Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2012, Az. VI ZR 70/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8549

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]/10
Verkündet am:

6. März 2012

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.]-Übk I Art. 13;
[X.]BGB Art. 40; KWG § 32
Zur internationalen Zuständigkeit bei der Inanspruchnahme [X.] Vermögensverwaltungsgesellschaften und einer [X.] Bank.
[X.], Urteil vom 6. März 2012 -
VI [X.]/10 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
6.
März
2012
durch den Vorsitzenden [X.],
den
Richter Zoll,
die Richterin [X.],
den Richter Stöhr
und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der
Klägerin
wird
das Urteil des 17.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 15.
Februar
2010
aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die in [X.] wohnhafte Klägerin nimmt die [X.], Gesellschaften mit Sitz in [X.], im Zusammenhang mit dem Abschluss von Vermögensver-waltungsverträgen und einem Hedgefondsgeschäft auf Schadensersatz in [X.].
Die Beklagte zu 1 und
die Rechtsvorgängerin der [X.] zu 2 (nach-folgend: Beklagte zu 2) boten die Verwaltung fremder Vermögen gegen Entgelt 1
2
-

3

-

an. Die Beklagte zu 3 legte den Fonds "[X.] Hedge 125%" (nachfolgend: [X.]) auf, dessen Laufzeitende auf Dezember 2013 bestimmt ist. Mit [X.] beauftragte sie die Beklagte zu 1 mit dem [X.] ihrer Produkte. Die Beklagte zu 4 ist eine [X.] Bank. Keine der [X.] verfügte über eine Erlaubnis nach §
32 Kreditwesengesetz.
Durch ihren langjährigen Vermögensberater S. war die Klägerin über die von der [X.] zu 1 angebotene Vermögensverwaltung und das [X.] der [X.] zu 3 informiert worden. Am 4. März 2004 unterschrieb sie auf einem Formular der [X.] zu 1 einen Kontoeröffnungsantrag, in dem sie unter anderem die Beklagte zu 1 auch zur Investition gemäß der von ihr ge-wählten Strategie beauftragte und ihr -
darauf bezogen
-
auch die aktive [X.] übertrug. Zugleich
unterzeichnete sie
einen Antrag zur [X.] Vermögensverwaltung und einen [X.], in dem sie "unwiderruflich" "[X.] 125%" "zeichnete".
Als Vollmachtgeberin erteilte die Klägerin der [X.] zu 1 auf einem Formular der [X.] zu 4 eine "beschränkte Vollmacht für externe Vermö-gensverwalter". Darin heißt es
u.a., die Vollmacht unterstehe
[X.]m Recht, der Vollmachtgeber und der Bevollmächtigte anerkennten die aus-schließliche Zuständigkeit der Gerichte in [X.] oder am Ort der schweizeri-schen Niederlassung, mit welcher die vertragliche Beziehung bestehe.
Die Klägerin erhielt außerdem von der [X.] zu 4 zur Teilfinanzie-rung ihrer Anlage unter Verpfändung der [X.] Kredite bis zu einer Obergrenze von 487.500 Euro.
Mit WertsteIlung vom 15. April 2004 übertrug die Klägerin
Depotwerte in kündigte sie den Vermögensverwaltungsvertrag mit der [X.] zu 1 und 3
4
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6
-

4

-

schloss mit der [X.] zu 2 einen "Beschränkten Vermögensverwaltungs-vertrag", den sie am 5.
Juli 2007 kündigte. Sie erhielt am 1.
Oktober 2008 ein Guthaben in Höhe Mit der Klage verlangt sie von allen [X.] gesamtschuldnerisch den Unterschiedsbetrag zu ihrer Einlage
(156.096,43

und
die Erstattung von vorgerichtlichen Kosten ihrer Prozessbe-vollmächtigten (2.748,42

