Bundessozialgericht, Vorlagebeschluss vom 26.09.2024, Az. B 8 AY 1/22 R

8. Senat | REWIS RS 2024, 11849

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Vorlage an das BVerfG - Asylbewerberleistungen - Grundleistungen - Höhe des Bedarfssatzes für erwachsene Leistungsberechtigte in Sammelunterkünften - alleinstehender Leistungsberechtigter - Verfassungsmäßigkeit


Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt und eine Entscheidung des [X.]zu folgender Frage eingeholt:

Sind § 3a Abs 1 [X.]b Asylbewerberleistungsgesetz und § 3a Abs 2 [X.]b Asylbewerberleistungsgesetz jeweils in der Fassung des Art 1 Nr 5 des [X.]zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 13. August 2019 ([X.]1290), soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Bedarf lediglich in Höhe der Bedarfsstufe 2 anerkannt wird, mit Art 1 Abs 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art 20 Abs 1 Grundgesetz vereinbar?

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt höhere Leistungen nach dem [X.](AsylbLG) für die [X.]vom 1.1.2020 bis 9.5.2020.

2

Der 1982 geborene alleinstehende Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste am 10.11.2018 nach [X.]ein und beantragte Asyl. Er war im streitigen Zeitraum im Besitz einer Aufenthaltsgestattung. Nach Zuweisung in das Stadtgebiet der Beklagten (Bescheid vom 29.3.2019) war er dort vom [X.]bis 31.8.2020 in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht.

3

Der Kläger erhielt von der Beklagten Leistungen nach dem AsylbLG. Neben dem Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie als Sachleistung bewilligte sie unter anderem für Januar 2020 Grundleistungen als Geldleistungen in Höhe von 316 Euro (Bescheid vom 18.12.2019; Widerspruchsbescheid vom 6.5.2020). Dabei berücksichtigte sie als notwendigen persönlichen Bedarf (§ 3 Abs 1 Satz 2 AsylbLG) den [X.]nach § 3a Abs 1 [X.]b [X.]sowie als notwendigen Bedarf (§ 3 Abs 1 Satz 1 AsylbLG) den [X.]nach § 3a Abs 2 [X.]b [X.]für einen erwachsenen Leistungsberechtigten, der in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht ist (im Folgenden Bedarfsstufe 2). In der Begründung führte die Beklagte aus, dass der Bescheid nur das Leistungsverhältnis für Januar 2020 regle. [X.]sich in den wesentlichen Verhältnissen keine Veränderung, bliebe vorbehalten, die Leistungen für nachfolgende Zeiträume stillschweigend durch Überweisung des zu zahlenden Betrages zu bewilligen. Die Beklagte zahlte für die Monate Januar bis Mai 2020 Leistungen an den Kläger aus.

4

Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger unter Änderung des Bescheides vom [X.]in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.]für die [X.]ab Januar 2020 Leistungen nach den §§ 3, 3a Abs 1 [X.]1, Abs 2 [X.][X.]nach der Bedarfsstufe 1 zu gewähren (Urteil vom 8.4.2021). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vorschrift des § 3a Abs 1 [X.]b [X.]könne nur aufgrund verfassungskonformer Auslegung als mit dem Grundrecht auf Gewährung des menschenwürdigen Existenzminimums nach Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art 20 Abs 1 GG angesehen werden, wenn die Bedarfsstufe 2 als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die tatsächliche und nachweisbare gemeinschaftliche Haushaltsführung des Leistungsberechtigten mit anderen in der Sammelunterkunft Untergebrachten voraussetze. Hierfür sei im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.

5

Mit der vom [X.]zugelassenen Sprungrevision (Beschluss vom 5.5.2022) rügt die Beklagte eine Verletzung des § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]AsylbLG. Sie trägt vor, mit der vom [X.]vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung werde die Grenze richterlicher Rechtsfortbildung überschritten. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich an die Art der Unterbringung die Höhe der Leistungen nur nach der Bedarfsstufe 2 geknüpft.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.]vom 8. April 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger hält die Entscheidung des [X.]für zutreffend.

8

Die Beklagte hat im [X.]an die Entscheidung des [X.](BVerfG) vom 19.10.2022 (1 BvL 3/21 - [X.]163, 254) zur Verfassungswidrigkeit von § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG und die Empfehlung des [X.](BMAS) in Ansehung dieser Entscheidung auch § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]nicht mehr anzuwenden, auf Anfrage des Senats mitgeteilt, an der Revision festzuhalten (Schreiben vom [X.]und vom 23.5.2024).

9

Die Beteiligten haben sich im [X.]mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Erklärungen vom 12.7.2024 und vom 1.8.2024).

II. Der [X.]entscheidet mit Zustimmung der Beteiligten gemäß §§ 165, 153 Abs 1, § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.

