Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2011, Az. V ZB 135/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6706

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V
[X.]/10

vom

12. Mai 2011

in der Abschiebungshaftsache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG § 70 Abs. 4, § 428 Abs. 2

Wendet sich der Betroffene gegen die vorläufige Ingewahrsamnahme durch die Behörde nach §
428 FamFG i.V.m. §
62 Abs.
4 [X.], ist die Rechtsbe-schwerde nicht statthaft (§
70 Abs.
4 FamFG).

BGH, Beschluss vom 12. Mai 2011 -
V [X.]/10 -
LG Lüneburg

[X.] ([X.])

-
2
-

Der [X.] [X.] hat am 12. Mai 2011 durch den
Vor-sitzenden [X.] Prof.
Dr.
Krüger, die [X.] Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und Dr.
Roth und die [X.]innen Dr. [X.] und Weinland

beschlossen:
Dem Betroffenen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Ver-fahrenskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt Rinkler beige-ordnet.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] vom 29.
April 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die außergerichtlichen Kosten des [X.] trägt der Betroffene; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 1.500

-
3
-

Gründe:
I.
Der Betroffene, ein kosovarischer Staatsangehöriger, war bereits mehr-fach unerlaubt in die [X.] eingereist. Nach der letzten Einreise hielt er sich in [X.], dem Zuständigkeitsbereich der Beteiligten zu 2, auf. Danach tauchte er unter. Nachdem er sich am 16.
Dezember 2009 anläss-lich einer im Bezirk der Beteiligten zu 3 durchgeführten Personenkontrolle mit gefälschten [X.] Papieren ausgewiesen hatte, wurde er gegen 15.30
Uhr nach §
127 Abs.
2 [X.] in Polizeigewahrsam genommen. Hiervon informierte die Polizei am nächsten Morgen zunächst die Beteiligte zu
3, die um 7.40 Uhr Kontakt mit der Beteiligten zu 2 aufnahm. Die um 8.25 Uhr von der Festnahme in Kenntnis gesetzte Staatsanwaltschaft teilte der Polizei umgehend mit, dass sie keinen Antrag auf Erlass eines Untersuchungshaftbefehls stellen werde. Danach ersuchte die Beteiligte zu 2 die Beteiligte zu 3, im Wege der Amtshilfe die Abschiebungshaft zu beantragen. Auf deren Antrag ordnete das Amtsgericht gegen 15 Uhr nach Anhörung des Betroffenen die Haft zur Siche-rung der Abschiebung an.
Soweit hier von Interesse hat der Betroffene bei dem [X.] beantragt, die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme in der [X.] vom 16.
Dezember 2009, 18
Uhr bis zur Anordnung der Abschiebungshaft am 17.
Dezember 2009 festzustellen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] ausgesprochen, dass die Ingewahrsamnahme des Betroffenen
bis zum 17. Dezember 2009, 7.40 Uhr, rechtswidrig gewesen ist; das weiterge-hende Rechtsmittel hat es zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene seinen Feststellungsantrag weiter, soweit dieser erfolglos geblie-ben ist.

