Bundessozialgericht, Urteil vom 04.04.2019, Az. B 8 SO 10/18 R

8. Senat | REWIS RS 2019, 8539

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Sozialhilfe - Bestattungskosten - Unzumutbarkeit der Kostentragung - Einkommenseinsatz - Einsatzgemeinschaft - Absetzung von Versicherungsbeiträgen - Kfz-Haftpflichtversicherung - Einsatz von Einkommen über der Einkommensgrenze - Anwendbarkeit des § 87 Abs 3 SGB 12 - Möglichkeit zur Verteilung der Belastung auf mehrere Monate)


Leitsatz

Dem Bestattungspflichtigen kann auch die Tragung solcher Bestattungskosten zumutbar sein, die er mit dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen nicht vollständig im Monat ihrer Fälligkeit bezahlen kann.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 9. Mai 2018 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.] ist die Übernahme von Bestattungskosten in Höhe von 3135 Euro.

2

Der Kläger ist Alleinerbe seiner 1921 geborenen und im Januar 2014 verstorbenen Mutter, die bis zu ihrem Tod in einem Pflegeheim lebte und vom Beklagten hierfür Sozialhilfeleistungen erhielt. Der Nachlass bestand lediglich aus einem Guthaben auf dem von der Pflegeeinrichtung geführten Barbetragskonto in Höhe von 362,78 Euro. Neben seiner Rente und Einkommen aus einer Gutachtertätigkeit erhielt der Kläger Geldbeträge unterschiedlicher Höhe von seinem [X.]. Im Februar 2014 bezog er eine Rente in Höhe von 2534,43 Euro und erhielt von seinem [X.] einen Betrag über 500 Euro. Seine Ehefrau bezog im Februar 2014 lediglich eine Rente in Höhe von 344,98 Euro. Den Einnahmen standen in diesem Monat Mietkosten inklusive Nebenkosten (750 Euro und 30 Euro), Heizkosten (110 Euro), Beiträge für eine Haftpflichtversicherung (6,52 Euro), eine Hausratversicherung (8,27 Euro) und einen Berufsverband (5,83 Euro) sowie Kreditverbindlichkeiten (nach Angaben des [X.] 1041 Euro) gegenüber. Seinen Antrag auf Übernahme der Kosten für die Bestattung seiner Mutter (Gebührenbescheid des [X.] vom 5.2.2014 über 1557 Euro, Rechnung des Bestattungsunternehmens vom 3.2.2014 über 1339 Euro, Rechnung der Fa. a. vom [X.] über 239 Euro, insgesamt 3135 Euro) lehnte der Beklagte wegen fehlender Bedürftigkeit des [X.] ab (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 9.12.2014).

3

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 30.11.2016; Urteil des [X.] <[X.]> vom 9.5.2018). Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es sei dem Kläger zumutbar, die nach Einsatz des Nachlasses verbleibenden anzuerkennenden Kosten in Höhe von 2765,22 Euro zu tragen. Bei der Bedürftigkeitsprüfung seien vom Einkommen weder die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für den Betrieb seines Pkw noch seine allein der Schuldentilgung dienenden Ratenzahlungsverpflichtungen abzusetzen. Deshalb sei im (maßgeblichen) Monat Februar 2014 ein die Einkommensgrenze nach § 85 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ([X.]) von 1836 Euro übersteigendes Einkommen in Höhe von 693,73 Euro einzusetzen. Angesichts des engen [X.] mit der Verstorbenen und des deutlich über der Grenze des § 85 [X.] liegenden Einkommens des [X.] sowie dem Umstand, dass es sich um einen lediglich einmaligen Bedarf handle, könne es dem Kläger zugemutet werden, die darüber hinausgehenden Bestattungskosten in einem Zeitraum von vier Monaten zu zahlen.

4

Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Verletzung der §§ 74, 85 und 87 Abs 3 [X.]. Im Sozialhilferecht sei das Monatsprinzip maßgeblich. Abzustellen sei allein auf den [X.], in dem zwar ein Einkommensüberhang bestanden habe, welchen einzusetzen dem Kläger aber gleichwohl wirtschaftlich nicht zumutbar sei. Die gesetzlich geregelte Ausnahme des § 87 Abs 3 [X.] sei weder unmittelbar noch analog anwendbar. Der vom [X.] daraus aus [X.] hergeleitete Zeitraum von vier Monaten erscheine deshalb willkürlich.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 9. Mai 2018 und des [X.] vom 30. November 2016 sowie den Bescheid vom 8. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2772,22 Euro zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidung des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des [X.] ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <[X.]>), weil der Senat mangels hinreichender Feststellungen des [X.] zur Erforderlichkeit der Bestattungskosten und zur [X.]keit der [X.]ostentragung nicht abschließend das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen nach § 74 [X.] beurteilen kann.

