Bundespatentgericht, Urteil vom 29.11.2012, Az. 2 Ni 26/11

2. Senat | REWIS RS 2012, 899

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Verfahren zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und/oder Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeitsdaten/Mindestanwendbarkeitsdaten (europäisches Patent)" – zur erfinderischen Tätigkeit


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 102 20 060

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.], Dipl.-Phys. [X.]. [X.], Dipl.-Phys. Dr. rer. [X.] und Dipl.-Phys. Univ. Dr. Forkel

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 102 20 060 wird für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

I.

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 4. Mai 2002 angemeldeten Patents [X.] 20 060 B4 ([X.]), dessen Erteilung am 26. Februar 2004 veröffentlicht worden ist. Das [X.] hat die Bezeichnung

2

3

und umfasst 15 Patentansprüche. Neben den nebengeordneten Ansprüchen 1, 2, 7 und 11 beinhaltet das [X.] dabei die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Ansprüche 3 bis 6, 8 bis 10 und 12 bis 15.

4

Die erteilten nebengeordneten Ansprüche haben folgenden Wortlaut:

5

„1. Verfahren zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und/oder Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeitsdaten/Mindestanwendbarkeitsdaten,

6

dadurch gekennzeichnet, dass

7

der Strichcode/Barcode/Kennzeichnungsbereich, neben der Produktkennzeichnung zusätzlich mindestens eine Mindesthaltbarkeits- bzw. [X.] enthält und, dass bei der Bestimmung (Bewertung) der „verbleibenden [X.]/ [X.]" bedarfsgerecht gegebenenfalls noch ein Sicherheitszeitraum /eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird.“

8

„2. Verfahren zur Bewertung (Bestimmung) der „verbleibenden [X.]/[X.]" von Lebensmitteln und/oder Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeitsdaten/Mindestanwendbarkeits-daten,

9

dadurch gekennzeichnet, dass

ein Vergleich der Informationen (Mindesthaltbarkeitsdaten/Mindestanwend-barkeitsdaten) des [X.] durchgeführt wird, ob der ermittelte/zu erwartende Anwendungszeitraum kleiner/gleich/größer ist, als die „verbleibende Mindestanwendbarkeits-dauer/[X.]".

„7. Produktidentifizierender Strichcode/Barcode/Kenn-zeichnungsbereich zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeitsdaten/ Mindestanwendbar-keitsdaten,

dadurch gekennzeichnet, dass

neben der Information bezüglich der [X.], die Informationen bzgl. der Mindesthaltbarkeit bei Lebensmitteln oder der Mindest-brauchbarkeit/Mindestverwendbarkeit bei Arzneimitteln, welche auch mittels Strichcode-Kennzeichnung auf der Verpackung/auf dem Produkt aufgebracht sind, bzw. diese somit gekennzeichnet sind, bei der Ausgabe-/ Abgabestelle oder im Kassenbereich miterfasst und verwertet/ausgewertet werden können und, dass bei der Bewertung (Bestimmung) der „verbleibenden [X.]/ [X.]" bedarfsgerecht gegebenenfalls noch ein Sicherheitszeitraum/eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird.“

„11. Produktidentifizierender Strichcode/Barcode/Kennzeichnungsbereich zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeits-daten / Mindestanwendbarkeitsdaten,

dadurch gekennzeichnet, dass

neben der Information bezüglich der [X.], die Informationen bzgl. der Mindesthaltbarkeit bei Lebensmitteln oder der Mindestbrauchbarkeit / Mindestverwendbarkeit bei Arzneimitteln, welche auch mittels Strichcode-Kennzeichnung auf der Verpackung / auf dem Produkt aufgebracht sind, bzw. diese somit gekennzeichnet sind, bei der [X.] oder im Kassenbereich mittels eines „kombinierten" Erfassungsvorganges / Lesevorganges / Scannervorganges erfasst werden können und, dass bei der Bewertung (Bestimmung) der „verbleibenden [X.] / [X.]" bedarfsgerecht gegebenenfalls noch ein Sicherheitszeitraum / eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird.“

Hinsichtlich des Wortlauts der auf die erteilten Ansprüche 1, 2, 7 und 11 direkt oder indirekt rückbezogenen [X.] 3 bis 6, 8 bis 10 und 12 bis 15 wird auf die [X.]schrift Bezug genommen.