Das Verfahren ist gemäß Art 100 Abs 1 GG auszusetzen. Der [X.]sieht sich an einer Entscheidung des Rechtsstreits gehindert. Er ist überzeugt, dass die in § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.](jeweils in der Fassung des Art 1 [X.]5 des [X.]zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes <AsylbLGÄndG3> vom 13.8.2019, [X.]1290 hier in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der [X.]nach § 3a Abs 4 des AsylbLG ab 1.1.2020 vom 1.10.2019, [X.]1429) vorgesehene Höhe der Leistung, soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Bedarf lediglich in Höhe der Bedarfsstufe 2 anerkannt wird, mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art 20 Abs 1 GG unvereinbar ist (im Einzelnen unter 4.).

Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich. Die Revision ist zulässig und auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor (dazu unter 1.). Die Revision hat auch in der Sache Erfolg, wenn § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]mit dem [X.]vereinbar sind. Der Bescheid der Beklagten vom [X.]und die konkludent durch Auszahlung erlassenen Bescheide für die Folgemonate entsprechen der formellen und der materiellen Rechtslage (dazu unter 2.). Der vom [X.]vorgenommenen Auslegung von § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b AsylbLG, wonach die Bedarfsstufe 2 nur zur Anwendung kommt, wenn der Leistungsberechtigte tatsächlich und nachweisbar mit anderen in der Sammelunterkunft Untergebrachten einen gemeinsamen Haushalt führe, folgt der [X.]nicht; denn sie widerspricht dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen (dazu unter 3.).

1. Die Sprungrevision der Beklagten ist zulässig. Sie ist nachträglich vom [X.]unter Beteiligung [X.]mit Beschluss vom [X.]zugelassen worden. Denkbare Verfahrensfehler bei Zustandekommen des Beschlusses sind im Grundsatz unerheblich; der [X.]ist an die Zulassungsentscheidung des [X.]gebunden. Damit kann offenbleiben, ob bei der Zulassung - anders als dies hier der Fall war - [X.]mitzuwirken haben, die auch am Urteil mitgewirkt haben. Auch die Frage, ob der Zulassung der Revision entgegensteht, dass die Berufung gegen das Urteil wegen Nichterreichens des [X.]nicht statthaft und vom [X.]nicht zugelassen ist, ist ohne Belang (zum jeweiligen Streitstand [X.]in jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 161 SGG, Rd[X.]48 f und Rd[X.]72 f, Stand 15.6.2022). Schließlich führt auch der Umstand, dass zwischen dem fristgerecht gestellten Antrag auf Zulassung der Sprungrevision und der Entscheidung hierüber mehr als elf Monate vergangen sind, weder zu einer Nicht- oder Scheinentscheidung noch einer sonst völlig wirkungslosen Entscheidung, die das [X.](BSG) unbeachtet lassen müsste (vgl dazu B[X.]vom 18.11.1980 - [X.]3/79 - BSGE 51, 23 = [X.]1500 § 42 [X.]7; B[X.]vom 12.7.1990 - 4 RLw 3/89).

Die nachträglich zugelassene Revision ist auch form- und fristgerecht eingelegt. Die schriftliche Zustimmung des [X.]zur Einlegung der Sprungrevision (vgl § 161 Abs 1 Satz 3 SGG) liegt vor. Aus der mit dem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision übersandten Zustimmungserklärung des Klägerbevollmächtigten ergibt sich hinreichend deutlich, dass der Kläger nicht nur der nachträglichen Zulassung, sondern auch der Einlegung der Sprungrevision anstelle der Berufung zugestimmt hat (vgl zu diesem Erfordernis nur B[X.]vom 17.5.2011 - B 2 U 18/10 R - [X.]mwN; zur Auslegung von entsprechenden Erklärungen B[X.]vom 28.8.2018 - [X.][X.]31/16 R - Rd[X.]9).

Auch im Übrigen stehen einer Entscheidung des Senats in der Sache keine von Amts wegen zu beachtenden [X.]entgegen.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst der Bescheid der Beklagten vom [X.]in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.5.2020, mit dem die Beklagte dem Kläger ausdrücklich beschränkt für Januar 2020 Leistungen nach §§ 3, 3a [X.]bewilligt hat. In den Auszahlungen für die nachfolgenden Monate Februar bis Mai 2020 liegen konkludent erklärte, monateweise Bewilligungen für die Folgezeiträume, wie dies im Bescheid vom [X.]auch angekündigt worden war (vgl nur B[X.]vom 17.6.2008 - [X.]AY 11/07 R - Rd[X.]10; B[X.]vom 17.6.2008 - B 8/9b [X.]- BSGE 101, 49 = [X.]4-3520 § 2 [X.]2, Rd[X.]11). Diese Bewilligungsbescheide sind in analoger Anwendung des § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Hiergegen spricht nicht der Einwand fehlender Prozessökonomie, weil bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides die Verwaltung ohnedies das Verfahren in der Hand behält und auch ohne Weiteres alle bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides ergangenen Bewilligungen überprüfen kann und muss (B[X.]vom 17.6.2008 - [X.]AY 11/07 R - Rd[X.]10; B[X.]vom 9.12.2016 - [X.][X.]14/15 R - Rd[X.]11).

