Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2010, Az. V ZR 193/09

V. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5717

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 18. Juni 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 23 Abs. 4 Aus der Kompetenz, den Gebrauch (§ 15 [X.]), die Verwaltung (§ 21 [X.]) und die Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftli-[X.]n Eigentums (§ 22 [X.]) durch Mehrheitsbeschluss zu regeln, folgt nicht die Befugnis, den Wohnungseigentümern außerhalb der gemein-schaftli[X.]n Kosten und Lasten Leistungspflichten aufzuerlegen.
[X.], Urteil vom 18. Juni 2010 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 18. Juni 2010 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des [X.], Zivilkammer 18, vom 7. Oktober 2009 unter Zurückwei-sung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über die Klage entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sa[X.] zur neuen Verhandlung und Ents[X.]idung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im Übrigen bleibt die Berufung des [X.]n zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der [X.] ist als Mitglied der klagenden [X.] Eigentümer zweier Wohnungen, zu der die in einer Garage befindli-[X.]n Kraftfahrzeugstellplätze Nr. 80 und 81 gehören. Diese Stellplätze trennte der [X.] im Jahr 2006 von der übrigen Garage durch Anbringung von [X.] und eines Rolltors ab, nachdem eines seiner Fahrzeuge entwen-det und zumindest ein weiteres beschädigt worden war. In der Eigentümerver-sammlung vom 19. Juni 2007 beantragte er die Genehmigung der von ihm er-griffenen Si[X.]rungsmaßnahmen. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. 1 - 3 - Darüber hinaus beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, den [X.] "gemeinschaftli[X.]rseits zum Rückbau der [X.] aufzufordern und zu verpflichten. Kommt er einer befristeten Rückbauanforderung der Verwaltung nicht fristgerecht nach, so soll ein Rechtsanwalt mit der Durchsetzung des gemeinschaftli[X.]n Rückbauanspru[X.]s beauftragt werden, der diesen gegebenenfalls auch vor Gericht verfolgen und durchsetzen soll." 2 Beide Beschlüsse wurden bestandskräftig. Der Aufforderung des Verwal-ters, die sogenannte Gitterbox zu beseitigen, kam der [X.] nicht nach. Das Amtsgericht hat den [X.]n zur Beseitigung der Gitterbox und zum Verschließen nach der Demontage verbleibender Lö[X.]r verurteilt. Die auf Verurteilung der Klägerin zur Genehmigung der Gitterbox gerichtete Widerklage hat es abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung, mit der der [X.] un-ter anderem erneut dem Vorbringen der Klägerin entgegen getreten ist, bei der Gitterbox handle es sich um eine bauli[X.] Veränderung, die Nutzungsmöglich-keiten der übrigen Garagennutzer würden beeinträchtigt, davon abgesehen lie-ge eine erhebli[X.] optis[X.] Beeinträchtigung vor, ist erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt der [X.] seine Anträge weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. 3 Ents[X.]idungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dem auf der Eigen-tümerversammlung vom 19. Juni 2007 gefassten Beschluss komme an-spruchsbegründende Wirkung zu. Da die Beschlüsse nur anfechtbar seien und 4 - 4 - der [X.] von der Möglichkeit der Anfechtung keinen Gebrauch gemacht habe, seien Feststellungen dazu, ob durch die Gitterboxelemente und das Roll-tor die übrigen Eigentümer in einem nach § 14 Nr. 1 [X.] unzulässigen Maß beeinträchtigt würden, entbehrlich. I[X.] Die Revision ist nur teilweise begründet. 5 1. Die Zulässigkeit der Klage und der Widerklage hat das Berufungsge-richt der Sa[X.] nach zutreffend bejaht. 6 a) Soweit die Klage auf Ansprü[X.] gestützt wird, die den [X.] als Individualansprü[X.] zustehen, ist die Prozessführungsbefugnis der Klägerin gegeben. Durch den Beschluss vom 19. Juni 2007 sind sol[X.] An-sprü[X.] jedenfalls auf die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Ausübung übertragen worden (sog. Ansichziehen). Die Klägerin ist damit kraft Gesetzes prozessführungsbefugt (vgl. [X.], Urt. v. 15. Januar 2010, [X.], NJW 2010, 933, 934 m.w.[X.]). Das gilt nach § 140 BGB selbst dann, wenn man den genannten Beschluss wegen fehlender [X.] für nichtig erach-tet (zur Anwendbarkeit der Norm auf Beschlüsse der Wohnungseigentümer vgl. nur [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 23 [X.]. 30 m.w.[X.]). 7 b) Die Widerklage s[X.]itert nicht schon am fehlenden [X.]. Denn der [X.] hat die Wohnungseigentümerversammlung erfolglos mit seinem Anliegen befasst (zu dieser Voraussetzung, [X.], Urt. v. 15. Januar 2010, [X.], [X.], 205, 206). 