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4
-

II.
Soweit das Beschwerdegericht die Beschwerde zurückgewiesen hat, steht es auf dem Standpunkt, die vom 17. Dezember 2009 ab 7.40 Uhr vollzo-gene Haft sei nach § 62 Abs. 4 [X.] gerechtfertigt gewesen. Von diesem [X.]punkt an habe die Aufrechterhaltung der Haft zur Vorbereitung der [X.] gedient. Eine schuldhafte Verzögerung der Abläufe sei nicht ersicht-lich, weil die Beteiligte zu 3 notwendige Informationen erst noch habe beschaf-fen müssen.
III.
Das Rechtsmittel ist nicht statthaft.
1. §
428 Abs.
2 FamFG ordnet an, dass über die Anfechtung behördlich angeordneter Freiheitsentziehungen im Sinne von §
428 Abs.
1 Satz
1 FamFG "auch nach den Vorschriften dieses Buches"
zu entscheiden ist, und macht [X.] deutlich, dass der gerichtliche Rechtsschutz gegen
solche Maßnahmen den Regelungen folgen soll, die für die Anfechtung gerichtlich angeordneter Frei-heitsentziehungen gelten. Zu diesen Normen gehört u.a. die Vorschrift des §
427 FamFG, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Vorschrift des §
70 Abs. 4 FamFG zu sehen ist, wonach die Rechtsbeschwerde ausgeschlossen ist in Verfahren, in denen über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung befunden worden ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/6308, S.
209). Dass hierzu -
verfassungsrechtlich unbedenklich
-
auch Entscheidun-gen über vorläufige Haftanordnungen gehören, die von einem [X.] nach §
427 FamFG i.V.m.
§
62 Abs.
1 bis 3 [X.] angeordnet worden sind, hat der [X.] bereits entschieden (Beschluss vom 3. Februar 2011 -
V [X.], juris Rn.
6; vgl. auch Beschluss vom 11.
November 2010 -
V [X.], juris Rn.
3
f.). Jedenfalls für die der richterlichen Beschlussfassung vorgelagerte Möglichkeit der Behörde, einen Ausländer unter strengen Voraussetzungen für 3
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5
-

einen kurzen [X.]raum vorläufig in Gewahrsam zu nehmen, um diesen unver-züglich dem [X.] vorzuführen (§
428 FamFG i.V.m. §
62 Abs.
4 [X.]), gilt nichts anderes (aA Bahrenfuss/Grotkopp, FamFG, §
428 Rn.
6: Rechtsbe-schwerde statthaft bei Zulassung durch das Beschwerdegericht; zur Beschrän-kung der [X.] auf zwei Instanzen nach §
310 Abs.
2 [X.], wenn ein nach §
127 Abs.
2 [X.] vorläufig Festgenommener ohne Vorführung vor den [X.] wieder freigelassen wird, vgl. [X.], NStZ-RR 2010, 22). Dass es den Ländern nach
Art.
99 GG freisteht, bei in ihren Kompetenzbereich [X.] (vorläufigen) freiheitsentziehenden Maßnahmen ein Rechtsmittel zum [X.] zu eröffnen, steht dem nicht entgegen. Der von einer vorläu-figen Anordnung nach der bundesrechtlichen Regelung des §
62 Abs.
4 [X.] Betroffene kann die Maßnahme in zwei Instanzen zur richterlichen Über-prüfung stellen. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an einen wir-kungsvollen Rechtsschutz zu stellen sind, ist damit genügt.
2. Die Erledigung der
Haftanordnung rechtfertigt keine andere Beurtei-lung. Die Möglichkeit, die durch die Behörde nach §
428 Abs.
2 FamFG ange-ordnete vorläufige Freiheitsentziehung mit einem Antrag nach §
62 FamFG zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen, eröffnet nicht ein gesetzlich nicht vorgese-henes Rechtsmittel, sondern besteht nur innerhalb des für die jeweilige Verfah-rensart vorgesehenen Instanzenzuges. Dieser ist mit der Beschwerdeentschei-dung erschöpft (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
November 2010 -
V [X.], juris Rn.
4).
IV.
Der [X.] hat die Nichterhebung der Gerichtskosten nach §
16 [X.] (dazu [X.], FamFG, 16.
Aufl., §
81 Rn.
20) angeordnet, weil die Einlegung des nicht statthaften Rechtsmittels durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung
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-
6
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des Beschwerdegerichts veranlasst worden ist. Im Übrigen beruht die Kosten-entscheidung auf §
84 FamFG.
Krüger

Schmidt-Räntsch

Roth

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.] ([X.]), Entscheidung vom [X.] -
14 XIV B 1994 -

LG Lüneburg, Entscheidung vom 29.04.2010 -
2 T 17/10 -

Meta

V ZB 135/10

12.05.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2011, Az. V ZB 135/10 (REWIS RS 2011, 6706)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6706

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