Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2016, Az. VI ZR 453/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12398

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:260416BVIZR453.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR
453/14

vom

26. April 2016

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
26. April 2016
durch den
Vorsitzenden [X.], die Richter
Stöhr und Offenloch
und die Richterin-nen
Dr. Oehler
und
Dr. Roloff

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der
Kläger wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] in [X.]
vom 25. September
2014
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung hinsichtlich der Berufungsanträge zu 1, 2 und
8
sowie hinsichtlich des [X.] zu 7
insoweit zurückgewiesen worden ist, als die damit begehrten außergericht-lichen Rechtsverfolgungskosten den Betrag von 1.918,04

Zinsen übersteigen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das [X.] wird auf bis 140.000

festgesetzt.

-
3
-

Gründe:
I.
Die Kläger verlangen
von den Beklagten
Schadensersatz im [X.] mit dem Erwerb von Wertpapieren.
Die Beklagten waren alleinige Vorstände der zwischenzeitlich [X.], die unter anderem im Bereich der Anlageberatung tätig war und ihre Erträge insbesondere durch Provisionen der Emittenten der empfohlenen [X.] erwirtschaftete. In den Jahren 2007 und 2008 erwarb und veräußerte die [X.] für die Kläger im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrags Wertpapie-re.
Zudem kauften die Kläger im Zeitraum von November 2007
bis Mai
2008
aufgrund
Beratung und Empfehlung der
A.
AG verschiedene Wertpapiere. [X.] den außerhalb
des Vermögensverwaltungsvertrags
erworbenen
Wertpapie-ren befanden sich -
neben
anderen Genussscheinen -
Inhabergenussscheine
der [X.].

Die
Kläger haben
unter anderem behauptet, sie seien
nicht hinreichend über die mit den Anlagen verbundenen Risiken -
insbesondere das Emittenten-
und das Totalverlustrisiko
-
aufgeklärt worden. Dafür seien die Beklagten ver-antwortlich, da sie ihre Kundenberater systematisch zu einer fehlerhaften Anla-geberatung veranlasst hätten.
Soweit sie Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens
ist, haben
die
Kläger mit ihrer
Klage Schadensersatz in Höhe der für die
Wertpapie-re
gezahlten Kaufpreise abzüglich erzielter Erlöse
Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus von
ihnen
noch gehaltenen
Wertpapieren
sowie Ersatz vor-gerichtlicher Rechtsanwaltskosten jeweils nebst Verzugszinsen verlangt. Ferner haben
sie
die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagten mit den Gegenleis-1
2
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4
-
4
-

tungen in Annahmeverzug befinden. Die Klage hatte
nach vollständiger [X.] durch das Landgericht
in der
Berufungsinstanz Erfolg nur bezüglich
der für den
Erwerb der
Wertpapiere der
[X.]
aufgewendeten Beträge nebst Verzugszinsen sowie bezüglich der
darauf entfallenden
Rechtsverfol-gungskosten.
Im Übrigen wurde die Berufung der
Kläger zurückgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen wenden
sich die Kläger mit ihrer
Nichtzulassungsbeschwerde.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg.
Sie führt im beantragten [X.] gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Die Kläger rügen
zu Recht, das Berufungsgericht habe ihren Anspruch aus Art.
103 Abs.
1 GG auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
1.
Soweit nicht die Wertpapiere der [X.] betroffen sind, hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der
Kläger
verneint. Zur [X.] hat es, soweit für das Nichtzulassungsbe-schwerdeverfahren von Interesse, ausgeführt, die Beklagten hafteten den
Klä-gern
insoweit nicht nach § 826 BGB. Zwar seien die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädigung
im Hinblick auf die außerhalb des [X.] von den Klägern selbst erworbenen Wertpapiere
-
anders als hin-sichtlich der von der [X.] für die Kläger im Rahmen des [X.] erworbenen Wertpapiere -
nach
dem Klägervortrag erfüllt. Denn danach hätten die Beklagten das Unternehmen derart organisiert, dass die [X.] die Anleger flächendeckend und umfassend entgegen ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, vor allem ihrer Risikobereitschaft, beraten 5
6
-
5
-

