Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2014, Az. IX ZB 60/13

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 726

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IX ZB 60/13

vom

4. Dezember 2014

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 12 Abs. 1; [X.] § 63 Abs. 1; [X.] § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1
Die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters
nach den Regelsätzen ver-letzt trotz der Geldentwertung seit dem Inkrafttreten der [X.] im [X.] derzeit noch nicht den Anspruch des Verwalters auf eine seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessene Vergütung.

[X.], Beschluss vom 4. Dezember 2014 -
IX ZB 60/13 -
LG [X.]

[X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], Grupp und die Richterin Möhring

am 4. Dezember 2014
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 31. Juli 2013 wird auf Kosten des
weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des
Rechtsbeschwerdeverfahrens
wird auf 12.117,14

festgesetzt.

Gründe:

I.

Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am
15.
Oktober 2009 über das Vermögen der Schuldnerin
eröffneten Insolvenzverfahren.
Am 28.
November 2012 beantragte er, seine Vergütung auf insgesamt 75.930,83

festzusetzen (64.561,57

Vergütung und
11.369,26

jeweils
einschließlich Um-satzsteuer). Dabei
legte er
einen Zuschlag
zur [X.]
in Höhe von 20
v.[X.] zugrunde wegen des
obstruktiven
Verhaltens
des Geschäftsführers der Schuldnerin und wegen der
ungeordneten Geschäftsunterlagen sowie einen weiteren Zuschlag in Höhe von 20
v.[X.] als Inflationsausgleich, weil die [X.] des §
2 Abs.
1 [X.] seit dem [X.] nicht angepasst worden seien.

1
-

3

-

Das Insolvenzgericht hat die Vergütung einschließlich der Auslagen auf insgesamt 63.117,52

den als Inflationsausgleich beantrag-ten Zuschlag versagt und von der Vergütung
Kosten für die Beauftragung Drit-ter
in Höhe von
netto
3.292,68

abgesetzt, die der weitere Beteiligte bereits der Masse entnommen hatte. Hierzu gehörte auch
der Betrag für
eine anwaltliche Kostenrechnung in Höhe von netto 2.302,70

-
und [X.] sowie für Maßnahmen der Zwangsvollstreckung.
Außerdem hat es die zu erstattenden Auslagen um netto 500

Die sofortige Beschwerde
des weiteren Beteiligten
hat nur hinsichtlich der Auslagen Erfolg gehabt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der
weitere
Beteiligte seinen Festsetzungsantrag in Höhe von 12.117,14

. Der Betrag umfasst
den als Inflationsaus-gleich beantragten Zuschlag
(7.879,77

sowie die Kürzung der Vergütung um die anwaltliche Honorarrechnung
(2.302,70

jeweils zuzüglich Umsatzsteuer.

II.

Die statthafte (§
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 ZPO) und
auch im Übrigen zu-lässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das [X.] hat ausgeführt, maßgebend für einen Zuschlag nach §
3 Abs.
1 [X.] sei, ob der Insolvenzverwalter durch die Bearbeitung stärker als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich beansprucht worden sei. Generelle Erwägungen wie die allgemeine Preissteigerung und der [X.], dass die Bearbeitung von Insolvenzverfahren allgemein aufwändiger ge-2
3
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5
-

4

-
worden sei,
könnten keinen Zuschlag rechtfertigen. Es sei Sache des [X.], hier einen Ausgleich zu schaffen. Mit Recht habe das Amtsgericht auch die an einen Rechtsanwalt gezahlten Kosten für ein Mahn-
und Vollstreckungs-verfahren von der Vergütung abgezogen. Es habe sich nicht um Tätigkeiten gehandelt, die es gerechtfertigt hätten, einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a)
Im Ergebnis zutreffend
hat das Beschwerdegericht einen Zuschlag von 20
v.[X.] zur
[X.] nach §
3 Abs.
1 [X.] als Ausgleich für die Inflation
und für den Zuwachs an Aufgaben der
Insolvenzverwalter seit 1999
abgelehnt.