9

Gegenstand des mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 [X.]) geführten Verfahrens ist der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.12.2014, soweit der [X.] die Übernahme von Bestattungskosten für die Mutter des [X.] in Höhe von 2772,22 [X.] abgelehnt hat. Die darüber hinausgehenden Bestattungskosten macht der [X.]läger im Revisionsverfahren angesichts des [X.] in Höhe von 362,78 [X.] nicht mehr geltend. Der Anspruch auf "Übernahme" der Bestattungskosten iS von § 74 [X.] richtet sich auf Zahlung der erforderlichen Bestattungskosten an den Leistungsempfänger, gleich, ob die Forderung des Bestattungsunternehmens bereits beglichen - Feststellungen des [X.] dazu fehlen - oder aber nur fällig sein sollte ([X.] vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], RdNr 9).

Die örtliche Zuständigkeit des [X.]n für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids folgt aus § 98 Abs 3 [X.], da er nach den Feststellungen des [X.] der Mutter des [X.] bis zu deren Tod Sozialhilfe für die Unterbringung in einem Pflegeheim in [X.] ([X.]) leistete. Seine sachliche Zuständigkeit folgt aus § 97 Abs 1 iVm Abs 4 [X.], wonach die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung auch die sachliche Zuständigkeit für eine Leistung nach § 74 [X.] umfasst. Eine sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird durch Landesrecht für Leistungen nach § 74 [X.] nicht und für Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen, die Leistungen nach § 74 [X.] umfassen, nur (unter weiteren Voraussetzungen) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bestimmt (§ 97 Abs 2 Satz 1 [X.] iVm § 2 Abs 1 [X.] Ausführungsverordnung zum [X.] des Landes [X.] vom 16.12.2004 - GVBl [X.] 816 - in der Fassung vom 11.5.2009 - GVBl [X.] 299; eingehend BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]1). Der Senat war insoweit zur eigenständigen Anwendung und Auslegung des Landesrechts befugt, weil das [X.] dieses unberücksichtigt gelassen hat (s dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 162 RdNr 7b mwN).

Rechtsgrundlage für den vom [X.]läger geltend gemachten Anspruch ist § 74 [X.] (in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - [X.]). Danach werden die erforderlichen [X.]osten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die [X.]osten zu tragen.

Der [X.]läger ist zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet und damit [X.] nach § 74 [X.], weil er nach den den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]) alleiniger Erbe der Verstorbenen ist und als Erbe gemäß § 1968 [X.] (BGB) die [X.]osten der Beerdigung des Erblassers trägt (zu der hier auch nach Landesrecht <§ 8 Abs 1 Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen - Bestattungsgesetz - [X.] [X.] - vom [X.] - GVBl 313> bestehenden Verpflichtung zur Bestattung vgl BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]3 mwN).

War der [X.]läger danach zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet, fehlt es allerdings an den für eine endgültige Entscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen des [X.] dazu, inwieweit es sich bei den geltend gemachten [X.]osten um Bestattungskosten iS von § 74 [X.] handelt, sowie zu ihrer Erforderlichkeit. Dabei ist den angemessenen Wünschen des bestattungspflichtigen [X.] (§ 9 Abs 2 [X.]) und ggf der Verstorbenen (§ 9 Abs 1 [X.]) Rechnung zu tragen und unter Beachtung religiöser Bekenntnisse (Art 4 Grundgesetz ) mit Rücksicht auf die auch nach dem Tod zu beachtende Menschenwürde eine den Individualitätsgrundsatz berücksichtigende Entscheidung zu treffen (BSG vom 25.8.2011 - [X.] [X.] 20/10 R - [X.], 61 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]8 mwN). Übernahmefähig sind dabei allerdings nur die Bestattungskosten selbst, zu denen im Sinne eines Zurechnungszusammenhangs, aber auch nach dem Wortlaut, nur die [X.]osten gehören, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden und angemessen sind (vgl im Einzelnen BSG, aaO, Rd[X.]9 ff). Bei der Frage, ob diese Bestattungskosten erforderlich sind, sind die ortsüblichen Preise zu ermitteln und dabei zu berücksichtigen, dass dem [X.] im Hinblick auf die ihm üblicherweise zur Verfügung stehende nur kurze Zeit und die besondere (Belastungs-)Situation keine umfassende Prüfungspflicht abverlangt werden kann, welches der vor Ort oder im erweiterten Umkreis ansässigen Bestattungsunternehmen die günstigsten Bedingungen bieten kann (BSG, aaO, Rd[X.]2). Vorliegend spricht angesichts der Höhe der Bestattungskosten zwar Einiges dafür, dass sie erforderlich waren. Die erforderlichen Feststellungen wird das [X.] aber ggf nachzuholen haben.