hätten. Die Kläger behaupteten, im Rahmen einer von der [X.] genommenen Stichprobe hätten sich in den Depots sämtlicher 1.111 von der Stichprobe erfasster Anleger Genussscheine der Risikoklassen 3 und 4 befunden, obwohl die Anleger den Risikoklassen 1 und 2 zuzuordnen gewesen seien. Wenn aus einer Stichprobe von 1.111 Anlegern mit [X.] im Depot sämtliche dieser Anleger nicht anlegergerecht beraten [X.] sein sollten, trage dies zur Überzeugung des Berufungsgerichts den Schluss auf flächendeckende nicht anlegergerechte Beratung und sittenwidri-ges Handeln der Beklagten. Den
Klägern
sei es aber nicht gelungen, diese Be-hauptung zu beweisen. Die von ihnen
benannten [X.] seien ge-mäß § 376 ZPO nicht zu vernehmen gewesen, da sie nach Auskunft der [X.] unterlägen, von der die [X.] sie nicht entbunden habe; daran sei das Berufungsgericht gebunden. Die weiteren Zeugen hätten den Vortrag der
Kläger nicht bestätigt.
2.
Diese
Ausführungen verletzen die Kläger
in entscheidungserheblicher Weise in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
a)
Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass ein [X.] Handeln der Beklagten nach dem Sachvor-trag der
Kläger zu bejahen wäre. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist ein Anlageberater, der vorsätzlich eine anleger-
und objektwidrige Empfehlung abgibt und die Schädigung des um Rat fragenden Anlegers zumin-dest billigend in Kauf nimmt, dem Anleger wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet (Urteil
vom 19. Februar 2008
-
XI
ZR 170/07, [X.], 276 Rn. 29). Dementsprechend
handelt auch [X.], wer -
wie von
den
Klägern
in Bezug auf die Beklagten behauptet
-
als Leiter eines mit Anlageberatung befassten Unternehmens ein System etabliert, 7
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das darauf gerichtet ist, den Kunden unter planmäßiger Falschberatung ihren Interessen und ihrer Risikobereitschaft nicht entsprechende risikobehaftete An-lagen zu empfehlen (Senatsbeschluss vom 18. August 2015 -
VI
ZR 302/14, juris Rn. 13; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Juli 2015 -
VI
ZR 463/14, [X.], 1574 Rn. 24).
b)
Mit Erfolg
rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, dass die Annahme des Berufungsgerichts, die
Kläger seien
für diese Behauptung beweisfällig ge-blieben, auf einem Gehörsverstoß beruht. Das Berufungsgericht hat
die Kläger dadurch in ihrem
Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs.
1 GG) verletzt, dass es die von ihnen
insoweit benannten [X.] nicht vernommen hat
(vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16. Februar 2016 -
VI [X.], juris).
aa) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Gerichte, erheblichen Beweisanträgen nachzugehen. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze findet, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsbeschluss vom 16. September 2014
-
VI [X.], [X.], 338 Rn. 4; [X.], Beschluss vom 23. April 2015
-
V [X.], juris Rn. 7; [X.] 69, 141, 143 f.; [X.], [X.], 492, 493; NJW 1993, 254; teilweise mwN). Davon ist im Streitfall auszugehen. Das Unterbleiben der vom Berufungsgericht selbst als erheblich angesehenen Ver-nehmung der [X.] findet im Prozessrecht keine Grundlage.
bb)
Anders als das Berufungsgericht meint, steht der Vernehmung der [X.] und
[X.] § 376 Abs. 1 ZPO nicht entgegen.
(1) Das Berufungsgericht hat sich aufgrund einer Auskunft der Bundes-anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: [X.]) gemäß 9
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§ 376 Abs. 1 ZPO daran gehindert gesehen, die [X.] zu verneh-men. Nach dieser Auskunft handelt es sich bei den Zeugen um [X.], derer sich die [X.] gemäß § 4 Abs. 3 des Finanzdienstleistungs-aufsichtsgesetzes ([X.]) bedient hatte, um bei der [X.] eine Prüfung vor-zunehmen (§ 35 Abs. 1 [X.], §
44 Abs. 1 [X.]); weiter heißt es, die Zeugen unterlägen nach § 8 Abs. 1 [X.], § 9 Abs. 1 [X.] einer gesetzlichen [X.], von der sie nicht entbunden werden könnten.
(2) Diese Mitteilung rechtfertigte es indes nicht, von der Vernehmung der [X.] gemäß § 376 Abs. 1 ZPO abzusehen. Die [X.] werden vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht erfasst.
(a) Nach § 376 Abs. 1 ZPO gelten für die Vernehmung von Richtern, [X.] und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als Zeugen über Um-stände, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, und für die Genehmigung zur Aussage die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften. §
376 Abs. 1 ZPO setzt mithin
-
ebenso wie der gleichlautende § 54 Abs. 1 StPO -
eine durch andere Bestimmungen begründete Pflicht des Zeugen zur Amtsverschwiegenheit voraus (vgl. [X.], Urteil vom 11. September 1980