aa)
Ob
der
Verwalter
einen Zuschlag auf seine [X.] als Infla-tionsausgleich verlangen kann, wird unterschiedlich beurteilt.
Ein
Teil
der Litera-tur geht davon aus, dass ein solcher Zuschlag erforderlich sei, um eine
mit Blick auf Art.
12 GG
angemessene Vergütung zu gewährleisten ([X.][X.], [X.], 2.
Aufl., §
2 Rn. 4a; [X.] in Kübler/[X.], [X.], 2013, §
2 [X.] Rn. 29 ff; [X.], [X.], 2.
Aufl., §
2 [X.] Rn. 6;
Keller in [X.], 2010, [X.], 253
ff, 258; vgl. auch BK-[X.]/Blersch, 2004, §
2 [X.] Rn.
3
ff). Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens
der Insolvenzrechtlichen Ver-gütungsverordnung im [X.] bis April des
Jahres
2013 betrage die Entwer-tung
der [X.]
24
v.[X.], weil
der Verbraucherpreisindex in dieser [X.] auf 114,8 angestiegen sei (vgl. [X.] in [X.]/[X.], aaO). Eine weitere Verkürzung der Vergütungssätze folge aus der Umstellung von [X.] zu [X.] im gerundeten Austauschverhältnis von lediglich zwei
zu eins
([X.], aaO Rn. 30). Aus diesem Grund sei, wie schon zu der bis 1999 geltenden
Ver-gütungsverordnung vertreten (vgl. [X.], [X.] 1981, 1014 f; [X.], [X.] 6
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5

-
1989, 382, 383; [X.], [X.], 2.
Aufl., §
3 Rn. 12
ff; [X.]/[X.]/[X.], [X.]/[X.], 2. Aufl., § 3 [X.] Rn. 9
ff; jeweils mwN), ein Inflationsausgleich vorzunehmen, und zwar im Wege eines
Zuschlags ge-mäß §
3 Abs.
1 [X.] in Höhe von zumindest 20
v.[X.] zur
[X.] des
§
2 Abs.
1 [X.] ([X.], aaO Rn. 40
ff; [X.] in [X.]/[X.], aaO;
vgl. auch
Keller in Festschrift [X.], aaO S.
258).

In der Instanzrechtsprechung ist demgegenüber
bislang ein inflationsbe-dingter
Zuschlag
mit der Begründung
abgelehnt worden, die Insolvenzrechtliche
Vergütungsverordnung
sehe für eingetretene Inflation oder Mehrbelastung ei-nen Zuschlag nicht vor. Einen solchen Zuschlagstatbestand zu schaffen,
sei Aufgabe des Gesetzgebers
([X.], Z[X.] 2013, 1810, 1811).
Diese Auffassung
findet auch in der Literatur Zustimmung ([X.],
[X.], 5. Aufl., §
2 Rn. 9 und §
3 Rn.
78; dies.
Z[X.] 2014, 573, 577).
Zudem
wird [X.] hingewiesen, dass die Insolvenzmasse als Berechnungsgrundlage eben-falls der Inflation unterliege und sich damit in
gleichem Maße verändere wie die nach einem Prozentsatz derselben zu bemessende Vergütung
([X.], [X.], aaO; dies., Z[X.] 2014, aaO S. 574 ff).
Teilweise werden die Bedenken hinsichtlich der [X.]en Entwertung der Regelvergü-tung im Grundsatz
geteilt,
eine Anpassung der Regelsätze durch Rechtsfortbil-dung der Insolvenzgerichte aber gleichwohl für den jetzigen Zeitpunkt mit der Begründung
abgelehnt, die seit dem [X.] erfolgte Änderung des wirt-schaftlichen Umfeldes sei noch nicht groß
genug
([X.]/[X.],
[X.], §
2 Rn.
82
f und §
3 Rn.
225 f).

bb)
Zutreffend ist
der Ausgangspunkt der Rechtsbeschwerde, dass die gesetzlichen Bestimmungen für die Insolvenzverwaltervergütung am Maßstab des Art.
12 Abs.
1 GG zu messen sind ([X.], Beschluss vom 15. Januar 2004 9
10
-

6

-
-
IX
ZB 96/03, [X.]Z 157, 282, 286; [X.]E 88, 145, 159). Nach
§
63 Abs.
1 Satz 1 [X.] hat der Verwalter Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsfüh-rung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Diese Norm
ist
verfassungs-konform dahin auszulegen, dass die dem Verwalter zustehende Vergütung ins-gesamt einen seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessenen Umfang erreichen muss ([X.], Beschluss vom 15. Januar 2004, aaO; vom 13.
März 2008 -
IX
ZB 63/05, [X.] 2008, 976 Rn. 11; vgl.
[X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
63 Rn. 3; [X.]/[X.] in Kübler/[X.], [X.], 2006, Vor §
1 [X.] Rn. 1; jeweils mwN). Diese
Vorgabe hat der Verordnungsgeber bei der Ausgestaltung der auf der Grundlage von §
65 [X.] erlassenen
Insolvenz-rechtlichen
Vergütungsverordnung zu beachten ([X.], Beschluss vom 15.
Januar 2004, aaO
S. 286 f).