Die Beklagte verteidigt das [X.] nach Hauptantrag im Umfang der mit Schriftsatz vom 01. Oktober 2012 ([X.]. 100 d. A.) dargelegten und – nach Hinweis des Senats vom 30. Oktober 2012 ([X.]. 113 d. A.) – mit Schriftsatz vom 12. November 2012 ([X.]. 117 R, 118 d. A) als vollständige Anspruchssätze eingereichten Ansprüche 1 bis 13. Danach umfasst das nach Hauptantrag verteidigte [X.] die nebengeordneten Ansprüche 1 und 6 sowie die auf diese beiden Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen [X.] 2 bis 5 (rückbezogen auf Anspruch 1) bzw. 7 bis 13 (rückbezogen auf Anspruch 6).

Hauptantrag hat danach folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 sind unter- bzw. durchgestrichen):

und Verkaufsverhinderung von Lebensmitteln und/oder Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeitsdaten / Mindestanwendbarkeitsdaten,

dadurch gekennzeichnet, dass

der Strichcode / Barcode / Kennzeichnungsbereich, neben der Produktkennzeichnung zusätzlich mindestens eine Mindesthaltbarkeits- bzw. [X.] enthält und

gegebenenfalls noch ein Sicherheitszeitraum / eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird.“

Der nebengeordnete Patentanspruch 6 gemäß Hauptantrag lautet:

        

„Produktidentifizierender Strichcode / Barcode / Kennzeichnungsbereich zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und Arzneimitteln mit Mindest-haltbarkeitsdaten / Mindestanwendbarkeitsdaten zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1,

 dadurch gekennzeichnet, dass

Mindesthaltbarkeitsdaten / Mindestanwendbarkeitsdaten bei der Ausgabe- / Abgabestelle oder im Kassenbereich miterfasst und verwertet / ausgewertet werden können und/oder mittels eines „kombinierten" Erfassungsvorganges/ Lesevorganges / Scannervorganges erfasst werden können.“

Wegen des Wortlauts der jeweils unmittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 sowie der jeweils unmittelbar auf Patentanspruch 6 zurückbezogenen Ansprüche 7 bis 13 gemäß Hauptantrag wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 12. November 2012 ([X.]. 117 R, 118 d. A.) Bezug genommen.

Hilfsantrag 1 ), weiter hilfsweise nach einer der Fassungen der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträge 2 und 3.

[X.] lautet (Änderungen gegenüber Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag sind untergestrichen):

im Verkaufsraum / Abgabestelle von Lebensmitteln und/oder Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeitsdaten / Mindestanwendbarkeitsdaten,

dadurch gekennzeichnet, dass

der Strichcode / Barcode / Kennzeichnungsbereich, neben der [X.] zusätzlich mindestens eine Mindesthaltbarkeits- bzw. [X.] enthält und, dass bei der Bestimmung (Bewertung) der „verbleibenden [X.]/Mindesthalt-barkeitsdauer" bedarfsgerecht noch ein Sicherheitszeitraum / eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird.“

Der abhängige, auf Patentanspruch 1 rückbezogene Patentanspruch 4 in der Fassung des [X.] lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 4 gemäß Hauptantrag sind unter- bzw. durchgestrichen):

„Verfahren nach Anspruch 1,

dadurch gekennzeichnet, dass

bei der Bestimmung der verbleibenden [X.]/ [X.], bedarfsgerecht noch ein Sicherheitszeitraum / eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird, der größer als Null jeden strategischen Wert annehmen kann.“

Die weiteren Patentansprüche 2 und 3 sowie 5 bis 13 gemäß Hilfsantrag 2 entsprechen dem Hauptantrag.

Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von Hilfsantrag 2 dadurch, dass der abhängige Patentanspruch 4 gestrichen wurde. Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 3 entsprechen daher den Patentansprüchen 1 bis 3 und 5 bis 13 gemäß Hilfsantrag 2, letztere als neu nummerierte Ansprüche 4 bis 12 mit entsprechend geänderten Rückbezügen (mit Ausnahme des nebengeordneten Anspruchs 5, welcher Anspruch 6 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht).