-
4
StR 16/80, NStZ 1981, 70 zu § 54 StPO) und überträgt diese Pflicht in das Prozessrecht (zu § 54 StPO vgl. [X.]/[X.], 4. Aufl., § 54 Rn. 2; [X.]/
[X.], § 54 Rn. 1 [Stand: November 2010]; [X.]/v. Schlieffen, 2.
Aufl., § 54 Rn. 1). Infolgedessen besteht, wenn dem Zeugen von der zustän-digen Behörde keine Aussagegenehmigung erteilt wird, ein Vernehmungsverbot (vgl. Berger in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 376 Rn. 2, 13; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 376 Rn. 1, 11; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 376 Rn.
43). Dadurch sollen die öffentlichen Geheimhaltungsinteressen auch im gerichtlichen Verfahren geschützt werden (vgl. MüKoZPO/[X.], aaO Rn. 1; [X.], aaO Rn. 2; zu § 54 StPO vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2005
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-
3
StR 281/04, [X.]St 50, 318, 326 f.; BayObLG, NJW 1990, 1857, 1858; [X.]/[X.]/[X.], 26. Aufl., § 54 Rn. 1).
(b) [X.] und [X.] sind nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststel-lungen und der in Bezug genommenen Mitteilung der [X.] keine Rich-ter oder Beamte und auch keine sonstigen Personen des öffentlichen Dienstes. Zwar waren die Zeugen aufgrund ihrer Beauftragung durch die [X.] deren Hilfspersonen und wurden bei der Prüfung der [X.] unmittelbar in Erfül-lung von Angelegenheiten tätig, die für die Behörde Verwaltungsaufgaben wa-ren (vgl. [X.], Urteile vom 7.
Mai 2009 -
III ZR 277/08, [X.]Z 181, 12 Rn. 23; vom 26. Juni 2001 -
X
ZR 231/99, [X.], 1390, 1392). Dies begründete aber jedenfalls deshalb kein Vernehmungsverbot gemäß § 376 Abs. 1 ZPO, weil den Zeugen keine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit im Sinne dieser Vor-schrift auferlegt worden war (zu § 54 StPO vgl. [X.],
Urteil vom 15. Dezember 2005 -
3
StR 281/04, [X.]St 50, 318, 327; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 54 Rn.
22).
(aa) Ob sich eine solche Pflicht aus einer Amtsträgereigenschaft im Sin-ne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB ergeben kann (zu § 54 StPO vgl. [X.], Urteil vom 28. November 1979 -
3
StR 405/79, [X.], 846, 847; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 54 Rn. 22; [X.]/[X.]/[X.], 26. Aufl., § 54 Rn. 9 a.E.), kann dabei offenbleiben. Denn die Amtsträgereigenschaft setzt nach der Rechtsprechung des [X.] eine öffentlich-rechtliche Bestellung voraus, die zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit oder zu einer organisatorischen Eingliederung in die Behördenstruktur führen muss (Urteile vom 15. Mai 1997 -
1
StR 233/96, [X.]St 43, 96, 105; vom 19. Juni 2008 -
3 [X.], [X.]St 52, 290 Rn. 25; vom 9. Juli 2009 -
5 [X.], [X.]St 54, 39 Rn. 46). Beides ist nicht festgestellt.
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(bb) Nach den getroffenen Feststellungen ist eine Pflicht der [X.] zur Amtsverschwiegenheit auch nicht durch eine förmliche Verpflichtung nach dem Verpflichtungsgesetz begründet worden (vgl. dazu MüKoZPO/
[X.], 4. Aufl., § 376 Rn. 6; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl., §
376 Rn. 32; zu § 54 StPO vgl. [X.], Urteile vom 11. September 1980 -
4
StR 16/80, NStZ 1981, 70 und vom 15. Dezember 2005 -
3
StR 281/04, [X.]St 50, 318, 327 f. mwN).
(cc) Eine für das Eingreifen von § 376 Abs. 1 ZPO erforderliche Pflicht zur Amtsverschwiegenheit folgt schließlich auch nicht aus der sich aus § 8 Abs.
1 [X.] und § 9 Abs. 1 [X.] ergebenden Verschwiegenheitspflicht.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] dürfen unter anderem Personen, die bei der [X.] beschäftigt oder -
wie die [X.]
-
nach § 4 Abs. 3 [X.] beauftragt sind, die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines ge-prüften Unternehmens oder eines Dritten liegt, nicht unbefugt offenbaren. Bei dieser Verschwiegenheitspflicht handelt es sich aber nicht um eine von § 376 Abs. 1 ZPO in Bezug genommene Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (zu ähnli-chen Vorschriften vgl. [X.], 1, 3; [X.], [X.] Personen des öffentlichen Dienstes vor Zivil-
und Strafgerichten, 1973, S. 25), wenn sie sich mit ihr im Einzelfall -
anders als im Streitfall
-
auch überschneiden kann (vgl. [X.], [X.], 1130, 1134).
Zwischen der sich aus § 8 [X.] und § 9 [X.] ergebenden Verschwie-genheitspflicht einerseits und der allgemeinen Amtsverschwiegenheit anderer-seits bestehen wesentliche Unterschiede (vgl. BVerwG, NVwZ 2011, 1012 Rn.
15; [X.]/[X.]/[X.], 2. Aufl., § 8 [X.] Rn. 10). Anders als die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht erfassen § 8 [X.] und § 9 [X.] keine Tatsachen, deren Geheimhaltung im eigenen Interesse der Bun-17
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-

