlage eines zu hoch festgesetzten Verkehrswertes weder sieben Zehnteile (§ 74a Abs. 1 [X.]) noch die Hälfte (§ 85a Abs. 1 [X.]) des Grund-stückswertes erreichen, kommt es zu einem neuen Versteigerungster-min. In diesem darf der Zuschlag nicht mehr aus den Gründen des § 74a Abs. 1 [X.] oder des § 85a Abs. 1 [X.] versagt werden (§ 74a Abs. 4, § 85a Abs. 2 [X.]). Der Schuldner hätte dann [X.] entgegen der Annahme des [X.] - erst recht eine Verschleuderung seines Grundbesitzes zu befürchten, der er nur unter den engen [X.] -

gen des § 765a Abs. 1 ZPO begegnen könnte. Es darf ihm daher nicht verwehrt werden, von Anfang an - gegebenenfalls über das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde - auf die Ermittlung des richtigen Verkehrs-wertes und damit auf eine angemessene Verwertung des Grundstückes hinzuwirken.

Diese Gefahr erscheint jedoch nach den Umständen des vorlie-genden Falles ausgeschlossen, weil Vorbelastungen bestehen, die den festgesetzten Verkehrswert überschreiten. Bei der Versteigerung werden daher nur solche Gebote zugelassen, durch welche die dem Anspruch des Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus dem [X.] zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt sind (geringstes Gebot). Werden keine nach § 44 Abs. 1 [X.] wirksamen Gebote abge-geben, wird das Verfahren eingestellt oder - bleibt die Versteigerung in einem zweiten Termin erneut ergebnislos - aufgehoben (§ 77 [X.]).

Abweichendes hat die Schuldnerin nicht vorgetragen. Sie hat ins-besondere nicht dargelegt, ob der Beitritt eines bevorrechtigten [X.] - und damit eine entsprechende Verringerung des geringsten [X.] - zu erwarten steht. Davon abgesehen, könnte die von der [X.] angestrebte Herabsetzung des Verkehrswertes für diesen Fall zu Nachteilen im Rahmen des § 114a [X.] führen. Denn ein zur [X.] Berechtigter, der das Grundstück selbst ersteigert, gilt bei Abgabe - 7 -

eines niedrigen Gebots insoweit als befriedigt, als sein Anspruch bei ei-nem Gebot in Höhe von sieben Zehnteilen des bindend festgesetzten [X.] gedeckt sein würde (vgl. [X.] 99, 110, 118 f.; 117, 8, 18).

[X.] [X.] [X.]

[X.]

[X.]

Meta

IXa ZB 185/03

27.02.2004

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2004, Az. IXa ZB 185/03 (REWIS RS 2004, 4366)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4366

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