cc) Gemessen hieran ist ein
Anspruch des Insolvenzverwalters auf Erhö-hung der [X.] nach §
3 Abs.
1 [X.] um einen Zuschlag als
Inflati-onsausgleich jedoch zu verneinen.

(1) Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, ob §
3 Abs.
1 [X.] eine geeignete Rechtsgrundlage für den von der Rechtsbe-schwerde erstrebten Inflationsausgleich bietet. Dagegen wird geltend gemacht, dass §
3 Abs.
1 [X.] einen Zuschlag lediglich für tätigkeitsbezogene Er-schwernisse
im konkreten Verfahren gewährt ([X.], Z[X.] 2013, 1810, 1811; [X.], [X.], 5. Aufl., §
3 Rn. 78; dies., Z[X.] 2014, 573, 577; [X.], NJW 2004, 1282, 1283; vgl. auch [X.], Beschluss vom 15.
Januar 2004, aaO S. 299
f; Amtliche Begründung zu §
2 [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl., [X.]).
Würde die Erhöhung der [X.] ausschließ-lich mit der laufenden Geldentwertung begründet, handelte es sich nicht um 11
12
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7

-
einen tätigkeitsbezogenen Zuschlag. In Betracht käme daher auch eine die [X.] ausgleichende Erhöhung der Degressionsstufen des §
2 Abs.
1 [X.].

(2)
Ein Inflationsausgleich kann jedenfalls deshalb nicht gewährt werden, weil derzeit nicht festgestellt werden kann, dass
die dem Verwalter nach [X.] der Regelsätze des §
2 Abs.
1 [X.] zustehende Vergütung insgesamt nicht einen seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessenen Umfang erreicht.
Die [X.]e Geldentwertung seit dem [X.] führt nicht dazu, dass die Vergütung nach den
Regelsätzen
des §
2 Abs. 1 [X.] unan-gemessen niedrig
wäre.

Zwar
hat sich der Verbraucherpreisindex
für [X.]
unter Zugrun-delegung der Basiszahl 100 für das [X.] von Januar
1999 bis
Juni 2014 von 83,9 auf 106,7 erhöht ([X.], [X.] für [X.], Stand: Juni 2014). Die Entwicklung der Verbraucherpreise
ist jedoch nur eingeschränkt geeignet, eine
Entwertung
der Vergütung des [X.] zu
bestimmen. Der Insolvenzverwalter übt eine
unternehmeri-sche Tätigkeit aus. Welcher Teil seiner Vergütung ihm letztlich als Gewinn ver-bleibt, hängt wesentlich von den bei seiner Tätigkeit anfallenden Kosten ab. Die Entwicklung dieser Kosten, die nicht zwingend mit der Entwicklung der Ver-braucherpreise einhergeht
und hinter dieser zurückbleiben kann, kann deshalb nicht völlig außer Betracht bleiben, wenn die Angemessenheit der Vergütung in Frage steht
(vgl. [X.], [X.], 5. Aufl., §
3 Rn. 78).

Zudem wirkt sich die aus der
Erhöhung der Verbraucherpreise
abzulei-tende Geldentwertung nicht nur auf den Wert der Verwaltervergütung
aus, [X.] auch auf den Umfang der Masse und damit auf die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters. Da sich die Regelsätze prozentual auf die 13
14
15
-