desanstalt liegt, sondern Geschäfts-, Betriebs-
und Privatgeheimnisse der be-aufsichtigten Marktteilnehmer und sonstiger Dritter (vgl. BT-Drucks. 12/6679 S.
42; [X.]/[X.]/[X.], aaO Rn. 21; [X.] in Schwark[X.], [X.], 4.
Aufl., § 8 Rn. 1; [X.]/[X.] in [X.], [X.], § 8 Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]er, [X.], § 8 Rn. 2; [X.]er in Reischauer/
Kleinhans, [X.], § 9 Rn. 12 [[X.]. 8/12]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., § 9 Rn. 1). Zwar bezwecken beide Vorschriften damit nicht nur den Schutz der privaten Träger des [X.]. Vielmehr sollen auch das notwendige Vertrauen in die Integrität der Aufsichtspraxis, eine entsprechende Kooperationsbereitschaft der beaufsichtigten Marktteilnehmer und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der Märkte für Finanzinstrumente si-chergestellt werden (vgl. [X.], Urteil vom 12.
November 2014 -
C-140/13, [X.], 873 Rn. 31 ff.; BT-Drucks. 12/6679 S. 42; [X.]/[X.]/
[X.], 2. Aufl., § 8 Rn. 6 f.; [X.] in Schwark[X.], [X.], 4. Aufl., § 8 Rn. 1; [X.]/[X.] in [X.], [X.], § 8 Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.]/
[X.]/[X.]er, [X.], § 8 Rn. 2). Das ändert aber nichts daran, dass die [X.] Personen über den Schutz ihrer Geheimnisse disponieren können. [X.] sie in die [X.] einer Tatsache ein, erfolgt die [X.] nicht unbefugt und die Verschwiegenheitspflicht entfällt (vgl. [X.]/[X.]/
[X.], aaO Rn. 32; [X.], aaO Rn. 11, 25; [X.]/[X.], aaO Rn. 23;
[X.], aaO Rn. 11; Döhmel in Assmann/[X.], [X.], 6. Aufl., § 8 Rn.
14; [X.]er in Reischauer/Kleinhans, [X.], § 9 Rn. 18 [[X.]. 8/12];
[X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., § 9 Rn. 16). Einer Zustim-mung der [X.] bedarf es dafür in Ermangelung eines entsprechenden Genehmigungsvorbehalts nicht. Demgegenüber besteht die von § 376 Abs. 1 ZPO in Bezug genommene Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gegenüber dem öffentlichen Dienstherrn, der allein dazu berufen ist, den Bediensteten von die--
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ser Pflicht zu entbinden (vgl. § 67 Abs. 3, §
68 [X.], § 37 Abs. 3 bis 5 [X.]; BVerwGE 18, 58, 61 f.).
cc) Auch war das Berufungsgericht an der Vernehmung der [X.] nicht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 ZPO gehindert.
Nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit bezieht, zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt. Dass sie von ihrem Zeugnisverweige-rungsrecht Gebrauch machen wollen, haben [X.] und [X.] bislang nicht erklärt. Schon deshalb wären sie grundsätzlich zu vernehmen gewesen (vgl. § 386 Abs. 3 ZPO).
Anderes ergibt sich auch nicht aus § 383 Abs. 3 ZPO. Nach dieser Vor-schrift soll das Gericht selbst dann, wenn ein nach § 383 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 ZPO zeugnisverweigerungsberechtigter Zeuge zur Aussage bereit ist, nur solche Fragen stellen bzw. zulassen, durch deren Beantwortung der Zeuge nicht er-kennbar gegen Verschwiegenheitspflichten verstößt (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 31. Auflage, § 383 Rn. 22). Regelmäßig beschränkt die Vorschrift mithin allein den Kreis der im Rahmen einer Vernehmung zulässigen Fragen, macht aber die Vernehmung des angebotenen Zeugen als solche weder unzulässig noch entbehrlich (vgl. MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 383 Rn. 42). Ob -
ausnahms-weise
-
anderes gelten kann, wenn von vornherein offensichtlich ist, dass der Zeuge mit jeder Aussage zum Beweisthema gegen seine Verschwiegenheits-pflicht
verstieße, kann offenbleiben. Denn eine solche Konstellation ist im [X.] weder hinsichtlich der sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] ergebenden Verschwiegenheitspflicht (1) noch hinsichtlich derjenigen
aus § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] (2) gegeben.
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(1) Die sich aus § 8 [X.] und § 9 [X.] ergebende und von § 383 Abs.
1 Nr. 6 ZPO geschützte Verschwiegenheitspflicht der [X.] ist nicht allumfassend. Sie greift ihrem Schutzzweck entsprechend nur, wenn Ge-heimhaltungsinteressen der beaufsichtigten Marktteilnehmer oder sonstiger Dritter betroffen sind ([X.]/[X.] in [X.], [X.], § 8 Rn. 8).
(a) Etwaigen Geheimhaltungsinteressen der [X.] kommt dabei für die Frage, ob und
inwieweit die [X.] zur Verweigerung des [X.] berechtigt sind, im Streitfall von vorneherein keine Bedeutung zu. Denn der Insolvenzverwalter der [X.] hat die Zeugen von ihrer Verpflichtung zur Ver-schwiegenheit entbunden (§ 385 Abs. 2 ZPO). Der Insolvenzverwalter war be-fugt, diese Erklärungen abzugeben, soweit die Verschwiegenheitspflicht zu Gunsten der [X.] besteht (vgl. MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 385 Rn. 7; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 385 Rn. 10) und das Beweisthema deren vermö-gensrechtliche Interessen betrifft (vgl. [X.], Urteile vom 30. November 1989
-
III ZR 112/88, [X.]Z 109, 260, 270; vom 6. Juni 1994 -
II ZR 292/91, NJW 1994, 2220, 2225, insoweit in [X.]Z 126, 181 nicht abgedruckt; MüKoZPO/
[X.], aaO Rn. 8; [X.]/[X.], aaO).
(b)
Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass von § 8 [X.] und § 9 [X.] geschützte Geheimhaltungsinteressen sonstiger Dritter einer Aussage der [X.] in vollem Umfang entgegenstehen. Zwar [X.] allein das Interesse an der Durchsetzung eines zivilrechtlichen An-spruchs im Allgemeinen keine Befugnis zur [X.] von Tatsachen im Sin-ne des § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] oder des § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Dies folgt daraus, dass § 8 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.] und § 9 Abs.
1 Satz 4 Nr. 1 [X.] eine Weitergabe von Tatsachen an Strafverfolgungsbehörden oder an für Straf-
und Bußgeldsachen zuständige Gerichte ausdrücklich gestatten, dass es aber in Bezug auf Zivilprozesse an einer entsprechenden Regelung fehlt (vgl. [X.]. 24
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-