Ob es dem [X.]läger zumutbar ist, die nach den oben aufgezeigten Grundsätzen erforderlichen [X.]osten der Bestattung zu tragen, lässt sich anhand der Feststellungen des [X.] ebenfalls nicht abschließend klären. Der Beurteilungsmaßstab dafür, was dem Verpflichteten zugemutet werden kann, bestimmt sich zunächst nach den allgemeinen Grundsätzen des Sozialhilferechts (BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]4; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand Mai 2013, [X.] § 74 Rd[X.]0; Gotzen, [X.], 1, 3). Dabei sind stets die Umstände des Einzelfalls entscheidend (BT-Drucks 03/1799 S 40; [X.]/[X.]/[X.] in jurisP[X.]-[X.], 2. Aufl 2014, § 74 RdNr 60; [X.] in Lehr- und Praxiskommentar [X.], 10. Aufl 2015, § 74 RdNr 7). Da § 74 [X.] den Anspruch auf [X.]ostenübernahme nicht zwingend an die Bedürftigkeit des Verpflichteten knüpft, sondern die eigenständige Leistungsvoraussetzung der Unzumutbarkeit verwendet ([X.] vom 5.6.1997 - 5 C 13/96 - BVerwGE 105, 51 ff), nimmt er im Recht der Sozialhilfe eine Sonderstellung ein. Die Regelung unterscheidet sich von anderen Leistungen des Fünften bis [X.] [X.]apitels ua dadurch, dass der Bedarf bereits vorzeitig (vor Antragstellung) gedeckt sein kann, eine Notlage, die andere Sozialhilfeansprüche regelmäßig voraussetzen, also nicht mehr gegeben sein muss. Die Verpflichtung des zuständigen Trägers der Sozialhilfe setzt nach § 74 [X.] nur voraus, dass die (ggf bereits beglichenen) [X.]osten "erforderlich" sind und es dem Verpflichteten nicht "zugemutet" werden kann, diese [X.]osten (endgültig) zu tragen (BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]4).

Neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten (dazu gleich) können im Rahmen der [X.]keit aber auch Umstände eine Rolle spielen, die im [X.] unbeachtlich sind, denen jedoch vor dem Hintergrund des Zwecks des § 74 [X.] Rechnung getragen werden muss ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 74 Rd[X.]0; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 74 Rd[X.]7). Selbst wenn die [X.]ostentragung nicht zur Überschuldung oder gar zur Sozialhilfebedürftigkeit des [X.]ostenverpflichteten führt, kann deshalb der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Auswirkungen einer [X.]ostenbelastung beachtlich sein (BVerwG vom 29.1.2004 - 5 C 2.03 - BVerwGE 120, 111, 114; BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]4). Der Begriff der [X.]keit ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls auszulegen (BVerwGE aaO; BSG, aaO, Rd[X.]6). Er ist wie der Begriff der Erforderlichkeit ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff ([X.], aaO, Rd[X.]0; [X.] in LP[X.]-[X.], 10. Aufl 2015, § 74 RdNr 7). Dabei macht das Wort "soweit" in § 74 [X.] deutlich, dass in Fällen, in denen dem Verpflichteten die [X.]ostentragung nur teilweise zuzumuten ist, die Sozialhilfe die Restkosten zu übernehmen hat ([X.] aaO). Eine besondere Bedeutung kommt gleichwohl im Rahmen der Prüfung der [X.]keit zunächst den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten zu (BSG, aaO, Rd[X.]7). Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem [X.] (oder [X.] nach dem [X.] - <[X.]>) vor, ist nämlich regelmäßig von Unzumutbarkeit auszugehen (BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]7; BSG vom 25.8.2011 - [X.] [X.] 20/10 R - [X.], 61 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]5).