8

-
Insolvenzmasse
beziehen, steigt mit dieser
auch die [X.] (vgl. [X.], [X.] 1989, 382, 383; [X.], [X.], aaO §
2 Rn.
9 und §
3 Rn.
78; dies., Z[X.] 2014, 573, 574
ff).
Allerdings wird damit die inflationsbe-dingte Entwertung der Vergütung wegen des degressiven Aufbaus der [X.] in §
2 Abs.
1 [X.] nicht vollständig aufgefangen (vgl. [X.], aaO
zu §
3 Abs.
1 [X.]). Nach den Berechnungen von [X.] (Z[X.] 2014, 573, 575
f)
ergibt
sich
auch
bei Berücksichtigung eines inflationsbeding-ten Anstiegs der Teilungsmasse
je nach Größe der Masse eine Entwertung der Vergütung im Bereich zwischen 0,74 v.[X.] und 17,83 v.[X.] Da die Staffelsätze des §
2 Abs. 1 [X.] keine nach dem konkreten Tätigkeitsaufwand berechnete Vergütung gewährleisten, sondern systembedingt auf eine Pauschalierung und auf einen gewissen [X.] zwischen Verfahren mit eher geringen Teilungsmassen einerseits und Verfahren mit größeren Teilungsmassen ande-rerseits ausgerichtet sind (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Januar 2004, aaO [X.]; vom 13. März 2008 -
IX
ZB 63/05, [X.] 2008, 976 Rn. 12; vom 25. Juni 2009 -
IX
ZB 118/08, Z[X.] 2009, 1511 Rn. 3; [X.], [X.], 5.
Aufl., §
2 Rn. 7; [X.], EWiR 2004, 985, 986), ist eine Gesamtbetrach-tung des [X.] in den verschiedenen Degressionsstufen des §
2 Abs.
1 [X.] anzustellen. Diese Gesamtschau
erlaubt, auch
im Hinblick auf die nur eingeschränkte Eignung der Entwicklung der Verbraucherpreise für hier vorzunehmende Beurteilung,
nicht den Schluss, dass derzeit [X.] eine angemessene Vergütung des Insolvenzverwalters bei Anwendung der Re-gelsätze der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung verfehlt wird.

dd)
Soweit die Insolvenzordnung dem Insolvenzverwalter gegenüber dem früheren Konkursverwalter neue Aufgaben übertragen hat (vgl. §§
156 f, §
166, §
93 [X.]), ist dies vom Verordnungsgeber bei der Bemessung der [X.] berücksichtigt worden
(vgl. Amtliche Begründung zu §
2 [X.], abge-16
-

9

-
druckt z.B. in [X.], [X.], 5. Aufl., [X.]). Dass sich die Aufgaben des Insolvenzverwalters im Regelverfahren inhaltlich oder dem Umfang nach seit
dem
Inkrafttreten der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung im
[X.]
derart verändert hätten, dass die
nach
§
2 Abs. 1 [X.] ermittelte Regel-vergütung
auch im Zusammentreffen mit der allgemeinen Geldentwertung nicht mehr angemessen erschiene,
ist nicht ersichtlich.
Gleiches gilt für die
Kosten
des Insolvenzverwalters, deren Veränderung für die Beurteilung der [X.] der Vergütung ebenfalls in den Blick zu nehmen ist (vgl. [X.], [X.] vom 15.
Januar 2004 -
IX
ZB 96/03, [X.]Z 157, 282, 293 ff; vom 20.
Januar 2005 -
IX
ZB 134/04, [X.], 522, 524).

b)
Die Entscheidung des [X.] erweist sich auch hinsicht-lich der Kürzung der Vergütung um einen Betrag in Höhe von 2.302,70

netto
als zutreffend. Der
weitere
Beteiligte
hat
diesen Betrag der Masse entnommen
und einer Rechtsanwältin überlassen, die er
mit der Beantragung eines Mahn-
und [X.] sowie mit Maßnahmen im Rahmen der Zwangs-vollstreckung beauftragt hatte.

aa) Mit der Vergütung des Insolvenzverwalters sind die allgemeinen Ge-schäftskosten abgegolten (§
4 Abs.
1
Satz 1 [X.]). Zur Erledigung besonderer Aufgaben darf der Verwalter für die Masse Dienst-
oder Werkverträge abschlie-ßen und die angemessene Vergütung aus der Masse zahlen (§
4 Abs.
1 Satz 3 [X.]).
Macht der Verwalter von dieser Möglichkeit Gebrauch, ist das Insol-venzgericht
berechtigt und verpflichtet zu prüfen, ob die besonderen Aufgaben in Wahrheit nicht allgemeine Geschäfte betrafen und die gesondert aus der Masse entnommenen Beträge somit eine zusätzliche, nicht gerechtfertigte Ver-gütung des Verwalters darstellen. Kommt es zu dem Ergebnis, dass keine be-sonderen Aufgaben vorlagen, weil insbesondere die kostenträchtige Einschal-17
18
-