).
Das [X.] hat die Beklagte zu 1 antragsgemäß verurteilt und die Klage gegen die [X.]
zu 2 bis 4 abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1 Berufung eingelegt. Nachdem über das Vermögen der [X.] zu 1 das Konkursverfahren eröffnet worden ist, hat das Berufungsgericht die gegen die [X.] zu 2 bis 4 gerichtete Be-rufung der Klägerin durch Teilurteil zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren gegen die [X.] zu 2 bis 4 weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt u.a. aus:
Zu Recht habe das [X.] die Klage gegen die Beklagte zu 2 we-gen fehlender internationaler Zuständigkeit der
[X.] Gerichte
als unzuläs-sig abgewiesen. Bei der Beurteilung dieser Frage komme es darauf an, ob es sich bei dem Rechtsverhältnis der Klägerin zur [X.] zu 2 um eine [X.] im Sinne von Art.
13
des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen geschlossen in [X.] am 16. September 1988 (LugÜ
I)
han-7
8
9
-

5

-

dele. Eine solche liege jedoch nach Einschätzung des Senats eindeutig nicht vor.
Aus den Darlegungen der Klägerin könne nicht hergeleitet werden, sie ha-be diesen Vertrag aufgrund eines ausdrücklichen Angebots der [X.] zu 2 oder einer vorausgegangenen
Werbung abgeschlossen. Zur Frage eines Ange-bots oder einer Werbung im Sinne von Art.
13 Abs.
1 Nr.
3
Buchst.
a LugÜ
I
habe das [X.] durch Vernehmung der [X.] und [X.]. Die gegen die Beweiswürdigung des [X.]s vorgebrachten Beden-ken der Klägerin überzeugten im Ergebnis nicht. Es bestehe kein Grund zu der Annahme, die Beklagte zu 2 habe sich von sich aus aktiv an den [X.] Markt gewandt.

Wie das [X.] überzeugend herausgearbeitet habe, hätten die Parteien im Vermögensverwaltungsvertrag vom 24.
November 2005 wirksam die Zuständigkeit [X.] Gerichte vereinbart. Diese Gerichtsstandvereinba-rung entspreche in jeder Hinsicht den
rechtlichen Vorgaben von Art.
17 Abs.
1 LugÜ
I.
Hinsichtlich der [X.] zu 3 habe das [X.] zu Recht seine in-ternationale Zuständigkeit bejaht.
Es habe aber zutreffend
einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 3 aus §
823 Abs.
2 [X.] Verbindung mit §
32 KWG oder aus §
826 BGB verneint. Auch zu diesem Punkt greife die Klägerin die Beweiswürdigung des [X.]s ohne Erfolg an. Das [X.] habe keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Beklagte zu 3 für das Konzept, das von der [X.] zu 1 gestaltet worden sei, verantwortlich gewesen sein solle.
Für sonstige Anspruchsgrundlagen fehle die internationale Zuständigkeit.
Hinsichtlich der [X.] zu 4 habe das [X.] die internationale Zuständigkeit aus Art.
5 Nr.
3 LugÜ
I
bejaht, da die Klägerin ihre Ansprüche mit einer unerlaubten Handlung der [X.] zu 4
begründet habe. Es habe je-10
11
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-

6

-

doch klar herausgestellt, dass der Klägerin keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 4 zustünden. Der Senat teile im Ergebnis diese Beurtei-lung. So sehe er keine Haftung der [X.] zu 4 wegen einer eigenen Verlet-zung des §
32 KWG. Die Klägerin habe ein Konto in [X.] eröffnet. Der Kredit,
den die Beklagte zu 4 nach dem Kreditvertrag an die Klägerin freizuge-ben hatte, habe in [X.] ausgereicht werden sollen. Diese Vorgänge un-terstünden schon grundsätzlich nicht der [X.] Bankenaufsicht.