Liegt - wie hier - keine Bedürftigkeit im Sinne des [X.] oder des [X.] oder Vierten [X.]apitels des [X.] vor, dienen die Bedürftigkeitskriterien der §§ 85 bis 91 [X.] als Orientierungspunkte für die Beurteilung der [X.]keit (BSG vom 25.8.2011 - [X.] [X.] 20/10 R - [X.], 61 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]5; BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]7; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 74 Rd[X.]2). Dies ergibt sich aus § 2 iVm § 19 Abs 3 [X.], wonach ua Hilfen in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74 [X.]) nur geleistet werden, soweit den Leistungsberechtigten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. [X.]apitels des [X.] nicht zugemutet werden kann. Dabei kann zu berücksichtigen sein, dass unter den Voraussetzungen des § 88 [X.] auch der Einsatz von Einkommen unter der Einkommensgrenze verlangt werden kann, etwa wenn mit dem Nachlass bereits der größte Teil der Bestattungskosten gedeckt werden kann und zur Deckung des verbleibenden Bedarfs nur noch geringfügige Mittel erforderlich sind (§ 88 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]). Nur bei (auch danach) fehlender Bedürftigkeit kommen sonstige [X.]keitsgesichtspunkte zum Tragen, die es rechtfertigen können, auch unter Berücksichtigung der Einkommensgrenze des § 85 Abs 1 [X.] einsetzbares Einkommen zu schonen.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Bedürftigkeit bzw Unzumutbarkeit aus anderen Gründen ist nach Sinn und Zweck der Regelung des § 74 [X.] sowie nach allgemeinen sozialhilferechtlichen Grundsätzen die Fälligkeit (vgl § 271 BGB) der jeweiligen Forderungen, die den Bestattungskosten zugrunde liegen; denn der "Leistungsfall" ist die Verbindlichkeit, nicht die erforderliche Bestattung selbst (BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]7; BSG vom 25.8.2011 - [X.] [X.] 20/10 R - [X.], 61 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]5). Die Bestattungskosten wurden allesamt im Februar 2014 in Rechnung gestellt, der Gebührenbescheid des [X.]reiskirchenamtes ist ebenfalls im Februar 2014 erlassen worden. Der Zeitpunkt der Rechnungstellung bzw des Bescheids ist zwar ein Indiz für die Fälligkeit der Forderung, allerdings keine Fälligkeitsvoraussetzung. Das [X.] wird die erforderlichen Feststellungen (zB Vereinbarung eines Zahlungsziels, Stundung der Forderung, Zugang der Rechnung) ggf nachzuholen haben.

Selbst wenn, wovon das [X.] ausgeht, alle Forderungen im Zusammenhang mit der Bestattung im Februar 2014 fällig geworden sein sollten, lässt sich anhand der Feststellungen des [X.] keine sichere Angabe dazu machen, in welcher Höhe die Einkommensgrenze des § 85 [X.] in diesem Monat überschritten wurde. Nach § 19 Abs 3 [X.] iVm § 85 Abs 1 [X.] ist der nachfragenden Person und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn ihr monatliches Einkommen zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich aus einem Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes, den angemessenen [X.]osten der Unterkunft und einem Familienzuschlag in Höhe von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 für den nicht getrennt lebenden Ehegatten zusammensetzt (§ 85 Abs 1 [X.]).

Schon die vom [X.] ermittelte Einkommensgrenze von 1836 [X.] ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere hat das [X.] weder die konkreten Aufwendungen für die Unterkunft ermittelt, noch sich dazu geäußert, ob diese Aufwendungen dem der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang entsprechen (§ 85 Abs 1 [X.] [X.]). Bei seiner erneuten Entscheidung wird das [X.] insbesondere zu beachten haben, dass die Heizkosten gleichermaßen als [X.]osten der Unterkunft zu berücksichtigen sind. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Gelder für angemessene Heizkosten, die normativ und auch tatsächlich notwendigerweise für den allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen müssen, von § 85 Abs 1 [X.] [X.] nicht erfasst sein sollen (BSG vom 25.4.2013 - [X.] [X.] 8/12 R - [X.], 221 = [X.]-3500 § 87 [X.], Rd[X.]5; [X.] in LP[X.]-[X.], 10. Aufl 2015, § 85 RdNr 5; aA [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 85 Rd[X.]1.3). Hieran ändert nichts, dass § 85 Abs 1 [X.] [X.] mit Wirkung vom 1.1.2016 durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und weiterer Vorschriften vom 21.12.2015 ([X.] 2557) an die im [X.] und Vierten [X.]apitel des [X.] übliche Begrifflichkeit (BT-Drucks 18/6284 [X.]) angepasst sowie die Worte "[X.]osten der Unterkunft" durch die Worte "Aufwendungen für die Unterkunft" ersetzt wurden und damit bezweckt werden sollte, dass "künftig Aufwendungen für Heizung nicht mehr bei der Ermittlung der Einkommensgrenze nach § 85 [X.] zu berücksichtigen" sind. Denn die Änderung findet mangels Übergangsregelung nur auf die "künftigen" (ab 1.1.2016) Fälle der Einkommensberücksichtigung Anwendung, sodass es auch keiner Entscheidung darüber bedarf, ob der gesetzgeberische Wille in der Änderung des Wortlauts hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt.

Der Einkommensgrenze nach § 85 [X.] gegenüberzustellen ist das bereinigte Einkommen, das dem Verpflichteten tatsächlich zur Verfügung steht, und nach §§ 82 bis 84 [X.] bestimmt wird (BSG vom 28.2.2013 - [X.] [X.] 1/12 R - [X.], 92 = [X.]-3500 § 65 [X.], Rd[X.]2-23; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 85 Rd[X.]5). Zum Einkommen gehören demnach alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme bestimmter, in § 82 Abs 1 Satz 1 [X.] abschließend aufgezählter Leistungen. Diese wurden vom [X.] nur unvollständig (Renteneinkommen des [X.] in Höhe von 2534,43 [X.]; Zahlung des [X.] in Höhe von 500 [X.]) erfasst, weil die Einkünfte aus der Gutachtertätigkeit des [X.] und der maßgebliche Zeitpunkt ihrer Erzielung (ggf Berücksichtigung als Jahreseinkünfte, vgl § 8 Abs 1 iVm § 11 der Verordnung zur Durchführung des § 82 [X.]) unberücksichtigt geblieben sind.