10

-
tung Externer nicht erforderlich war, kann es die
Vergütung um den zu Unrecht aus der Masse entnommenen Betrag kürzen ([X.], Beschluss vom 11.
November 2004 -
IX
ZB 48/04, [X.] 2005, 36 f;
vom 3.
Juli 2008 -
IX
ZB 167/07, BeckRS 2008, 14059 Rn. 9 f; vom 19.
April 2012 -
IX
ZB 23/11, Z[X.] 2012, 928 Rn. 20
f; vom 14.
November 2012 -
IX
ZB 95/10, Z[X.] 2013, 152 Rn.
7).
Beauftragt der Verwalter einen Rechtsanwalt mit einer Tätigkeit, die zu seinem Aufgabenkreis gehört, handelt es sich dann um eine besondere Aufga-be im Sinne von §
4 Abs.
1 Satz 3 [X.], wenn ein Verwalter, der selbst Rechtsanwalt ist, nach §
5 Abs.
1 [X.] für die eigene Ausführung der Tätigkeit Anwaltsgebühren aus der Masse entnehmen dürfte. Dies ist bei Aufgaben der Fall, deren Ausführung besondere rechtliche Fähigkeiten erfordert und daher von einem Verwalter,
der nicht selbst Volljurist ist, bei sachgerechter [X.] in der Regel einem Rechtsanwalt hätte übertragen werden müssen
([X.], Beschluss vom 11.
November 2004, aaO S. 38; vom 3.
Juli 2008, aaO Rn. 10).

bb) Nach diesen Maßstäben handelte es sich bei der auf die externe Rechtsanwältin übertragenen Beantragung eines Mahn-
und Vollstreckungsbe-scheides nicht
um eine besondere Aufgabe.

(1) Die übertragenen Tätigkeiten betrafen den Forderungseinzug und damit die Verwertung des Vermögens der Schuldnerin. Diese gehört zu den
Kernaufgaben
des Verwalters. Der Forderungseinzug setzt in der Regel
keine besondere
Sachkunde
voraus, welche die Einschaltung eines Rechtsanwalts rechtfertigte
(vgl. [X.], [X.] 2007, 334, 335; [X.], [X.], 559, 560; [X.], [X.], 560, 561; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
4 [X.] Rn. 16; [X.], [X.], 5.
Aufl., §
4 Rn.
44a; [X.]/[X.], [X.], §
4 Rn.
33 und 38, §
5 Rn.
7). Dies gilt jedenfalls 19
20
-

11

-
dann, wenn es um den Einzug unstreitiger Forderungen
geht (vgl. [X.], [X.] vom 11. November 2004, aaO S. 38; vom 8.
Juli 2010 -
IX
ZB 222/09, Z[X.] 2010, 1503 Rn. 6; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
5 Rn.
22; [X.] in Stephan/[X.], [X.], §
5 Rn. 7; HmbKomm-[X.]/[X.], 4.
Aufl., §
4 [X.] Rn. 4).

(2) Im Streitfall war die einzuziehende Forderung nach dem eigenen Vor-trag des weiteren Beteiligten vom Drittschuldner nicht bestritten. Es waren le-diglich zwei Zahlungsaufforderungen ohne Erfolg geblieben. Mit besonderen Schwierigkeiten bei der weiteren Durchsetzung der Forderung war deshalb nicht zu rechnen. Es konnte davon ausgegangen werden, dass der [X.] lediglich zahlungsunwillig oder zahlungsunfähig war. Das gerichtliche Ver-fahren zur Erwirkung eines Mahn-
und Vollstreckungsbescheids ist Bestandteil des unstreitigen [X.]
(vgl. [X.]/[X.], [X.], §
4 Rn.
38). Die Antragstellung weist mit Blick auf den nach §
703c Abs.
2 ZPO maßgeben-den strengen [X.] regelmäßig auch keine besondere Schwierigkeit auf, so dass sogar eine geschäftlich unerfahrene [X.] anwaltlicher Hilfe im Allgemeinen nicht bedarf ([X.], Beschluss vom 11.
Februar 2010 -
IX
ZB 175/07, Z[X.] 2010, 478 Rn. 8 f mwN (Prozesskostenhilfe). Umso mehr gilt dies für einen Insolvenzverwalter, bei dem, auch wenn er kein Rechtsanwalt ist, Geschäftskundigkeit vorausgesetzt wird (§
56 Abs.
1 Satz 1
[X.]).

