Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2017, Az. I ZR 267/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15057

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:230217B[X.]267.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

I
ZR
267/15

Verkündet am:

23. Februar 2017

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
Richtlinie 2001/29/[X.]. 3 Abs. 1
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ([X.] Nr.
L 167 vom 22. Juni 2001, [X.]) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Stellt die Einfügung eines auf einer fremden [X.]seite mit Er-laubnis des Urheberrechtsinhabers für alle [X.]nutzer frei zu-gänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche [X.] ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] dar, wenn das Werk zunächst auf einen Server kopiert und von dort auf die eigene [X.]seite hochgeladen wird?
[X.], Beschluss vom 23. Februar 2017 -
I [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 27. Oktober
2016
durch die
Richter Prof.
Dr.
[X.], Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Schwonke

beschlossen:

I.
Das Verfahren wird ausgesetzt.

II.
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisie-rung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwand-ten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ([X.] Nr.
L
167 vom 22. Juni 2001, [X.])
folgende Frage
zur Vor-abentscheidung vorgelegt:
Stellt die Einfügung eines auf einer fremden [X.]seite mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers für alle [X.]nutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene
öffentlich zugängliche
[X.]seite ein
öffentliches
Zugänglichmachen
im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] dar, wenn das Werk zunächst auf einen Server kopiert und von dort auf die eigene [X.]seite hochgeladen wird?

-
3
-
Gründe:
A. Der Kläger ist Berufsfotograf. Die am Rechtsstreit nicht mehr beteiligte Beklagte zu 1, die [X.] W.

,
ist die Trägerin der Gesamtschule W.

.
Der
Beklagte zu 2
(nachfolgend: Beklagter), das [X.]

, übt
die Schulaufsicht über die Gesamtschule W.

aus und ist Dienstherr oder

Arbeitgeber der dort beschäftigten Lehrkräfte.
Seit dem 25. März 2009 war auf der [X.]seite der Gesamtschule W.

ein
im Rahmen einer Spanisch-Arbeitsgemeinschaft
der Schule erstell-
tes [X.] abrufbar, das die nachstehend abgebildete Fotografie der [X.] [X.] [X.] enthielt:

Unter der Fotografie befand sich ein Hinweis
auf die [X.]seite www.

.de.
1
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-
4
-
Der Kläger hat
geltend
gemacht, die Fotografie selbst angefertigt und le-diglich den Betreibern des [X.]

.de

ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt
zu haben. Er beanstandet die [X.] der Fotografie auf der [X.]seite der Schule
als Verletzung des ihm [X.] urheberrechtlichen Vervielfältigungsrechts und des Rechts der öf-fentlichen Zugänglichmachung.
Der Kläger hat
-
soweit für das Revisionsverfahren noch relevant -
zuletzt beantragt, dem
Beklagten
unter Androhung von [X.] zu verbieten,
das [oben eingeblendete] Foto zu vervielfältigen/vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, hilfsweise,
Schü-lerinnen und
Schülern zu ermöglichen, das [oben eingeblendete] Foto zum Zwecke des Einstellens ins [X.] zu vervielfältigen. Der Kläger
hat den
Be-klagten
außerdem auf Zahlung von

nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Das Landgericht
hat den
Beklagten
zur Unterlassung und Zahlung von
Schadensersatz in Höhe von 300

nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung haben der Beklagte Berufung und der
Kläger Anschlussberufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil auf die Berufung des
Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und der Anschlussberufung abgeändert. Es hat den
Beklagten
unter Abweisung der Klage im Übrigen entsprechend dem Hauptantrag des [X.] unter Androhung von [X.] verurteilt, Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule W.

zu ermöglichen, das [oben eingeblendete] Foto zu ver-
vielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen.