Neben den Einkünften des [X.] ist nach dem Wortlaut der §§ 19 Abs 3 und 85 Abs 1 [X.] auch das Renteneinkommen der Ehefrau (353,40 [X.]) zu berücksichtigen, soweit die Eheleute nicht getrennt leben, wozu das [X.] allerdings keine Feststellungen getroffen hat. Beide Vorschriften beziehen ausdrücklich und ohne Ausnahme Leistungen nach dem [X.] [X.]apitel des [X.] (Hilfe in anderen Lebenslagen) ein, zu denen die Bestattungskosten gehören. Aus dem Begriff der [X.]keit in § 74 [X.] ergeben sich insoweit keine Besonderheiten ([X.]/[X.]/[X.] in jurisP[X.]-[X.], 2. Aufl 2014, § 74 RdNr 69). Hinsichtlich des einzusetzenden Einkommens und Vermögens ist der [X.]läger deshalb nicht anders zu behandeln als bei anderen Hilfen nach dem Fünften bis [X.] [X.]apitel des [X.] ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 74 Rd[X.]2; [X.] in LP[X.]-[X.], 10. Aufl 2015, § 74 RdNr 9). Die Gegenauffassung (unter Hinweis darauf, dass die Pflicht zur Tragung der Bestattungskosten nur den [X.] treffe: [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 74 Rd[X.]8; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand Mai 2013, [X.] § 74 Rd[X.]2 mwN; Gotzen, [X.], 1, 4) hätte zur nicht hinnehmbaren [X.]onsequenz, dass ein Ehegatte, der kein eigenes Einkommen bezieht, selbst dann als Bestattungspflichtiger Anspruch auf Bestattungskosten nach § 74 [X.] hätte, wenn der Ehepartner ein überdurchschnittlich hohes Monatseinkommen erzielt. Dies widerspräche dem in § 19 Abs 3 [X.] und § 85 Abs 1 [X.] zum Ausdruck kommenden und alle Leistungen erfassenden sozialhilferechtlichen Grundsatz, wonach widerleglich (vgl etwa § 19 Abs 5 [X.], sog unechte Sozialhilfe) vermutet wird, dass ein dort genannter Familienangehöriger nicht nur für die eigenen Bedarfe Sorge trägt, sondern in Not- und Wechselfällen auch den Bedarf der [X.] insgesamt - im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit - aus dem ihm und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden gemeinsamen Einkommen und Vermögen deckt. Dies entspricht der Erfahrung, dass in einer ehelichen [X.] "aus einem Topf" gewirtschaftet wird und die Bedürfnisse des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten aus dem "Familieneinkommen" ohne Rücksicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche oder andere rechtliche Verpflichtungen befriedigt werden.

Bei der Ermittlung des Einkommens gilt, wie sich aus dem Wortlaut des § 85 Abs 1 [X.] entnehmen lässt ("monatliches Einkommen"), das Monatsprinzip. Zu vergleichen ist also das erzielte Einkommen im Monat der Fälligkeit der Bestattungskosten (BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]7; BSG vom 25.8.2011 - [X.] [X.] 20/10 R - [X.], 61 = [X.]-3500 § 74 [X.] Rd[X.]5; [X.] in juris P[X.]-[X.], 2. Aufl 2014, § 85 Rd[X.]3; [X.] in LP[X.]-[X.], 11. Aufl 2018, § 85 Rd[X.]7; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 85 Rd[X.]4). Soweit die Rechnungen in unterschiedlichen Monaten fällig geworden sind, hat eine Gegenüberstellung der jeweiligen Monatseinkommen (die Zahlungen des [X.] erfolgten nicht in gleichbleibender Höhe, zu den Einnahmen aus Gutachtertätigkeit hat das [X.] keine Feststellungen getroffen) und der jeweiligen Rechnungsbeträgen in allen [X.] zu erfolgen.