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des [X.]s sei sowohl in der Fassung des [X.] wie auch der Hilfsanträge gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Sie beruft sich dazu auf die Dokumente

[X.] „[X.] 128 Teil I, [X.] und Dateninhalte im [X.] 128Standard", mit Datumsvermerk 1.4.1993

K5 Fachartikel „Europäischer Verband der Hersteller von [X.] empfiehlt [X.] 128-Standard" in „[X.]“, [X.], Ausgabe 2/2000

K6 AIM Inc. ITS/99-001, [X.], [X.] ([X.]) vom 29. Oktober 1999

K7 Bestätigungsschreiben der [X.] an die Klägerin mit Datum 7. September 2010

K8 Schreiben der [X.] ohne erkennbaren Adressaten mit Datum November 2000

Im Prüfungsverfahren vor dem [X.] ist außerdem folgende Druckschrift in Betracht gezogen worden:

D1 [X.] 196 25 307 C2

K9).

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 102 20 060 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das [X.] in der verteidigten Fassung richtet;

hilfsweise verteidigt sie das [X.] in der erteilten Fassung (Hilfsantrag 1), weiter hilfsweise nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten [X.] 2 und 3.

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält den Gegenstand des [X.]s für schutzfähig, jedenfalls in einer der Fassungen der Hilfsanträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, mit welcher der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit geltend gemacht wird (§ 22 Abs. 1 i. V. m. §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1, 4 [X.]), ist begründet.

[X.]

1) Ausweislich der erteilten Beschreibung bezieht sich das Streitpatent auf einen produktidentifizierenden Strichcode / Barcode / Kennzeichnungsbereich zur Kenn-zeichnung von Lebensmitteln und/oder Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeits-daten/[X.]sdaten sowie ein entsprechendes Kennzeichnungs-verfahren, welcher/welches neben der Information bezüglich der [X.], die Informationen bzgl. der Mindesthaltbarkeit bei Lebensmitteln oder der Mindest-brauchbarkeit / Mindestverwendbarkeit bei Arzneimitteln enthält, welche auch mittels Strichcode-Kennzeichnung auf der Verpackung / auf dem Produkt bzw. der Ware aufgebracht / angebracht werden bzw. diese somit gekennzeichnet werden, um diese bei der Ausgabe- / Abgabestelle oder im Kassenbereich miterfassen zu können, um diese Information mittels eines Verfahrens hinsichtlich Mindesthaltbarkeit bzw. [X.] verwerten/auswerten zu können, um ein "Passieren" von "zeitkritischen" Waren / Produkten zu erkennen und um dieses gegebenenfalls verhindern zu können.

Dabei geht das Streitpatent von an sich bekannten Produktcodes - bspw. Strichcodes zur [X.] - aus, welche im bzw. am [X.] für den Benutzer generieren und anzeigen können, bzw. dem Benutzer bereitgestellt werden.

2) Von diesem Stand der Technik ausgehend ist es Aufgabe der Erfindung, einen produktidentifizierenden Strichcode / Barcode / Kennzeichnungsbereich zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und [/oder] Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeitsdaten/[X.]sdaten sowie ein Kennzeichnungsverfahren vorzustellen, welcher/welches neben der Information bezüglich der [X.], die Informationen bzgl. der Mindesthaltbarkeit bei Lebensmitteln oder der Mindestbrauchbarkeit / Mindestverwendbarkeit bei Arzneimitteln, welche auch mittels Strichcode-Kennzeichnung auf der Verpackung / auf dem Produkt bzw. der Ware aufgebracht/angebracht werden, bzw. diese somit gekennzeichnet werden, um diese bei der Ausgabe- / Abgabestelle oder im Kassenbereich miterfassen zu können, um diese Information mittels eines Verfahrens hinsichtlich Mindesthaltbarkeit bzw. [X.] verwerten / auswerten zu können, um ein "Passieren" von "zeitkritischen" Waren / Produkten zu erkennen und um dieses gegebenenfalls verhindern zu können

Hauptantrag, bzw. 1, 2, 7 und 11 gemäß Hilfsantrag 1 bzw. Ansprüche 1 und 6 gemäß Hilfsantrag 2 bzw. Ansprüche 1 und 5 gemäß Hilfsantrag 3 gelöst werden.