II.
Die Revision hat Erfolg.
1. Der erkennende Senat hat mit Urteilen vom 31. Mai 2011 in [X.], in denen die [X.] zu 2 und 3 und [X.] Banken, unter anderem die hiesige Beklagte zu 4, von anderen Auftraggebern unter Be-rufung auf die auch dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden vertrag-lichen Vereinbarungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte für die gegen die [X.] zu 2 bis 4 erhobenen Klagen bejaht (Senatsurteile vom 31.
Mai 2011 -
VI
ZR 154/10, NJW
2011, 2809
Rn. 15
ff. und -
VI
ZR 161/10, IHR
2011, 258
Rn. 16
ff.). Die in diesen Urteilen im Einzelnen dargelegte
grundsätzliche
rechtliche Beurteilung, auf die nebst den umfangreichen Nachweisen ergänzend [X.] wird,
gilt
auch hinsichtlich der Rechtsbeziehungen der
Parteien des vorlie-genden Rechtsstreits.
2. Mit Recht wendet sich die Revision daher gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, hinsichtlich der gegenüber der [X.] zu 2 geltend ge-13
14
15
-

7

-

machten Ansprüche fehle die internationale Zuständigkeit der [X.] Ge-richte.
Nach Art.
13 Abs.
1 Nr.
3, Art.
14 Abs.
1 Fall
2
LuGÜ I kann ein Verbrau-cher eine Klage aus einem Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung vor den Gerichten des Vertragsstaates erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat, sofern dem Vertragsabschluss in diesem Staat ein ausdrückli-ches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist (Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a
[X.]) und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. b
[X.]). Unter einem Verbraucher ist dabei gemäß Art. 13 Abs. 1 [X.] eine Person zu verstehen, die zu einem Zweck tätig wird, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
a) Die Klägerin hat den Vermögensverwaltungsvertrag mit der [X.] zu 2 als Verbraucherin im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3
[X.] abgeschlossen. Der Vertrag diente der Anlage und Verwaltung ihres privaten Vermögens und kann deshalb nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden. Der Vermögensverwaltungsvertrag ist als synallagmatischer Vertrag im Sinne des Art.
13 Abs.
1 [X.] zu qualifizieren, weil sich die Klägerin zur [X.] eines Entgelts für die von der [X.] zu 2 zu erbringenden Leistungen verpflichtet hat.
Der Vertrag war auch auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet, da es sich um einen Vertrag handelt, in dem dem Verbraucher -
wie im Streitfall
-
eine tätigkeitsbezogene Leistung versprochen wird.

b) Auch die Voraussetzungen des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a und b LugÜ
I sind erfüllt. Der Begriff "Werbung" im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst.
a LugÜ
I umfasst alle
Formen der Werbung in dem Vertragsstaat, in 16
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-

8

-

dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, unabhängig davon, ob sie allgemein verbreitet oder unmittelbar an den Empfänger gerichtet wird. Der Begriff "aus-drückliches Angebot" ist nicht im rechtstechnischen Sinne zu verstehen. Er setzt kein Vertragsangebot gemäß § 145 BGB voraus, sondern erfasst auch eine invitatio ad offerendum. Es ist nicht erforderlich, dass die Initiative zur Un-terbreitung eines Angebots vom Unternehmer ausgegangen ist. Eine solche Voraussetzung sieht Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 LugÜ
I nicht vor. Die Bestimmung lässt es genügen, dass dem Verbraucher vor dem Vertragsabschluss ein Angebot unterbreitet worden ist, ohne danach zu differenzieren, auf wessen Veranlas-sung dies geschehen ist. Der enge Inlandsbezug zwischen dem [X.] und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers, den die Voraussetzun-gen des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a und b LugÜ
I gewährleisten sollen, ist auch dann gegeben, wenn dem im Wohnsitzstaat des Verbrauchers abgegebe-nen Angebot des Unternehmers eine Kontaktaufnahme durch den Verbraucher vorausgegangen ist. Im Interesse eines effizienten Verbraucherschutzes erfasst Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 LugÜ
I deshalb auch die Fälle, in denen der Verbraucher die Initiative ergriffen und den Unternehmer um Übersendung eines Angebots oder von Informationsmaterial gebeten hat.
c) Mit "zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen" im Sinne des Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. b [X.] ist jede schriftliche Rechts-handlung und jeder andere Schritt des Verbrauchers in seinem Wohnsitzstaat gemeint, in denen sein Wille, der Aufforderung des Gewerbetreibenden Folge zu leisten, zum Ausdruck kommt. Durch die Übersendung der [X.] nach [X.] hat die Beklagte zu 2 der Klägerin in
deren Wohnsitzstaat ein ausdrückliches Angebot im Sinne der genannten Bestimmung unterbreitet. Dieser Beurteilung stünde nicht entgegen, wenn der Kontakt zwischen der Klä-gerin und der [X.] zu 2 auf die Initiative der Klägerin, nämlich der aktiven Suche nach einem geeigneten Vermögensverwalter, zurückzuführen gewesen 20
-