Die Einkommen des [X.] und seiner Ehefrau sind um die Absetzbeträge nach § 82 Abs 2 [X.] zu mindern. Dies sind ua Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (§ 82 Abs 2 [X.] [X.]). Das [X.] hat Beiträge für eine Hausratversicherung (8,27 [X.]), für die private [X.]rankenversicherung (484,08 [X.]), für eine Haftpflichtversicherung (6,52 [X.]) und für den Berufsverband des [X.] (5,83 [X.]) in Abzug gebracht. Dabei wird aber nicht deutlich, ob es sich um lediglich rechnerisch anteilig auf den Monat entfallende [X.]osten handelt oder die [X.]osten tatsächlich in dieser Höhe im Monat Februar angefallen sind. Dies ist aber für die Höhe der Absetzbeträge von Bedeutung, weil Versicherungsbeiträge das zu berücksichtigende Einkommen nur dann mindern können, wenn sie in dem Monat tatsächlich und rechtlich angefallen sind. Eine Aufteilung der [X.]osten für abzugsfähige Versicherungen auf mehrere Monate ist hingegen nicht vorzunehmen, weil es insoweit an einer rechtlichen Grundlage fehlt ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 82 RdNr 89; [X.], aaO, RdNr 59.1).

Die vom [X.]läger geltend gemachten Aufwendungen für seinen Pkw - Haftpflichtversicherung - können ggf als mit der Erzielung seines Einkommens aus der Gutachtertätigkeit verbundene notwendige Aufwendungen iS des § 82 Abs 2 [X.] [X.] - Feststellungen des [X.] hierzu fehlen - Berücksichtigung finden. Dass die [X.]fz-Haftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben ist, genügt hingegen für die [X.] in Fällen, in denen - wie hier - der Anspruchsberechtigte bei eigener Bedürftigkeit zum Personenkreis des [X.] gehören würde, nicht. Anders als im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 11b Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]; dazu BSG vom 18.3.2008 - [X.]/9b [X.] 11/06 R - [X.], 139 = [X.]-3500 § 82 [X.], Rd[X.]6 ff) fehlt im [X.] der den Abzug rechtfertigende Zusammenhang zwischen der Vermögensprivilegierung eines angemessenen [X.]fz (vgl § 12 Abs 3 Satz 1 [X.] [X.]) und den [X.]osten für die [X.]fz-Haftpflichtversicherung, solange keine gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt (dazu BSG vom 25.4.2013 - [X.] [X.] 8/12 R - [X.], 221 = [X.]-3500 § 87 [X.], Rd[X.]4). Die [X.]fz-Haftpflichtversicherung ist insoweit keine "gesetzlich vorgeschriebene Versicherung" iS des § 82 Abs 2 [X.] [X.] ([X.] in jurisP[X.]-[X.], 2. Aufl 2014, § 82 RdNr 73; ebenso zu Bundessozialhilfegesetz § 76 Abs 2 [X.] BVerwG vom 4.6.1981 - 5 C 12.80 - BVerwGE 62, 261, weil der Abschluss der [X.]fz-Haftpflichtversicherung die Folge des Haltens eines [X.]fz sei, was dem Einzelnen aber freigestellt sei). Eine Berücksichtigung der Beiträge über die Öffnungsklausel des § 82 Abs 3 Satz 3 [X.] kommt - wenn hier § 82 Abs 2 [X.] [X.] keine Anwendung findet - nur in Betracht, wenn mit der Zahlung sozialhilferechtlich anerkannte Zwecke verfolgt werden ([X.] aaO).

Die vom [X.]läger angegebenen Darlehensrückzahlungen mindern das zu berücksichtigende Einkommen nicht. Derartige Schuldverpflichtungen, auf die der Betroffene freiwillig leistet, sind bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 82 Rd[X.]7). § 82 Abs 2 [X.] regelt abschließend, welche Positionen vom Einkommen in Abzug zu bringen sind. Dies gilt - wenn das Einkommen keiner Pfändung unterliegt (vgl dazu BSG vom 10.5.2011 - [X.] [X.]G 1/10 R - [X.], 144 = [X.]-5870 § 6a [X.]) - selbst dann, wenn der Betroffene dadurch außer Stande ist, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen (BSG vom 30.9.2008 - [X.] AS 29/07 R - [X.], 291 = [X.]-4200 § 11 [X.]5, Rd[X.]9). Es würde dem Zweck der Sozialhilfe zuwiderlaufen, zur Tilgung von Schulden des Hilfeempfängers beizutragen ([X.] aaO).

Hat das so zu ermittelnde Einkommen des [X.] und seiner Ehefrau die Einkommensgrenze des § 85 [X.] im maßgebenden Monat (ggf Monaten) überschritten, rechtfertigt dies allein allerdings noch nicht zwingend den Einsatz des die Einkommensgrenze überschießenden Teils des Einkommens. Dies ergibt sich nicht nur aus der oben beschriebenen Sonderstellung des Anspruchs aus § 74 [X.] und der dort normierten eigenständigen Leistungsvoraussetzung der Unzumutbarkeit. Vielmehr knüpft § 87 Abs 1 Satz 1 [X.] den Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze ebenfalls an die [X.]keit und beschränkt dessen Einsatz auf einen angemessenen Umfang (dazu BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]9). Bei dem Tatbestandsmerkmal "angemessen" handelt es sich um einen der vollen gerichtlichen Überprüfung zugänglichen unbestimmten Rechtsbegriff (BSG vom 25.4.2013 - [X.] [X.] 8/12 R - [X.], 221 = [X.]-3500 § 87 [X.], Rd[X.]7; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 87 RdNr 9; im Ergebnis ebenso [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 87 RdNr 8). Die Auslegung des Begriffs "angemessener Umfang" erfordert eine wertende Betrachtung, bei der auch [X.]riterien zu berücksichtigen sind, die sich einer Bezifferung entziehen, etwa der Gesichtspunkt familiengerechter Leistungen gemäß § 16 [X.]. Im Einzelfall kann es angemessen sein, den die Einkommensgrenze des § 85 [X.] übersteigenden Teil ganz oder gar nicht zu berücksichtigen.