Gegen die Bescheide wendet sich der Kläger mit seiner statthaften und auch im Übrigen zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4, § 56 SGG), die er ausdrücklich auf höhere Leistungen für die [X.]vom 1.1.2020 bis [X.]beschränkt hat. Die Beschränkung der Klage auf Zahlung einer Geldleistung dem Grunde nach in einer bestimmbaren Leistungshöhe (hier nach der Bedarfsstufe 1) ist nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGG zulässig (sog Grundurteil im Höhenstreit; vgl nur B[X.]vom 16.4.2013 - B 14 AS 81/12 R - [X.]4-4225 § 1 [X.]Rd[X.]10). Es kommt zudem nur noch die Verurteilung zu einer Geldleistung in Betracht. Sachleistungen und ihnen zuzuordnende Wertgutscheine können - unabhängig von der Entscheidung der Beklagten, die Bedarfe im Wesentlichen durch Geldleistungen zu erbringen - im Nachhinein nicht mehr erbracht werden, weil mit ihnen das ursprüngliche Ziel der tatsächlichen Bedarfsdeckung nicht mehr erreicht werden kann (vgl B[X.]vom 12.5.2017 - B 7 [X.]R - BSGE 123, 157 = [X.]4-3520 § 1a [X.]2, Rd[X.]10 mwN).

2. a) Die Beklagte hat als der sachlich (vgl § 10a AsylbLG in der Fassung des [X.]<AsylVfBeschlG> vom 20.10.2015, [X.]1722 in Verbindung mit § 1 Abs 1 Gesetz zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes des [X.]Nordrhein-Westfalen <AG AsylbLG> vom 29.11.1994 in der Fassung vom 19.12.2019, GVBl [X.]2019, 1004) und auf Grundlage der Zuweisung des [X.]in das Stadtgebiet auch örtlich zuständige Träger (vgl § 10a Abs 1 Satz 1 AsylbLG) über die Ansprüche des [X.]nach dem [X.]entschieden. Da die notwendigen Feststellungen des [X.]zum Landesrecht gänzlich fehlen, ist der [X.]berechtigt, diese selbst nachzuholen (vgl nur B[X.]vom [X.]- B 8/9b [X.]17/07 R - BSGE 103, 34 = [X.]4-5910 § 108 [X.]1, Rd[X.]11).

b) Der Kläger hat Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 Abs 1 AsylbLG (in der Fassung des AsylbLGÄndG3). Er hielt sich als Ausländer tatsächlich im [X.]auf und war im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz (AsylG). Damit war er im streitbefangenen Zeitraum leistungsberechtigt nach § 1 Abs 1 [X.]AsylbLG. Die ausländerrechtliche Entscheidung entfaltet dabei [X.]für die Frage nach der Zugehörigkeit zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 1 AsylbLG (vgl bereits B[X.]vom 2.12.2014 - B 14 [X.]R - BSGE 117, 297 = [X.]4-4200 § 7 [X.]41, Rd[X.]13). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.]verfügte er zudem nicht über Einkommen und Vermögen, wovon auch die Beklagte ausgeht. Ein Anspruch auf sog [X.]nach § 2 Abs 1 Satz 1 AsylbLG (in der Fassung des [X.]zur besseren Durchsetzbarkeit der Ausreisepflicht <AusrPflDG 2> vom 15.8.2019, [X.]1294) bestand nicht; denn die erforderliche [X.]des Aufenthalts im Inland von (damals) 18 Monaten hat der Kläger erst mit Ablauf des [X.]erfüllt.

Die Grundleistungen umfassen die Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf; vgl § 3 Abs 1 Satz 1 AsylbLG) und zusätzlich die Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (notwendiger persönlicher Bedarf; vgl § 3 Abs 1 Satz 1 AsylbLG). Die Bedarfe für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie hat die Beklagte als Sachleistungen und die Bedarfe im Übrigen als Geldleistung erbracht (vgl § 3 Abs 3 AsylbLG).

c) Wegen der Höhe des notwendigen persönlichen Bedarfs gilt für den Kläger § 3a Abs 1 [X.]b [X.](in der Normfassung des AsylbLGÄndG3). Danach beträgt dieser Bedarf ab dem 1.1.2020 für erwachsene Leistungsberechtigte 139 Euro (vgl die Bekanntmachung vom 1.10.2019), wenn sie nicht in einer Wohnung iS von § 8 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des [X.]([X.]<RBEG> vom 22.12.2016, [X.]3159; im Folgenden alte Fassung <aF>) leben, weil sie in einer Aufnahmeeinrichtung iS von § 44 Abs 1 AsylG (in der Fassung des AusrPflDG 2) oder in einer Gemeinschaftsunterkunft iS von § 53 Abs 1 AsylG (in der Fassung des AusrPflDG 2) oder nicht nur kurzfristig in einer vergleichbaren sonstigen Unterkunft untergebracht sind.

Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor. Den Feststellungen des [X.]lässt sich noch entnehmen, dass er gemeinsam mit anderen nach dem [X.]leistungsberechtigten Personen, zu denen keine Beziehungen familiärer oder freundschaftlicher Art bestanden, in einer gemeinschaftlichen Unterkunft lebt, die die Beklagte ihm (ebenso wie den anderen Personen) dauerhaft zur Deckung des [X.]zugewiesen hat. Damit lebte er in einer Unterkunft iS des § 3a Abs 1 [X.]b AsylbLG. Die weiteren räumlichen Gegebenheiten hat das [X.]zwar nicht festgestellt. Ob es sich bei der Unterkunft zugleich um eine Wohnung iS des § 8 Abs 1 Satz 2 [X.]aF handelte, also die Zusammenfassung mehrerer Räume, die von anderen Wohnungen oder Wohnräumen baulich getrennt sind und die in ihrer Gesamtheit alle für die Führung eines Haushalts notwendigen Einrichtungen, Ausstattungen und Räumlichkeiten umfassen, kann aber dahinstehen. Auch bei der Unterbringung in einer Sammelunterkunft kann - bei entsprechender Aufteilung des Gebäudes - ein Leben in einer Wohnung vorliegen (vgl [X.]in jurisPK-SGB XII, 4. Aufl 2024, § 3a AsylbLG, Rd[X.]47, Stand 1.5.2024), ohne dass dies allein zur Anwendung von § 3a Abs 1 [X.]AsylbLG führen würde. Der Gesetzgeber nimmt vielmehr mit dem Verweis auf Aufnahmeeinrichtungen iS des § 44 AsylG und Gemeinschaftsunterkünfte iS des § 53 AsylG, die beide im AsylG nicht weiter definiert werden, und vergleichbare sonstige Unterkünfte auf [X.]und die damit verbundene Gemeinschaftsunterbringung ohne weitere objektive und subjektive Voraussetzungen Bezug, an die er die Rechtsfolge des § 3a Abs 1 [X.]AsylbLG knüpft (BT-Drucks 19/10052 S 20; im Einzelnen unter 3.). Eine solche Unterbringung liegt hier jedenfalls vor; um eine Familiengemeinschaft, an deren Bestehen in § 3a Abs 1 [X.]a und [X.]bis 6 weitere Bedarfsstufen geknüpft werden, handelt es sich dagegen nicht. Ob der Kläger noch verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen (vgl § 47 Abs 1 Satz 1 AsylG in der Fassung des AusrPflDG 2) und es sich bei der Unterkunft um eine solche Einrichtung gehandelt hat, kann dahinstehen, weil die Deckung (auch) des notwendigen persönlichen Bedarfs durch Sachleistungen, die an eine solche Unterbringung geknüpft ist (vgl § 3 Abs 2 Satz 4 AsylbLG), im Nachhinein - wie ausgeführt - ausscheidet.

Der notwendige Bedarf des [X.]bestimmt sich dementsprechend nach § 3a Abs 2 [X.]b AsylbLG, der wortgleich zu § 3a Abs 1 [X.]b [X.]die Voraussetzungen für die Bedarfsstufe 2 definiert. Dieser Bedarf beträgt ab dem 1.1.2020 für erwachsene Leistungsberechtigte in einer Sammelunterkunft 177 Euro (vgl die Bekanntmachung vom 1.10.2019), wenn der notwendige Bedarf für Unterkunft, Heizung, Hausrat, Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie durch Sachleistungen gedeckt wird, wie dies hier der Fall ist. Insgesamt hat der Kläger auf Grundlage dieser gesetzlichen Vorschriften, die die Beklagte zutreffend angewandt hat, Geldleistungen in Höhe von 316 Euro und damit rechnerisch rund zehn Prozent geringere Leistungen erhalten als ein alleinstehender Leistungsberechtigter, der in einer Wohnung lebt (vgl § 3a Abs 1 [X.]1, § 3a Abs 2 [X.]AsylbLG, jeweils in Verbindung mit der Bekanntmachung vom 1.10.2019).

3. Zu einer den Kläger begünstigenden Entscheidung im Sinne der Zurückweisung der Revision kann der [X.]nur im Falle der Verfassungswidrigkeit der § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]gelangen. Nur wenn sich diese Vorschriften als verfassungswidrig erweisen, wovon der [X.]überzeugt ist (im Einzelnen unter 4.), kommt ein Anspruch unter Berücksichtigung der Bedarfsstufe 1 für alleinstehende erwachsene Leistungsberechtigte nach § 3a Abs 1 [X.]AsylbLG und § 3 Abs 2 [X.]AsylbLG in Betracht.

Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften scheidet aus. Entgegen der Ansicht des [X.](ebenso nur [X.]<LSG> vom 30.10.2023 - L 8 AY 33/23 - Rd[X.]61 ff; [X.]in BeckOK MigR, § 3a AsylbLG Rd[X.]6, Stand 1.7.2024) enthalten § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]kein weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einer tatsächlichen und nachweisbaren gemeinschaftlichen Haushaltsführung des Leistungsberechtigten mit anderen in der Sammelunterkunft Untergebrachten. Die Vorschriften sind einer Auslegung entgegen dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen nicht zugänglich (vgl [X.]in jurisPK-SGB XII, 4. Aufl 2024, § 3a AsylbLG Rd[X.]48 ff, Stand 1.5.2024; [X.]in BeckOK SozR, § 3a AsylbLG Rd[X.]7, Stand 1.6.2024; [X.]in Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, § 3a AsylbLG Rd[X.]46b; Spitzlei in BeckOK AuslR, § 3a AsylbLG Rd[X.]10, Stand 1.7.2024; [X.]Düsseldorf vom 13.4.2021 - [X.]AY 21/20 - Rd[X.]49; Bittner, [X.]2023, 889, 893; offen gelassen [X.]in Siefert, AsylbLG, 2. Aufl 2020, § 3a Rd[X.]20). Eine Norm ist zwar nur dann verfassungswidrig, wenn keine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung vereinbare Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten (vgl [X.]vom 30.3.1993 - 1 BvR 1045/89 - [X.]88, 145, 166 = juris Rd[X.]67; [X.]vom 19.9.2007 - 2 BvF 3/02 - [X.]119, 247, 274 = juris Rd[X.]92). Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet jedoch dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des [X.]in Widerspruch träte (vgl [X.]vom 15.10.1996 - 1 BvL 44/92 ua - [X.]95, 64, 93 = juris Rd[X.]130; [X.]vom 19.1.1999 - 1 BvR 2161/94 - [X.]99, 341, 358 = juris Rd[X.]57; [X.]vom 14.12.1999 - 1 BvR 1327/98 - [X.]101, 312, 329 = juris Rd[X.]52; [X.]vom 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11 - [X.]138, 64, 93, Rd[X.]86). So liegt der Fall hier.

Der Wortlaut der § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]ist eindeutig und lässt eine Deutung, nach der ein tatsächliches und nachweisbares gemeinsames Wirtschaften für die Anwendung der Bedarfsstufe 2 erforderlich ist, nicht zu. Die Anwendung der Bedarfsstufe 2 setzt dem Wortlaut nach lediglich die Unterbringung in einer Sammelunterkunft voraus. Die verfassungskonforme Auslegung wäre allenfalls im Wege einer teleologischen Reduktion möglich. Unabhängig von der Frage, ob eine solche Auslegung gegen den Wortlaut methodisch vertretbar ist, liegen ihre Voraussetzungen nicht vor. Denn es entspricht erkennbar dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wie er in den [X.]zum Ausdruck kommt, dass die Unterbringung in einer Sammelunterkunft zur Anwendung der Bedarfsstufe 2 führt, unabhängig davon, ob tatsächlich gemeinsam gewirtschaftet wird. Die Frage, ob die Bedarfsstufe 2 verfassungsgemäß ist, war bereits im Rahmen der Beteiligung zum Referentenentwurf und in der Anhörung des zuständigen Ausschusses im [X.]umstritten (vgl ausführlich [X.]vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - [X.]163, 254, Rd[X.]11 ff zur vergleichbaren Vorschrift des § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG in der Fassung des AsylbLGÄndG3, den der Gesetzgeber als Folgeänderung zu den Neuregelungen in § 3a AsylbLG zeitgleich eingefügt hat). Der fachlich zuständige Ausschuss des Bundesrates für Arbeit, Integration und Sozialpolitik sprach sich aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken und im Einzelnen begründet mit Unterschieden beim Zusammenleben von Paaren gegen die Einführung der Sonderbedarfsstufe in Sammelunterkünften aus (BR-Drucks 178/1/19 S 3, 6, 10). Die Bedenken wurden jedoch in der Sitzung des Bundesrates am 28.6.2019 nicht aufgegriffen; für die Empfehlung, den Vermittlungsausschuss anzurufen, stimmte nur eine Minderheit (vgl Bundesrat, Plenarprotokoll 979, Stenografischer Bericht S 274). Mehrheitlich stimmte auch der Bundesrat dem Gesetz trotz der geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken zu, sodass der gesetzgeberische Wille eindeutig ist.

Auch soweit das [X.]und dem folgend Länderministerien den zuständigen Kommunen empfehlen, die Regelungen in § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]aufgrund des Beschlusses des [X.]vom 19.10.2022 (1 BvL 3/21 - [X.]163, 254) zur Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG nicht anzuwenden (Bundestag, Plenarprotokoll 20/72, Stenografischer Bericht S 8440, Antwort auf Frage 24; Hinweise des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration [X.]zum AsylbLG, StGB [X.]vom 21.12.2022), entfällt im vorliegenden Fall nicht die Entscheidungserheblichkeit. Das [X.]hat lediglich § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG in der Fassung des [X.]mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art 20 Abs 1 GG für partiell unvereinbar erklärt, sodass § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]weiterhin Geltung beanspruchen. Die Hinweise des [X.]und der Länder entfalten keine Bindungswirkung für die Beklagte.