In Merkmale gegliedert lautet Patentanspruch 1 des [X.] daher:

M1 „Verfahren zur Kennzeichnung und Verkaufsverhinderung von Lebensmitteln und/oder Arzneimitteln mit Mindesthaltbarkeitsdaten / [X.]sdaten,

dadurch gekennzeichnet, dass

[X.] der Strichcode / Barcode / Kennzeichnungsbereich, neben der Produktkennzeichnung zusätzlich mindestens eine Mindesthaltbarkeits- bzw. [X.]s-Information enthält und,

[X.] dass bei der Bestimmung (Bewertung) der „verbleibenden [X.]sdauer / [X.]“ bedarfsgerecht noch ein Sicherheitszeitraum / eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird.“

Hauptantrag wird die Lösung verfahrensseitig dadurch erzielt, dass der Strichcode / Barcode / Kennzeichnungsbereich, neben der [X.] zusätzlich mindestens eine Mindesthaltbarkeits- bzw. [X.] enthält und, dass bei der Bestimmung (Bewertung) der „verbleibenden [X.]sdauer / [X.]" [X.] noch ein Sicherheitszeitraum / eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird.

Bei der Beurteilung des Streitpatentgegenstands ist die Auslegung der im Streitpatent verwendeten Begriffe wesentlich. So sind die Begriffe „[X.]“ bzw. bei Arzneimitteln „[X.]s-Information“ und „verbleibende [X.]“ bzw. bei Arzneimitteln „verbleibende [X.]sdauer“ nach der Beschreibung des Streitpatents sowie nach den Ausführungen der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung so auszulegen, dass bei der angegebenen [X.] bei Lebensmitteln das Produkt noch vollständig verwertbar ist; bei Arzneimitteln ([X.]s-Information) tritt bis zu diesem Zeitpunkt die gewünschte therapeutische Wirkung mit Sicherheit ein.

Die „verbleibende [X.]“ bzw. „verbleibende [X.]sdauer“ stellt den Zeitraum zwischen dem aktuellen Tagesdatum und der auf der Ware als Tagesdatum abgespeicherten „[X.]“ / „[X.]s-Information“ dar

„bedarfsgerecht“ berücksichtigte Sicherheitszeitraum stellt gemäß den Ausführungen der Streitpatentschrift einen Korrekturfaktor dar, der von der jeweiligen „Haus-Philosophie“ individuell abhängig ist bzw. festlegbar ist

Dieser Sachverhalt ergibt sich auch aus der, von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung überreichten, grafischen Aufarbeitung des Sachverhalts (Druckschrift K9), wobei das dort angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum gemäß den Ausführungen der Patentinhaberin der [X.] des Anspruchs 1 entspricht.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass nach [X.] und Streitpatentbeschreibung unter den Begriff „Bestimmung der verbleibenden Mindest-anwendbarkeitsdauer / [X.]" auch deren Bewertung fällt

5) Maßgeblicher Fachmann ist vorliegend ein berufserfahrener, in der Entwicklung von Warencodiersystemen [X.] Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Verfahrenstechnik mit Fachhochschulabschluss.

I[X.]

Die Verfahren nach den jeweiligen Ansprüchen 1 nach Hauptantrag bzw. nach den [X.] 1 bis 3 erweisen sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als nicht patentfähig. Die Frage der Zulässigkeit der im [X.] geänderten Ansprüche nach Hauptantrag bzw. nach den [X.] 2 und 3 kann somit dahinstehen.

1) Anspruch 1 nach Hauptantrag

bedarfsgerechten Berücksichtigung eines Sicherheitsabstandes überhaupt eine erfinderische Tätigkeit abgeleitet werden kann

Ferner kann dahinstehen, ob die jeweiligen Anspruchssätze möglicherweise teilweise nichttechnische Merkmale aufweisen, welche bei einer Berücksichtigung hinsichtlich der Patentfähigkeit des jeweiligen Anspruchsgegenstands unberücksichtigt bleiben

Denn auch bei einer Auslegung des Anspruchsgegenstands im Sinne der Pateninhaberin beruht das mit Anspruch 1 nach Hauptantrag verteidigte Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Druckschrift [X.] ein Verfahren bekannt vollständig sichergestellt ist Merkmal M1

Merkmal [X.] .

Merkmal [X.] ohne bedarfsgerechten Sicherheitszeit-raum/Sicherheitsdauer

bedarfsgerecht noch ein Sicherheitszeitraum / eine Sicherheitsdauer berücksichtigt wird, möchte die Patentinhaberin so ausgelegt wissen, dass das bedarfsgerechte Berücksichtigen des [X.] an der jeweiligen Packungsgröße festgemacht ist

Denn der die Arzneimittelpackung ausgebende Apotheker aus Druckschrift [X.] ist bereits aus Gründen der dort beschriebenen persönlichen Haftung

Dieses selbstverständliche, aus gesetzlichen Normen abgeleitete, routinemäßige Vorgehen des Apothekers ist jedoch nicht geeignet, die erfinderische Tätigkeit des nach Anspruch 1 / Hauptantrag verteidigten Verfahrens zu begründen.