9

-

wäre. Mit der Unterzeichnung eines Angebots zum Abschluss des [X.] in [X.] hat die Klägerin auch in ihrem Wohnsitzstaat die von ihrer Seite "zum Abschluss des [X.]" vorgenommen.
d) Das von der Klägerin verfolgte Begehren aus §
823 Abs.
2 BGB, §
32 KWG ist auch als Klage "aus" einem Vertrag im Sinne des Art.
13 Abs.
1 [X.] zu qualifizieren. Für die Begründung des [X.] gemäß Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 [X.] ist nicht die Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs im engeren Sinne erforderlich. Vielmehr genügt es, dass sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung zu [X.] aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann.
e) Entgegen den
Ausführungen in der Revisionserwiderung der [X.] zu 2 und 3 steht der Anwendung der Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 und Art.
14 Abs.
1,
Fall
2
LugÜ
I (Zuständigkeit für Verbrauchersachen) nicht entgegen, dass die Parteien in dem zwischen ihnen zustande gekommenen Vermögensverwal-tungsvertrag als ausschließlichen Gerichtsstand [X.] vereinbart haben. Denn gemäß Art.
15 [X.] kann von den Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen im Wege der Vereinbarung nur dann abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, dem Verbraucher lediglich zusätzliche Klagemöglichkeiten eröffnet oder die Gerichte des Staates für zuständig erklärt, in dem beide Parteien zum Zeitpunkt des [X.] ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
f) Zur materiellen Rechtslage hat das Berufungsgericht folgerichtig keine Feststellungen getroffen. Dies wird nachzuholen sein. Dabei wird auch zu [X.] sein, ob der Anspruch der Klägerin nach [X.] oder nach schweizeri-21
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-

10

-

schem
Recht zu beurteilen ist (vgl. dazu Art.
3 Abs.
2
[X.][X.] der bis zum 10. Januar 2009 geltenden Fassung, Art.
40 Abs.
1 Satz 1 [X.]BGB; Art.
133 Abs.
2 des [X.] Bundesgesetzes
vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht -
IPRG).
3. Auch hinsichtlich der [X.] zu 3 hält die Klageabweisung rechtli-cher Nachprüfung nicht Stand.
a) Mit Recht beanstandet die Revision die Ausführungen des Berufungs-gerichts zur internationalen Zuständigkeit. Das Berufungsgericht stützt diese lediglich auf Art.
5 Nr.
3 LugÜ
I, wonach Personen, die ihren Sitz im [X.] haben, grundsätzlich in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden können, wenn eine unerlaubte Handlung den Gegenstand die-ses Verfahrens bildet, und prüft demgemäß nur, ob das [X.] zutreffend einen Anspruch aus §
823 Abs.
2 [X.] Verbindung mit §
32 KWG und einen Anspruch aus §
826 BGB verneint hat. Es meint, soweit die Klägerin sich auf sonstige Ansprüche berufe, fehle es an einer internationalen Zuständigkeit. [X.] auf Grund Prospekthaftung fielen nicht unter die Vorschrift des Art.
5 Nr.
3 LugÜ
I. Nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin sei ihr überhaupt kein Prospekt übergeben worden. Die Voraussetzungen des §
264a StGB könnten daher nicht vorliegen.
Damit zieht das Berufungsgericht nicht alle Umstände des Streitfalls, die für die internationale Zuständigkeit von Bedeutung sein können, in Betracht.
Wie oben ausgeführt (1 und 2) kann sich die internationale Zuständigkeit schon hinsichtlich des Anspruchs aus §
823 Abs.
2 [X.] Verbindung mit §
32 KWG aus Art.
13 Abs.
1 Nr.
3 und Art.
14 Abs.
1 Fall 2
LugÜ
I (Zuständigkeit für Verbrauchersachen) ergeben.
24
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27
-