4. Zur Überzeugung des Senats verstoßen § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]jeweils in der Fassung des Art 1 [X.]5 AsylbLGÄndG3, soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Bedarf lediglich in Höhe der Bedarfsstufe 2 anerkannt wird, gegen Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art 20 Abs 1 GG.

a) Die Maßstäbe, an denen die Bestimmung der Bedarfe in Sammelunterkünften verfassungsrechtlich zu messen sind, ergeben sich für den [X.]aus den durch das [X.]in der Entscheidung vom 19.10.2022 (1 BvL 3/21 - [X.]163, 254) dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen aus Art 1 Abs 1 in Verbindung mit Art 20 Abs 1 GG. Mit dieser Entscheidung ist § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art 20 Abs 1 GG für unvereinbar erklärt worden, soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Regelbedarf lediglich in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird. Mit § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG hat der Gesetzgeber als Folgeregelung zu § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]eine Bestimmung getroffen, wonach alleinstehenden erwachsenen Leistungsberechtigten, die nach einem Aufenthalt von (damals) 18 Monaten im [X.]im Grundsatz abweichend von § 3 und 4 [X.]Anspruch auf (höhere) Leistungen entsprechend dem [X.]- (SGB XII) haben (sog Analogleistungsberechtigte), bei einer Unterbringung in einer Sammelunterkunft lediglich Bedarfe nach der Regelbedarfsstufe 2 zustehen. Diese Regelung ist verfassungswidrig.

Der Gesetzgeber, der die Sozialleistungen zur Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums fortlaufend realitätsgerichtet so zu bemessen hat, dass damit tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge getragen wird (grundlegend [X.]vom [X.]- 1 BvL 1/09 ua - [X.]125, 175, 225 = juris Rd[X.]139; [X.]vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10 ua - [X.]132, 134, 162, Rd[X.]69 ff; [X.]vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - [X.]137, 34, 73, Rd[X.]77 ff; [X.]vom [X.]- 1 BvR 371/11 - [X.]142, 353, 370 ff, Rd[X.]36, 38, 43), kann zwar die Inanspruchnahme [X.]Leistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz an den [X.]binden, also nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern können (vgl nur [X.]vom [X.]- 1 BvL 1/09 ua - [X.]125, 175, 222 = juris Rd[X.]133). Er kann auch von denjenigen, die staatliche Leistungen der [X.]Sicherung in Anspruch nehmen, verlangen, an der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit selbst aktiv mitzuwirken oder die Bedürftigkeit gar nicht erst eintreten zu lassen (vgl [X.]vom 5.11.2019 - 1 BvL 7/16 - [X.]152, 68, 117, Rd[X.]126). Er kann also den Bezug existenzsichernder Leistungen auch grundsätzlich an die Erfüllung der Obliegenheit knüpfen, tatsächlich eröffnete, hierfür geeignete, erforderliche und zumutbare Möglichkeiten zu ergreifen, die Bedürftigkeit unmittelbar zu vermeiden oder zu vermindern (vgl [X.]vom 5.11.2019 - 1 BvL 7/16 - [X.]152, 68, 148, Rd[X.]209). Eine Obliegenheit, durch gemeinsames Wirtschaften in einer Sammelunterkunft den Bedarf an existenzsichernden Leistungen des Staates zu senken, dient dem legitimen Ziel, den [X.]zu verwirklichen. Dabei darf der Gesetzgeber Bedarfe aber nicht pauschal nur auf der Grundlage der Vermutung absenken, dass Bedarfe bereits anderweitig gedeckt sind und Leistungen daher nicht zur Existenzsicherung benötigt werden, ohne dass dies für die konkreten Verhältnisse hinreichend tragfähig belegt wäre. Die pauschale Leistungskürzung im Anwendungsbereich des § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG ist deshalb nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Es fehlt an hinreichend tragfähigen Anhaltspunkten für die Annahme, dass in den Sammelunterkünften tatsächlich typischerweise die Voraussetzungen dafür vorliegen, durch die Erfüllung der Obliegenheit gemeinsamen Wirtschaftens Einsparungen in dem Umfang erzielen zu können, dass dies die pauschale Absenkung des Regelbedarfs um zehn Prozent rechtfertigen könnte.

Das [X.]hat zu § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG weiter ausgeführt, der Gesetzgeber habe zu den tatsächlichen Bedarfen keine Erhebungen in Sammelunterkünften angestellt und die Erwägung, beim notwendigen Bedarf an Nahrung könne eingespart werden, etwa indem Lebensmittel oder zumindest der [X.]in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werde (vgl BT-Drucks 19/10052 S 24), werde nicht auf Tatsachen gestützt ([X.]vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - [X.]163, 254, 285, Rd[X.]71). Auch die vom [X.]selbst eingeholten Stellungnahmen sprechen eher dagegen, dass in den Sammelunterkünften durch gemeinsames Wirtschaften tatsächlich nennenswerte Einsparungen erzielt würden ([X.]vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - [X.]163, 254, 286, Rd[X.]72). Die gegenüber der Regelbedarfsstufe 1 pauschal abgesenkte Leistungshöhe im Anwendungsbereich von § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG kann auch nicht tragfähig darauf gestützt werden, dass die im Grundsatz zulässige Annahme von Einsparungen in [X.]auf [X.]übertragen werden könnte. Der Gesetzgeber formuliert diese Annahme, ohne tatsächliche Grundlagen für die Gleichsetzung zu benennen. Anders als bei in einer Wohnung zusammenlebenden Paaren kann der Gesetzgeber bei Alleinstehenden in einer Sammelunterkunft auch unter Berücksichtigung der in den vorliegenden Stellungnahmen geschilderten tatsächlichen Situation nicht als Regelfall unterstellen, dass sie mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern tatsächlich gemeinsam "aus einem Topf" wirtschafteten und insofern mit [X.]vergleichbar seien (so aber BT-Drucks 19/10052 S 19 f, 23 ff). Für diese Annahme haben sich im Verfahren wegen der Verfassungsmäßigkeit von § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG keine Anhaltspunkte ergeben, was das [X.]im Einzelnen dargestellt hat ([X.]vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - [X.]163, 254, 286, Rd[X.]73 ff).