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8

-
5
-
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt der
Beklag-te seinen
Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Der Kläger hat [X.] eingelegt, mit der er seine zuletzt gestellten Anträge
weiter-verfolgt. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite [X.].
B.
Der Erfolg der Revision hängt
von der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft
ab. Vor einer Ent-scheidung über die Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen,
dem Kläger stehe
gegenüber
dem Beklagten
im zuerkannten Umfang ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 [X.] unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zu.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Kläger habe die Fotografie der [X.] [X.] angefertigt. Die Foto-grafie sei jedenfalls als Lichtbild im Sinne von § 72 Abs. 1 [X.] urheberrecht-lich geschützt. Dem Kläger stehe daher jedenfalls nach § 72 Abs. 2 [X.] das Leistungsschutzrecht des [X.] zu.
Die
Fotografie
sei vor dem Einstellen auf der [X.]seite der Schule auf den Server kopiert worden. Dies stelle einen
Eingriff in das dem Kläger zu-stehende Vervielfältigungsrecht (§ 72 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 [X.]) dar.

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13

-
6
-
Durch das Einstellen des Lichtbildes
auf die
[X.]seite
der Schule
sei in das Recht des [X.] zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 72 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a [X.]) eingegriffen worden. Es sei ohne Be-deutung, dass die Fotografie vor den streitgegenständlichen Handlungen be-reits uneingeschränkt für jedermann im [X.] zugänglich gewesen sei. Durch die Vervielfältigung der Fotografie auf dem Server und die anschließende öf-fentliche Zugänglichmachung auf der [X.]seite der Schule sei es zu einer Entkoppelung von der ursprünglichen [X.] im [X.]

.de

gekommen. Der Kläger habe deshalb -
anders
als
beim
Setzen eines elektronischen Verweises ([X.]) und
der Einbettung eines Wer-kes
in einem auf der Website
des Inanspruchgenommenen
erscheinenden Rahmen (Framing)
-
nicht mehr die alleinige Herrschaft über die öffentliche Zugänglichmachung
seines Lichtbildes
gehabt.
Die besonderen Voraussetzun-gen des öffentlichen Zugänglichmachens
im Falle der Verlinkung und des [X.] seien im Streitfall deshalb nicht zu beachten.
Der Eingriff in die Urheberrechte des [X.] sei rechtswidrig. Der
Beklag-te könne sich nicht mit Erfolg auf urheberrechtliche Schutzschranken berufen.
Der
Beklagte
sei unter dem Gesichtspunkt der Haftung des Unterneh-mensinhabers für Verletzungshandlungen seines Arbeitnehmers (§ 99 [X.]), die
auch für Körperschaften des öffentlichen Rechts gelte,
passivlegitimiert, so-weit es um den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gehe. Die bei dem
Beklagten beschäftigte Lehrkraft
sei nach den Grundsätzen der Störerhaftung zur Unterlassung verpflichtet. Die für die Spanisch-Arbeitsgemeinschaft
zustän-dige Lehrkraft habe für die von der
Schülerin begangene Rechtsverletzung ein-zustehen, weil sie
Prüfungs-
und Überwachungspflichten verletzt
habe, zu de-ren Einhaltung sie im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit verpflichtet gewesen sei.