11

-

Die Klägerin hat die Klage auch auf Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) und auf Prospekthaftung gestützt. Die Revision weist auch auf einen [X.] aus §
127 Abs.
1 des Investmentgesetzes
vom 15. Dezember 2003 ([X.])
hin. Diese Ansprüche können aus dem zwischen den Parteien [X.], der als Vertrag im Sinne des Art.
13 Abs.
1 LugÜ
I anzusehen ist, hergeleitet werden. Dem
wird der auf §
264a StGB beschränkte Hinweis des Berufungsgerichts nicht gerecht. Mit Recht weist die Revision auch darauf hin, dass die Überlegung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei kein Prospekt übergeben worden, nicht gegen das Bestehen von [X.] spricht. Ein Prospektfehler ist auch dann ursächlich für die Anlageent-scheidung, wenn der Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der [X.] den [X.] als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche benutzt wird, wobei es dann nicht darauf ankommt, ob der Prospekt dem [X.] übergeben worden ist (vgl. [X.], Urteile vom 3.
Dezember 2007 -
II
ZR 21/06, VersR
2008, 830
Rn.
17; vom 14.
Juli 2003 -
II
ZR 202/02, WM
2003, 1818,
1820
f.).
Unter den Umständen des [X.] kann die Anwendung des Art.
13 Abs.
1 LugÜ
I nicht, wie das Berufungs-gericht meint, mit der Erwägung verneint werden, die Beklagte sei "nicht an die Klägerin herangetreten". Insoweit ist das Zusammenwirken der [X.] in den Blick zu nehmen.
Abgesehen davon kann sich die internationale Zuständigkeit aus Art.
18 LugÜ
I ergeben, wonach ein Gericht eines Vertragsstaats, sofern es nicht be-reits nach anderen Vorschriften des Übereinkommens zuständig ist, zuständig wird, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt,
ohne den Mangel der Zuständigkeit zu [X.], und keine anderweitige ausschließliche [X.] begründet ist (vgl. dazu Senatsurteile vom 31.
Mai 2011 -
VI
ZR 154/10, aaO
Rn.
34
ff. und -
VI
ZR 161/10, aaO
Rn.
35
ff.).
28
29
-