b) Die Regelungen in § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]sind mit den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht zu vereinbaren, soweit alleinstehenden erwachsenen Leistungsberechtigten in Sammelunterkünften niedrigere Leistungen zuerkannt werden. Für Grundleistungsberechtigte ergeben sich zur Überzeugung des Senats ebenfalls keine gesicherten Belege dafür, dass in Sammelunterkünften Einsparungen ermöglicht werden, die für alleinstehende erwachsene Leistungsberechtigte eine Bemessung des Bedarfs nach der Bedarfsstufe 2 rechtfertigen könnten.

Es kann zwar nicht festgestellt werden, dass die nach §§ 3, 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]in der Höhe bestimmten Geldleistungen bereits evident unzureichend sind. Diese Prüfung bezieht sich nur auf die Höhe der Leistungen in der Gesamtschau. [X.]unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in [X.]ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (vgl [X.]vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - [X.]137, 34, 75, Rd[X.]81; [X.]vom [X.]- 1 BvR 371/11 - [X.]142, 353, 372, Rd[X.]41). Bei der [X.]berücksichtigt der [X.]strukturelle Unterschiede der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG und dem allgemeinen Grundsicherungsrecht bei dem direkten Vergleich der Höhe nach. Trotz beachtlicher Leistungsunterschiede liegt eine Evidenz unzureichender Leistungen nicht vor. Das vom Gesetzgeber angeführte [X.]der mangelnden Aufenthaltsverfestigung in den ersten Monaten für eine abweichende Bemessung des existenznotwendigen Bedarfs von Leistungsberechtigten nach §§ 1, 3 [X.](vgl BT-Drucks 18/7538 S 21 f) ist nicht offensichtlich als unsachlich oder ungeeignet zu bewerten (vgl Bayerisches L[X.]vom 30.10.2023 - L 8 AY 33/23 - Rd[X.]66; L[X.]Niedersachsen-Bremen vom 26.1.2021 - L 8 AY 21/19 - Rd[X.]60 ff mwN; [X.]in jurisPK-SGB XII, 4. Aufl 2024, § 3 AsylbLG Rd[X.]55, Stand 23.12.2024; [X.]in Cantzler, AsylbLG, 1. Aufl 2019, § 3 Rd[X.]44; aA wohl [X.]in Siefert, AsylbLG, 2. Aufl 2020, § 3a Rd[X.]9; offen gelassen [X.]in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 8. Aufl 2024, § 3a AsylbLG Rd[X.]12).

Die in § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]vorgenommene Bemessung von Leistungen für den regelmäßigen Bedarf zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz in Höhe der Bedarfsstufe 2 ist aber derzeit nicht tragfähig begründbar (ebenso [X.]in jurisPK-SGB XII, § 3a AsylbLG Rd[X.]49 ff, Stand 1.5.2024; [X.]in Siefert, AsylbLG, 2. Aufl 2020, § 3a Rd[X.]17; [X.]in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 8. Aufl 2024, § 3a AsylbLG Rd[X.]12; Spitzlei in BeckOK AuslR, § 3a AsylbLG Rd[X.]10, Stand 1.7.2024; Spitzlei, [X.]2023, 243, 245; Goldbach, [X.]2023, 41, 43; Seidl, [X.]2023, 306, 318; unklar [X.]in Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, § 3a AsylbLG Rd[X.]46b).

§ 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]liegt dasselbe Regelungskonzept wie § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG zugrunde. Die tatbestandlichen Voraussetzungen und im Ausgangspunkt auch die Rechtsfolge sind im Grund- und [X.]für den Personenkreis der alleinstehenden Leistungsberechtigten in Sammelunterkünften identisch. Der Gesetzgeber begründet die Normen identisch. Er nimmt für die Begründung des § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG auf § 3a Abs 1 [X.]AsylbLG und § 3a Abs 2 [X.]AsylbLG Bezug; es handele es sich bei § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG nur um eine Folgeänderung zu den Neuregelungen in § 3a (BT-Drucks 19/10052 S 19 f). Folglich hat sich auch die Kritik an der Regelung im Ausschuss des Bundesrates für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (oben unter 3.) in erster Linie gegen die Regelungen in § 3a AsylbLG gerichtet (vgl BR-Drucks 178/1/19 S 6, 10).