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-
7
-
II. Der Senat hält die gegen diese Beurteilung erhobenen [X.] der Revi-sion nicht für begründet. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, das Recht des [X.] zur öffentlichen Zugänglichmachung der Fotografie aus § 72 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a [X.] sei verletzt, stellt sich [X.] die Frage, ob die Einfügung eines auf einer fremden [X.]seite mit Er-laubnis des Urheberrechtsinhabers für alle [X.]nutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche [X.]seite ein öffentliches Zu-gänglichmachen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] darstellt, wenn das Werk zunächst auf einen Server kopiert und von dort auf die eigene [X.]seite hochgeladen wird. Diese Frage lässt sich auch unter Berücksichti-gung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
[X.] zum Be-griff der öffentlichen Wiedergabe nicht zweifelsfrei beantworten.
1.
Bei dem Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a [X.]) han-delt es sich um ein besonderes Recht zur
öffentlichen Wiedergabe (vgl. §
15 Abs. 2 und 3 [X.]). Soweit es sich bei diesen Rechten um nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] harmonisiertes Recht handelt, sind die Bestimmun-gen des § 19a [X.] und des § 15 Abs. 2 und 3 [X.] richtlinienkonform auszu-legen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] diese Rechte in seinem Anwendungsbereich vollständig harmoni-siert
und die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete [X.] daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 2014 -
C-466/12, [X.], 360 Rn.
33 bis 41 = [X.], 414 -
Svensson/Retriever Sverige; [X.], Urteil vom 9.
Juli 2015
-
I ZR 46/12, [X.], 171 Rn.
17 = [X.], 224 -
Die [X.]).
2. Die hier in Rede stehende Wiedergabe fällt in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.].
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-
8
-
a) Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] umfasst nur die Wiedergabe an eine Öffentlichkeit, die nicht an dem Ort anwesend ist, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt (vgl. Erwägungsgrund 23 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/[X.]). Nicht erfasst sind daher direkte Aufführungen und Darbietungen von Werken vor einer Öffentlich-keit, die sich in unmittelbarem körperlichen Kontakt mit der Person befindet, die dieses Werk aufführt oder darbietet ([X.], Urteil vom 4. Oktober 2011
-
C-403/08 und [X.]/08, [X.]. 2011, [X.] = [X.], 156 Rn.
200 bis 202 = [X.], 434 -
Football Association [X.] und [X.]; Urteil vom 24. November 2011 -
C-283/10, [X.]. 2011, [X.] = GRUR Int. 2012, 150 Rn.
35 und 36 -
UCMR-ADA/Zirkus Globus).
b) Bei der hier in Rede stehenden Wiedergabe der Fotografie auf der In-ternetseite der Schule hat kein unmittelbarer körperlicher Kontakt zwischen den ein Werk aufführenden oder darbietenden Personen und einer durch diese Wiedergabe erreichten Öffentlichkeit bestanden. Es hat daher eine Wiedergabe an eine Öffentlichkeit vorgelegen, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung genommen hat, nicht anwesend gewesen ist. Eine solche Wiederga-be fällt in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.].
3. a-le, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wie-dergabe. Ferner erfordert dieser Begriff eine individuelle Beurteilung. Im Rah-men
einer derartigen Beurteilung sind
eine Reihe weiterer Kriterien zu berück-sichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Krite-rien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien an-zuwenden (vgl. [X.], Urteil vom 7.
März 2013 -
C-607/11, [X.], 500 Rn.
21 und 31 -
[X.]/[X.]; [X.], [X.], 360 Rn.
16
19
20
21

-
9
-
-
Svensson/Retriever Sverige; [X.], Urteil vom 19. November 2015
-
C-325/14, [X.], 60 Rn. 14 und 15 -
SBS/[X.]; Urteil vom 31. Mai 2016 -
C-117/15, [X.], 684 Rn.
35 bis 37
-
Reha Training/[X.]; Urteil vom 8.
September 2016 -
C-160/15, [X.], 1152 Rn. 32 bis 34
-
GS Me-dia BV/[X.] u.a.).
a) Der Senat geht davon aus, dass eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorliegt.
aa) Der Begriff der Wiedergabe ist im Blick auf das Hauptziel der Richtlinie 2001/29/[X.], ein hohes Schutzniveau für die Urheber sicherzustellen (vgl. [X.] und 9 der Richtlinie 2001/29/[X.]), weit zu verstehen
(vgl. [X.] 23 der Richtlinie 2001/29/[X.]), und zwar dahin, dass er jede Übertragung geschützter Werke unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren umfasst (vgl. [X.], GRUR
2012, 156 Rn.
186 und 193

Football Association [X.] und [X.]; [X.], 500 Rn. 20

[X.]/[X.]; [X.], 360 Rn.
17
-
Svensson/Retriever Sveri-ge; [X.], Urteil vom 27.
Februar 2014
351/12, [X.], 473 Rn.
23 und 25 =
[X.], 418 -