Im Rahmen der [X.]keit ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass es sich bei den Bestattungskosten in der Regel um einen einmaligen Bedarf handelt, der regelmäßig nicht als aktuell zu deckender (Not-)Bedarf anfällt, es also nicht um die Abwendung einer gegenwärtigen Notlage, sondern im Ergebnis um die Übernahme von Schulden geht.

Bei der Prüfung der Umstände des Einzelfalls (BSG vom [X.] - [X.] [X.] 23/08 R - [X.], 219 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]6; [X.] in LP[X.]-[X.], 10. Aufl 2015, § 74 RdNr 7) ist insbesondere das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen [X.] und [X.] zu berücksichtigen. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis, desto geringer sind in der Regel die Anforderungen an die [X.]keit des Einkommens- und Vermögenseinsatzes. Umgekehrt können aber zerrüttete Verwandtschaftsverhältnisse höhere Anforderungen an die [X.]keit begründen. Darüber hinaus können auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der nicht unerheblichen Schuldverpflichtungen des [X.] für die Frage der [X.]keit des [X.] eine Rolle spielen. Das [X.] wird insoweit zu ermitteln haben, ob und inwieweit es dem [X.]läger möglich war, seine Darlehensverpflichtungen auszusetzen bzw mit welchen wirtschaftlichen Folgen eine Aussetzung der Zahlungen verbunden (gewesen) wäre.

Ist nach der vom [X.] vorzunehmenden Prüfung die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten, so kann, worauf das [X.] zu Recht hinweist, nicht in Anwendung des § 87 Abs 3 [X.] die Aufbringung der Mittel auch aus dem Einkommen verlangt werden, das die in § 19 Abs 3 [X.] genannten Personen innerhalb eines Zeitraums von bis zu drei Monaten nach Ablauf des Monats, in dem über die Leistung entschieden worden ist, erwerben. Die Vorschrift gilt ausweislich ihres Wortlauts nur bei einmaligen Leistungen zur Beschaffung von Bedarfsgegenständen, deren Gebrauch für mindestens ein Jahr bestimmt ist. Auch eine analoge Anwendung der Regelung scheidet aus, weil der dort für zumutbar erklärte [X.] über mehrere Monate ersichtlich darauf beruht, dass der Nutzen der einmaligen Leistung sich auf einen Zeitraum von mindestens einem Jahr erstreckt, was bei Bestattungskosten nicht der Fall ist ([X.], [X.], 103, 107).

Dies bedeutet aber nicht, dass die Prüfung der [X.]keit allein an § 87 [X.] und ausschließlich bezogen auf den Monat der Fälligkeit der Bestattungskosten auszurichten ist. Die "[X.]keit" iS von § 74 [X.] ist vielmehr eine Ausprägung des sog [X.] in § 2 [X.], wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich vor allem durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Dies rechtfertigt es, bei der Beurteilung der [X.]keit der Tragung von Bestattungskosten weitere Gesichtspunkte für den Einsatz des Einkommens zu berücksichtigen, insbesondere, dass Bestattungskosten für eine angemessene und erforderliche Bestattung in der Regel in einer Höhe anfallen, die von einem Großteil der Bevölkerung - auch von Besserverdienenden - nicht ohne Weiteres durch das im [X.] erzielte Monatseinkommen, das daneben auch den Lebensunterhalt sichern muss, gedeckt werden kann. Wollte man allein auf das im Monat des Anfalls der Bestattungskosten zugeflossene Monatseinkommen abstellen, hätte dies zur Folge, dass Bestattungskosten - jedenfalls zum Teil - bei einem Großteil der [X.] nach § 74 [X.] vom Sozialhilfeträger zu übernehmen wären ([X.]/[X.]/[X.] in jurisP[X.]-[X.], 2. Aufl 2014, § 74 RdNr 65). Dies widerspricht der Intention des Gesetzgebers, der neben der allgemeinen Regelung in § 19 Abs 3 [X.], die auf die §§ 85 ff [X.] verweist, zusätzlich das [X.]riterium der [X.]keit in § 74 [X.] aufgenommen hat, das ein Abweichen von der starren, auf den Monat bezogenen Einkommensgrenze - auch zu Lasten der nachfragenden Person - erlaubt.