VGH, NVwZ 2010, 1036, 1044; [X.], [X.], 1130, 1134 f.; [X.]/[X.]/[X.], 2.
Aufl., § 8 [X.] Rn. 48; [X.] in Schwark/
Zimmer, [X.], 4. Aufl., § 8 Rn.
24; [X.]/[X.] in [X.], [X.], § 8 Rn. 21; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]er, [X.], § 8 Rn.
12; [X.] in Boos/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl., § 9 Rn. 20; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
9 Rn. 16). Das Gesetz misst damit dem staatli-chen Strafverfolgungsinteresse in der Abwägung mit den von § 8 [X.] und §
9 [X.] geschützten Geheimhaltungsinteressen ein höheres Gewicht bei als dem Interesse an der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche. Über Tatsa-chen, deren Geheimhaltung nicht nur im Interesse der [X.], sondern auch im Interesse eines Dritten liegt, insbesondere über dessen personenbezogene [X.] (§ 8 Abs. 1 Satz 1 [X.]), dürfen die Zeugen deshalb nur aussagen, wenn und soweit der Dritte in die [X.] eingewilligt hat. Das gilt insbesondere für identifizierende Angaben über einzelne von der Stichprobe erfasste ehema-lige Kunden der [X.], einschließlich der Tatsache, dass überhaupt eine [X.] bestand (vgl. BT-Drucks. 12/6679 S.
42; [X.]/[X.]/
[X.], 2. Aufl., §
8 [X.] Rn. 22, 27; [X.] in Schwark[X.], [X.], 4.
Aufl., § 8 Rn. 8; [X.] in Boos/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl., §
9 Rn. 8, 10; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 9 Rn. 1, 11). Den Zeugen ist es dadurch aber insbesondere nicht verwehrt, in anonymisierter Weise über die Zusammensetzung der von ihnen geprüften Depots sowie ihr Vorgehen bei der Prüfung selbst zu berichten. Dass dem Berufungsgericht ent-sprechende Angaben der Zeugen genügt hätten, sich davon zu überzeugen, dass die unter Beweis gestellten Behauptungen der
Kläger zutreffen, ist [X.] nicht von vornherein ausgeschlossen.
(2) Schließlich ergibt sich eine das Beweisthema erschöpfende Schwei-gepflicht der [X.] auch nicht aus § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Zwar unterliegen die Zeugen als Wirtschaftsprüfer auch der allgemeinen [X.]
-
14
-