;
[X.],
[X.], 684 Rn.
38 -
Reha Training/[X.]). Eine Wiedergabe

setzt voraus, dass der [X.] in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens -
also absichtlich und gezielt -
tätig wird, um Dritten einen Zugang zum geschützten Werk zu verschaffen, den diese ohne sein Tätigwerden nicht hätten. Dabei reicht es aus, wenn Dritte einen Zugang zum geschützten Werk haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diesen nutzen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2006 -
C-306/05, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 225 Rn.
42 und 43
-
[X.]/[X.]; [X.], [X.], 156 Rn.
195 -
Football Association [X.] und [X.]; [X.], 360 Rn.
19 -
Svensson/Retriever Sverige; [X.], 473 Rn.
26
-
[X.]/[X.], Urteil vom 27. März 2014 -
C-314/12, GRUR 22
23

-
10
-
2014, 468 Rn.
39 = [X.], 540 -
UPC Telekabel/[X.] und Wega).
bb) Danach ist die hier in Rede stehende Einstellung eines geschützten Werkes auf eine [X.]seite als Handlung der Wiedergabe

im Sinne von Art.
3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] einzustufen. Die Schülerin, für deren Verhalten die zuständige Lehrkraft und damit der
Beklagte einzustehen hat, ist beim Hochladen ihres Referats, das die
vom Kläger angefertigte
Fotografie
ent-hielt, in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens -
also absichtlich und gezielt -
tätig geworden, um den Nutzern der [X.]seite der Schule den Zugriff auf das Referat einschließlich der Fotografie zu verschaffen, den sie ohne ihr [X.] nicht gehabt hätten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Nutzer diesen Zugang tatsächlich genutzt haben.
b) Im Streitfall liegt auch eine Öffentlichkeit
der Wiedergabe
im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vor.
aa) Der Begriff der Öffentlichkeit ist
nur bei einer unbestimmten Zahl po-tentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt. Hinsichtlich des letztge-nannten Kriteriums ist die kumulative Wirkung zu beachten, die sich aus der Zugänglichmachung der Werke bei den potentiellen Adressaten ergibt. Dabei kommt es darauf an, wie viele Personen gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben (vgl. [X.], [X.], 225 Rn.
38

[X.]/[X.]; [X.], 500 Rn.
32 und 33 -
[X.]/[X.]; [X.], 360 Rn.
21 -
Svensson/Retriever Sverige; [X.], 473 Rn.
27 und 28

[X.]/

40 bis 44 -
Reha Training/[X.]; [X.], 1152 Rn.
36 -
GS [X.]/[X.] u.a.).
24
25
26
27

-
11
-
bb) Eine Handlung wie die hier in Rede stehende betrifft sämtliche poten-tiellen Nutzer der [X.]seite und damit eine unbestimmte und ziemlich große Zahl von Adressaten.
c) Für eine Einstufung als öffentliche Wiedergabe

im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] ist es weiterhin erforderlich, dass ein ge-schütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet
(dazu [X.]), oder -
ansonsten -
für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der In-haber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wie-dergabe erlaubte
(dazu [X.] 3 c bb). Erfolgt die nachfolgende Wiedergabe nach einem spezifischen technischen Verfahren, das sich von demjenigen der ur-sprünglichen Wiedergabe unterscheidet, braucht nicht
geprüft zu werden, ob das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird; in einem solchen Fall bedarf die Wiedergabe ohne Weiteres der Erlaubnis des Urhebers (vgl. [X.], [X.], 225 Rn.
40 und 41
-
[X.]/[X.]; [X.], Beschluss vom 18.
März 2010 -
C-136/09, [X.] 2010, 123 Rn.
38 -
OSDD/[X.]; [X.], [X.], 156 Rn.
197 -
Football Association [X.] und [X.]; [X.], 500 Rn.
39 und 24 bis 26 -
[X.]/[X.]; [X.], 360 Rn.
24 -
Svensson/Retriever Sverige; [X.],
1196 Rn.
14

[X.] und [X.]; [X.], 684 Rn.
45 -
Reha Training/[X.]; [X.], 1152 Rn. 37 -
GS [X.]/[X.] u.a.).

aa) Die Fotografie
wurde
im Streitfall nicht nach einem spezifischen tech-nischen Verfahren
wiedergegeben, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.