Denn der mit der Umsetzung dieser bekannten, manuellen (gedanklichen) Abläufe betraute Fachmann ist aufgrund der ihm bekannten Vorgehensweise des Apothekers veranlasst, diese manuelle (gedankliche) Tätigkeit bei der Auslegung eines entsprechenden automatisierten Verfahrens zu berücksichtigen. Er wird daher entsprechende (im Übrigen im verteidigten Anspruch 1 und darüber hinaus auch im Streitpatent nicht weiter offenbarte) technische Mittel - hier beispielsweise eine entsprechende Programmierung der aus Druckschrift [X.] bekannten Registrierkasse zur geeigneten Verknüpfung der zur Verfügung stehenden [X.] - zur Sicherstellung dieser Abläufe ergreifen.

Merkmal [X.] mit bedarfsgerechten Sicherheitszeitraum/Sicherheitsdauer für den Fachmann in naheliegender Weise aus Kenntnis der Druckschrift [X.] und den in dieser Druckschrift beschriebenen normativen Anforderungen. Damit beruht das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist somit nicht patentfähig.

2) Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 entspricht dem erteilten Patentanspruch 1. Dieser unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch den Wegfall des nach Hauptantrag angegebenen Verwendungszwecks „zur Verkaufsverhinderung“ sowie dadurch, dass der Sicherheitszeitraum / eine Sicherheitsdauer lediglich „gegebenenfalls“ berücksichtigt wird. Somit ist Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 erkennbar weiter gefasst als Anspruch 1 nach Hauptantrag. Vorstehende Ausführungen zum Hauptantrag gelten daher in gleicher Weise.

Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist daher ebenfalls nicht patentfähig.

3) Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem nach Hauptantrag durch die Einschränkung, wonach die Verkaufsverhinderung im Verkaufsraum / in einer Abgabestelle stattfindet. Zweifelsfrei ist dies auch bei der Lehre der Druckschrift [X.] gegeben (Registrierkasse), so dass vorstehende Ausführungen zum Anspruch 1 nach Hauptantrag auch hier gelten. Auch der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist somit nicht patentfähig.

4) Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 ist identisch zu Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2. Vorstehendes gilt daher in gleicher Weise für diesen Anspruch.

5) Ob unabhängig von den nicht patentfähigen Ansprüchen 1 nach Hauptantrag bzw. nach einem der Hilfsanträge 1 bis 3 hinsichtlich der geltenden unabhängigen bzw. abhängigen Ansprüche eine patentfähige Erfindung vorliegt, bedarf keiner Klärung, da auf die jeweiligen abhängigen bzw. unabhängigen Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war bzw. ein solches im Verfahren erkennbar vorgetragen wurde (vgl. [X.], [X.], 862 Leitsatz –

Bei vorliegender Sachlage war das [X.] Patent 102 20 060 daher für nichtig zu erklären.

II[X.]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

2 Ni 26/11

29.11.2012

Bundespatentgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 29.11.2012, Az. 2 Ni 26/11 (REWIS RS 2012, 899)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 899


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 42/13

Bundesgerichtshof, X ZR 42/13, 12.02.2014.


Az. 2 Ni 26/11

Bundespatentgericht, 2 Ni 26/11, 29.11.2012.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

11 W (pat) 4/17 (Bundespatentgericht)

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Küchenmaschine" – zur erfinderischen Tätigkeit bei einer Küchenmaschine mit einem Einlernmodus für Rezepte


4 Ni 6/14 (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Verfahren zum Prüfen von Reifen" (deutsches Patent)" – zur Verteidigung vor dem Bundespatentgericht: …


2 Ni 5/16 (EP) hinzuverb., 2 2 Ni 5/16 (EP) hinzuverb., 2 Ni 11/17 (EP) (Bundespatentgericht)

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


1 Ni 6/18, KoF 87/20 (Bundespatentgericht)


1 Ni 6/18 (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitssache – „Vorrichtung zur optischen Verkehrsraumüberwachung in einem Fahrzeug“ – Stand der Technik – keine …


Referenzen
Wird zitiert von

X ZR 42/13

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.