Mit den vom [X.]erbetenen Stellungnahmen der Länder ([X.]vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - [X.]163, 254, 269, Rd[X.]31) und sachkundiger Dritter ([X.]vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - [X.]163, 254, 270, Rd[X.]33 ff), die dem [X.]bei seiner Entscheidung vorlagen, wird nicht erkennbar, dass die in den Sammelunterkünften wohnenden alleinstehenden Grundleistungsberechtigten regelmäßig tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern erzielen, die einer Absenkung der Leistungshöhe um zehn Prozent gegenüber der Bedarfsstufe 1 entsprechen. In den Stellungnahmen wird deutlich, dass die Lebensverhältnisse in Sammelunterkünften sich nicht danach unterscheiden lassen, ob Leistungsberechtigte sich im [X.]oder im [X.]befinden. Wie für [X.]erweist sich damit eine Obliegenheit gemeinsamen Wirtschaftens auch für Grundleistungsberechtigte nicht als verhältnismäßig im engeren Sinne, weil nicht hinreichend gesichert ist, dass in den Sammelunterkünften auch tatsächlich die Voraussetzungen dafür vorliegen, diese erfüllen und so Einsparungen in entsprechender Höhe erzielen zu können. Auch für Grundleistungsempfänger fehlt für die vom Gesetzgeber behaupteten konkreten Synergieeffekte jeder Nachweis. Allein die zeitliche Begrenzung der abgesenkten Grundleistungen auf die ersten 18 Monate Aufenthalt im Bundesgebiet, nach deren Ablauf im streitigen Zeitraum noch Anspruch auf [X.]nach § 2 AsylbLG in Verbindung mit dem [X.]bestand, führt zu keinem anderen Befund. Aus der (voraussichtlichen) Dauer des Aufenthalts im Inland lässt sich in keiner Weise ableiten, dass konkrete Synergieeffekte beim Zusammenleben in Sammelunterkünften entstehen. Dies behauptet auch der Gesetzgeber nicht.

Der [X.]ist nach alledem zu der Überzeugung gelangt, dass die Ausführungen des [X.]zur Verfassungswidrigkeit von § 2 Abs 1 Satz 4 [X.]AsylbLG in der Fassung des Art 1 [X.]des [X.]zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom [X.]([X.]1290; [X.]vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - [X.]163, 254, 284, Rd[X.]69-94) bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zum Grundleistungsbezug in § 3a Abs 1 [X.]b [X.]und § 3a Abs 2 [X.]b [X.]in gleicher Weise Beachtung finden müssen und zur Verfassungswidrigkeit der Normen führen. Dies entspricht offenbar auch der Auffassung im zuständigen Fachministerium. Der Gesetzgeber hat gleichwohl trotz viermaliger Änderung des [X.]seit Oktober 2022 in anderen Punkten keine weitere Begründung für die vorgenommene Differenzierung bei dem Leben in Sammelunterkünften aufgezeigt (vgl zu solchen Möglichkeiten [X.]vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - [X.]163, 254, 293, Rd[X.]88 ff) unabhängig davon, welche Bedeutung dies für zurückliegende Leistungszeiträume hätte. Er hat es weiterhin unterlassen, die tatsächlichen Grundlagen für die Gleichsetzung der in den Sammelunterkünften wohnenden alleinstehenden Grundleistungsberechtigten mit erwachsenen Leistungsberechtigten, die mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenleben, darzustellen und durch empirische Erkenntnisse zu belegen. Mit Art 3 [X.]des Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21.2.2024 ([X.][X.]54) ist mit Wirkung vom [X.]vielmehr die Wartefrist für [X.]in § 2 Abs 1 Satz 1 AsylbLG von 18 auf 36 Monate verlängert und damit die Belastung, die für alleinstehende Grundleistungsberechtigte in Sammelunterkünften durch die Absenkung auf die Bedarfsstufe 2 entsteht, deutlich vergrößert worden. Auch mit dieser Gesetzesänderung wird aber nach wie vor nicht begründet dargelegt, dass die in den Sammelunterkünften wohnenden alleinstehenden Grundleistungsberechtigten regelmäßig tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern erzielen, die einer Absenkung der Leistungshöhe um zehn Prozent gegenüber der Bedarfsstufe 1 entsprechen.

Meta

B 8 AY 1/22 R

26.09.2024

Bundessozialgericht 8. Senat

Vorlagebeschluss

Sachgebiet: AY

vorgehend SG Gelsenkirchen, 8. April 2021, Az: S 32 AY 30/20, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 AsylbLG, § 3 Abs 1 AsylbLG, § 3a Abs 1 Nr 2 Buchst b AsylbLG vom 13.08.2019, § 3a Abs 2 Nr 2 Buchst b AsylbLG vom 13.08.2019, AsylbLG§3aAbs4Bek, Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 100 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Vorlagebeschluss vom 26.09.2024, Az. B 8 AY 1/22 R (REWIS RS 2024, 11849)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 11849

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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