(1) Erfolgt die nachfolgende Wiedergabe wie die ursprüngliche Wiederga-be im [X.], erfolgt sie nach demselben technischen Verfahren ([X.], 28
29
30

-
12
-
[X.], 360 Rn.
24 -
Svensson/Retriever Sverige;
[X.], 1152 Rn.
42 -
GS [X.]/[X.] u.a.).

-
13
-
(2) Die Schülerin hat die Fotografie, die bereits auf der [X.]seite des [X.]

.de

öffentlich wiedergegeben
wurde, kopiert und in ihr Referat eingefügt. Das die Fotografie enthaltende Re-ferat hat sie sodann auf dem Schulserver eingestellt und von dort auf die [X.] der Schule hochgeladen. Damit erfolgte die vom Kläger beanstandete Wiedergabe
seiner Fotografie nach demselben technischen
Verfahren, das schon für die Wiedergabe auf der Webseite
des Onlineportals schwarzauf-weiss.de

verwendet wurde.
bb)
Es ist allerdings zweifelhaft, ob
die vom Kläger angefertigte Fotografie nach
den vorliegenden Umständen
auf der [X.]seite der Schule für ein neu-es Publikum wiedergegeben wurde, also für ein Publikum, an das der [X.] nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte.

(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] liegt keine Wiedergabe für ein neues Publikum
vor, wenn auf einer [X.]seite anklickbare [X.]s zu Werken bereitgestellt
werden, die auf einer anderen [X.] mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle [X.]nutzer frei zu-gänglich sind. [X.] der Zugang zu den Werken auf der anderen [X.]sei-te keiner beschränkenden Maßnahme, waren die Werke für sämtliche [X.]-nutzer frei zugänglich. Werden die betreffenden Werke den Nutzern einer [X.] über einen anklickbaren [X.] zugänglich gemacht, sind diese Nutzer potentielle Adressaten der ursprünglichen Wiedergabe. Sie sind Mitglieder der Öffentlichkeit, die die Inhaber des Urheberrechts erfassen wollten, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten. Eine solche Wiedergabe erfolgt nicht ge-genüber einem
neuen Publikum. Sie ist daher keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und bedarf keiner Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber (vgl. [X.], [X.], 360 Rn.
25 bis 28 -
Svens-son/Retriever Sverige; [X.], 1196 Rn.
15 und 16 -
BestWater Internati-31
32
33

-
14
-
onal/Mebes und [X.]; [X.], 1152 Rn.
40 bis 42
-
GS [X.]/[X.] u.a.).
(2) Die Revision ist der Ansicht, aus der zitierten
Rechtsprechung des Ge-richtshofs der [X.] ergebe sich, dass die Voraussetzung des neuen Publikums

bei einer erneuten [X.] eines bereits mit Zu-stimmung des [X.] im [X.] veröffentlichten Werkes auf einer an-deren Webseite nicht erfüllt sei, wenn die Ursprungsseite für jeden [X.]nut-zer frei zugänglich gewesen sei. Danach werde im Streitfall durch die [X.] der Schule kein neues Publikum angesprochen. Die Schulwebseite richte sich, wie bereits die [X.]seite des [X.]-

-
mung unbeschränkt für jedermann einsehbar veröffentlicht worden
sei, an das allgemeine [X.]publikum. Der Senat teilt diese Ansicht der Revision nicht. Nach seiner Auffassung können die vom Gerichtshof der [X.] auf die hier vorliegende Fallgestaltung angewandt werden.
Die durch die Richtlinie 2001/29/[X.] bewirkte Harmonisierung soll insbe-sondere vor dem Hintergrund der elektronischen Medien einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse der Inhaber von Urheberrechten und ver-wandten Schutzrechten am Schutz ihres durch Art.
17 Abs.
2 der Charta der Grundrechte der [X.] ([X.]) garantierten Rechts am geistigen Eigentum einerseits und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer von [X.], insbesondere ihrer durch Art.
11 der [X.] garantierten Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, sowie dem Gemeinwohl andererseits sichern (vgl. [X.] und 31 der Richtlinie; [X.], [X.], 1152 Rn.
31 -
GS [X.]/[X.] u.a.). Die Annahme des Gerichtshofs der Europäischen 34
35