8 - 5 - 2. In der Sa[X.] halten die Erwägungen des Berufungsgerichts einer revi-sionsrechtli[X.]n Überprüfung nicht stand, soweit es die Klage für begründet erachtet hat. Dabei kann offen bleiben, ob der Beschluss der Wohnungseigen-tümer vom 19. Juni 2007 bei der gebotenen objektiven Deutung nächstliegend im Sinne der eigenständigen Begründung einer Rückbauverpflichtung auszule-gen ist. [X.] man die Frage, kommt es, was das Berufungsgericht offen gelassen hat, darauf an, ob die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 15 Abs. 3 [X.], 1004 BGB gegeben sind. [X.] man sie, ergibt sich nichts anderes, weil der genannte Beschluss dann - entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts - mangels [X.] nichtig wäre. 9 a) Dass eine Leistungspflicht gegen den Willen des Schuldners durch ei-nen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht konstitutiv begründet werden kann, hat der [X.] bereits entschieden (vgl. Urt. v. 15. Januar 2010, [X.], [X.], 285 ff. [X.]. 10 f.; ebenso etwa auch [X.]/[X.], [X.], aaO, § 22 [X.]. 308; [X.], [X.], 542 ff.; jeweils m.w.[X.] auch zum Streitstand). Ist eine Angelegenheit weder durch das Gesetz noch durch eine Vereinbarung dem Mehrheitsprinzip unterworfen, fehlt den [X.] von vornherein die [X.]; ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss ist nichtig. Die gesetzli[X.]n Vorgaben können nach § 10 Abs. 2 [X.] nur durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer, nicht aber im [X.] abbedungen werden. Was danach zu vereinbaren ist, kann nicht beschlossen werden, solange nicht vereinbart ist, dass auch dies be-schlossen werden darf (vgl. zum Ganzen [X.], [X.] 145, 158, 163 ff.). 10 Für Beseitigungsansprü[X.], mit denen die Beseitigung einer bauli[X.]n Veränderung gefordert wird, gilt nichts anderes. Zwar ist dem Berufungsgericht im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass Angelegenheiten, die die Regelung des Gebrauchs (§ 15 [X.]), der Verwaltung (§ 21 [X.]) und der Instandhaltung 11 - 6 - oder Instandsetzung des gemeinschaftli[X.]n Eigentums (§ 22 [X.]) betreffen, der Regelung durch Mehrheitsbeschluss zugänglich sind (vgl. auch [X.], [X.] 145, 158, 168 f.). Die genannten Kompetenzen begründen jedoch nicht die Befugnis, den Wohnungseigentümern außerhalb der gemeinschaftli[X.]n Kosten und Lasten (vgl. auch § 21 Abs. 7 [X.]) Leistungspflichten - man denke etwa an die Verpflichtung zur tätigen Mithilfe bei der Reparatur eines beschä-digten Gebäudes - aufzuerlegen (zutreffend [X.], [X.], 542 ff.). Be-schließen die Wohnungseigentümer in den genannten Berei[X.]n Maßnahmen, können die damit verbundenen Kosten zwar notfalls auch unter Abänderung des laufenden [X.] durch Mehrheitsbeschluss auf die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft umgelegt werden (vgl. nur [X.], [X.] 108, 44, 47; [X.]/[X.], aaO, § 28 [X.]. 37 ff.). Eine Kompetenz zur Begründung darüber hinausgehender - von gesetzli[X.]n [X.] losge-löster - Leistungsverpflichtungen durch Mehrheitsbeschluss geht damit jedoch nicht einher. Insoweit können die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbe-schluss lediglich festlegen, ob und in wel[X.]m Umfang ein ihrer Meinung nach bestehender Anspruch gerichtlich geltend gemacht und ggf. durchgesetzt wer-den soll ([X.], aaO, 543 f.). b) Nach dem derzeitigen [X.] ist das Berufungsurteil über den [X.] auch nicht aus anderen Gründen richtig. Feststellungen zu den Voraussetzungen der §§ 15 Abs. 3 [X.], 1004 BGB hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - nicht getroffen. Da der Beschluss vom 19. Juni 2007 nach seinem klaren Wortlaut und bei [X.] auch keine Gebrauchsregelung und damit keine verbindli[X.] Vorgabe [X.] enthält, was als nachteilig im Sinne von § 14 Nr. 1 [X.] anzusehen ist (zu einem sol[X.]n Fall vgl. OLG Düsseldorf ZWE 2005, 236, 239 f.), ist der [X.] mit Blick auf den [X.] nicht zur Endents[X.]idung reif. Die [X.] - 7 - [X.] ist daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderli[X.]n Feststellungen getroffen werden können. 13 3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht dagegen die Abwei-sung der Widerklage bestätigt. Diese ist unbegründet, weil die beklagte [X.] nicht passivlegitimiert ist. Klagen nach den §§ 15 Abs. 3, 21 Abs. 4 [X.] sind gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten (vgl. nur [X.]/[X.], aaO, § 21 [X.]. 53 und 55). Über die Frage, ob und wel[X.] Si[X.]rungsmaßnahmen im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung zu treffen sind, haben zuvörderst die Wohnungseigentümer zu befinden. Da deren verweigerte Genehmigung ersetzt werden soll, ist die Klage gegen diese zu richten. Krüger [X.] Lemke Schmidt-Räntsch Roth Vorinstanzen: [X.], Ents[X.]idung vom 06.05.2008 - 303C C 121/07 - [X.], Ents[X.]idung vom 07.10.2009 - 318 S 60/08 -

Meta

V ZR 193/09

18.06.2010

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2010, Az. V ZR 193/09 (REWIS RS 2010, 5717)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5717

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