lichen Pflicht zur Verschwiegenheit. Diese schützt regelmäßig aber nur den [X.] (vgl. [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 43 Rn. 119, 140). An der Weitergabe von Tatsachen, die allein Dritte betreffen, zu denen kein Mandats-verhältnis besteht, ist der Wirtschaftsprüfer durch § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] grundsätzlich nicht gehindert (vgl. [X.], aaO 140; zu § 57 [X.] auch [X.], [X.], 7. Aufl., § 57 Rn. 62). Die Erkenntnisse, die die Zeugen bei der von der [X.] beauftragten Prüfung der [X.] gewonnen haben und die sie mit Einwilligung des Insolvenzverwalters offenbaren sollen, betreffen nicht die Verhältnisse der [X.]. Ein schutzwürdiges Eigeninteresse der [X.] an der Geheimhaltung dieser Erkenntnisse ist nicht ersicht-lich.
dd)
Die angefochtene Entscheidung beruht auf der gehörswidrig [X.] Vernehmung der [X.] Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage der -
ggf. eingeschränkten -
Aussage der Zeugen den Klägervortrag als erwiesen angesehen hätte, wonach sich in den Depots von sämtlichen 1.111 Anlegern, die die Zeugen stichprobenhaft überprüft haben, Genussscheine der Risikoklassen 3 und 4 befanden, obwohl die Anleger den Risikoklassen 1 und 2 zuzuordnen waren. Aus einem solchen Beweisergebnis hätte das Berufungsgericht nach seinen eigenen Ausführungen auf eine flächendeckende nicht anlegergerechte Beratung und ein sittenwidri-ges Handeln der Beklagten geschlossen.
3.
Der erkennende Senat hält es für angezeigt
(vgl. zum insoweit beste-henden Ermessen des Revisionsgerichts: [X.], Urteil vom 30. September 1966 -
V [X.], NJW 1966, 2356, 2357; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 562 Rn. 5; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 562 Rn. 2), die angefochtene Entscheidung auch insoweit aufzuheben, als mit ihr die im Hinblick auf die Vermögensverwal-tung geltend gemachten Schadensersatzansprüche abgewiesen wurden. Zwar 28
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15
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betrifft der dargestellte Gehörsverstoß die von den Klägern in Bezug auf den Vermögensverwaltungsvertrag geltend gemachten Schadensersatzansprüche
nicht unmittelbar. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Klage schon als nicht schlüssig beurteilt. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass sich aus der nachzuholenden Beweisaufnahme für die Kläger [X.] auch inso-weit
ergibt, was sie sich -
ggf. konkludent -
zu eigen machen könnten.
Galke
Stöhr
Offenloch

Oehler
Roloff

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.03.2014 -
7 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.09.2014 -
5 [X.] -

Meta

VI ZR 453/14

26.04.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2016, Az. VI ZR 453/14 (REWIS RS 2016, 12398)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12398

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