-
15
-
Union, bei den Nutzern einer [X.]seite, denen auf einer anderen [X.]sei-te mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugängliche Werke über einen anklickbaren [X.] zugänglich gemacht werden, handele es sich nicht um ein neues Publikum, beruht
maßgeblich auf der Erwägung, dass das [X.] für die durch Art. 11 [X.]
gewährleistete
Freiheit der Meinungsäuße-rung und Informationsfreiheit von besonderer Bedeutung ist und Hyperlinks zu einem guten Funktionieren des [X.]s
und zum Meinungs-
und Informations-austausch in diesem Netz beitragen
([X.], [X.], 1152 Rn.
45
-
GS [X.]/[X.] u.a.). Diese Erwägung trifft auf die vorliegende Fallgestal-tung, bei der eine urheberechtlich geschützte Fotografie ohne Zustimmung des [X.] von einem Nutzer
auf einem in seiner Zugriffssphäre befindli-chen Server eingestellt und von dort aus auf einer [X.]seite für eine Öffent-lichkeit bereitgehalten wird, nicht
zu. Für ein gutes Funktionieren des [X.]s ist es nicht erforderlich, fremde Werke ohne Zustimmung des [X.] auf einer eigenen [X.]seite einstellen zu können. Anders
als bei der [X.] das
Interesse der Inhaber von Urheberrechten und verwandten Schutz-rechten am Schutz ihres durch Art.
17 Abs.
2 der [X.] garan-tierten Rechts am geistigen Eigentum die durch
Art. 11 der [X.] garantierte Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit der Nutzer von [X.].
Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Gerichtshof der [X.] unter den Kriterien, die im Rahmen der individuellen Beurteilung des Begriffs der l-le des Nutzers hervorgehoben hat ([X.], [X.], 684 Rn.
46 -
Reha Training/[X.]; [X.], 1152 Rn.
35 -
GS [X.]/[X.] u.a.). An dieser zentralen Rolle des Nutzers fehlt es, wenn auf der eigenen [X.]seite 36

-
16
-

lediglich auf ein Werk verwiesen wird, das auf einer fremden [X.]seite bereitgehalten wird. In diesen Fällen entscheidet allein der Inhaber der fremden [X.]seite darüber, ob das
auf seiner [X.]seite bereitgehaltene Werk für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt; wird das Werk nach dem Setzen des [X.]s von der fremden [X.]seite ent-fernt, geht der [X.] ins Leere (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 2003 -
I [X.], [X.]Z 156, 1,
14 -
Paperboy; Urteil vom 29. April 2010 -
I [X.], GRUR 2011, 56 Rn.
24 = [X.], 88 -
Session-ID; Beschluss vom 16. Mai 2013

I
ZR 46/12, [X.], 818 Rn.
9 = [X.], 1047 -
Die Realität I; [X.], [X.], 171 Rn.
14 -
Die [X.]). Dagegen nimmt der Nutzer, der das Werk auf seiner eigenen [X.]seite einstellt und bereithält, eine zentrale Rol-le bei der Wiedergabe ein. Er entscheidet darüber, ob und wie lange das Werk der
Öffentlichkeit zugänglich ist.
Ein solcher Nutzer eröffnet der Öffentlichkeit den Zugriff auf das in seiner Zugriffssphäre befindende Werk und nimmt damit eine eigene Verwertungshandlung vor (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 2009 -
I [X.], [X.], 616 Rn.
21 = [X.], 922 -
marions-kochbuch.de; Urteil vom 29. April 2010 -
I [X.], [X.]Z 185, 291 Rn.
19 und 20 -
Vorschaubilder
I).

