Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.10.2013, Az. 2 B 34/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 1709

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Gegenstand

Dienstunfall; Sportlehrer; Achillessehnenriss; Ursachenbegriff


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 30. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 9 716,30 € festgesetzt.

Gründe

1

Die allein auf Grundsatzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Der Kläger steht als Sportlehrer im Dienst des beklagten [X.]. Er erlitt 2007 beim Sportunterricht einen [X.]nabriss. Der von der Behörde beauftragte Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die [X.]nruptur im Wesentlichen durch degenerative Veränderungen verursacht worden sei. Daraufhin wurde das Schadensereignis nicht als Dienstunfall anerkannt und vorläufig geleistete Zahlungen zurückgefordert. Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Das Berufungsgericht ist nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass die [X.] vorgeschädigt gewesen sei, so dass nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass das Schadensereignis die wesentliche Ursache oder wenigstens eine wesentlich mitwirkende Teilursache für den [X.]nabriss gewesen sei.

3

2. Der Kläger sieht die Fragen als grundsätzlich bedeutsam (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) an:

"ob durch das Ergebnis einer histologischen Untersuchung das Vorliegen der Voraussetzungen eines [X.] geführt werden kann",

"ob das Ergebnis des histologischen Befundes (Feststellung, dass keine degenerativen Veränderungen im Sehnengewebe vorlagen) ausreichend ist für die Bejahung der Voraussetzungen eines [X.] bei einer [X.]nruptur",

"ob bei einem histologischen Befund (d. h. keine Erkennbarkeit von degenerativen Vorschäden) bei einer Ruptur dies zumindest zu einer Beweislastumkehr für die Beurteilung der Voraussetzungen eines [X.] führt",

"ob und in wie weit selbst bei Vorliegen von degenerativen Veränderungen der [X.] das Vorliegen der Voraussetzungen eines [X.] bejaht werden können" und

"ob und in wie weit selbst bei degenerativen Veränderungen der [X.] die Voraussetzungen eines [X.] gegeben sind, sofern diejenige Person sich die Verletzung bei einer im täglichen Leben nicht vorkommenden schulspezifischen Tätigkeit zuzog".

4

Insoweit verweist die Beschwerde auch auf das Urteil des [X.] vom 30. Januar 1991 - 4 S 2438/90 -, das sogar bei unstreitiger degenerativer Veränderung der [X.] einen Dienstunfall anerkannt habe, weil die degenerative Vorschädigung an der [X.] nicht über einen gewöhnlichen altersbedingten Verschleiß hinausgereicht habe.

5

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des [X.] erheblich sein wird (stRspr, u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

6

Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen sind keine Rechtsfragen in diesem Sinne, sondern beziehen sich allenfalls auf die den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindende Tatsachen- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts im Einzelfall. Soweit sie dahin zu verstehen sein sollten, ob das Hinzutreten einer dienstunfallunabhängigen Mitursache zu einer fortbestehenden dienstunfallbedingten Mitursache den Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem dadurch ausgelösten [X.] ausschließt, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sich die Frage anhand der vorliegenden Rechtsprechung beantworten lässt. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg ([X.]) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (vgl. Urteile vom 20. April 1967 - BVerwG 2 [X.] 118.64 - BVerwGE 26, 332 <333>, vom 10. Juli 1968 - BVerwG 6 [X.] 65.65 - [X.] 232 § 186 [X.] Nr. 6, vom 30. Juni 1988 - BVerwG 2 [X.] 77.86 - [X.] 239.1 § 31 [X.] Nr. 6 und vom 1. März 2007 - BVerwG 2 A 9.04 - Schütz [X.]/[X.] II 3.5 Nr. 16).

7

Die Frage, ob der Verwaltungsgerichtshof die genannten Grundsätze zur wesentlich mitwirkenden Teilursache auf den konkreten Fall zutreffend angewendet hat, ist keine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung. im Übrigen ist das Berufungsgericht von der dargestellten Rechtsprechung des [X.] zur wesentlichen (Mit-)Ursache ausgegangen. Es hat den [X.]nriss nicht als Dienstunfallfolge angesehen, weil das Unfallereignis nicht ursächlich im Sinne des [X.] war, sondern eine so genannte „[X.]" darstellte (vgl. Beschluss vom 8. März 2004 - BVerwG 2 [X.] - [X.] 239.1 § 31 [X.] Nr. 13 S. 4 m.w.N.). Das Berufungsgericht ist den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen gefolgt und hat angenommen, dass das Unfallereignis den [X.]nabriss zwar ausgelöst habe. Es stelle aber nur eine - rechtlich unbeachtliche - [X.] dar. Der eingetretene [X.] stehe nur in einer mehr oder minder zufälligen Beziehung zum Dienst, weil eine vorhandene persönliche Disposition so leicht ansprechbar gewesen sei, dass nicht nur das Unfallereignis, sondern jedes andere, alltäglich vorkommende Ereignis denselben Erfolg herbeigeführt hätte. Da diese Feststellungen nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden sind, wären sie für den Senat in einem Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindend.

8

Der Hinweis der Beschwerde auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 30. Januar 1991 - 4 S 2438/90 - (juris), wonach nur bei einem außergewöhnlichen altersbedingten Verschleiß der [X.] im Bereich der [X.] unter Berücksichtigung der Tätigkeit des [X.] als Sportlehrer eine wesentliche Mitursache des Unfallgeschehens ausgeschlossen werden könne, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Insoweit hat das [X.] bereits mit Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 [X.] 22. 01 - [X.] 239.1 § 31 [X.] Nr. 12 = juris Rn. 11) entschieden, dass die dieser Entscheidung zugrundeliegende Rechtsauffassung die Bedeutung des im [X.] maßgebenden Ursachenbegriffs verkennt. Dieser soll zu einer dem Schutzbereich der [X.] entsprechenden sachgerechten Risikoverteilung führen. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der [X.] tragen und mit den auf sie zurückführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (vgl. bereits Urteil vom 20. Mai 1958 - BVerwG 6 [X.] 360.56 - BVerwGE 7, 48 <49 f.>). [X.] eine vorgeschädigte [X.] bei einem Unfall, so ist der zusätzliche [X.] dem individuellen Lebensschicksal des Beamten und damit seinem Risikobereich zuzurechnen, wenn die schadhafte Sehne jederzeit auch außerhalb des Dienstes bei einer im Alltag vorkommenden Belastung hätte reißen können.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 bis 3 GKG.

Meta

2 B 34/12

23.10.2013

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 30. Januar 2012, Az: 3 B 10.1015, Urteil

§ 31 BeamtVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.10.2013, Az. 2 B 34/12 (REWIS RS 2013, 1709)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1709

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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