[X.]keit iS von § 74 [X.] ist danach so zu verstehen, dass alles das zumutbar ist, was "typischerweise" von einem "Durchschnittsbürger" in einer vergleichbaren Situation erwartet werden kann. Dazu gehört auch, dass in den Fällen, in denen die Bestattungskosten nicht schon aus vorhandenem Vermögen oder dem im maßgebenden Monat zugeflossenen Monatseinkommen aufgebracht werden können, deren Bezahlung - soweit sie das nach §§ 85, 87 [X.] einzusetzende Einkommen übersteigen - durch Aufnahme eines Darlehens oder durch eine [X.] oder Ratenzahlungsvereinbarung mit dem [X.]reiskirchenamt oder dem Bestattungsunternehmer ermöglicht wird. Dabei ist nicht entscheidend, ob - entsprechend der Regelung des § 87 Abs 3 [X.] - das überschießende Einkommen von drei oder vier Monaten zur Bezahlung der Bestattungskosten ausreichend ist, weil die Bestattungskosten zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (in voller Höhe) beglichen werden müssen. Maßgebend ist vielmehr, ob der Verpflichtete unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei einer Bank einen Ratenkredit erhält, den er in angemessener Zeit tilgen kann, oder ob die Gläubiger eine entsprechende Stundungsvereinbarung abzuschließen bereit sind. Bei der Aufnahme eines Ratenkredits ist dabei von einer Laufzeit von ca einem Jahr auszugehen, innerhalb der die Bestattungskosten ausgeglichen werden. Unter welchen Umständen auch die Aufnahme eines längerfristigen, über ein Jahr hinausgehenden Darlehens zumutbar ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der damit einhergehenden wirtschaftlichen und persönlichen Belastung ab. Je länger die Belastung andauert desto stärker sinkt die [X.]. Ob dem [X.]läger ein Ratenkredit und zu welchen [X.]onditionen gewährt wird (oder bereits gewährt wurde) oder ob das Bestattungsunternehmen bzw das [X.]reiskirchenamt bereit gewesen wären, eine entsprechende [X.] oder Ratenzahlungsvereinbarung zu vereinbaren oder sogar vereinbart haben, kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen des [X.] nicht beurteilen. Entsprechende Feststellungen wird das [X.] nachzuholen haben. Als anspruchsbegründende Tatbestandsvoraussetzung trifft den [X.]läger die Feststellungslast für die Unzumutbarkeit (vgl Gotzen, [X.], 1, 3).

Auch zu einem möglicherweise vorhandenen Vermögen des [X.] und seiner Ehefrau, das Feststellungen zum Einkommen erübrigen könnte, hat das [X.] keine Feststellungen getroffen. [X.] ist die Tragung der [X.]osten allerdings unabhängig von Bedürftigkeit sowie der Einkommensgrenzen nach §§ 85 ff [X.] und von einem möglichen Vermögenseinsatz, soweit der zur Bestattung Verpflichtete infolge des Todes des Leistungsempfängers über Einkommen oder Vermögen verfügt (Sterbegeld, Bestattungsvorsorge, Erbschaft), das für die Bestattung vorgesehen (BSG vom 25.8.2011 - [X.] [X.] 20/10 R - [X.], 61 = [X.]-3500 § 74 [X.], Rd[X.]5) oder nach Sinn und Zweck des § 74 [X.] dafür zu verwenden ist (s für den Fall der Erbschaft § 1968 BGB). Der Nachlass ist grundsätzlich mit seinem vollen Wert einzusetzen; die Regelungen über das Schonvermögen nach § 90 [X.] kommen den Erben nicht zugute (BVerwG [X.] 436.0 § 15 BSHG [X.]: Gotzen, [X.], 52, 53). Dementsprechend hat der [X.]läger sein Begehren im Revisionsverfahren insoweit eingeschränkt.

Das [X.] wird ggf auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 8 SO 10/18 R

04.04.2019

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Fulda, 30. November 2016, Az: S 7 SO 81/14, Urteil

§ 74 SGB 12, § 2 Abs 1 SGB 12, § 19 Abs 3 SGB 12, § 82 Abs 1 S 1 SGB 12, § 82 Abs 2 Nr 3 SGB 12, § 82 Abs 3 S 3 SGB 12, § 85 Abs 1 SGB 12, § 87 Abs 1 S 1 SGB 12, § 87 Abs 3 SGB 12

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 04.04.2019, Az. B 8 SO 10/18 R (REWIS RS 2019, 8539)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8539

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Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Einkommenseinsatz - Einkommensgrenze - Berechnung - Berücksichtigung von Heizkosten


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