(3) Der Einwand der
Rechtsbeschwerde, schon kleine und mittlere Un-ternehmen beauftragten
mit dem
Forderungseinzug im Interesse einer
zügigen
und erfolgreichen
Bearbeitung einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounterneh-men, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine
solche Arbeitsteilung mag aus der Sicht des Unternehmens betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Im [X.] gehört der Forderungseinzug jedoch zu den dem Insolvenzverwalter 21
22
-

12

-
übertragenen Aufgaben, deren Erfüllung mit der Vergütung abgegolten wird und die er deshalb nicht mit der Folge einer zusätzlichen Belastung
der Masse
auf Dritte delegieren darf.

cc)
Der weitere Beteiligte
durfte auch nicht die von ihm genannten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen -
vier Anträge auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses, zwei Anträge auf nochmalige Abgabe der ei-desstattlichen Versicherung sowie eine Auswertung des Vermögensverzeich-nisses
-
zu Lasten der Masse auf die Rechtsanwältin übertragen.

(1) Nach überwiegender Auffassung ist für einfach gelagerte
Maßnah-men der
Zwangsvollstreckung
keine anwaltliche Hilfe erforderlich (vgl.
[X.], aaO;
[X.], aaO;
[X.], aaO;
[X.], [X.], 2.
Aufl., §
5 Rn.
20; [X.] in Kübler/[X.], [X.], 2012, §
4 [X.] Rn.
85; [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
63 Rn.
34;
[X.], [X.], 5. Aufl., § 4 Rn.
44a und § 5 Rn. 19;
[X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., § 5 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], § 4 Rn.
33 und § 5 Rn. 7; [X.], [X.], 2. Aufl., §
5 [X.] Rn. 10).
Die Gegenauffassung
hält
anwaltliche Hilfe auch in einfach gelagerten Fällen für notwendig
(BK-[X.]/Blersch,
2004,
§
5
[X.]
Rn. 12; [X.]/[X.], [X.], 17. Aufl., §
85
KO
Anm. 2a;
[X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 5 Rn. 31
(aufgegeben in der 5.
Aufl.);
[X.] [X.], Rpfleger 1968, 251, 255). Bei Einleitung der [X.] sei regelmäßig noch nicht abzusehen, ob sich das Verfahren
als ein-fach gestalte;
auch erfordere die Zwangsvollstreckung besondere Kenntnisse, Beharrlichkeit und Wendigkeit, wenn sie Erfolg haben solle ([X.]/[X.], aaO; BK-[X.]/Blersch, aaO; [X.]/[X.]/[X.], aaO).
23
24
-

13

-

(2) Entsprechend den dargelegten allgemeinen Grundsätzen ist die Be-auftragung eines Rechtsanwalts zur Durchführung von Zwangsvollstreckungs-maßnahmen nur gerechtfertigt, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Schwie-rigkeiten des Einzelfalls dies erfordern, weil der Insolvenzverwalter die anste-hende Aufgabe trotz seiner Geschäftskundigkeit nicht selbst erledigen kann. Dies ist bei den hier in Rede stehenden einfach gelagerten Vollstreckungsmaß-nahmen
regelmäßig nicht der Fall
(vgl. [X.], Beschluss vom 18.
Juli 2003 -
IXa
ZB 124/03, [X.], 441
f (Prozesskostenhilfe). Die Ermittlung der maß-geblichen Pfändungsfreibeträge bei einer
Forderungsvollstreckung ist jedem Verwalter schon mit Blick auf §
36 Abs.
4 Satz 2 [X.] geläufig (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Juli 2010 -
IX
ZR 37/09, [X.]Z 186, 242 Rn. 23). Gleiches gilt ange-sichts der Verwalterpflichten nach den §§
148
ff [X.] für die Auswertung eines Vermögensverzeichnisses. Dass die Anträge auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung

25
-

14

-

besondere Schwierigkeiten bereiteten oder sich solche im Zuge der Vollstre-ckung ergaben, macht auch die Rechtsbeschwerde nicht geltend.

Kayser
Gehrlein
Fischer

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.04.2013 -
10 IN 372/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 31.07.2013 -
4 [X.]/13 -

Meta

IX ZB 60/13

04.12.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2014, Az. IX ZB 60/13 (REWIS RS 2014, 726)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 726

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZB 60/13

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