12

-

b) Da das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit lediglich hin-sichtlich eines Anspruchs
gegen die Beklagte zu 3
aus §
823 Abs.
2 [X.] Verbindung mit §
32 KWG
bejaht hat, hat es folgerichtig zu den materiellen Vo-raussetzungen der anderen Anspruchsgrundlagen keine Feststellungen getrof-fen. Dies wird, sofern die internationale Zuständigkeit aufgrund der [X.] zu bejahen ist, nachzuholen sein. Die neue Verhandlung gibt auch -
soweit erforderlich
-
Gelegenheit, die bisherige Begründung zur Ablehnung eines Anspruchs aus §
823 Abs.
2 [X.] Verbindung mit §
32 KWG unter Be-rücksichtigung des Revisionsvorbringens der Parteien zu überdenken, insbe-sondere zu prüfen, ob nach dem Ergebnis der bisherigen, eventuell ergän-zungsbedürftigen Beweisaufnahme eine nach dem Kreditwesengesetz [X.] Tätigkeit der [X.] zu 3 weiterhin verneint werden kann.
Anlässlich der neuen Verhandlung wird zudem
zu prüfen sein, ob der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 3 nach [X.] oder nach [X.]m
Recht zu beurteilen ist (vgl. dazu Art.
40 [X.]BGB; zur delikts-rechtlichen Natur des §
127 [X.] vgl. [X.], [X.] 2010, 257, 260 ff. mwN).
4. Schließlich kann auch die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 4 mit der bisherigen Begründung nicht aufrechterhalten werden.
a) Das Berufungsgericht bejaht die internationale Zuständigkeit der deut-schen Gerichte für die gegen die Beklagte zu 4 gerichtete Klage nach Art.
5 Nr.
3 [X.]. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ergibt sich
die internationale Zuständigkeit -
entgegen den Ausführungen der Revisionserwide-rung der [X.] zu 4
-
insoweit aus
Art.
13 Abs.
1 Nr.
3, Art.
14 Abs.
1 Fall 2
LugÜ
I (vgl. dazu Senatsurteil vom 31.
Mai 2011 -
VI
ZR 154/10, aaO, Rn.
37
ff.).
30
31
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33
-

13

-

b) In der Sache prüft das Berufungsgericht
die Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs nach [X.] Recht.
Es zitiert dazu Art.
40 Abs.
1 Satz
2 [X.]BGB, trifft aber dazu keine Feststellungen.
In ihrer Revisionserwide-rung macht die Beklagte
zu 4 geltend, dass [X.]s
Recht anzuwen-den
sei. Dies kommt hinsichtlich des Anspruchs aus §
823 Abs.
2 [X.] [X.] mit §
32 KWG
in Betracht, wenn Handlungs-
oder
Erfolgsort in [X.] liegen (vgl. Art.
40 Abs.
1 Satz 1
und 2
[X.]BGB; Art.
133 Abs.
2 IPRG). Der Anspruch aus c.i.c. richtet sich im Streitfall, auf den die Verordnung ([X.]) Nr. 864/2007 des [X.] und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("[X.]") noch nicht anzuwenden ist,
nach dem [X.]
(vgl.
[X.], Urteile vom 9.
Oktober 1986 -
II
ZR 241/85, NJW 1987, 1141
f.; vom 13.
September 2004 -
II
ZR 276/02, VersR
2005, 1390, 1392).
Zwar wäre [X.] Recht anwendbar, wenn die Parteien im Laufe des Rechtsstreits nachträglich eine entsprechende stillschweigende und wirksame Rechtswahlvereinbarung gemäß Art.
27 Abs.
2 Satz
1, Art.
42
Satz
1
[X.][X.] der bis 16.
Dezember 2009 geltenden Fassung getroffen hätten. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. Sofern die Parteien in den Vorinstanzen übereinstimmend von der Anwendbarkeit [X.] Rechts aus-gegangen sein sollten, genügt dies nicht ohne weiteres den Anforderungen an eine nachträgliche Rechtswahl
(vgl. Senatsurteil vom 31.
Mai 2011 -
VI
ZR 154/10, aaO
Rn.
47 mwN).
c) Das angefochtene Urteil ist danach auch hinsichtlich der [X.] zu 4 aufzuheben. Bei der neuen Verhandlung werden die erforderlichen Feststel-lungen zum anwendbaren Recht zu treffen sein. Sollte sich wiederum die An-
34
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36
-

14

-

wendbarkeit
[X.] Rechts ergeben, wird das Berufungsgericht den Vortrag der Parteien in der Revisionsinstanz in Erwägung zu ziehen haben.
[X.]
Zoll
[X.]

Stöhr
von Pentz

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 31.07.2009 -
28 O 8802/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.02.2010 -
17 U 4489/09 -

Meta

VI ZR 70/10

06.03.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2012, Az. VI ZR 70/10 (REWIS RS 2012, 8549)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8549

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 70/10

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