Ferner
stünde die Annahme, ein Werk, das mit Zustimmung des [X.]s auf einer [X.]seite für alle [X.]nutzer frei zugänglich ist, dürfe ohne Zustimmung des [X.] auch auf anderen [X.]seiten einge-stellt und für alle [X.]nutzer öffentlich
zugänglich gemacht werden, nicht mit dem in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] niedergelegten Grundsatz
in Einklang, wonach sich die in Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bezeichneten Rechte der öffentlichen Wiedergabe und der öffentlichen Zugänglichmachung nicht mit den in deren Art. 3 genannten Handlungen der öffentlichen Wiederga-be oder der öffentlichen Zugänglichmachung erschöpfen (vgl. [X.], [X.]

-
17
-
2016, 171 Rn.
35 -
Die [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 500 Rn. 23

[X.]/[X.]). Diese Annahme
ließe sich
ferner kaum mit dem Hauptziel der Richtlinie 2001/29/[X.]
vereinbaren, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen
damit die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke unter anderem bei einer öffentlichen Wiedergabe eine an-gemessene Vergütung zu erhalten (vgl. Erwägungsgrund 9 und 10 der [X.] 2001/29/[X.]; [X.], [X.], 500 Rn.
20 -
[X.]/[X.]; [X.],
473 Rn.
23 -

; [X.], 1152 Rn.
30 -
GS [X.]/[X.] u.a.).
Dürfte ein Werk, das mit Zustimmung des [X.] auf einer [X.]seite für alle [X.]nutzer frei zugänglich ist, ohne Zu-stimmung des [X.] auch auf anderen [X.]seiten eingestellt und öffentlich zugänglich gemacht werden, wäre dem Urheber weitgehend die Mög-lichkeit genommen, die wirtschaftliche Verwertung seines Werkes zu steuern und eine angemessene Beteiligung an der wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes sicherzustellen
(vgl. [X.], [X.], 171 Rn.
35 -
Die [X.]).
Es kann daher nach Ansicht des Senats nicht angenommen
werden, dass der Inhaber des Urheberrechts, der seine Zustimmung zum Einstellen seines Werkes auf einer
frei zugänglichen [X.]seite erteilt, dabei
nicht nur an die [X.]nutzer als Publikum denkt, die diese [X.]seite unmittelbar oder über einen auf einer anderen [X.]seite eingerichteten [X.] besuchen, sondern auch an die [X.]nutzer, die eine andere [X.]seite besuchen, auf der sein Werk ohne seine Zustimmung eingestellt worden ist. Bei den zuletzt genannten [X.]nutzern handelt es sich daher nach Auffassung des Senats um ein neu-es Publikum im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.].
(3) Für die Frage einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] ist es nicht von entscheidender Bedeutung, dass die 38
39

-
18
-
Fotografie des [X.] durch das Einstellen auf der [X.]seite der
Schule nicht zu Erwerbszwecken genutzt worden ist.
Der gewerbliche Charakter der Verbreitung eines geschützten Werks ist für die Einstufung einer solchen Ver--
unter anderem zur Bestimmung der Höhe einer möglichen Vergütung für diese Verbreitung (vgl. [X.], [X.], 156 Rn.
204 bis 206 -
Football Association [X.] und [X.]) -
nicht unerheblich;
er ist hierfür aber mit Sicherheit nicht ausschlaggebend ([X.], [X.], 684 Rn.
49 -
Reha Training/[X.]; vgl. aber auch [X.], [X.], 1152 Rn.
55 -
GS [X.]/[X.] u.a.).
[X.]
Schaffert
Kirchhoff

[X.]
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.01.2013 -
310 O 27/12 -

O[X.], Entscheidung vom 03.12.2015 -
5 U 38/13 -

Meta

I ZR 267/15

23.02.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2017, Az. I ZR 267/15 (REWIS RS 2017, 15057)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15057

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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